Also im Vergleich zu heute hatten Menschen extrem weniger Informationen von dem, was „in der Welt passierte“, und: Es gab ein ganz anderes Zeitmaß. Heutzutage sind Nachrichten verrückter Weise oft schon nach 24 Stunden veraltet, man muss dann schon im Internet wühlen, um sie hervorzuholen.
Im 16. Jahrhundert konnten Wochen, Monate vergehen. Starb z. B. ein Matrose auf einem Schiff, das sich gerade in der Karibik befand, bekam seine Mutter die Nachricht vielleicht vier Monate später, wenn dieses Schiff wieder im Heimathafen ankam. Unvorstellbar für uns. Damals war es eben so, nicht zu ändern und darum normal.
Dann muss man beachten, dass die Menschen je nach Schicht sehr unterschiedlich lebten. Die meisten Menschen waren Bauern, konnten in der Regel nicht lesen und waren hauptsächlich damit beschäftigt, zu überleben und in ihrem Bereich (Hof, Dorf, Kirchenspiel) „richtig“ zu leben, so wie es damals gesehen wurde. Wichtig war übrigens damals nicht zu wissen, ob in China ein Erdbeben geschehen war, sondern
- ein gottfürchtiges Leben zu führen, um später in den Himmel zu kommen
- Vor den Augen der Nachbarn und der eigenen Familie gut darzustehen
- Trotzdem gut essen, trinken und den Sexualtrieb befriedigen zu können war (meist versteckt) natürlich auch damals etwas, womit sich Menschen beschäftigten.
Diese ersten beiden Punkte beanspruchten viel Zeit!
Höhere Schichten verfügten über mehr Informationen. Ein König hatte natürlich Berater, eventuell Erfahrende mit viel Wissen. Und Boten, die Briefe von anderen Fürsten brachten, Anfragen gingen hin und her. Auch da konnten Wochen vergehen, bis eine Antwort eines anderen gekrönten Hauptes eintraf, besonders dann, wenn der fremde Bote vielleicht tagelang warten musste, bis er eine Audienz bekam!
Viele Teile der Welt waren natürlich gar nicht miteinander vernetzt. Über größte Teile Asiens z. B. wusste man in Mitteleuropa nur sehr wenig (und vermutete viel Falsches).
Auf der anderen Seite war gerade das 16. Jahrhundert die Zeit, in der Europa aufbrach in die Welt und viele neue Erkenntnisse gewann.
Letztlich wird die Mund-zu-Mund-Propaganda eine ganz entscheidene Rolle gespielt haben, das Gedächtnis und die Konzentration der Menschen wird viel besser gewesen sein. Dennoch werden auf diesem Weg auch viele Gerüchte von Dorf zu Dorf gekommen sein. Und alle Formen von Aberglaube und Glaube konnten so viel mehr Nahrung erhalten. Die Menschen lebten viel mehr in Mythen, Sagen, Traditionen des Volkes, der Gegend, der eigenen Familie, biblischen und anderen kirchlichen Inhalten.
Mach dir klar: Im Jahr 1550 wusste niemand, dass man im Jahr 2020 innerhalb von Sekunden erfahren können würde, ob es übermorgen an einem beliebigen Punkt der Erde regnen wird. Unsere Internet-Welt ist kein Maßstab für das, wie Menschen damals die Welt sahen.
Karl