Nachrichtenqualität, diesmal: DGB und Überstunden

Hallöchen,

heute morgen, folgende Meldung in den ZDF-Nachrichten:

„Der DGB schätzt, daß im vergangenen Jahr die Zahl der Überstunden um 500.000 auf 1,9 Mrd. gestiegen ist.“

Im Rahmen der Veröffentlichung dieser Zahl fordert man wie gehabt die Reduzierung der Überstunden zugunsten einer Schaffung von Arbeitsplätzen. Rein rechnerisch ergibt sich ein Potential von rund 1 Mio. Arbeitsplätze, wenn man alle Überstunden abbauen könnte.

Nun muß man sich natürlich fragen, wie eine solche Schätzung zustande kommt. In diesem Zusammenhang sollte man sich über die Ziele des DGB im Klaren sein. Die Gewerkschaften wollen ja eigentlich eine Reduzierung der Überstunden. Andererseits können sie ja keine Reduzierung melden, da ja sonst die Anstrengungen zur Reduzierung der Überstunden nachlassen würden bzw. die Forderung nach einer Reduzierung weniger dringlich wirken würde. Aufgrund der ideologischen Nähe zur SPD kann man wiederum annehmen, daß man den Kollegen nicht allzusehr an den Karren fahren will, insbesondere im Wahljahr (obwohl das Wahlvolk diese Meldung bis zur Wahl vergessen haben dürfte). Also nimmt man eine sehr geringe Steigerung. 500.000 Überstunden entsprechen einem Anstieg von rund 0,002 % oder ca. 8 Minuten je Arbeitnehmer pro Jahr (!) (bei rund 36 Mio. Erwerbstätigen; alle Angaben aus dem Statistischen Jahrbuch per Mai 2000). Respekt für jemanden, der so genau schätzen kann.

Und noch eins: Bei rund 780.000 Unternehmen entfallen auf jedes Unternehmen rund 2.400 Überstunden. Das entspricht je Unternehmen (nicht je Betrieb) rund 1,5 Mitarbeiter (bei 35 Stunden/Woche und 6 Wochen Urlaub/Jahr). Mit anderen Worten: Jedes Unternehmen müßte nur 1,5 Mitarbeiter einstellen, um seine Überstunden zu beseitigen. Das hört sich wenig und machbar an. Das Problem ist nur, nicht die ganzen 2.400 Überstunden auf eine Tätigkeit entfallen. D.h. die 1,5 Stellen verteilen sich auf das volle Spektrum der Tätigkeiten in diesem Unternehmen und außerdem nicht gleichmäßig auf das Jahr. Genau dieses ist letztlich der Grund für Überstunden.

Wir haben hier einerseits den Effekt einer sogenannten Scheingenauigkeit. Anstatt einfach zu sagen, daß die Anzahl der Überstunden im Vorjahr wahrscheinlich weiter, wenn auch nur leicht, gestiegen ist, greift man sich irgendeine Zahl und gaukelt damit der Öffentlichkeit eine Genauigkeit vor, die es so gar nicht geben kann. In Unternehmen, die Überstunden bezahlen, mag es Statistiken geben, die evtl. an die Gewerkschaften gemeldet werden, da glaube ich persönlich jedoch nicht dran. Bei uns werden Überstunden von außertariflich bezahlten Mitarbeitern (und das ist der Großteil) nur von jedem einzeln für sich erfaßt, eine Auszahlung oder ein Abfeiern findet nicht statt. Von meinen Überstunden weiß also keiner was.

Scheingenauigkeiten treten gerade in dieser Zeit häufig auf. So werden DM 20 Mio. flugs in € 10,23 Mio. umgerechnet und so die Anzahl der signifikanten Stellen von 1 auf 4 erhöht. Auch diese Vorgehensweise suggeriert eine viel größere Exaktheit, als sie der urprüngliche Verfasser gemeint hat. Bei DM 20 Mio. meinte er vermutlich „zwischen 18 und 22 Mio.“, was einer Unsicherheit von immerhin 22,22% entspricht (und ich habe es auch gerade getan). Mein schönstes Erlebnis war die Übersetzung in einem Roman. Dort stand dann in der deutschen Fassung: „Der Fluß ist 1.602 Meter breit.“ Im Original stand „1 Meile“.

