Neue dt. Rechtschreibung im Alltag zu gebrauchen?

Hi,

ein Bekannter besitzt eine eigene Firma und hat eine junge Bürokraft (Auszubildende) eingestellt.

Jetzt mußte er einen Geschäftsbrief an einen Kunden aus Luxemburg (der Brief wurde in Deutsch geschrieben) schreiben und hat diesen der Auszubildenden diktiert, weil seine Sekretärin nicht hier war und er keine Zeit zum Selbstschreiben hatte.

Nach der Durchsicht hat er den Brief weggeschickt.

Als er jetzt den Kunden persönlich traf, hat dieser ihn so nebenbei beim Essen gefragt, ob es in DE normal ist, daß Bürokräfte so viele Fehler in Briefen schreiben.

Mein Bekannter hat den besagten Brief nocheinmal genauer durchgelesen und dabei auch den Duden zu Hilfe genommen und konnte keinen Fehler (nach den neuen Rechtschreibregeln) finden.

Der Kunde in Luxemburg jedoch kannte die neuen Rechtschreibregeln nicht und hatte bei vielen Wörtern „Fehler“ gefunden, weil sie anch der alten Rechtschreibung Fehler waren.

Jetzt müssen bei meinem Bekannten alle Geschäftsbriefe wieder nach den alten Regeln geschrieben werden.

Meine Frage:

Wenn ausländische Kunden die neuen Regeln nicht kennen und annehmen, man kann kein Deutsch, weil man sich an die neuen Regeln hält, für was sind die neuen Regeln dann überhaupt gut?
Im Geschäftsleben lassen sie sich anscheinend nicht so gut anwenden.

MfG
Michael

PS: Ich selbst bin auch nicht für die neuen Regeln, weil IMHO alles nur komplizierter wurde. Zur Zeit schreibt doch jeder, wie er will.

Hallo Michael!

Ich bin auch ein Gegner der Rechtschreibreform, vor allem weil ich nicht sehe, daß das Aufgabe von Regierungen ist, die Sprache zu normieren.
Natürlich schreibt jeder, wie er will. Außer die Kinder und Lehrer in der Schule. Die müssen die neuen Regeln anwenden. Und die österreichischen Beamten müssen das auch.

Wenn, sagen wir, in zehn Jahren die heutigen Schüler im Berufsleben stehen, und soundsoviele Altregelanwender im Ruhestand sein werden, wird das anders aussehen. Bis dahin wird sich’s auch nach Luxemburg rumgesprochen haben. Oder wir haben dann eh schon das Einheitseurenglisch.

Grüße
Barney

Meine Frage:

Wenn ausländische Kunden die neuen Regeln nicht kennen und
annehmen, man kann kein Deutsch, weil man sich an die neuen
Regeln hält, für was sind die neuen Regeln dann überhaupt gut?
Im Geschäftsleben lassen sie sich anscheinend nicht so gut
anwenden.

MfG
Michael

PS: Ich selbst bin auch nicht für die neuen Regeln, weil IMHO
alles nur komplizierter wurde. Zur Zeit schreibt doch jeder,
wie er will.

Natürlich, lieber Herr Hümmer,
ist die neue Rechtschreibung zu gebrauchen. Sehr gut sogar, allen Kritikern zum Trotz.

Wenn der Geschäftsfreund Ihres Freundes damit nicht zurecht kommt, raten Sie Ihren Freund, er möge doch seinem Geschäftsfreund das Heftchen:
Informationen zur neuen deutschen Rechtschreibung, vom Duden-Verlag herausgegeben; ISBN 3-411-06131-6 Buch anschauen,
in den nächsten größeren Geschäftsbrief legen.
Kostet bloß fünf Mark.

Ich selbst bin auch nicht für die neuen Regeln, weil IMHO alles nur komplizierter wurde.

Das ist IMnotsoHO wohl doch nur ein Vorurteil, das zu belegen noch keinem Gegner gelungen ist. Von denen hört man fast nur „ästhetische“ oder „emotionale“ Lamentationen (wenn solches zu sagen erlaubt), aber keine stichhaltigen Argumente.

Zur Zeit schreibt doch jeder, wie er will.

Das ist richtig, liegt aber nicht an den Rechtschreibregeln, weder an den alten noch an den neuen. Wer die alten konnte, kann die neuen auch, und vice versa. Das ist „netztypische“ Nachlässigkeit.

Damit meine ich jetzt nicht Leute, die konsequent klein schreiben oder auf deutsche Sonderzeichen bewusst verzichten, sondern die schnellfingrigen Tastaturritter, die nur noch Denglisch oder Euroenglisch können.

Mit besten Grüßen
Fritz Ruppricht

I declare the hunt open!

I declare the hunt open!

And I hunt with

s´Zwergerl

Hallo Michael,
ja, die neuen Rechtschreibregeln sind im Alltag zu gebrauchen.

Zunächst einmal hat Barney Recht, wenn er sagt, dass künftig immer mehr junge Menschen im Arbeitsleben stehen werden, die die alten Regeln kaum noch kennen.
Der Großteil der deutschen Presse hat bereits umgestellt, ebenso die Presseagenturen (ist das überhaupt jemandem aufgefallen??).
Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass wesentliche deutsche Unternehmen (z. B. Siemens, BLB, Uni München) weitgehend ihre Mitarbeiter umschulen lassen - also auch „die Großen“ schreiben immer mehr nach den neuen Regeln.

