Nebenbestimmungen beim Bauantrag

Hallo zusammen,

kann der Anstragsteller bei einem Bauantrag eine Nebenbestimmung, v.a. in Form einer Befristung beantragen?

Grundsätzlich werden Nebenbestimmungen ja nach § 36 VwVfG von der Behörde erlassen, wie sieht das aber aus, wenn der Antragsteller die Baugenehmigung nur für einen gewissen Zeitraum haben will (beispielsweise weil nach einem bestimmten Datum das bauliche Vorhaben wieder beseitigt werden soll)?

Herzlichen Dank im Voraus,
Moritz

Mir erschließt sich der Sinn nicht.

Was hat denn der Bauherr von der Befristung? Warum sollte er eine Befristung wollen?

Levay

Der Bauherr kann - vor allem bei Werbeanlagen - die nur temporäre Anbringung wünschen. Daher kann es durchaus Sinn machen, die gewünschte Genehmigung von Anfang an zu befristen, um „das Bauaufsichtsamt gnädig zu stimmen“.

Ist das möglich?

Gruß,
Moritz

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Gut, dass ich nachgefragt habe…

Das Bauamt muss nicht gnädig gestimmt werden. Entweder ist das Bauvorhaben rechtlich zulässig - dann MUSS die Baugenehmigung erteilt werden -, oder es ist unzulässig - dann DARF sie gar NICHT erst erteilt werden.

Levay

Das Bauamt muss nicht gnädig gestimmt werden. Entweder ist das
Bauvorhaben rechtlich zulässig - dann MUSS die Baugenehmigung
erteilt werden -, oder es ist unzulässig - dann DARF sie gar
NICHT erst erteilt werden.

Hallo Levay,
formal hast du Recht. Allerdings hat das BauGB teilweise erheblichen subjektiven Entscheidungsspielraum („in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt“). Da kann ich mir durchaus vorstellen, dass die Baubehörde bei einer zeitlich befristeten Genehmigung für eine Webeanlage im Einzelfall manchmal weniger „Bauchschmerzen“ hätte.
Grüße
Ulf

Faktisch und praktisch magst du da Recht haben.

Einen „Entscheidungsspielraum“ hat die Behörde - formal betrachtet - aber wiederum nicht. Derlei Begriffe, die auf Tatbestandsseite stehen, unterliegen der vollen gerichtlichen Kontrolle.

Ich sehe jedenfalls nicht, wie das funktionieren soll. Die Behörde, die eine befristete Baugenehmigung erteilt, weiß doch ganz genau, dass, wenn die Befristung angefochten wird, die Baugenehmigung am Ende unbefristet sein wird. Auf solche Spielchen wird sie sich nicht einlassen.

Ich würde ja mal ganz anders anfangen und einfach eine Baugenehmigung beantragen oder vorher prüfen lassen, ob sie zu erteilen wäre. Denn letztlich hängt es nur davon ab, ob sie mit Erfolg beantragt werden kann.

Levay

Hallo Levay

Einen „Entscheidungsspielraum“ hat die Behörde - formal
betrachtet - aber wiederum nicht. Derlei Begriffe, die auf
Tatbestandsseite stehen, unterliegen der vollen gerichtlichen
Kontrolle.

Auch das Gericht muss nach seinem subjektiven Empfinden entscheiden, ob ein Vorhaben in die Umgebung passt. Der Richter steht dabei vor dem gleichen Problem wie die Baubehörde. Eventuelle objektiven Versagungsgründe mal außen vor gelassen. Die gehen aus der Frage nicht hervor.

Ich sehe jedenfalls nicht, wie das funktionieren soll. Die
Behörde, die eine befristete Baugenehmigung erteilt, weiß doch
ganz genau, dass, wenn die Befristung angefochten wird, die
Baugenehmigung am Ende unbefristet sein wird. Auf solche
Spielchen wird sie sich nicht einlassen.

Kann erfolgreich gegen eine Nebenbestimmung geklagt werden, wenn sie Antragsgegenstand des Antragstellers war?

Ich würde ja mal ganz anders anfangen und einfach eine
Baugenehmigung beantragen oder vorher prüfen lassen, ob sie zu
erteilen wäre. Denn letztlich hängt es nur davon ab, ob sie
mit Erfolg beantragt werden kann.

Persönlich würde ich auch kaum eine befristete Genehmigung beantragen. Man sollte das persönliche Gespräch mit dem Sachbearbeiter der Genehmigungsbehörde und mit der Gemeinde suchen. Dass lässt vielen möglichen Streit erst gar nicht aufkommen. Oft sind es nur Kleinigkeiten, auf die ein Bauherr achten muss, um ein Vorhaben zu bewegen oder zum Stillstand zu bringen. Ob eine befristete Genehmigung förderlich wäre, kann für einen Einzelfall auch nur persönlich geklärt werden.