Eine zweite Lehre aus der oben zitierten Pressemitteilung des DGB lautet: „Frage nicht, was jemand sagt, sondern warum er es sagt.“

Gruß
Christian

Hallo,

„Der DGB schätzt, daß im vergangenen Jahr die Zahl der
Überstunden um 500.000 auf 1,9 Mrd. gestiegen ist.“

Eine weitere Steigerung der Überstunden wird von niemandem bestritten. Es spielt da im übrigen keine Rolle ob es eine oder 500.000 sind.

Im Rahmen der Veröffentlichung dieser Zahl fordert man wie
gehabt die Reduzierung der Überstunden zugunsten einer
Schaffung von Arbeitsplätzen. Rein rechnerisch ergibt sich ein
Potential von rund 1 Mio. Arbeitsplätze, wenn man alle
Überstunden abbauen könnte.

Auch das kann nicht bestritten werden. Durch Überstunden werden Produktionen ausgeweitet. Dies kann auch über Investitionen und damit Schaffung von Arbeitsplätzen geschehen. Es ist dabei vollkommen unerheblich ob eine Million oder 100.000 sind.

Nun muß man sich natürlich fragen, wie eine solche Schätzung
zustande kommt.

Durch Meldungen der Betriebsräte und anderen Mitgliedern und der daraus folgenden Hochrechnung.

In diesem Zusammenhang sollte man sich über

die Ziele des DGB im Klaren sein. Die Gewerkschaften wollen ja
ei-gentlich eine Reduzierung der Überstunden. Andererseits
können sie ja keine Reduzierung melden, da ja sonst die
Anstrengungen zur Reduzierung der Überstunden nachlassen
würden bzw. die Forde-rung nach einer Reduzierung weniger
dringlich wirken würde. Aufgrund der ideologischen Nähe zur
SPD kann man wiederum annehmen, daß man den Kollegen nicht
allzusehr an den Karren fahren will, insbesondere im Wahljahr
(obwaohl das Wahlvolk diese Meldung bis zur Wahl vergessen
haben dürfte). Also nimmt man eine sehr geringe Steigerung.
500.000 Überstunden entsprechen einem Anstieg von rund 0,002 %
oder ca. 8 Minuten je Arbeitnehmer pro Jahr (!) (bei rund 36
Mio. Erwerbstätigen; alle Angaben aus dem Statistischen
Jahrbuch per Mai 2000). Respekt für jemanden, der so genau
schätzen kann.

Lass doch endlich mal die idiologische Nähe zur SPD. Die Zahl von 500.000 Überstunden hab ich gerade im „heute journal“ gehört. Gemeldet von den Arbeitgeberverbänden. Begründet mit Fachkräftemangel. Die haben wohl keine Nähe zur SPD, oder doch, weiss nicht.

Und noch eins: Bei rund 780.000 Unternehmen entfallen auf
jedes Unternehmen rund 2.400 Überstunden. Das entspricht je
Unternehmen (nicht je Betrieb) rund 1,5 Mitarbeiter (bei 35
Stunden/Woche und 6 Wochen Urlaub/Jahr). Mit anderen Worten:
Jedes Unternehmen müßte nur 1,5 Mitarbeiter einstellen, um
seine Überstunden zu beseitigen. Das hört sich wenig und
machbar an. Das Problem ist nur, nicht die ganzen 2.400
Überstunden auf eine Tätigkeit entfallen. D.h. die 1,5 Stellen
verteilen sich auf das volle Spektrum der Tätigkeiten in
diesem Unternehmen und außerdem nicht gleichmäßig auf das
Jahr. Genau dieses ist letztlich der Grund für Überstunden.

Es gibt von den 780.000 Unternehmen tatsächlich welche, die nicht mit Überstunden arbeiten. Deshalb ist Deine Rechnung schon von Anfang an falsch. Es gibt allerdings Betriebe die mit Überstunden fest in der Produktion kalkulieren. Diese sollten endlich etwas tun. Auch wenn sie nur einen einstellen.

Wir haben hier einerseits den Effekt einer sogenannten
Scheingenauigkeit. Anstatt einfach zu sagen, daß die Anzahl
der Überstunden im Vorjahr wahrscheinlich weiter, wenn auch
nur leicht, gestiegen ist, greift man sich irgendeine Zahl und
gaukelt damit der Öffentlichkeit eine Genauigkeit vor, die es
so gar nicht geben kann. In Unternehmen, die Überstunden
bezahlen, mag es Statistiken geben, die evtl. an die
Gewerkschaften gemeldet werden, da glaube ich persönlich
jedoch nicht dran.

