Nachforderung Grunderwerbssteuer

Hallo,
Ich habe ein kleines (überraschendes) Problem mit dem Finanzamt, dass von mir nachträgliche Grunderwerbssteuer verlangt, für ein Haus, welches wir 2002 gekauft haben.

Zur Geschichte:
Januar 2002:
Kauf einer noch zu errichtenden Doppelhaushälfte
Im Kaufvertrag werden mehrere Vergütungen für Eigenleistung vereinbart, u.a. Außenanlagen, Ausbau Dachboden usw. Im Notarvertrag wird ein Kaufpreis von 200.000 EUR vereinbart

Februar 2002:
Grunderwerbssteuerbescheid über 3,5% der 200.000 EUR. Wir zahlen pünktlich.

April 2002:
Uns wird klar, dass wir die Außenanlagen und den Dachausbau sowie die Innentüren und zusätzliche Dämmung doch nicht selber machen wollen, und holen mehrere Angebote ein. Der Bauträger, der zu dem Zeitpunkt auch unser Haus errichtet, bietet die besten Konditionen für genannte Tätigkeiten und erhält den Zuschlag. Wert: ca. 15.000 EUR. Weitere Zusatzleistungen werden bei diversen anderen Firmen beauftragt.

Dezember 2002:
Einzug ins neue Haus. Bis zur vollständigen Zahlung (Mängel etc., die Außenanlagen werden erst im Frühjahr wegen Frost fertig) vergehen ein paar Wochen. Wir zahlen letztendlich 215.000 EUR an den Bauträger.

August 2006:
Das FA schreibt uns in einem Brief, dass wir ja eigentlich 215.000 EUR für unser Haus bezahlt haben und nicht 200.000 EUR und demnach für 15.000 EUR nachträglich Grunderwerbssteuer iHv 3,5% nachbezahlen sollen. Das FA beruft sich auf §9 II (Leistungen, die der Erwerber zusätzlich zur vereinbarten Gegenleistung gewährt). Ausser uns haben sämtliche Nachbarn (so weit ich das überblicken kann) ähnliche Nachforderungen bekommen.

Grundsätzlich:

  1. Ob Eigenleistung oder nicht, war in der Tat zum Zeitpunkt des Notarvertrages offen. Eine Minderung der Steuer war kein primärer Anreiz.
  2. Sämtliche Leistungen sind erst nach Kaufvertrag in Auftrag gegeben worden. Es bestand Vertragsfreiheit. Wir hätten jederzeit auch andere Handwerksbetriebe den Auftrag erteilen können, was wir zT auch gemacht haben. Teile der Leistungen sind tatsächlich zudem erst nach Übergabe des Hauses erbracht worden.
  3. Die angeblich Nachfrage des Finanzamt nach Grundbuchüberschreibung ist nie erfolgt. Der Sachverhalt ist erst durch eine Betriebsprüfung beim Bauträger aufgefallen.

Frage:

  1. Ist der Anspruch des FA gerechtfertigt?
  2. Liegt Verjährung vor?
  3. Was gehört von den Dingen denn wirklich zum Grundstück/Haus? Der Garten? Die Türen? Ein zusätzlicher Dachausbau?

Hallo Guido!

Ich frage nur interessehalber, weil ich immer wieder höre, daß Leute nicht etwa für eine zu bauende Stadt, sondern nur für ihr selbst genutztes Häuschen einen Bauträger bemühen, kräftig Grunderwerbsteuer bezahlen und ich nicht begreife, wozu das alles gut sein soll. Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß jemand vorsätzlich die ungünstigste Konstellation wählt, nur um möglichst viel Grunderwerbsteuer und beim Bauträger lauter Schreibtischtäter zu bezahlen.

Üblicherweise kauft man ein Grundstück und zahlt auf den Kaufpreis des Grundstücks Grunderwerbsteuer. Ob man auf dem Fleckchen Erde einen Palast oder ein Dixi-Klo errichtet, geht das FA bezüglich Grunderwerbsteuer nichts an. Was veranlaßt einen Menschen, den Kauf des Grundstücks derart mit dem Kauf des Hauses zu verknüpfen, daß auch für das Haus Grunderwerbsteuer fällig wird?

