Spirituelle Revolution in den 1960ern
Hi.
Was die ´spirituelle Revolution´ betrifft, so hat sich diese schon längst ereignet, und zwar in den 1960ern Jahren, als Timothy Learys Aktivitäten zu einer gravierenden Zunahme des ´spirituellen´ Interesses in der amerikanischen und internationalen Bevölkerung führten. Im Fahrwasser dieser Strömung konnten auch asiatische Religionen deutlich besser im Westen Fuß fassen als zuvor.
Es gibt im Menschen ein angeborenes ´spirituelles´ Bedürfnis, das sich nicht unterdrücken lässt. Die historischen Anfänge liegen etwa 40.000 Jahre zurück, als die paläolithischen Menschen den Schamanismus entwickelten, d.h. den methodischen Kontakt mit dem Übernatürlichen. Dazu Zitate zweier einflussreicher Wissenschaftler zu diesem Thema:
„Harnessing the Brain: Vision and Shamanism in Upper Paleolithic Western Europe“, S. 323:
(von J.D. Lewis-Williams, Professor für Archäologie in Johannesburg, Südafrika)
In the first place, hunter-gatherer shamanism is fundamentally posited on a range of institutionalized altered states of consciousness. Secondly, the visual, aural and somatic experiences of altered states of consciousness give rise to conceptions of an alternative reality that is frequently tiered. Thirdly, people with special powers and skills, the shamans, are believed to have access to this alternative reality. Fourthly, the behavior of the human nervous system in certain altered states creates the illusion of dissociation from one’s body (less commonly understood in hunting and gathering shamanic societies as possession). Shamans use dissociation and other experiences of altered states of consciousness to achieve at least four ends; these ends constitute the next four features of hunter-gatherer shamanism. Shamans are believed to contact spirits and supernatural entities; they heal the sick (usw.)
„Shamanism as the original Neurotheology“, S. 200:
(von Michael Winkelman, Professor für Anthropologie in Arizona)
The shamanic ASC (= Altered State of Consciousness) is referred to by terms like ´soul flight´ and ´soul journey´and has direct homologies to modern out-of-body-experiences and astral projection, reflecting experiences of traveling to and encounting entities from the spiritual oder supernatural world.
Schamanen - zunächst mehrheitlich Frauen, siehe Forschung von Prof. Dean Snow - praktizierten neben anderen Methoden wie Trommeln und Tanzen die Anwendung psychoaktiver Pflanzen, um in einen ASC zu geraten. Schamanistische Praktiken überlebten im mesopotamischen und mediterranen Bereich bis in die Antike und prägten das religiöse Leben ganz erheblich. Den sumerischen Mythos über die Reise der Göttin Inanna in die Unterwelt z.B. kann man als literarischen Niederschlag schamanischer Erfahrung verstehen. Die ägyptische Seelen-Triade von Ba, Ka und Ach, die als eigenständige Seelen den Körper des Menschen nach seinem Tod verlassen, kann auf die schamanische Erfahrung von mehreren Seelen im Menschen, die aus dem Körper austreten können, zurückgeführt werden.
Vermutlich geht die ´Erfindung´ der Philosophie durch Parmenides auf dessen schamanische Erfahrungen zurück (siehe Forschung von Walter Burkert, Altphilologe). Daneben verlief eine davon zu unterscheidende Strömung, nämlich die antiken Mysterien in Ägypten (Isis-Kult) und Griechenland (Eleusis, Samothrake). Die griechischen Mysterien implizierten mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls die Verwendung von Psychaktiva. So heißt es bei dem bekannten Psychologen Wolfgang Schmidbauer:
http://www.samorini.it/doc1/alt_aut/sz/schmid.pdf
Am 29. September brach eine große (öffentliche) Prozession vom
Demeterheiligtum in Athen nach Eleusis auf. Die Besucher der eigentlichen Mysterien waren in drei Klassen geteilt: die Laien, die Mysten und die Epopten (Schauenden). Wer des Allerheiligsten teilheftig werden wollte, der mußte Eleusis also mindestens zweimal
gesehen haben. Wir kennen die Formel noch, die der Myste sprechen mußte: »Ich fastete. Ich trank den kykeon. Ich nahm aus der kiste. Ich vollzog die Handlung. Ich legte wieder in den Korb, und aus dem Korb in die Kiste." Man ist sich heute einig, daß in der Kiste, dem Schrein der Demeter, ein Abbild des weiblichen Schoßes war. Solche Sexualsymbolik ist in Fruchtbarkeitskulten nichts Ungewöhnliches. Was die heilige Handlung war, wissen wir nicht. Vielleicht ein symbolischer Koitus, bei dem der Myste mit einem Phallos den Schoß berührte.
Das ´kykeon´ könnte, so manche Forscher, mit Fliegenpilz versetzt gewesen sein. Die weibliche Sexualsymbolik geht auf den prähistorischen Kult der Großen Göttin zurück, der über Jahrzehntausende das religiöse Leben der Menschen global prägte, bis das Königtum im Zuge der sozialen Entwertung des Weiblichen das religiöse Denken patriarchalisierte.
All das zeigt, dass das ´spirituelle´ Bedürfnis im Menschen, also der Drang nach Erkenntnis des und Kontakt mit dem ´Supranaturalen´, eine wichtige Konstante in der kulturellen Evolution darstellt. Es wurde seit dem späten Neolithikum (Aufkommen des Königtums) leider in den Dienst machtorientierter Ideologien gestellt und dadurch pervertiert, konnte sich daneben aber auch immer authentische Strömungen halten, die bis zur Machterringung des Christentums offiziell anerkannt und sogar einen hohen sozialen Stellenwert genossen. Christliche Mythologie und Rituale gründen selbst im Gedankengut der Mysterien, siehe z.B.:
http://www.radikalkritik.de/Mysterien.htm
Die ´heidnischen´ Mysterien wurde von der Staats-Kirche, die um ihr Monopol fürchtete, natürlich systematisch unterdrückt. Mysterienideengut überlebte aber z.B. in Form des Hermetismus (Kult um Hermes Trismegistos = Mix aus griechischem Gott Hermes und ägyptischem Gott Thot) und der Mysterien der Katharer (von der Kirche im 13. Jh. brutal verfolgt und vernichtet). Spätere wichtige Bewegungen waren die Rosenkreuzer und, ab dem 18. Jahrhundert, die Freimaurer (darunter Goethe, Mozart und evt. Schiller).
Das 19. Jahrhundert war ´spirituell´ durch die Weiterentwicklung des Freimaurertums und das Aufkommen der Theosophie gekennzeichnet sowie durch ein zunehmendes Interesse für asiatische Religionen (auch durch die Theosophie propagiert).
Der nächste Entwicklungssprung - die vom UP angesprochene ´spirituelle Revolution´ - fand wie eingangs erwähnt in den 1960er Jahren statt.
Chan