Es gibt nichts was es nicht gibt. Auch Unternehmen die Überstunden melden. Darüber hinaus haben Gewerkschaften Mitglieder die Überstunden melden. Und es gibt Betriebsräte. Natürlich auch noch Quellen der Regierung (Arbeitsministerium). Um jetzt die idiologische nähe auszuschliessen, bei der CDU geführten Regierung gab es die gleichen Quellen.

Bei uns werden Überstunden von

außertariflich bezahlten Mitarbeitern (und das ist der
Großteil) nur von jedem einzeln für sich erfaßt, eine
Auszahlung oder ein Abfeiern findet nicht statt. Von meinen
Überstunden weiß also keiner was.

Zumindest Dein Arbeitgeber sollte Deine tatsächliche Arbeitszeit kennen, ansonsten macht er sich strafbar. Und wenn es denn so viele nicht gemeldete Überstunden gibt, dann stimmt Deine Rechnung überhaupt nicht mehr. Dann können noch mehr Arbeitsplätze geschaffen werden.

Scheingenauigkeiten treten gerade in dieser Zeit häufig auf.
So werden DM 20 Mio. flugs in € 10,23 Mio. umgerechnet und so
die Anzahl der signifikanten Stellen von 1 auf 4 erhöht. Auch
diese Vorgehensweise suggeriert eine viel größere Exaktheit,
als sie der urprüngliche Verfasser gemeint hat. Bei DM 20 Mio.
meinte er vermutlich „zwischen 18 und 22 Mio.“, was einer
Unsicherheit von immerhin 22,22% entspricht (und ich habe es
auch gerade getan). Mein schönstes Erlebnis war die
Übersetzung in einem Roman. Dort stand dann in der deutschen
Fassung: „Der Fluß ist 1.602 Meter breit.“ Im Original stand
„1 Meile“.

Eine zweite Lehre aus der oben zitierten Pressemitteilung des
DGB lautet: „Frage nicht, was jemand sagt, sondern warum er es
sagt.“

Du solltest immer fragen was jemand sagt. Warum er es sagt geht aus der Pressemitteilung immer hervor, danach braucht keiner zu fragen.

Gruß
Christian

Gruß
Michael

Tag auch,

Eine weitere Steigerung der Überstunden wird von niemandem
bestritten. Es spielt da im übrigen keine Rolle ob es eine
oder 500.000 sind.

eben, warum dann die Festlegung auf diese Zahl, die tatsächlich nur geraten sein kann.

Auch das kann nicht bestritten werden. Durch Überstunden
werden Produktionen ausgeweitet. Dies kann auch über
Investitionen und damit Schaffung von Arbeitsplätzen
geschehen.

Meine rund 180 Überstunden vom letzten Jahr sind zu 80% in den Monaten Juni-September angefal-len, aufgrund der vorgelegten Jahresabschlüsse bei uns Stoßzeit. Die Überstunden entstanden bei der Bearbeitung von Kreditvorlagen für Kundenengagements für die entsprechenden Entscheidungs-träger. Die Einarbeitung in diese Kunden hat mich seinerzeit pro Kunde ca. 1 Woche gekostet. Ist es vernünftig, von meinem Arbeitgeber zu erwarten, für diese Zeit ein anzulernende Hilfskraft einzustel-len, die den Rest des Jahres, in der ich mit meiner Arbeitszeit auskomme rumsitzen würde?

Es ist dabei vollkommen unerheblich ob eine Million
oder 100.000 sind.

Eigentlich schon.

Durch Meldungen der Betriebsräte und anderen Mitgliedern und
der daraus folgenden Hochrechnung.

Ja genau, Hochrechnung, siehe unten.

Lass doch endlich mal die idiologische Nähe zur SPD. Die Zahl
von 500.000 Überstunden hab ich gerade im „heute journal“
gehört. Gemeldet von den Arbeitgeberverbänden. Begründet mit
Fachkräftemangel. Die haben wohl keine Nähe zur SPD, oder
doch, weiss nicht.

