Guten Abend!
Auftragsbeschaffung ist im Grunde einfach: Du mußt die potentiellen Kunden ansprechen – direkt und namentlich. Du schreibst niemals Unternehmen an, sondern stets Menschen in Unternehmen, hier also die Geschäftsführer der Unternehmen. Die Namen der Geschäftsführer stehen im Impressum der Homepage eines jeden Unternehmens. Du kontaktierst nur Geschäftsführer von Unternehmen in nicht zu großer Entfernung von deinem Wohnort, weil vor Auftragsvergabe sowie im Verlauf der Arbeit persönliche Kontakte und Anwesenheit vor Ort erforderlich sein werden. Mache keine Massenaktion daraus, konzentriere dich statt dessen zunächst auf einige Mittelständler, wo der Geschäftsführer noch nah am Produkt tätig ist.
Deinem Schreiben aus wenigen sorgfältig formulierten Sätzen unter Verzicht auf hohle Floskeln, Fachchinesisch und Wortmüll legst du ein professionell (!) gemachtes Blatt/Faltblatt über deine Tätigkeit, Schwerpunkte, Erfahrungen und ggf. vorhandene Referenzen bei. Der Empfänger der Botschaft muß auf den ersten Blick erkennen, worum es geht, was du anbietest und wie er dich erreicht. Binnen Sekunden muß es zur Entscheidung kommen, dem ersten Impuls zu widerstehen, die unverlangte Zusendung in die Rundablage zu befördern. Statt dessen muß mindestens der Wunsch „… guck ich mir in den nächsten Tagen noch mal an …“ geweckt werden. Schlecht gemacht, zu langer Text, um die Sache herumgeschwurbelt, unverständliche Begriffe und Abkürzungen benutzt, Werbegewäsch – schon geht’s ab in den Papierkorb. Im oben erwähnten Faltblatt steht auch etwas von Qualitätssicherung und ist die Software-Basis erwähnt, mit der du arbeitest.
Das Tätigkeitsfeld umschreibst du mit Automotive. Das geht gar nicht, weil der Begriff viel zu ungenau ist, von Lokomotiven bis Kfz alles Mögliche umfaßt, sogar als Branchenbezeichnung zu unscharf ist und auf keinen Kenntnis- und Erfahrungsschwerpunkt hindeutet. Der zunächst wichtigste Schritt besteht darin, deinen Tätigkeitsschwerpunkt und Erfahrungshintergrund genau – sehr genau – zu beschreiben und einzugrenzen. Nur nach präziser Eingrenzung kann es gelingen, Akquisition zielgenau zu gestalten und die richtigen Leute anzusprechen. Wenn du deinen Erfahrungshintergrund genau beschreibst, kommst du vielleicht dahinter, daß deine Kundschaft nicht notwendigerweise irgendwas mit Automotive zu tun haben muß. Immerhin konstruiert niemand ein komplettes Auto von den Bremsbacken bis zu den Clipsen für den Wagenhimmel, sondern irgendwelche Details oder Werkzeuge für die Herstellung von Details. Ähnliche Details finden sich i. d. R. in zahllosen Produkten verschiedener Branchen. Wenn du deinen Schwerpunkt in diesem Forum genau benennst (nicht Automotive, sondern z. B. Gußformen für dieses und jenes Verfahren), werde ich gerne versuchen, dir weiterzuhelfen.
Zur Auftragsbeschaffung gehört aber auch dies: Das Ein-Mann-Konstruktionsbüro/Ingenieurbüro ist nur selten dauerhaft überlebensfähig. Ob E-Technik, Architektur oder Maschinenbau gibt es diesbezüglich überall die gleichen Probleme. Kontinuierliche Auslastung ist so gut wie unmöglich. Ein Wechselbad aus vollständig fehlenden Aufträgen und erdrückender Überlast ist der Normalfall. Manchmal geht es ein paar Jahre gut, erkauft durch Abhängigkeit von einem beherrschenden Auftraggeber. Wenige eng spezialisierte Büros erreichen eine dauerhaft überlebensfähige Größe mit ausreichend breitem Kundenkreis. Die meisten kleinen Büros kämpfen aber dauernd ums Überleben, wobei schon ein einziger Zahlungsausfall oder aus irgendwelchen Gründen mißlungener Auftrag das Ende bringen kann. Den Ausweg bietet ein Brot-und-Butter-Geschäft, je nach Branche z. B. eine zur Tätigkeit passende Industrievertretung oder ein eigenes Produkt (das man nicht selbst fertigen, aber pflegen, die Konstruktion und den Vertrieb in der Hand halten muß).
Gruß
Wolfgang