Was veranlaßt einen Menschen, für ein kleines Häuschen einen Bauträger zu beauftragen, den man als Bauherr bezahlen muß? Man braucht einen Architekten, der das zu bauende Schmuckstück entwirft, der die Aufträge ausschreibt und die Überwachung der Bauausführung übernimmt. Aber wozu braucht man einen Bauträger?

Gruß
Wolfgang

Servus Guido,

  1. Die angeblich Nachfrage des Finanzamt nach
    Grundbuchüberschreibung ist nie erfolgt. Der Sachverhalt ist
    erst durch eine Betriebsprüfung beim Bauträger aufgefallen.

Die Frage der Eintragung des Eigentums ist für die Grunderwerbsteuer sekundär; Steuerschuldner sind die am Erwerbsvorgang beteiligten Personen - es wird hier auf das schuldrechtliche Verhältnis abgehoben.

  1. Ist der Anspruch des FA gerechtfertigt?

Ja, § 9 II GrEStG ist eindeutig formuliert.

  1. Liegt Verjährung vor?

Festsetzungsfrist gem. § 169 II AO: 4 Jahre
Beginn der Festsetzungsfrist gem. § 170 I AO (mit Ausnahmen): Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist
Entstehung der Steuer: Vertrag über den Erwerb, falls nicht notwendig die Auflassung, falls nicht notwendig der Übergang des Eigentums.
Verjährung tritt mit Ablauf des Kalenderjahres 2002 + 4 = 2006 ein.

  1. Was gehört von den Dingen denn wirklich zum
    Grundstück/Haus? Der Garten? Die Türen? Ein zusätzlicher
    Dachausbau?

Problem bei der Grunderwerbsteuer: Abweichend von der Handhabung im Zusammenhang Ertragsteuern ist die Bemessungsgrundlage die Gegenleistung „mit allem“ für den Erwerb des Grundstückes im zivilrechtlichen Sinn: Alles, was bei Fertigstellung des Gebäudes (§ 8 II Satz 2 GrEStG) in die Gegenleistung (= den Kaufpreis) eingeflossen ist. Die Frage der Abgrenzung von Scheinbestandteilen, Außenanlagen, selbständig bewertbaren Wirtschaftsgütern stellt sich hier nicht.

Es ist schade, daß der hier durchaus im Rahmen des Legalen bestehende Gestaltungsspielraum durch die Profis in dem Geschäft, die nicht einmal im Leben bauen, sondern ständig Gebautes verkaufen, nicht genutzt wird. Fertiggestellt wäre ein Gebäude durchaus, sobald es komplett bewohnbar ist. Alles, was dann noch kommt, ließe sich mit etwas Aufmerksamkeit in einem separaten Gewerk vereinbaren und erledigen, ohne daß die Klappe des § 9 II Nr. 1 GrEStG fällt.

Die Jobs, die andere Firmen außer dem Bauträger bekommen haben, und die von der eigentlichen Fertigstellung unabhängig sind, bilden nicht Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die GrESt.

Habe leider nix Besseres dazu.

Schöne Grüße

MM

Ein Bauträger bietet auch Vorteile:
bezahlbare Reihenhäuser/Doppelhäuser sind in Eigenregie nicht/nur sehr mühsam machbar.

Der Bauträger geht durch Erwerb, Parzellierung und Erschließung in Vorleistung.

Er bietet dem Kunden einen festen Endpreis, ein bereits mehrfach existierendes Systemhaus - verkauft quasi das Haus von der Stange. Alternativ komfortabel wäre vielleicht noch ein Fertighaus.
Die Bauleistungen sind häufig billiger, da er sie en gros abnimmt. Subs arbeiten zu Tarifen, die man als Einzelkunde nicht bekommen würde. Er garantiert einen Fertigstellungstermin, was Finanzierungskosten senkt.