Gerade im Heute-Journal? Wohl eher gestern. Egal. Die Zahlen wurden vom Arbeitgeberverband aufgegriffen und nicht selber ermittelt. Dementiert wurden sie deshalb nicht, weil prompt die Retour-kutsche in Form eines Hinweises auf den Fachkräftemangel erfolgte. Die gleiche falsche Zahl wird von beiden Seiten für ihre Zwecke mißbraucht.

Es gibt von den 780.000 Unternehmen tatsächlich welche, die
nicht mit Überstunden arbeiten. Deshalb ist Deine Rechnung
schon von Anfang an falsch. Es gibt allerdings Betriebe die
mit Überstunden fest in der Produktion kalkulieren. Diese
sollten endlich etwas tun. Auch wenn sie nur einen einstellen.

Bestreite ich gar nicht, nur wollte ich einen Anhaltspunkt liefern. Daß es Betriebe gibt, bei denen Ein-stellungen vertretbar wären, ist vollkommen klar.

Zumindest Dein Arbeitgeber sollte Deine tatsächliche
Arbeitszeit kennen, ansonsten macht er sich strafbar.

So ein Unfug. Im Arbeitsvertrag steht drin, daß alle Überstunden abgegolten sind. Daß ich mich an die geseztlichen Regelungen halten muß, ist vollkommen klar. Unser Betriebsratsvorsitzender sitzt mir gegenüber. Der würde schon was sagen, wenn bei uns die Regelungen verletzt werden würden. In Sachen Überstunden tun wir uns im übrigen nicht allzu viel. Tendenziell macht er aber mehr.

Und wenn
es denn so viele nicht gemeldete Überstunden gibt, dann stimmt
Deine Rechnung überhaupt nicht mehr. Dann können noch mehr
Arbeitsplätze geschaffen werden.

Eben hier liegt das Problem. Evtl. bekannte (bzw. angenommene) Zahlen werden hochgerechnet und genau dort entstehen die Fehler. Ob dabei nun weniger oder mehr Stunden rauskommen, als es sie in wirklichkeit gibt, ist dabei für das hier angesprochene Problem unerheblich. Es geht einfach nur dar-um, daß die Zahl schlichtweg nicht richtig ist. Ein Hinweis auf vermutlich leicht gestiegene Überstun-denzahlen wäre vollkommen ausreichend gewesen.

Du solltest immer fragen was jemand sagt. Warum er es sagt
geht aus der Pressemitteilung immer hervor, danach braucht
keiner zu fragen.

??? Das kann ja wohl nicht Dein Ernst sein.

Dein Widerspruch geht an meiner Intention vorbei. Die zentrale Frage ist: Wie kommen die auf 500.000 Überstunden. Diese Zahl kann so nicht ermittelt worden sein, weil sie, auf den einzelnen Ar-beitnehmer umgerechnet, derartig gering ist, daß jeder Statistiker in ein Lachkoma fallen würde, wenn versucht würde, ihm diesen Zuwachs als signifikant zu verkaufen.

Gruß
Christian

Nachtrag
Hi,

die Sache wird immer besser. Hier noch ein Ausschnitt aus der entsprechenden ARD Teletext-Meldung:

„Im Jahr 2001 seien rund 1,9 Milliarden Überstunden angefallen, im Jahr 2000 waren es ca. 1,85 Milliarden.“

Das ist natürlich wirklich abenteuerlich. Tatsächlich müßte es im Vorjahr 1.899.500.000 Überstunden gewesen sein, da in 2001 1.900.000.000 und hinzugekommen 500.000. Wer da jetzt geschludert hat (und Milliarden schrieb und meinte aber Millionen dachte), kann ich nicht sagen, da die Originalpressemitteilung unter http://www.dgb.de noch nicht verfügbar ist.

Tatsächlich wären die 500.000 normalerweise nichts anderes als ein Rundungsfehler.

