weitere Eigenarten
Hi Kreszenz
nur, um Mißverständnisse zu vermeiden: Ob es sich bei ihm oder bei diesem Pärchen tatsächlich um eine sog. narzißtische Persönlichkeitsstörung handelt, darüber läßt sich auf diesem Wege nicht das geringste aussagen. Das könnte nur jemand, der nicht nur in den Erscheinungsbildern dieser Störung geschult ist, sondern sich mit der Person unmittelbar auseinandersetzt und sich vor allem auch mit ihrer Lebensgeschichte vertraut gemacht hat.
Trotzdem kann man natürlich einen solchen Persönlichkeitstypus unter bestimmten Umständen „wittern“, eine Ahnung, einen Eindruck gewinnen, und dies verstärken durch Beobachtung der Reaktionen auf bestimmte gezielte Interventionen.
Dass wir unserem Freund nicht konkret helfen können, ist mir
jetzt klar - also können wir bestenfalls vermeiden Salz in
seine Wunden zu streuen, indem wir möglichst alles vermeiden,
was er als Kritik an seiner Vollkommenheit auffassen könnte.
Ob das aber funktioniert?
Wichtig für euch könnte sein, sich klar darüber zu werden, daß es eine Eigenart fast aller Persönlichkeitsstörungen (nicht nur der narzißtischen) ist, daß die Betroffenen es schaffen, zu erreichen, daß sich ihre Umwelt intensivst mit ihnen beschäftigt, insbesondere in der Gestalt der Sorge.
In der Umgebung solcher Personen wird man immer ganz viele Menschen finden, die sich mit Fragen beschäftigen:
„Was sollen wir nur tun?“
„Wie können wir helfen?“
„Was sollten wir vermeiden?“
„Wie wird sie reagieren, wenn wir …?“
„Ich fürchte, wenn ich … tue … wird sie wieder soundso reagieren“ usw.
D.h. die gehäuften Zweifelsfragen, wie man sich verhalten soll oder wie man sich nicht verhalten solle, sind manchmal ein Erkennungsmerkmal, daß eine PS vorliegt.
Wie man sich jeweils bei einer Begegnung verhalten könne, um für sich selbst möglichst Psychostress zu vermeiden (den eigenen des Betroffenen könnt ihr nicht vermeiden), das läßt sich leider bei so unspezifischen Darstellungen, wie du sie beschreibst, in keiner Weise sagen. Dazu würde die Kenntnis sehr viel detaillierterer individueller Verhaltensmerkmale nötig sein.
Allgemein hat man die Erfahrung, daß eine direkte offene Kritik an „der Sicht der Dinge“ - egal ob er sie allein hat oder verstärkt durch seine Partnerin - oft eher zu einer Kündigung der Freundschaft führt, als zu einer Veränderung seiner Sicht der Dinge. Das hat damit zu tun, daß eine PS eben eher eine Störung der personalen Interaktion ist, als eine der internen Persönlichkeitstruktur.
Somit könnte ich dir aus meiner Erfahrung heraus bestenfalls den Vorschlag machen, dir bewußt zu werden, daß deine Sorge um ihn ein Zeichen davon sein könnte, daß du von diesem Syndrom eingefangen bist - man spricht inoffiziell bei diesem Phänomen bei PS auch von einem „psychischen Vampirismus“. Da es sich um Freunde, oft auch um Familienangehörige handelt, kann man sich daraus natürlich nicht ohne weiteres befreien.
Stressverminderung wäre möglich mit einer generellen eigenen Verhaltensänderung: Deine Reaktion im Gespräch könnte z.B. mehr diese Tendenz haben:
„Aha?“
„Soso!“
„Und was willst du nun erreichen?“
„Welche Wege intendierst du zur Problemlösung?“
Auch eine Frage(!!) von der Art:
„Interessiert dich, wie das aus unserer Perspektive aussieht?“
kann manchmal Wunder wirken.
Grüße
Metapher