An den Fragesteller: Übrigens ist Werbung an der Betriebsstätte bis zu einem gewissen Umfang genehmigungsfrei. Dann aber bitte in die Landesbauordnung schauen und eventuelle gemeindliche Satzungen beachten.
Grüße
Ulf

Auch das Gericht muss nach seinem subjektiven Empfinden
entscheiden, ob ein Vorhaben in die Umgebung passt. Der
Richter steht dabei vor dem gleichen Problem wie die
Baubehörde. Eventuelle objektiven Versagungsgründe mal außen
vor gelassen. Die gehen aus der Frage nicht hervor.

Freilich. Aber den Richter kann man mit so einer „Ich habe Bauchschmerzen, aber es ist ja befristet“-Idee erst nicht rumkriegen. Der entscheidet nicht nach solchen, sondern allein nach rechtlichen Gesichtspunkten.

Kann erfolgreich gegen eine Nebenbestimmung geklagt werden,
wenn sie Antragsgegenstand des Antragstellers war?

Na, jedenfalls über den Umweg: Es wird nunmehr eine unbefristete Baugenehmigung beantragt, und die MUSS ja verlangt werden können, wenn die befristete gewährt werden musste. Die Befristung kann doch baurechtliche Bedenken nicht ausräumen.

Persönlich würde ich auch kaum eine befristete Genehmigung
beantragen. Man sollte das persönliche Gespräch mit dem
Sachbearbeiter der Genehmigungsbehörde und mit der Gemeinde
suchen.

Ja, das klingt gut.

Levay

Ein Beispiel für eine befristete Genehmigung?
kennt jeder: Steht neben dem großen Supermarkt, besteht aus ein paar Stahlstützen und etwas Zeltplane, wird im Sommer genutzt um Gartenutensilien und Fahrräder anzubieten.
Rechtlich gesehen verstößt diese Anlage gegen ziemlich viele Paragrafen. Z.B. im Einzelfall gegen planungsrechtliche Größenbeschränkungen, baurechtliche Brandschutzauflagen (die Verkaufsstättenverordnungen der Länder schreiben F90 Wände, Decken, Träger, Sprinkleranlagen und ähnliches vor), Stellplatzanzahl: durch die Anlage fallen nicht nur jede Menge Stellplätze weg, es müssten auch mehr vorgehalten werden, da die Verkaufsfläche erhöht wurde, arbeitsrchtliche Auflagen was Mindest- und Höchsttemperaturen am Arbeitsplatz betreffen usw.
Dies ist nur ein Beispiel von vielen. In der Industrie sind derartige Anlagen an der Tagesordnung. Man kann schließlich für einen kurzfristigen Platzbedarf nicht ein extrem langwieriges Genehmigungsverfahren und eine sündhaft teure Halle hinstellen, die man in ein paar Jahren wieder abreist, weil sie im Weg ist.

@levay
Genau an diesem Punkt erkennst du den Unterschied zwischen Juristentheorie und tatsächlichem Leben. Der Gestaltungsspielraum der Gemeinde im Baubereich erstreckt sich auf Zuckerbrot und Peitsche. Dinge versprechen, die so im Prinzip nicht möglich sind, Ausnahme und Befreiung nennt sich dies im Gesetz (sowohl im BBauG als auch in der Landesbauordnung), das ist das Zuckerbrot. Einfache Erpressung ist die Peitsche. Das was du willst steht so im Gesetz, die Gemeinde will es so aber nicht. Du erhälst eine Ablehnung. Du kannst Klagen. Du bekommst irgendwann vielleicht auch mal Recht. Aber bauen kannst du bis dahin nicht. Es mag ja sein, dass dein Einfamilienhaus in 10 Jahren etwas höher, etwas breiter, etwas tiefer sein darf, aber willst du es dann überhaupt noch und was machst du bis da hin?
Bevor du hierauf antwortest, suche dir einen Architekten und lass dir das tatsächliche Geschehen in Bauämtern mal erklären.

vnA (der weiß von was er spricht)

Moin,
JA

vnA

Bevor du hierauf antwortest, suche dir einen Architekten und
lass dir das tatsächliche Geschehen in Bauämtern mal erklären.

Eigentlich hatte ich dazu gar nicht so viel zu sagen, aber ich lasse mir doch von dir nicht vorschreiben, wann ich worauf antworte :smile:

Ich halte die Idee, eine „befristete Baugenehmigung“ zu beantragen, nach wie vor für unsinnig. Die bereits vorgeschlagene Maßnahme, einfach mal mit den Leuten vom Bauamt zu reden, erscheint mir 1.000x sinnvoller. Schade, dass du dazu kein Wort verlierst, sondern den Fragenden mit deiner Antwort weiter oben in seinem Vorhaben auch noch bestärkst. (Und übrigens: Hier könnte ja wirklich Genehmigungsfreiheit vorliegen…)

Abgesehen davon kann die Baubehörde sowieso weniger gewähren als beantragt, aber nicht mehr. Durch die Beantragung der Befristung tut man sich also so oder so keinen Gefallen, man vergibt sich bestenfalls die Chance auf etwas Besseres, weil Einfacheres (= keine Befristung, an die man denken muss).