Gruß
Christian

Hallöchen,

heute morgen, folgende Meldung in den ZDF-Nachrichten:

„Der DGB schätzt, daß im vergangenen Jahr die Zahl der
Überstunden um 500.000 auf 1,9 Mrd. gestiegen ist.“

Nach DGB „liegt die Mehr-Arbeit bei rund 1,9 Milliarden Stunden nach 1,85 Milliarden im Jahr 2000.“ Also nicht um 500.000 sondern um 500.000.000 gestiegen.
Quelle: SAT1-Videotext S.123

Aber auch:

http://de.news.yahoo.com/020107/12/2imlk.html
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,175751,00.html

Im Rahmen der Veröffentlichung dieser Zahl fordert man wie
gehabt die Reduzierung der Überstunden zugunsten einer
Schaffung von Arbeitsplätzen. Rein rechnerisch ergibt sich ein
Potential von rund 1 Mio. Arbeitsplätze, wenn man alle
Überstunden abbauen könnte.

Nun muß man sich natürlich fragen, wie eine solche Schätzung
zustande kommt. In diesem Zusammenhang sollte man sich über
die Ziele des DGB im Klaren sein. Die Gewerkschaften wollen ja
eigentlich eine Reduzierung der Überstunden. Andererseits
können sie ja keine Reduzierung melden, da ja sonst die
Anstrengungen zur Reduzierung der Überstunden nachlassen
würden bzw. die Forderung nach einer Reduzierung weniger
dringlich wirken würde. Aufgrund der ideologischen Nähe zur
SPD kann man wiederum annehmen, daß man den Kollegen nicht
allzusehr an den Karren fahren will, insbesondere im Wahljahr
(obwohl das Wahlvolk diese Meldung bis zur Wahl vergessen
haben dürfte). Also nimmt man eine sehr geringe Steigerung.
500.000 Überstunden entsprechen einem Anstieg von rund 0,002 %
oder ca. 8 Minuten je Arbeitnehmer pro Jahr (!) (bei rund 36
Mio. Erwerbstätigen; alle Angaben aus dem Statistischen
Jahrbuch per Mai 2000). Respekt für jemanden, der so genau
schätzen kann.

Damit hast Du eine Steigerung von 2,7% pro Jahr oder 13,8 Stunden pro Arbeitnehmer und Jahr.

Tricky Posting von Dir. Anscheinend hat niemand Deine Angaben nachgeprüft sondern - weil die Quelle EXC glaubhaft schien - einfach übernommen. Wenn Du also beweisen wolltest, dass man auch die Angaben scheinbar glaubwürdiger Quellen überprüfen sollte, dann ist Dir das überzeugend gelungen.

-)

Wer andern eine Grube gräbt …:wink:

Tricky Posting von Dir. Anscheinend hat niemand Deine Angaben
nachgeprüft sondern - weil die Quelle EXC glaubhaft schien -
einfach übernommen.

Was schon wieder schlimm genug wäre.

Wenn Du also beweisen wolltest, dass man
auch die Angaben scheinbar glaubwürdiger Quellen überprüfen
sollte, dann ist Dir das überzeugend gelungen.

Wollte ich nicht, tatsächlich wurde heute morgen in „heute“ explizit ein Anstieg von 500.000 gemeldet, sonst wäre mir das ganze ja auch nicht aufgefallen. Inzwischen findet sich die Meldung, in der ein Anstieg von 1,85 auf 1,9 Mrd. gemeldet wird, auch an mehreren Stellen. Obwohl man davon ausgehen muß, daß die alle an einer Stelle eingekauft haben, scheinen zumindest die Zahlen 1,85 und 1,9 die richtigen zu sein, wobei wir zu der ersteren noch gleich kommen werden.

Nach DGB „liegt die Mehr-Arbeit bei rund 1,9 Milliarden
Stunden nach 1,85 Milliarden im Jahr 2000.“ Also nicht um
500.000 sondern um 500.000.000 gestiegen.
Quelle: SAT1-Videotext S.123

Hihi, nee, das wären 50 Mio., nicht 500 Mio.

http://de.news.yahoo.com/020107/12/2imlk.html
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,175751,00.html

Ja, aber da hat sich keiner getraut zu rechnen, die einzigen, die ich gefunden habe:
„Nach Schätzungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes lag die Zahl bei rund 1,9 Milliarden. Das bedeutet einen Zuwachs von 50 Millionen Stunden im Vergleich zu 2000.“
Veröffentlicht von RZ-Online am 07.01.2002 08:24

Damit hast Du eine Steigerung von 2,7% pro Jahr oder 13,8
Stunden pro Arbeitnehmer und Jahr.

Also hier wieder entsprechend weniger (siehe oben): 0,27 % bzw. 1,38 Stunden, was m.E. schon wieder an der Nachweisgrenze wäre.

