Grundsätzliches über die Notwendigkeit : Nichtnotwendigkeit dieses Gesetzes (NetzDG).
Meinungsfreiheit ist ein zu hohes Gut, als dass ihre Sicherstellung in einem demokratischen Rechtsstaat privaten Unternehmen anvertraut werden kann.
https://www.fdp.de/content/beer-maas-muss-das-netzwerkdurchsetzungsgesetz-zurueckziehen
Im Grundgesetz Art. 5 ist das „individuelle“ Gut als solches geschützt. Selbst Meinungsäußerungen, die auf Unwahrheiten beruhen, dürfen nicht eingeschränkt werden:
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.
0 : 1
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
Die beiden letztgenannten Punkte schränken die Freiheit relativ genau ein, es steht jedem frei, sich gegen solche Äußerungen zu wehren. Hinsichtlich Notwendigkeit des neuen Gesetzes steht es nun vorerst
0 : 1,66
da weiterhin alle auch unwahren Äußerungen erlaubt sind, sofern sie nicht ehrverletzend oder zum Schaden Jugendlicher geeignet sind. Das NetzDG berichtet hier nichts Neues oder Zusätzliches.
Schwieriger wird es mit allgemeine Gesetze aus Art. 5 (2). Ein solches könnte das NetzDG sein. Eine Erläuterung eines allgemeinen Gesetzes zum NetzDG findet man beispielsweise hier:
https://ggr-law.com/persoenlichkeitsrecht/index/meinungsfreiheit-einschraenkung/
…ein allgemeines Gesetz liegt nur vor, wenn sich die einschränkende Vorschrift nicht gegen die Meinung als solche richtet, sondern dem Schutz eines anderen Rechtsguts dient, das im konkreten Fall gegenüber der Meinungsfreiheit Vorrang hat.
Erfüllt das NetzDG diese Anforderung eines allgemeinen Gesetzes?
Werden mit diesem Gesetz tatsächlich über die bestehenden Grundlagen des GG hinaus Rechtsgüter geschützt?
Steht es nun
0 : 2 ?
IMHO Ja.
Das NetzDG richtet sich ausschließlich an Unternehmen im Sinne Zwangsmaßnahmen, ohne zusätzlichen Schutz von Rechtsgüter, diese werden erst gar nicht definiert. Die beiden Fragen würde ich daher negativ bescheinigen.
Vergeben wir einen weiteren und letzten Spielpunkt:
Wird das hohe Gut auf Meinungsfreiheit durch das NetzDG eingeschränkt?
Die dritte Frage wäre aus meiner Sicht zuerst mit Nein zu beantworten, denn es bleiben nach wie vor die Regelungen/Einschränkungen des GG bestehen. Allerdings, und dies ist eine wertende Abwägung in dieser Frage, besteht doch ein erhebliches Risiko, dass die Unternehmen eher die Meinungsäußerung löschen werden, wegen der kurzen Prüfungszeit und Unsicherheit, welche Äußerung rechtswidrig ist.
Mein Endergebnis für Notwendigkeit : NICHTNOTWENDIGKEIT lautet demnach
0,33 : 2,66
Zu welchem Ergebnis kommt ihr?
Franz
PS:
Auf das oben eingangs erwähnte Zitat nochmals zurückkommend, ohne Wertungspunkt:
Die rechtliche Bewertung und damit auch die zu ergreifenden Maßnahmen in private Hände zu geben, halte ich für sehr strittig. Es handelt sich nicht nur um Meinungsfreiheit als individuelles Gut, sondern um gegenseitige Meinungsfreiheit im gesellschaftlichen Miteinander als Gut. Hier kann, darf, muss die staatliche Obrigkeit die neutralen Regeln nicht nur aufstellen, sondern auch überwachen.
Alternativ könnte man ebenso gut die verschiedenen Portale verbieten, um erst gar nicht in die Zwangslage zu geraten, gesellschaftliche Probleme auf individuelle zu reduzieren.