Naturzustand von John Locke und Hobbes

Hallo liebe Wer-Weiss-Was Community!

Ich schreibe gerade meine erste Hausarbeit überhaupt in der Politischen Philosophie, Thema: Vergleich des Naturzustandes von Thomas Hobbes (Leviathan) und John Locke.

Ich bin mir sehr unsicher, wie ich vorgehen soll, auf welche Literatur ich mich vor allem berufen sollte. Ich habe angefangen und den Naturzustand von Hobbes nun mit meinen eigenen Worten wiedergegeben, und mich auf den Leviathan selbst berufen (13. bis 15. Kapitel). Sekundärliteratur habe ich nicht verwendet, weil ich dies eigentlich nicht als wichtig angesehen habe- im endeffekt steht da ja auch überall das selbe drin, nämlich das, was auch im Leviathan steht.

Ich wollte jetzt im zweiten Schritt den anderen Naturzustand beschreiben, um dann im dritten die beiden gegenüberzustellen und gemeinsamkeiten und unterschiede herauszuarbeiten.

Jetzt zu meinen eigentlichen Fragen:

Reicht es, wenn ich mich für den Vergleich nur auf die Primärliteratur berufe?

Wo liegt die eigentliche Leistung, als die beiden wiederzugeben, und anschließend gegenüberzustellen?

Muss ich bei Hobbes auch den Mensch beschreiben? Ich finde, das wichtigste steht im 13. bis 15. Kapitel, ist das richtig? Und auf welche Kapitel kann ich mich bei John Locke beschränken?

Ich hoffe wirklich ihr könnt mir helfen, ich bin mir total unsicher. Die erste Hausarbeit fällt einem wohl immmer ein bisschen schwer :smile:

Ich bedanke mich jetzt schon für eure Unterstützung!!

Hi.

Ich halte es (bei allem Lob für den Fokus auf die Primärliteratur) für keine sehr gute Idee, die Arbeit ohne Sekundärliteratur schreiben zu wollen. Es gibt nicht umsonst Fachliteratur, die entsprechende Zusammenhänge herstellt, Erläuterungen abgibt oder auf Details verweist, die man selbst leicht übersehen kann. Im Übrigen ist das Recherchieren nach vernünftiger Literatur (Primär- UND Sekundärliteratur) auch Bestandteil der zu erbringenden Leistung…

Neben den Vorstellungen bzgl. des Naturzustandes an sich bei Hobbes und Locke halte ich es bei dem Thema auch für wichtig, grundsätzlich ein Verständnis dafür zu entwickeln, was mit dem Konzept eines Naturzustandes überhaupt erreicht werden soll (also einen Blick auf Gesellschaftsvertragstheorien an sich werfen, das Wesen des Naturzustandes und den unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertrag und dem nachvertraglichen Staat beleuchten, den Zusammenhang von zugrundegelegter Anthropologie und Naturzustand aufzeigen etc.) – sonst stehen die Ausführungen schnell im luftleeren Raum.

Zwei gute Literaturtipps für einen ersten Überblick sind (da merkt man auch schnell, auf welche Primärliteratur man sich v.a. konzentrieren sollte):
Bielefeldt, Heiner: Neuzeitliches Freiheitsrecht und politische Gerechtigkeit. Perspektiven der Gesellschaftsvertragstheorien. Würzburg: Königshausen u. Neumann 1990.
Kersting, Wolfgang: Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrags. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2005.

Bei Hobbes sind neben dem „Leviathan“ auch „De homine“ und „De cive“ interessant, bei Locke natürlich v.a. die „Two Treatises“.

Beste Grüße und viel Erfolg

Hi.

Ich antworte Dir hier auf Deine Mail, da ja vielleicht auch andere Interesse an der Angelegenheit haben.