Ich hätte aber noch dieses anzubieten:
http://www.welt.de/daten/2002/01/06/0106wi306062.htx…
Danach in 2000 69,3 Stunden je Arbeitnehmer und Jahr, macht bei 36 Mio. Arbeitnehmern rund 2,5 Mrd. Überstunden. In 2001 nun auf einmal ein Anstieg auf 1,9 Mrd. Stunden?! Übrigens waren es 1970 noch 157,7 Std. je Arbeitnehmer und Jahr, also ein gewaltiger Rückgang. Auch ansonsten ein netter Artikel zur Überstundendiskussion.

Fazit:

  1. Anscheinend hatte ein ZDF-Redakteur von heute morgen ein Problem mit der Rechnung im Zahlenraum von 1 Mio.-10 Mrd. (siehe Grundschulzeugnis). Mein Fehler dabei: Ich hab´s geglaubt, aber immerhin habe ich gemerkt, daß irgendetwas nicht stimmte.
  2. Die DGB-Zahlen werden anscheinend jedes Jahr anders gerechnet, zumindest aber hat sich die Schätzungs-/Berechnungsmethode von 2000 zu 2001 geändert.
  3. Offen bleibt auch die Frage, ob die nun festgestellte Änderung signifikant ist und ob die Schätzungsmethode unzweifelhaft ist. Schade nur, daß die Frage nach der Methode der Berechnung/Schätzung wohl niemals auf einer Pressekonferenz gefragt werden wird und, daß kein Redakteur sich die Mühe machte, mal nach alten Zahlen Ausschau zu halten.

Hier noch die Originalquelle, von der das Drama ausging:
http://www.reuters.de/news_article.jhtml?type=german…

Ma kuck´n, was der DGB auf seiner Homepage veröffentlichen wird.

Gruß
Christian

Re: Wer andern eine Grube gräbt …:wink:

Nach DGB „liegt die Mehr-Arbeit bei rund 1,9 Milliarden
Stunden nach 1,85 Milliarden im Jahr 2000.“ Also nicht um
500.000 sondern um 500.000.000 gestiegen.
Quelle: SAT1-Videotext S.123

Hihi, nee, das wären 50 Mio., nicht 500 Mio.

Echt? Laß mal nachrechnen: 1,9 - 1,85 5 im Sinn und 0 in der Schublade *kramsuch*

Hm, könnte stimmen…

Ich hätte aber noch dieses anzubieten:
http://www.welt.de/daten/2002/01/06/0106wi306062.htx…
Danach in 2000 69,3 Stunden je Arbeitnehmer und Jahr, macht
bei 36 Mio. Arbeitnehmern rund 2,5 Mrd. Überstunden.

In 2001
nun auf einmal ein Anstieg auf 1,9 Mrd. Stunden?! Übrigens
waren es 1970 noch 157,7 Std. je Arbeitnehmer und Jahr, also
ein gewaltiger Rückgang. Auch ansonsten ein netter Artikel zur
Überstundendiskussion.

Die Zahl von 1970 ist nicht ernst zu nehmen. 1970 gab es noch weitgehend Vollbeschäftigung. Dass in einer solchen Zeit massiv Überstunden gekloppt werden, ist klar, normal und richtig. Dass in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und allenfalls geringem Wachstum viele Überstunden gefahren werden, kann man zumindest kritisch sehen.

  1. Die DGB-Zahlen werden anscheinend jedes Jahr anders
    gerechnet, zumindest aber hat sich die
    Schätzungs-/Berechnungsmethode von 2000 zu 2001 geändert.

In dem Welt-Artikel steht nicht, dass sie bei 69,3 Stunden um DGB-Zahlen handelt, daher ist Deine Behauptung nicht haltbar. Auch der DGB nennt seine Zahlen ja Schätzungen. Natürlich kann es auch andere Organisationen geben, die die Zahl der Überstunden schätzen. Das kann natürlich auf einer anderen Basis sein.

Folglich kann man nur Schätzungen vergleichen, die auf die gleiche Art und Weise erhoben worden sind. Das dürfte bei den DGB-Zahlen von 2000 und 2001 der Fall sein. Ob das auch bei den Welt-Zahlen der Fall ist, ist unklar. Ich denke nein, weil Deine Rechnung 2,5 und nicht 1,85 ergibt. Das kann nicht sein. Entweder ist die Zahl 69,3 nicht vom DGB oder sie haben nicht mit 36 sondern mit 27 Millionen Arbeitnehmern gerechnet.

