Naturfreundehäuser: Was ist das?

Hallo zusammen,

immer wieder liest man hier im Forum von Empfehlungen für Naturfreundehäuser.
Bisher habe ich das großzügig ignoriert.
Bis ich heute die Empfehlung von HPS gelesen habe, die sich mit unserem diesjähren Urlausziel Bodensee deckt. Ich muss sagen, das Haus schaut gar nicht so schlecht aus.

Nur kann ich mir trotz Lektüre des Leitbilds nicht wirklich etwas unter diesem Verein vorstellen.

Erste Assoziationen, Vorurteile und Bösartigkeiten kommen mir in meiner Unwissenheit in dem Sinn, die mich eher abschrecken würden:
-    Publikum aus grauhaarigen Pferdeschwanzträgern, die sich nach dem FKK-Nachmittag in ihre selbstgeklöppelten Kartoffelsäcke hüllen, um am Abend über die Rettung der Erde zu debattieren.
-    Jugendherbergsatmosphäre
-    Zu ideologisiert (egal in welche Richtung)
-    Abendlicher Sozialisierungszwang mit anderen Naturfreunden
-    Robinson Club für Arme
-    Alle duzen sich und haben sich lieb
-    Zapfenstreich um 10 Uhr abends
-    Heroisches Gemeinschaftsgefühl (wir sind die Guten, alle anderen die Bösen)

Folgende Punkte würden mir wiederum sehr zusagen:
-    Naturnähe
-    Regionalität (nicht nur die Zutaten, auch die Rezepte)
-    Hochwertige Ausstattung (nicht im Sinne von Luxus sondern bezüglich Materialien/Verarbeitung)
-    Guter, persönlicher Service
-    Buntes Publikum aus Querschnitt der Gesellschaft bei gleichzeitig Abwesenheit von Schnöseln und klischeehaften Pauschaltouristen

Was meint Ihr, welche der oben genannten (wenn auch teilweise polemischen und überspitzten) Punkte zutreffen? Oder ist das alles nur Quatsch?
Kann man ein Naturfreundehaus auch für den Otto-Normal-Spießer empfehlen?
Wir reisen als junge Familie.
Über Eure Einschätzung freue ich mich sehr.

Schöne Grüße
Chris

nun, die gab es schon als ich 14 war, und da waren die von dir beschriebenen Gestalten selbst noch 12…
Die betreiben halt Herbergen und Schullandheime…

Hallo Chris,

als Mitglied dieses Verbandes ist es für mich immer sehr interessant, auch das Außenbild, das wir Naturfreunde abgeben, geschildert zu bekommen.
Ich gebe unumwunden zu, dass je nach Tagesform und Publikum, alle Deine Vorurteile sowohl im positiven wie im negativen zutreffen können, auch wenn, wie oft angenommen, Naturfreunde direkt nichts mit der FKK-Bewegung zu tun haben.
Ich empfehle Dir deshalb einfach mal einen Aufenthalt von zwei oder drei Tagen in einem der Häuser und Du wirst Dich wundern, wie bunt und vielseitig das Publikum dort sein kann.

Gruß
hps

http://www.taunus-zeitung.de/lokales/hochtaunus/usin…

Gruß
hps

Danke HPS für Deine Antwort,
die da ja ganz unverfänglich daherkommt :wink:

Ich denke, dass wir das mal ausprobieren sollten.

Womit ich allerdings nicht gerechnet habe, ist, dass die die Vorurteile meiner Frau, meine eigenen übersteigen.
Und das obwohl ich ihr diesen Vorschlag ganz neutral präsentiert habe und sie keinerlei Erfahrungen hat.

Ich denke, es ist an der Zeit, Vorurteile durch Erfahrung zu ersetzen.

Schöne Grüße
Chris

Servus,

Ich denke, dass wir das mal ausprobieren sollten.

unbedingt!

Es ist zwar ein paar Jahrzehnte her, dass ich - nicht allzu lange, nachdem ich anfing, in Jugendherbergen unterwegs zu sein - mein erstes Naturfreundehaus kennen gelernt habe, aber im Grund hat sich nicht so viel geändert seither: Naturfreundehäuser haben im Vergleich zu JuHes einfach den freundlicheren Stallgeruch. Man kann, wenn man > 16 ist, schon auch mal ein Bierlein haben; eine ausgiebige heiße Dusche hat nichts Anrüchiges an sich, und der Kaffee zum Frühstück enthält schon seit langer Zeit Kaffee.

Sicher haben die JuHes seither aufgeholt, aber für die etwas menschenfreundlichere Art des Vagabundierens stehen immer noch die Naturfreundehäuser - auch wenn man auch dort inzwischen mit dem Gruß „Drushba!“ meistens nichts mehr anfangen kann.