An Deiner Stelle würde ich mich beim Zitieren v.a. auf Locke als Quelle stützen und weniger auf das Lehrbuch oder andere Sekundärquellen. Natürlich musst Du aufpassen, dass Du nicht ohne zu zitieren (direkt und/oder indirekt) Dinge übernimmst. Bei Locke ist der Naturzustand „ein Zustand vollkommener Freiheit, innerhalb der Grenzen der Natur ihre Handlungen zu regeln und über ihren Besitz und ihre Persönlichkeit so zu verfügen, wie es ihnen am besten erscheint, ohne dabei jemanden um Erlaubnis zu bitten oder vom Willen eines anderen abhängig zu sein“ – egal, wo in der Sekundärliteratur das noch steht, hier wird natürlich Locke selbst zitiert (in dem Fall ist es Locke, J.: Zwei Abhandlungen über die Regierung. Frankfurt am Main 1977, S. 201). Wenn Du feststellst, dass es bei Locke zu einer Konvergenz von rationalistischen, naturrechtlichen und schöpfungstheologischen Rechtsbegründungen kommt, macht es Sinn, hier z.B. auf „Kersting, W.: Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrags. Darmstadt 2005, S.111“ zu verweisen. Es ist aber in der Tat – wie von Dir angesprochen – eine Möglichkeit, zu Beginn eines Absatzes in einer Fußnote etwas in Richtung „vgl. im Folgenden v.a. …“ oder dergleichen zu schreiben. Es bleibt aber dabei: JEDES Zitat muss direkt gekennzeichnet werden.

Warum verstehst Du Locke schlecht, was ist das Problem und warum war Hobbes einfacher? Locke geht wie Hobbes von einem Egalitarismus aus, allerdings ist dieser bei Locke im Gegensatz zu Hobbes nicht biologisch/anthropologisch, sondern menschenrechtlich begründet. Der Mensch hat verschiedene Rechte erster Ordnung (wie Freiheit, Gleichheit und Eigentum) und hat auch das Recht zweiter Ordnung, die Rechte erster Ordnung durchzusetzen (Privatjustiz). Der Naturzustand zeigt die Notwendigkeit auf, die Rechte letztinstanzlich durchsetzen zu können (das ermöglicht durch den Vertrag mit einem Rechtsverzicht der nachvertragliche Staat, da nun nicht mehr jeder gegen jeden immer und überall Rechte durchsetzen kann/muss).

Beste Grüße

Hi, und danke nochmal, du scheinst wirklich etwas von dem Thema zu verstehen :wink:

Ich verstehe folgende Stelle nicht:
„Im Naturzustand herrscht ein natürliches Gesetz, das jeden verpflichtet. Und die Vernunft, der dieses Gesetz entspricht, lehrt die Menschheit, wenn sie sie nur befragen will, dass niemand einen anderen, da alle gleich und unabhängig sind, an seinem Leben, seinem Besitz, seiner Gesundheit und Freiheit Schaden zufügen soll“…

Grundsätzlich verstehe ich Locke so, dass niemand einen anderen verletzen darf, weil alle ein werk Gottes sind, und sein Eigentum. Wie genau begründet er jetzt, dass jeder verpflichtet ist, nicht nur sich selbst, sondern auch die übrigen Menschheit zu erhalten? Was hat das mit seiner Vernunft zu tun? An dieser Stelle weiß ich nicht weiter… Hobbes Argumentation finde ich im ganzen besser gegliedert, und sie ist eingängiger geschrieben, meiner meinung nach…

Kannst du mir vielleicht weiterhelfen? Eine andere grundlegende Frage: meinst du der Naturzustand von Rousseau ist leichter zu durchschauen? Ich könnte auch einen solchen Vergleich anstellen…

Beste Grüße

Hi.

Nicht zu viel des Lobes – das ist eindeutig nicht mein Fachgebiet…

Locke begründet den menschrechtlichen Egalitarismus durch die
Gleichheit der Menschen vor Gott, der die Letztbegründungsinstanz der individuellen Rechte ist. Damit ist die Verpflichtung der Sorge um andere verbunden – im Sinne der Wahrung der Rechte (die ja weit mehr umfassen als das Recht auf körperliche Unversehrtheit – auch Eigentum etc., sehr wichtig!).

Von Rousseau rate ich ab. Im bzgl. des Kontextes sinnvollen „Contrat Social“ gibt es keine detaillierte Darstellung des Naturzustandes (die gibt es nur in der geschichtsphilosophischen Untersuchung „Discours sur l’Origine de l’Inégalité parmi les Hommes“).

Beste Grüße