Hallo Rainer,
Du musst Dir unbedingt die Arbeit anschauen und mit Deinem Schüler durchsprechen. Woran lag’s denn, dass die Note so schlecht war? Waren es Rechenprobleme, Verständnisschwierigkeiten oder ein Black Out evtl. aufgrund von Versagensängsten? Das sind nämlich 3 ganz verschiedene Probleme, die auch 3 ganz verschiedene Unterrichtsmethoden erfordern.
Rechenprobleme (leichtester Fall):
Da hilft wirklich nur eins: üben, üben, üben. Am besten gibst Du noch extra Rechenaufgaben (z.B. aus einem anderen Mathebuch) auf. Oder spannst die Eltern und/oder Geschwinster mit ein, neue Aufgaben z.B. mittels eines Würfels zu kreieren (binomische Formeln: 1.Wurf -> a, 2.Wurf -> b, 3.Wurf -> 1 u. 4 für 1.Binom, etc). Sowas lässt sich auf beliebige Aufgabentypen anwenden.
Verständnisschwierigkeiten (das ist schon wesentlich kniffeliger):
Hier müssen sehr gute Hilfsmittel wie Eselsbrücken und „Kochrezepte“ vermittelt werden. Beispiel: Viele meiner Nachhilfeschüler hatten anfangs immer große Schwierigkeiten, wenn es um Tangenten ging. Daher musste jeder stets, wenn das Wort „Tangente“ im Text vorkam, die allgemeine Tangentenformel aufschreiben. Anschließend musste er aus dem Text oder mittels Rechnung herausfinden, ob der gegebene Punkt, durch den die Tangente gehen sollte, auf der Kurve liegt oder nicht. Entsprechend wurde eingesetzt und simsalabim: das Ergebnis stand da!! Und das Erfolgserlebnis, eine solch schwierige Aufgabe selbständig gelöst zu haben, ist enorm. So habe ich dann zu jedem Aufgabentyp eine entsprechende Anweisung unterrichtet, mit der über 95% der Aufgaben lösbar waren.
Black Out, Versagensängste (geht meist mit den oberen beiden Problemen einher):
Hier ist als erstes zu sagen: Bei massiven Ängsten doktert bitte keiner irgendwie rum, teilweise ist wirklich notwendig, dass ein ausgebildeter Psychiater oder Psychotherapeut sich um das Problem kümmert.
Sind die Ängste noch im halbwegs normalen Rahmen (im Notfall lieber einmal mehr als zuwenig professionelle Hilfe in Anspruch nehmen), kann man auch durch viele Gespräche weiterhelfen. Häufig sind auch die Ängste, die sich in einem schlechten Fach auftreten duch andere Probleme verstärkt. Ich hatte beispielsweise eine Nachhilfeschülerin, deren Freund mit Selbstmord gedroht hat, falls sie ihn verlassen sollte. Das hat sie dermaßen fertig gemacht, dass man das sogar in den Noten sehen konnte. Die einfachen Fächer konnte sie noch gut kompensieren, aber in Mathe sackte sie wieder voneiner mühsam erarbeiteten 2 auf eine 5 ab. Daraufhin habe ich ca. die Hälfte der Nachhilfestunden damit verbracht, ihr Selbstbewusstsein zu stärken, und ihr Mittel und Wege zu zeigen, um aus dieser Situation selbser einen Ausweg zu finden. Als diese Zeit überstanden war, ging’s auch gleich wieder besser in Mathe.
Manchmal sind die Ängste aber auch direkt mit einem bestimmten Fach verknüpft. Dann hilft nur eins: viel loben!!! Schau Dir auch die versauten Arbeiten an. Woran lag’s wirklich? Waren da halt einige Leichtsinnsfehler, so werte die Note ab indem Du ausrechnest, was ohne diese Kleinigkeiten drin gewesen wäre. Wenn aus einer 5 dann plötzlich eine 3- wird oder so, dann steigt auch gleich das Selbstbewusstsein.
Bei Schülern, die häufig zu einem Black Out neigen, habe ich einen Trick, der zumindest meistens ganz gut funktioniert: Immer wenn sie nicht weiter wissen und kurz vorm Verzweifeln sind, sollen sie auf’s Klo gehen. Einfach nur auf den Klodeckel setzen und ganz ganz tief durchatmen. Evtl. wasser ins Gesicht und erst wenn sie sich wieder etwas beruhigt haben, sollen sie wieder in die Klasse zurück. Meistens heißt es zwar am Anfang: „da geht mir ja noch mehr von der ohnehin schon viel zu kurzen Zeit verloren“, aber wieviel Zeit braucht man, um eine Arbeit zu lösen, wenn man überhaupt nichts mehr weiß?! Daher lieber 3 Minuten auf dem Klo verschenken und dann wieder durchstarten als ewig zu grübeln und nicht weiterzukommen. Später genügt es dann, den Stift wegzulegen und die Augen etwas zu schließen oder aus dem Fenster zu sehen, um sich etwas zu entspannen. Auch Teile der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobs können in der Klasse unauffällig durchgeführt werden und führen zu einer Verbesserung der Konzentration.
So, ich hoffe Dir mit meinen Tips etwas weitergeholfen zu haben.
Viele Grüße, Nina