Levay
(der sich keinesfalls anmaßen möchte, mehr praktische Erfahrung mit Bauämtern zu haben als irgendwer sonst)

Eigentlich hatte ich dazu gar nicht so viel zu sagen, aber ich
lasse mir doch von dir nicht vorschreiben, wann ich worauf
antworte :smile:

:wink:

Auch das Gericht muss nach seinem subjektiven Empfinden
entscheiden, ob ein Vorhaben in die Umgebung passt. Der
Richter steht dabei vor dem gleichen Problem wie die
Baubehörde. Eventuelle objektiven Versagungsgründe mal außen
vor gelassen. Die gehen aus der Frage nicht hervor.

Freilich. Aber den Richter kann man mit so einer „Ich habe
Bauchschmerzen, aber es ist ja befristet“-Idee erst nicht
rumkriegen. Der entscheidet nicht nach solchen, sondern allein
nach rechtlichen Gesichtspunkten.

Kann erfolgreich gegen eine Nebenbestimmung geklagt werden,
wenn sie Antragsgegenstand des Antragstellers war?

Na, jedenfalls über den Umweg: Es wird nunmehr eine
unbefristete Baugenehmigung beantragt, und die MUSS ja
verlangt werden können, wenn die befristete gewährt werden
musste. Die Befristung kann doch baurechtliche Bedenken nicht
ausräumen.

Hallo Levay,
wenn die Befristung Voraussetzung für eine Genehmigung war, kann sie nicht für eine erneute Antragstellung für eine unbefristete Genehmigung die Begründung sein.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es Richter gibt, die das Baurecht so betrachten, dass da etwas geregelt werden soll, was bleibenden Eindruck hinterlässt. Ob nun der Palast der Republik in Berlin abgerissen wurde und ein Stadtschloss gebaut wird, ist eine Zäsur für wahrscheinlich Jahrhunderte. Beim Eigenheim oder einem Fabrikgebäude geht es eher um Jahrzehnte.
Eine Werbeanlage hat oft nur einen kürzeren Sinn. Also wenn sie zeitweilig in das Umfeld passt und einer späteren städtebaulichen Entwicklung durch die Befristung nicht im Wege steht, warum sollte ein (nicht jeder) Richter das nicht akzeptieren?
Grüße
Ulf

Hallo Levay,
ich konstruiere mal ein Beispiel. Tagebauort. Rings herum Loch. Mondlandschaft. Ganz hinten gibt es noch eine KFZ-Werkstatt. Vorne hat der Sohn ein Grundstück und möchte für seinen Vater Werbung aufstellen. Die KFZ-Werkstatt hat langfristig keine Perspektive, überlebt aber gerade noch. Das Loch wird aber in 2 Jahren ein großer See.
Die Gemeinde, die die Planungshoheit hat, stimmt einer befristeten Aufstellung eines Werbeträgers zu. Die Werkstatt soll überleben und sich eventuell zur Boots-Werkstatt entwickeln. Wenn rings um den Ort Wasser ist, möchte die Gemeinde eventuell eine Gestaltungssatzung beschließen, die bestimmte Werbung am Ortseingang verbietet. Soll dann alles auf Tourismus abgestimmt sein.
Meinst du, ein Richter würde dieses Szenario verhindern, in dem er dauerhafte Genehmigungen erteilen lässt, wenn befristete zweckdienlich waren?
Falls du meinst, ich habe mit meinem Szenario übertrieben, dann schaue dir z.B. mal Zwenkau an: http://maps.google.de/maps?q=Zwenkau&ie=utf-8&oe=utf… (dann auf Luftbild wechseln)
Grüße
Ulf

Reiner Zufall, dass ich gerade mit öffentlichem Baurecht beschäftigt bin und auf § 75 der Niedersächsischen Bauordnung gestoßen bin. Dort wird ausdrücklich gesagt, dass Werbeanlagen widerruflich und befristet genehmigt werden können. Ob es in allen Bundesländern vergleichbare Vorschriften gibt, weiß ich aber nicht.

Bestätigt gefunden habe ich auch meine Auffassung, dass, wenn eine unbedingte Baugenehmigung beantragt wird, die Behörde berechtigt und auch verpflichtet ist, eine nicht bestehende Vereinbarkeit dem öffentlichen Baurecht durch Nebenbestimmung herzustellen. Darum bleibe ich dabei, dass es rechtlich völlig ausreichend ist, einfach nur eine Baugenehmigung zu beantragen.

Faktisch, auch dabei bleibe ich, wird es am allereinfachsten sein, einfach mal zum Bauamt zu gehen und nachzufragen; das erscheint mir 1.000x sinnvoller, als „einfach so“ eine Befristung zu beantragen.

Levay