Nach Mahnbescheid kein streitiges Verfahren angestrengt

Hallo,

folgende Situation: Eine Privatperson erhält 6/2020 einen Mahnbescheid. Sie legt fristgerecht Einspruch ein. Der vermeintliche Gläubiger reagiert nicht. Es verstreichen mehr als sechs Monate, in denen das streitige Verfahren vor dem Prozessgericht nicht angestrengt wird.

Liegt nun eine Klagerücknahme laut ZPO vor? Computer sagt ja, aber wie bzw. von wem kann der vermeintliche Schuldner darüber eine Bestätigung erhalten? Das Mahnverfahren war offenbar schon mit Einlegung des Einspruchs abgeschlossen, das Prozessgericht wurde nie angerufen.

Und: Was passierte, wenn der vermeintliche Gläubiger für genau die gleiche von ihm behauptete Forderung erneut einen Mahnbescheid beantragt? Strafbarkeit in sinngemäßer Anwendung von BGH, 19.11.2013 - 4 StR 292/13 gegeben?

Nein. Es gibt keine Frist, die der Antragsteller hier einzuhalten hätte. Er kann auch in 50 Jahren noch die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragen, wenn er möchte. Je nach Konstellation könnte der Anspruch dann verjährt sein. Das ist aber eine Frage nicht der Zulässigkeit, sondern der Begründetet der Klage.

Gar nicht. Er kann allerdings selbst die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragen (§ 696 Abs. 1 S. 1 ZPO: „…eine Partei…“). Er kann also verhindern, dass die Sache in der Schwebe bleibt.

Dann ist der Fall zwei Mal rechtshängig. Damit wäre die Klage im zweiten Fall wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig und abzuweisen.

Dieser Fall hat mit dem von dir geschilderten Fall nichts zu tun. Ich vermute zudem, dass du eine falsche Vorstellung hast, nämlich dass ein Anspruch nach Rücknahme einer Klage nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden kann. Eine solche Regelung gibt es im Gesetz nicht.

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Jedenfalls weiß ich, was ich mal mache, sollte ich mal arbeitslos werden. Ich gründe ein Inkasso-Unternehmen, das Forderungen auf Grundlage erfundener Bestellungen und unverlangter Warenlieferungen eintreibt. Ich beantrage dann munter Mahn- und Vollstreckungsbescheide. Legt der Betroffene Einspruch ein, erwirke ich für die gleiche, nicht bestehende Forderung später nochmal einen Mahnbescheid. Vielleicht ist der Betroffene tatsächlich mal im Urlaub und verpasst die Zwei-Wochen-Frist. Am Ende werde ich dann so reich, dass ich mir einen Porsche leisten kann und über die Briefe lache, wenn wieder mal ein Strafverfahren eingestellt wird.

Es gibt hier andere Informationen: Das Nichtaufrufen des Streitverfahrens ist wie eine Klagerücknahme zu behandeln.

Ja. Wie hoch sind die Gerichtsgebühren, die der vermeintliche Schuldner vorstrecken muss bei einer Forderung iHv ca. 200 Euro? Vor allem: Wird er diese zurück bekommen, wenn der vermeintliche Gläubiger tatsächlich die Klage zurückbekommt. Vor allem: Von wem bekommt er diese Gerichtskosten zurück - vom Gericht selbst oder vom vermeintlichen Gläubiger? Hintergrund: Der vermeintliche Gläubiger ist dafür bekannt, bei Kenntnis über die Bankverbindung illegale Vorpfändungen einzuleiten, damit das Konto des vermeintlichen Schuldners gesperrt wird und er die Forderung bezahlt (was übrigens strafrechtlich absolut keine Bewandtnis haben soll - alles legal!).

Natürlich bedarfst du dazu einer Erlaubnis.

Womit diese Erlaubnis ganz schnell Geschichte sein könnte.

Das musst du natürlich jedes Mal bezahlen. Und mich solltest du dir als Opfer besser nicht aussuchen. Ich würde jedes Mal die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragen.

Die Frist für den Widerspruch gegen den Mahnbescheid beträgt mindestens zwei Wochen. Der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid hat genau zwei Wochen Zeit. Da mit dem Vollstreckungsbescheid ein Vollstreckungstitel in der Welt ist, führt der Einspruch zwingend zur Durchführung des streitigen Verfahrens und zu viel höheren Kosten.

Natürlich wird das Opfer gemäß § 826 BGB auch gegen den rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid vorgehen können. Vielleicht liest du einmal BGH, Urteil vom 30.06.1998 , VI ZR 160/97.

Da dein Plan eindeutig strafbar ist, würde ich mich da an deiner Stelle nicht zu früh freuen. Ich empfehle zur Lektüre BGH, Beschluss vom 19.11.2013, 4 StR 292/13. Wenn du das gewerbsmäßig mit anderen zusammen machst, winken ein bis zehn Jahre Gefängnis.

Ich weiß nicht, ob das kostenrechtlich so behandelt wird. Prozessual ist es jedenfalls keine Klagerücknahme. Selbst die Rücknahme des Antrages auf Durchführung des streitigen Verfahrens ist keine Klagerücknahme. Nicht einmal die Kostenregelung in § 269 ZPO wird entsprechend angewendet. Lies hierzu BGH, Urteil vom 21.07.2005, Az. VII ZB 39/05. Das Urteil wäre gar nicht in der Welt, wenn man § 269 ZPO (Klagerücknahme) direkt anwenden könnte.