Was der Grund ist, bleibt unklar.

überstunden in kleinunternehmen …
hi chris,

gestärkt seist du, das auch in unsere branche überstunden en masse auftreten. wie auch schon an vielen stellen gesagt, liegt es aber gerade bei uns an den mangelnden fachkräften. einen neuen fachlich topp ausgebildeten kann man bei den gehaltsvorstellungen nicht für standartaufgaben und manuell wiederkehrende aufgaben einsetzen (zu teuer bei den möglichen honoraren). einen unausgebildeten kann man die arbeit nur begrenzt machen lassen und muss kontrollieren wie sau. also das zwischending zwischen „anderen machen lassen“ und „selber machen“. dann bügelt man noch fehler aus etc. und schwuppdiwupp hast du wieder zeit verplempert.

es ist gerade bei so sensiblen branchen von belang exakte arbeit zu liefern, die kann nicht jeder vom arbeitsamt machen, leider. auf der anderen seite ist es zum schaudern, welche weiterbildungen die AA anbieten in der richtung. wir hatten mal eine praktikantin im büro mit völlig falschen vorstellungen von der arbeit, weil ein greis ihnen dinge der 80er jahre (stift, papier und rechenschieber) beibrachte. mit PC und software war sie übervorderter als eine praktikantin nach dem abi …

ergo: übereinstimmung, überstundenabbau geht nicht über erhöhte lohnforderungen und neueinstellungen sofort, sondern nur schleichend über reform des bildungssystems. oder kannst du mir sagen, warum ich in der berufsschule im deutsch-unterricht lernen muss nach welcher DIN wieviele SCHREIBMASCHINENzeilen zwischen adressfeld und anrede stehen??? also, wir arbeiten schon mit computern, kann es sein, das allein die lehrpläne und die lehrkräfte völlig überaltet sind?

genug aufgeregt :wink:

gruss vom

showbee

Datenchaos

Die Zahl von 1970 ist nicht ernst zu nehmen. 1970 gab es noch
weitgehend Vollbeschäftigung. Dass in einer solchen Zeit
massiv Überstunden gekloppt werden, ist klar, normal und
richtig. Dass in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und allenfalls
geringem Wachstum viele Überstunden gefahren werden, kann man
zumindest kritisch sehen.

Richtig, laut IAB (Institut für Arbeits- und Berufsforschung (Unterabteilung der Bundesanstalt für Arbeit)) lag die Zahl der Überstunden schon 1975 nur noch bei 99 Stunden je Arbeitnehmer.

1997 (neuere Zahlen habe ich grad nicht vorliegen) im Westen bei 63,5 Std., im Osten bei 41,6 Stunden. Das macht laut IAB Zahlen im Westen 1,77 Mrd. Überstunden, im Osten 254 Mio. Summe: 2,024 Mrd.

1995 laut IAB: West: 1,955 Mrd, Ost: 303 Mio., Summe: 2.298.

Witzigerweise sind die DGB-Zahlen von 1995 etwas geringer:
http://www.welt.de/daten/1996/02/08/0208wi99203.htx?..

Trotz der Unterschiede scheinen die Überstunden seit mindestens 1995 einigermaßen um 2 Mrd. zu schwanken. Aber, ich will hier gar keinen weiteren Datenwust erzeugen. Ich schaue aber morgen noch einmal in das Statistische Jahrbuch.

In dem Welt-Artikel steht nicht, dass sie bei 69,3 Stunden um
DGB-Zahlen handelt, daher ist Deine Behauptung nicht haltbar.
Auch der DGB nennt seine Zahlen ja Schätzungen. Natürlich kann
es auch andere Organisationen geben, die die Zahl der
Überstunden schätzen. Das kann natürlich auf einer anderen
Basis sein.
Folglich kann man nur Schätzungen vergleichen, die auf die
gleiche Art und Weise erhoben worden sind. Das dürfte bei den
DGB-Zahlen von 2000 und 2001 der Fall sein. Ob das auch bei
den Welt-Zahlen der Fall ist, ist unklar. Ich denke nein, weil
Deine Rechnung 2,5 und nicht 1,85 ergibt. Das kann nicht sein.
Entweder ist die Zahl 69,3 nicht vom DGB oder sie haben nicht
mit 36 sondern mit 27 Millionen Arbeitnehmern gerechnet.