Schöne Grüße

MM

Hallo MM,

Es ist zwar ein paar Jahrzehnte her, dass ich - nicht allzu
lange, nachdem ich anfing, in Jugendherbergen unterwegs zu
sein - mein erstes Naturfreundehaus kennen gelernt habe, aber
im Grund hat sich nicht so viel geändert seither:
Naturfreundehäuser haben im Vergleich zu JuHes einfach den
freundlicheren Stallgeruch. Man kann, wenn man > 16 ist, schon
auch mal ein Bierlein haben; eine ausgiebige heiße Dusche hat
nichts Anrüchiges an sich, und der Kaffee zum Frühstück
enthält schon seit langer Zeit Kaffee.

In welchen DJHs bist du verkehrt? In Rüdesheim macht gerade die Jugendherberge (in genialer Lage, auf halbem Weg zwischen Rüdesheim und Niederwalddenkmal mit einem Ausblick zum Niederknien) zu - weil sie baulich veraltet ist, will heißen, es gibt nur Zimmer mit mehr als vier Betten, die meisten mit 6, 8 oder 10, es gibt nur Gemeinschaftsduschen (die allerdings warm sind und jederzeit ausgiebig benutzt werden können). Die Herbergsmutter hat uns im Sommer mitgeteilt, dass die Jugendherberge nicht mit anderen im Rheintal konkurieren könne, wo inzwischen 2 und 4 Bettzimmer mit eigenen Duschen und WCs in größerer Zahl vorhanden sind.

Die Organisation mit der ich in den letzten Jahren öfter in Jugendherbergen in Deutschland war, hatte des öfteren Probleme damit, dass wir nicht unser eigenes Bier / Wein mitbringen konnten (was uns viel billiger gekommen wäre), weil die Jugendherberge ihr Bier und ihren Wein und andere Spirituosen verkaufen wollte.

Mit anderen Worten: die Jugendherbergen dieses Jahrzehnts ist weder alkoholfrei noch der (angenehmen) Hygiene abträglich.

Sicher haben die JuHes seither aufgeholt, aber für die etwas
menschenfreundlichere Art des Vagabundierens stehen immer noch
die Naturfreundehäuser - auch wenn man auch dort inzwischen
mit dem Gruß „Drushba!“ meistens nichts mehr anfangen kann.

Das ist was anderes - oft schon, weil die Jugendherbergen meist größere Anlagen sind als die Naturfreundehäuser, dafür sind sie inzwischen meist aber etwas teurer, und jede Einrichtung steht und fällt mit den Betreibern vor Ort.

Siboniwe

Hallo,

die JuHes und die NaturFreundehäuser sind nicht unbedingt zu vergleichen, auch wenn ähnliche Zielgruppen angesprochen werden. Bei den NaturFreunden kannst Du in der Regel (und die auch nicht immer ohne Ausnahme!) auch als Nicht-Mitglied übernachten, zahlst aber einen Aufpreis, bei den JuHes musst Du Mitglied sein/werden.
Die Jugendherbergen sind bundesweit zentral organisiert und haben in den letzten Jahren fast durchweg einen guten Standard erreicht, der bundesweit vorgegeben wird. Die meisten NaturFreundehäuser gehören aber Ortsgruppen des Verbandes, die eigenständige Vereine sind und die Häuser meist ehrenamtlich in eigener Verantwortung verwalten und oft auch betreiben. Somit ist kein einheitliches Erscheinungsbild vorhanden, dafür aber ein spezieller und individueller Charme der Häuser. Aber auch an unserem Verband gehen die Wünsche nach 2-Bett-Zimmer mit Duche/WC nicht vorbei, aber es gibt auch noch Häuser/Hütten mit großem Matratzenlager, was oft von Kindern für ein Wochenende gern angenommen wird.
Mitbringen eigener Getränke ist auch nicht immer gerne gesehen, weil eben durch diese Einnahmen auch ein Teil der Kosten getragen wird.
Mit dem Gruß „Drushba“ kann ich nicht viel anfangen, bei den NaturFreunden grüßt man sich normalerweise mit dem alten Gruß „Berg frei!“, mit dem unsere Urahnen ihre Forderung nach freiem Zugang zur Natur und ins Gebirge äußerten, das war in der Gründungszeit Ende des 19. Jahrhunderts noch ein Privileg des Adels und der Bürger.

Gruß
hps

Servus,

Mit dem Gruß „Drushba“ kann ich nicht viel anfangen

das war eine Reminiszenz an die 1970er Jahre, als die JuHes als „schwarz“ und die Naturfreunde als „rot“ orientiert galten. Wobei es da bei allem, was sich irgendwie „rot“ nannte, auch die schönsten Animositäten, Flügel- und Grabenkämpfe gab - bei stramm DGB-orientierten Leuten war es auch nicht unbedingt gesund, wenn man sich als „Falke“ zu erkennen gab.

Schöne Grüße

MM