Hallo SorgenvollimKosmos,
Es gibt selten Familiennamen, die nur aus einer einzigen Bedeutung entstanden sein können. Die meisten Familiennamen können zwei oder auch viel mehr Ursachen haben. In jedem Fall ist es notwendig, die Ursprünge Deiner von Dir gesuchten Familie über Urkunden und Dokumente in Archiven so weit wie irgend möglich zurückzuverfolgen. Je näher man an der Zeit der Namensentstehung ist, um so wahrscheinlicher werden die Namenserklärungen. Denn je weiter man in die Vergangenheit zurück forscht, um so abweichender werden die Schreibweisen gegenüber der heutigen Schreibung. Da ich bei Deinem Namen „Lentes“ ausschließlich die heutige Schreibweise kenne, kann ich auch mit der nun folgenden Analyse furchtbar falsch liegen. Da ich jedoch in den letzten 10 Jahren ca. 2000 deutsche Familiennamen analysiert habe, kann ich auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen, der es mir ermöglicht, einzuschätzen, wie wahrscheinlich eine theoretische Möglichkeit ist.
Du solltest als Kurzinformation wissen, dass all unsere Familiennamen in 4 Gruppen eingeordnet werden können:
Familiennamen aus Berufen (Schneider, Müller, Fischer, Schmidt)
Familiennamen aus Herkunftsbezeichnungen (Adenauer, Ramsauer, Schweinsteiger, Effenberg, Steinbrück, Waggershausen)
Familiennamen aus Übernamen (das sind ungefähr so was wie Spitznamen): Braun, Klein, Schnell, Spät, Frühauf, Fröhlich, Humpel
und Familiennamen, die aus Rufnamen entstanden sind: Matthäus, von Stephan (Einführer des deutschen Postwesens), Walther (Fußballer aus den 1960er Jahren)
Bevor Du weiter liest, kannst Du ja mal raten, in welche dieser 4 Gruppen „Lentes“ gehört.
Man kann aufgrund von verschiedenen Buchstaben im Namen oftmals herauslesen, in welcher Region der Familienname beheimatet ist. Aber nicht jeder Familienname lässt sich einfach richtig deuten. Viele Namen sind gegenüber der ursprünglichen Form verunstaltet und kaum noch zu erkennen. Dazu gehört auch „Lentes“. Oft sind Buchstaben entfallen, so dass die heutige Namensschreibweise nur noch ein Rudiment des kompletten Begriffs ist. So ist im Bereich von Nordrhein-Westfalen hin und wieder der Name „Landes“ zu lesen bzw. zu hören. Dieser leitet sich aus der Herkunftsbezeichnung (ist aber nur Möglichkeit 1 von einigen!) „Landhaus“ ab. Das -haus wurde zu -es.
Aber natürlich nicht immer. Bei anderen Namen kann es durchaus zum Namenskern gehören. Und das vermute ich bei Lentes:
Wenn man von einem Wegfall von Buchstaben ausgeht, dann ergänze ich diese: Va-
Und dann ergibt sich „VaLentes“, was wieder die Dialektform von „Valentinus“ ist. Somit dürfte mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Lentes aus dem lateinischen Rufnamen „Valentinus“ entstanden sein. Eine andere Möglichkeit wäre der der ebenfalls lateinische Rufname Laurentius (im Deutschen: Lorenz). Gerade in Rheinland-Pfalz und im westrheinischen NRW sind Familiennamen häufig, die mit -es enden. Mettes wäre auch solch einer (aus Matthias). Kennzeichen all dieser Rufnamen ist, dass sie in der Grundform auf -s enden und nicht germanischen Ursprungs sind. Sondern lateinisch oder hebräisch (wie Matthias). Das alles wiederum gibt einen Hinweis, wie alt der Name ist.
Lentes ist eingliedrig = nicht aus zwei Begrifflichkeiten zusammengesetzt (Ursprung: Valentinus = ein unteilbarer Begriff)
Familiennamen, die aus Rufnamen entstanden sind, sind weit überwiegend auf dem Land beheimatet.
Familiennamen, die im Süden entstanden sind, sind älter als solche, die weiter nördlich beheimatet sind. Familiennamen, die im Westen entstanden sind, sind älter als solche, die weiter östlich ihre Heimat haben. Eingliedrige Familiennamen sind älter als mehrgliedrige. Familiennamen, welche auf dem Land entstanden sind, sind jünger als solche, die ihren Ursprung in einer Stadt haben. Familiennamen aus fremdländischen Rufnamen sind jünger als Familiennamen aus germanischen Rufnamen. Kombiniert man nun all diese hier enthaltenen Informationen, so dürfte der Name Lentes erstmals etwa 1350 bis 1450 als Familienname verwendet worden sein.
viele Archive haben schriftliche Unterlagen bis zum 30jährigen Krieg (16118-1648). Wenn ich die Schreibweise des Lentes-Vorfahren von damals kennen würde, dann könnte man mit noch größerer Sicherheit sagen, ob meine Deutung die richtige ist. Ich selbst halte den Valentin für deutlich wahrscheinlicher als den Laurentius. Oft gibt es auch Rufnamensvorlieben nach dem Kirchenpatron. Du könntest Dich mal auf die Suche machen, wo in der Gegend (bis rüber nach Luxemburg und Frankreich) es Kirchen gibt, die dem Hlg. Valentin geweiht sind und wo es Laurentius-Kirchen gibt. Denn in aller Regel sind die Leute viel sesshafter als man heute meinen möchte: Von dort, wo die Familie um 1900 gelebt hat, bis zu der Stelle, an der der Familienname vor 700 Jahren entstanden ist, liegen in aller Regel weniger als 100 km Luftlinie.
Dann gibt es noch die Heirats-Regel: Wenn ein Ehepaar sich dauerhaft gut versteht, kann man davon ausgehen, dass beide ihre Vorfahren vor ca. 700 bis 1000 Jahren in der gleichen Region hatten: man gehört zum gleichen „Stamm“ und liegt somit auf einer Wellenlänge, versteht sich und heiratet ---- und bleibt auch ein Lebtag lang zusammen. Ich habe bei der Analyse der Familiennamen schon Fälle erlebt, dass die Urheimat beider Ehepartner so eng beieinander lag, dass keine 20 km Entfernung dazwischen war.
Bei Lentes ist eine Erklärung aus einer Herkunftsbezeichnung völlig ausgeschlossen, ebenso die Ursache in einem Beruf. Denkbar - aber nicht besonders wahrscheinlich wäre noch ein Übername (~ Spitzname). z.B. eine Verfälschung von einem k in ein t: statt Lentes „lenkes“, was soviel wie Linkshänder bedeuten würde. Denkbar wäre auch der französische Begriff „lente“ (= langsam = kein schneller Arbeiter, schwer von Begriff), aber da stört mich das -s am Familiennamen, daher halte ich auch diese Erklärung für eher unwahrscheinlich.
Soweit für heute. Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen.
Viele Grüße und gute Nacht wünscht
Alexander