Hallo!
Es ist der einseitige Versuch eines Landes (resp.
Volkes) sich über völkerrechtlich anerkannte Grenzen und
Abmachungen hinwegzusetzen.
Ob Staaten anerkannt sind spielt völkerrechtlich keine Rolle.
Beide UN-Menschenrechtspakte, die da als Völkerrecht u.a. maßgeblich sind sagen da folgendes:
Art. 1
„(1) Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.“
„(2) Alle Völker können für ihre eigenen Zwecke frei über ihre natürlichen Reichtümer und Mittel verfügen, unbeschadet aller Verpflichtungen, die aus der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit auf der Grundlage des gegenseitigem Wohles sowie aus dem Völkerrecht erwachsen. In keinem Fall darf ein Volk seiner eigenen Existenzmittel beraubt werden.“
„(3) Die Vertragsstaaten, einschließlich der Staaten, die für die Verwaltung von Gebieten ohne Selbstregierung und von Treuhandgebieten verantwortlich sind, haben entsprechend der Charta der Vereinten Nationen die Verwirklichung des Rechts auf Selbstbestimmung zu fördern und dieses Recht zu achten.“
Richtig ist, dass dennoch im einzelnen strittig ist, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen Sezessionsrechte bestehen. Strittig ist auch die Definition des Begriffes „Volk“
Wobei ich aber auch betonen
möchte, dass es ja keineswegs eine friedvolle
Unabhängigkeitserklärung Südossetiens oder Abachasien gab,
sondern seit (über) 15 Jahren mit Gewalt (auf beiden Seiten)
versucht wird, eigene (Innen-)politische Interessen
durchzusetzen.
Dass politische Interessen durchgesetzt werden ist normal, das kann kein Negativkriterium sein. Dass die Sache auf beiden Seiten nicht so demokratisch und friedvoll läuft wie es sein sollte, ist eine andere Sache, da bin ich deiner Meinung.
Man muss bei diesen Nachfolgestaaten der Sowjetunion aber eines bedenken, was im Westen und den ehem. besetzten Ostblockstaaten meist zu kurz kommt: alle diese Staaten haben ein Problem. Für die zu Zarenzeiten und auch Sowjetzeiten bestehende Vorherrschaft des Russischen haben sich diese Länder revanchiert, indem sie jetzt überaus nationalistisch werden und die russische Bevölkerung diskriminieren. Da gibts eine tiefe Angst unter der russischen Bevölkerung und die ist durchaus berechtigt.
Das rechtfertigt natürlich jetzt noch keine Gewalt, aber das ist ein ziemlich realer Hintergrund und ich finde schon, dass Westeuropa da ganz massiv mit unterschiedlichen Maßstäben misst.
Das Selbstbestimmungsrecht muss hier in meinen Augen aber
zurückstehen, da es völkerrechtlich keinen Anspruch auf
Unabhängigkeit gibt. (
http://www.taz.de/1/politik/asien/artikel/1/georgien…
)
Das ist überaus strittig, wie so vieles im Recht und besonders vieles im Völkerrecht. Bei dem Interview musst du beachten, dass es sich erstens nur um eine Meinung handelt und der Professor dies im Prinzip auch deutlich so durchklingen lässt, dass die Sache strittig ist. So ein Interview muss verkürzt sein und stellt keine rechtswissenschaftliche Analyse dar. Außerdem sagt er gar nicht, dass es generell kein Sezessionsrecht gibt, das würde mE auch nicht funktionieren (und wäre nach meiner Ansicht auch äußerst ungerecht).
Das ist in dem Fall deswegen nicht so, weil es zum Zeitpunkt
des Angriffs auf Südossetien durch die georgischen Truppen
einen gültigen internationalen Vertrag zwischen Georgien und
Russland gab, der eben genau das untersagt hat.
Wobei dieser Vertrag imho zu erst von Russland gebrochen
wurde, nämlich in dem Moment als russische Pässe an Osseten
verteilt wurden um somit quasi die normative Kraft des
Faktischen zu bemühen und Georgien vor vollendete Tatsachen zu
stellen.
Rechtlich ist das sicher auch strittig. Dass das politisches Kalkül von Russland war ist eh offensichtlich und in dieser Form war das sicherlich nicht ganz sauber.
Wobei ich aber auch das Vorgehen Deutschlands, der EU und der
NATO hinsichtlich des Kosovo verurteile. Auch dort wurde die
Souveränität eines Landes nicht nur verletzt sondern
gebrochen.
Wobei ich es aber bemerkenswerte finde, dass Russland sich auf
den Kosovo berufen möchte und das Selbstbestimmungsrecht der
Osseten anführt, während in Tschetchenien…
Ja das ist wiederum der russische Doppelmaßstab, hab ich mir auch immer gedacht, als ich russische Zeitungen gelesen habe. Das Problem hinter solchen Sachen sind halt immer wieder nationalistische Ideologien, Nationalismus ist halt eine Dummheit, die immer in den Konflikt führt.
Gruß
Tom