Das müssten 95,00 Euro sein (2,5 Gebühren, weil der Antragsteller schon 0,5 gezahlt hat). Ich bin aber ehrlich gesagt kein Experte für Kostenrecht, was ich für mein ganzes Posting zu bedenken bitte.

Ich weiß nicht, was du damit meinst: „Klage zurückbekommt“. Bei Rücknahme einer Klage reduzieren sich die Gebühren von 3,0 auf 1,0. Die Staatskasse muss also etwas erstatten. Und da würde es ja nahe liegen, das Geld dir und nicht dem Kläger zurückzuzahlen; zumindest 2,0 Gebühren; das solltest du mal in einem Forum für Rechtspfleger oder Anwaltsgehilfen erfragen; die kennen sich da wahrscheinlich besser aus.

Wenn das Verfahren streitig beendet wird, vor allem durch klagabweisendes Urteil, so musst du dir das Geld komplett vom Kläger zurückholen.

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Die könnte - in diesem fiktiven Beispiel - bestehen.

Nein, erst mit strafrechtlichen Verurteilungen. Da es diese nicht gibt (Einstellung gegen Geldauflage, die sofort bezahlt wurde), bleibt die Lizenz unangetastet.

Das Geschäftsmodell basiert ja auch nicht auf dir oder mir. Es reicht ja, wenn ein gewisser, unbedarfter Prozentsatz an Betroffenen sich einschüchtern lässt und die (mit 13% Zinsen usw. aufgeblähte) Forderung bezahlt.

Wie gesagt: Einstellung gegen Geldauflage. Und danach wurde - in diesem fiktiven Beispiel - die Maschinerie wieder in Gang gesetzt, das heißt, eine längst verjährte, nie wirksam bestehende Forderung per Mahnbescheid eingefordert.

Ich meinte:

Erstens ist dein Geschäftsmodell ja strafbar. Zweitens stimmt es auch nicht, was du sagst. Lies bitte § 13a Abs. 3 RDG.

Und? Was hat das mit meinem Rat zu tun, die Idee fallen zu lassen?

Nein, nein, nein. Dein Geschäftsmodell ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs strafbar.

Was dein „fiktives Beispiel“ angeht: Alles, was du uns hier erzählt hast, ist, dass nach dem Widerspruch gegen den Mahnbescheid das Verfahren nicht weiter betrieben wurde. Daraus kann man natürlich weder ableiten, dass das Inkassounternehmen Pflichten verletzt hat, noch dass sich hier jemand strafbar gemacht hat.

Diese Frage habe ich dir schon beantwortet.

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Es gibt keinen ernsten Plan, das zu machen. Es handelt sich lediglich um eine Beschreibung dessen, was bei uns in Deutschland leider möglich ist.

Das kannst du behaupten, so oft du willst. Die Behauptung ist nicht strafbar. Die Wahrnehmung der Möglichkeit dagegen schon, wie man dir hier laut und deutlich erklärt hat.

Aber warum sollte man noch störende Fakten wahrnehmen, wenn man sich sein Weltbild schon fertig gebastelt hat?

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Eben nicht. Das ist verboten. Das ist so, als würdest du sagen, in Deutschland sei Mord möglich. „Möglich“ ist er natürlich. „Möglich“ ist alles, was das StGB unter Strafe stellt. Wäre es nicht „möglich“, würde es keines Verbots bedürfen.

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Leider richtig. Ich hatte auch ab dem zweiten Beitrag das Gefühl zu wissen, mit welchem Typ Staatsbürger ich mich da unterhalte. Nach einigen Jahren Erfahrung ist man da ja sensibilisiert. Und trotzdem lasse ich mich dann wieder auf solche Diskussionen ein.

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Du vermischst zwei Ebenen, nämlich die Strafbarkeit auf dem Papier und die tatsächliche strafrechtliche Verfolgung. Nach mehreren Jahren wurde der Strafprozess eben eingestellt gegen Geldauflage. Ich finde das nicht gut. Aber bloß, weil es nicht gut ist, heißt das noch lange nicht, dass es nicht wahr ist.

Und auch die Folgen dieser Einstellung, nämlich dass jetzt uralte, nie wirklich entstandene und überdies längst verjährte Forderungen eingetrieben werden, finde ich nicht gut. Dadurch lösen sich aber Mahnbescheide nicht in Luft auf. Wie du selbst sicher weißt, kann man recht problemlos einen Mahnbescheid erwirken, die Rechtmäßigkeit der Forderungen wird nicht geprüft.

Ich verstehe schon. Was nicht sein kann, das nicht sein darf. Ich hätte übrigens auch nicht gedacht, dass so etwas bei uns möglich ist. Wer aber glaubt, bei uns gebe es das doch nicht, höchstens in Rumänien oder Brasilien, der täuscht sich manchmal.

Interessant aber, welche Fronten sich auftun. Da gibt es Kriminelle. Auf der anderen Seite Betroffene, an deren Geld die Kriminellen wollen. Böse sind natürlich die Betroffenen, wenn diese Möglichkeiten eruieren, sich zu wehren.

Für das fiktive Ich ist das alles kein Problem. Die Forderung kann natürlich abgewehrt werden. Dass es auch Leute gibt, die schlecht Deutsch können oder so unbedarft sind, dass sie sich von Mahn- und Drohschreiben einschüchtern lassen, und dass damit Geld zu machen ist, sollte man vielleicht auch mal überlegen.

Die Inkasso-Falle – Geldeintreibern auf der Spur - ZDFmediathek

Offensichtlich nicht.