Ein Architektenhaus ist sicherlich schicker aber auch riskantere und teurere Lösung.

Gruß n.

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Hallo Wolfgang,

zur Frage, ob man mit Bauträger baut oder anders (schlüsselfertig oder in Eigenregie/Architektenbüro) kann doch auch damit zusammenhängen, ob man gerade auf eine bestimmte LAge festgelegt ist. Und wenn, wie in München, der knappe Baugrund von Bauträgern besetzt wird: tja, was nützt dann ein Architekt ohne Baugrund?

Leider ist die Sache mit dem Finanzamt nicht so einfach: der Bundesfinanzhof hat in Form seiner ständigen Rechtssprechung, aber ohne gesetzliche Grundlage, das Konstrukt des „einheitlichen Vertragswerkes“ entworfen, um möglichst viele Bauherren abzukassieren. Sobald irgendein Hinweis auf eine vertragliche Verknüfung zwischen Grundstückserwerb und Hausbau vorliegt, fällt die Grunderwerbsteuer für beides an. Das ist immer der Fall bei Bauträgern (Wohnungen und Häuser) und oft bei schlüsselfertigen Bauvorhaben. Bei der Entscheidung, ob die Verknüpfung vorliegt, ist das Finanzamt natürlich recht großzügig, allerdings in eigener Sache. Schließlich braucht der Staat Geld …

An dieser Konstruktion bestehen erhebliche Zweifel in Sachen Verfassungsmäßigkeit etc. Allerdings hat bis jetzt niemand ein Verfahren vor dem BVerfG bis zum Ende geführt …

Grüße,
Manfred

Erst einmal Danke für die Ratschlähe an alle, die geantwortet haben.

Zu deiner Farge, warum man einen Bauträger wählt:
Da wäre zunächst einmal das Problem Baugrundstück. Das ist ja schon mal nicht so einfach. Entweder man wartet lange (was ich wegen Umzug aus einer anderen Stadt nicht wollte) oder man nimmt, was man kriegen kann. Das kann dann bedeuten, dass es weit draussen ist oder schweineteuer. Ein Bauträger macht mit einer Stadt meist eienn Deal. In unserem Fall hat er einfach ein altes Fabrikgelände gekauft für unter 100 EUR den qm, alles abgerissen und eine komplette Siedlung errichtet. Da kann man sich jetzt drüber streiten, ob man sowas mag, aber es hat auch seine Vorteile :wink:
Dann kann man wie bereits beschrieben „von der Stange kaufen“. Wiederum Geschmacksache, ich weiß, aber das minimiert natürlich wieder die Kosten.
Letztendlich die entscheidene Frage: Reihenhaus, Doppelhaushälfte oder Freistehend. Ein Reihenhaus oder DHH in Eigenregie bei dem man erst einmal die Nachbarn vorweg suchen muss, ist ja nicht so einfach. Ausserdem will man dann lieber das Schicksal entscheiden lassen, mit wem man am Ende Ärger hat :wink:
Natürlich verdient der Bauträger ordentlich (10%?), aber er hat auch geringere Kosten. Das gleicht sich letztendlich aus. Nur eines lohnt sich: Wenn man handwerlich begabt ist, viele Kumpels aus dem Sportverein helfen, kann man sicherlich alles selber machen. 4 Häuser selbst gebaut, das 5. umsonst. Der Spruch gilt immer noch.

Dein Vorschlag „Architekt, Baugrund, Hausdrauf“ wäre mir zwar auch lieber. Dann auch hübsch freistehend, 600qm Grund, mit einem kleinen Bächlein, dass vorbei fließt, einem Kindergarten und einem Supermarkt, der den Parkplatz zu anderen Seite hat. Wäre mir zwar auch lieber gewesen, aber Wohnen ist kein Wunschkonzert und mein Budget war klein und letztendlich hab ich’s wirklich gut getroffen find ich.

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