Vollkommen richtig (auch was die Quelle der 2000er-Zahlen angeht). Eine weitere Lösung wäre einfach, daß auf Basis verschiedener Schätzungsmethoden und Datenquellen gerechnet wurde. Bei derartig großen Zahlen reichen schon minimale Abweichungen der Multiplikatoren. Wurden nur Arbeitnehmer gezählt, oder auch Selbständige (laut IAB in 1997 ca. 3 Mio.)? Einige dieser Statistiken werden auch auf Basis der Jahresarbeitsstunden errechnet. Da tun sich dann ganz neue Abgründe auf. Wie groß ist die Anzahl der einbezogenen Urlaubs- oder Krankheitstage? Wie groß ist die angenommene Wochenarbeitszeit? Was ist mit Teilzeitkräften? Und wie werden die Jahresarbeitsstunden überhaupt ermittelt? Wird aus der Anzahl der Beschäftigten und der tariflich vereinbarten Arbeitszeit hoch- und dann wieder runtergerechnet? Oder wird tatsächlich die Jahresarbeitszeit ermittelt? Was ist mit Arbeitnehmern, die im Laufe des Jahres ihren Arbeitsplatz wechseln? Alles Dinge, die an einem einigermaßen sinnvollen Informationsgehalt aller Schätzungen in dieser Richtung zweifeln lassen.

Der Kern meiner Aussage über die letzten Beiträge zur Nachrichtenqualität bleibt gleich. Glaubst Du im Ernst, daß sich auch nur ein Journalist derartig mit den Zahlen beschäftigt hat, wie wir beide? Jedem, der sich auch nur für 5 Minuten mit der Materie beschäftigt hätte, wären diese Diskrepanzen aufgefallen, zumal jedem Journalisten besser Quellen/Archive zur Verfügung stehen, als mir. Die Entstehung der veröffentlichten Zahlen läßt sich nicht mehr nachvollziehen, was vielleicht auch gar nicht erwünscht ist. Leider, wie gesagt, fragt auch keiner der Journalisten danach (zumindest, soweit man weiß), was die wirkliche Schande ist.

Mit anderen Worten: Eine zielorientierte Nullinformation des DGB, um die arbeitsmarktpolitischen Vorstellungen zu untermauern. Genauso könnte man durch geschickte Verwendung vorliegender und geschätzter Zahlen nachweisen, daß der durchschnittliche Arbeitnehmer 1,22 m groß ist, einen Lada fährt und eine grün-weiß geringelte Katze hat, um mal zu übertreiben.

Belassen wir es dabei.

Gruß
Christian

P.S.
Die Zahlen des IAB entstammen einem sehr interessanten Heftchen des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Telephonummer der Bezugsquelle bei mir zu erfragen. Ich will diese hier nicht veröffentlichen, damit die morgen nicht totgeklingelt werden :wink:

Überstunden 2001, eine zweite Meinung
Hi,

„Der DGB schätzt, daß im vergangenen Jahr die Zahl der
Überstunden um 500.000 auf 1,9 Mrd. gestiegen ist.“

Eine weitere Steigerung der Überstunden wird von niemandem
bestritten.

nach der Pressemitteilung der Bundesanstalt für Arbeit, ist die Anzahl der Überstunden in 2001 um 50 Mio. auf 1,735 Mrd. zurückgegangen.
http://www.arbeitsamt.de/hst/services/presseinfo/04_…

Gruß
Christian

„Die Leistung von Überstunden folgt - auf der Basis unvollständiger Daten - keinem generellen Trend. Bezahlte Überstunden sind in den angelsächsischen Ländern USA und Großbritannien sowie in Japan mit etwa drei bis fünf bezahlten überstunden pro Woche überdurchschnittlich stark vertreitet und nehmen in den USA auch weiter zu …, während in Deutschland im Durchsnitt etwa eine bezahlte Überstunde pro Woche geleistet wird.“

Quelle: Benchmarking Deutschland: Arbeitsmarkt und Beschäftigung S. 298f., diese Autoren berufen sich wiederum auf OECD Economic Outlook