Für die Nicht-Wissenden kann man ja vorsichtshalber eine kleine Fußnote in den Brief - oder was immer man auch verschickt - einfügen, mit dem Hinweis, dass dieses Schreiben nach der Neuregelung verfasst wurde. So zumindest habe ich es anfangs gemacht um derartige Fragen nach den „Fehlern“ zu umgehen.

Dieses „Es-schreibt-ja-jeder-wie-er-will“ halte ich nur für eine faule Ausrede derjeneigen, die sich nicht mit Thema beschäftigen wollen. Vergleiche doch mal ernsthaft die alten mit den neuen Regeln!
Ich habe zwei Schulkinder und bin heilfroh, dass sie einen Großteil der alten Regelung nicht lernen müssen - aber, klar: Es ist immer schwieriger, umzulernen als neu zu lernen.

Und ganz nebenbei: „Deutschkönnen“ hat ja nicht ausschließlich etwas mit Beherrschung der Rechtschreibung zu tun. Ebenso wenig wie mit „Sprache“ als solcher.

Ermutigende Grüße

Elisabeth

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Michael,

nur weil jemand auf „möglicherweise“ fehlerhafte Briefe angesprochen wird, ist das doch noch lange kein Grund, beschämt zu reagieren, weil ja jemand glauben könnte, man sei nicht in der Lage ist, regelrechtes Deutsch zu schreiben, was ja noch nicht einmal stimmt.
Auch ausländische Kunden müssen umlernen - uns geht das in einigen Fremdsprachen genauso, auch dort ändert sich schon mal etwas.
So habe ich z. B. noch gelernt im Englischen „Mr“ mit Punkt, oder im Brief nach der Anrede, kleingeschrieben mit dem ersten Satz anzufangen, was heute umgekehrt ist). Deshalb denke ich nicht, dass der engl. Briefschreiber kein Englisch kann, oder?

In deinem Beispiel genügt ein freundlicher Satz mit einem Lächeln: „Das sind neue Regeln“ - dann kann man das Thema wieder wechseln ohne es weiter aufzubauschen.

So viel Selbstbewusstsein sollte man haben und nicht nach dem Motto handeln: Oje, was könnten die jetzt von mir/meinem Büro denken - von wegen schlechte Rechtschreibkenntsisse…

Da sollten wir jetzt zu Anfang der Umstellung wirklich drüber stehen. Es gibt Wichtigeres :smile:

Obwohl ich mich auch oft dabei ertappe, dass ich zuerst überlege, WEM ich schreibe und davon abhängig mache, ob ich Du/Euch in der Anrede groß (alt) oder du/euch klein (neu) schreibe usw., weil ich annehme, der andere könnte denken „du“ sei falsch. Wir sollten, wenn schon, dann aber konsequent zum Neuen stehen. -

Sprache und Schrift sind etwas Lebendiges. Sie sind und sie waren schon immer Änderungen unterworfen.

Die neuen Regeln sind größtenteils logischer als die alten und für Schulanfänger und Deutschlernende einfacher zu erlernen.

Deshalb mache ich mir persönlich trotzdem keinen Stress damit, sondern gehe davon aus, dass ich mein Wissen schon so nach und nach kompletieren kann. Dass es anfangs Überschneidungen geben wird, ist doch kein Problem. Die wenigsten werden sich sämtliche Regeln aufeinmal einprägen.

Im allgemeinen Schriftverkehr stelle ich fest, dass die meisten Schreiber bereit sind, das Neue zu integrieren.

Indem wir die neuen Wörter immer öfter zu Gesicht bekommen, vor allem auch in der Tageszeitung (Ausnahme FAZ), wird das Übernehmen und Akzeptieren sich nach und nach vollziehen. So war das schon immer (z. B. Photographie, Thür, Thor, Thal, Liqueur).

Da schrieb nach der Reichseinigung von 1871 der hannoversche Deutsche anders als der württembergische. Der preußische Kultusminister lud deshalb 1875 zu einer Konferenz für die „Herstellung größerer Einigung in der deutschen Rechtschreibung“ nach Berlin ein, an der auch Konrad Duden teilnahm. Die Konferenz scheiterte, und Duden verstärkte die Arbeit an seinem Wörterbuch. „Der Duden“ wurde das führende Wörterbuch. Ihm schloss sich 1892 die Schweiz an…

Es ist kein Beinbruch, wenn wir anfangs nicht alles wissen. Wir sollten Gelassen an die Sache herangehen und sie nicht aus Gründen eines „vorübergehend verlorengegangenen Perfektionismus“ ablehnen.:smile:>

Gruß, Renate

Natürlich könnte man dem unwissenden Geschäftsfreund mit einem Hinweis auf die neuen Regeln der deutschen Rechtschreibung begegnen.
Nichtsdestoweniger muß man erneut fragen, ob dies alles wirklich notwendig war:
Das Schriftbild ist häßlich oder zumindest gewöhnungsbedürftig (Schifffahrt), die Regelung spaltet selbst die Meinung von Fachleuten in Verlagen. Wer heute korrekt schreiben will, kommt selbst als Deutscher ohne Duden nicht mehr aus! Die wichtigste Frage jedoch bleibt: Warum? Ging es doch annähernd 100 Jahre gut. Ist Sprache und Schriftbild nicht auch Ausdruck eigenständiger (deutscher) Kultur? Muß man immer alles „verbessern“ und „vereinfachen“? Von den fragwürdigen Kosten dieser „Reform“ ganz zu schweigen. Gab es keine wichtigeren Probleme zu lösen? Andreas