Neue Studie über AfD-Anhänger

Es geht ja hier nicht um politische Schnittmengen oder Unterschiede, sondern um die soziodemographischen Milieus, aus denen beide ihre Sympathisanten beziehen. Mit einer politischen Gleichsetzung hat das nichts zu tun (mit einer ‚linksgrünen Irreführung‘ erst recht nicht), wenn deine hier verlinkte Studie (zur heutige Nach-Lucke-AfD) und die alten Vorländer- oder Patzelt-Studien (zu Pegida) offenbar die gleichen Trägermilieus identifizieren oder zumindest eine große Schnittmenge.

„Könnten“ füge ich gerne ein, weils ja eh um eine konjunktivische Sichtweise geht.
„Angst“ ersetze ich nicht durch „Sorge“, weil ich „Angst“ für den richtigen Terminus halte. Da gebe ich dir schlicht nicht recht bei dem, wie du das oben Miezekatze gegenüber ausführst. Das führt jetzt aber zu weit, weils weit ins Sozialpsychologische hinführt („Angst“ ist nun mal ein psychologischer Begriff).

Das ist ein schwieriges Thema, ob die etablierten rechten Parteien die Themen von den noch rechteren Parteien aufgreifen sollten, um damit deren Erstarken zu verhindern. Dazu fallen mir zuviele Jas und noch mehr Neins ein, als dass ich das sonntagmittags vertiefen möchte :wink:

Aktuell: Wilders hat die Wahl verloren, aber das Themen-Setzen grandios gewonnen.

Gruß
F.

Erste Kurzinfo:

1 Like

Das ist eine sehr interessante Seite, geht aber der Frage nach warum die AfD gewählt wird, nicht wer sie wählt. Wobei das eine natürlich mit dem anderen zu tun hat. :wink:

Hallo,

jetzt haben wir aber bald alles durch. Was für Schichten gibt es denn, welche Größe (Anteil am Volke) haben sie und wie wahrscheinlich ist es, daß die eine solche Partei überhaupt wählen?

Oberschicht
obere Mittelschicht
mittlere Mittelschicht (kann sich abstiegsbedroht fühlen)
untere Mittelschicht (kann sich abstiegsbedroht fühlen)
Unterschicht

Für meine Begriffe ist das ganze Gerede, wo sich in der Bevölkerung nun genau der Schwerpunkt der Wähler der AfD befindet, rein akademisch. Klar ist, daß die AfD-Wähler nicht alles Vollhonks aus den Ghettos sind, sondern daß die AfD in der (finanziellen/bildungsmäßigen) Mitte unserer Bevölkerung Rückhalt hat (egal, ob in der oberen, unteren oder mittleren Mitte), was zufälligerweise genau die Wählerschaft ist, die alle für sich vereinnahmen wollen, wenn man mal von den Linken absieht. Das wiederum ist kein Wunder, denn diese Bevölkerungsgruppe ist - trotz allem Gejammer über die unmittelbar bevorstehenden Prekarisierung quasi der unteren 79,5 Mio. - nun einmal die größte Bevölkerungsgruppe. Zumindest, wenn man die Einkommensperspektive wählt.

Wie dem auch sei: es wäre vielleicht hilfreich, wenn man nicht versuchen würde, die AfD-Wähler nach Einkommen, Ausbildung oder Haarfarbe zu katalogisieren, sondern einfach akzeptieren könnte, daß es auch „für ganz normale Menschen“ Motive gibt, diese Partei zu wählen. Daß man dafür nicht besonders blöd, besonders arm oder besonders benachteiligt sein muß. Daß es nicht genügt, die Wähler in die rechte Ecke zu stellen, zu verurteilen und für unzurechnungsfähig zu erklären.

Im übrigen plädiere ich weiterhin dafür, daß man in der Schule auch mal so etwas wie Wirtschaft oder Hauswirtschaft unterrichtet, damit die Leute endlich mal raffen, daß monatlich 10 * 5 Euro, 3 * 20 Euro und 5 * 20 Euro für Abos, Fernsehen, Handyverträge, Teilzahlung usw. am Ende des Jahres echt viel Geld ist, auf daß die Leute, die rund um den Median verdienen keine Angst mehr haben müssen, daß sie in Armut abrutschen, sondern ihre Ausgaben einfach mal im Griff behalten. Dann bräuchte man vielleicht die AfD auch nicht mehr.

So oder so: die AfD ist da und ihre Wähler sind es auch. Vielleicht fängt man seitens der Politik einfach mal damit an, sich mit den Ursachen dafür zu beschäftigten, anstatt die Sache als Randerscheinung, Deppenclub oder Laune der Natur herabzuwürdigen und damit zwangsläufig zu unterschätzen und zu bagatellisieren.

Gruß
C.

Ich verstehe deinen Punkt überhaupt nicht.
Gar nicht.
Wieso sollte man keine Daten darüber erheben, welche gesellschaftlichen Gruppe welche Partei besonders bevorzugen. Da gibts ja klare und stabile Muster? Wieso sollte man die denn nicht wissen wollen?
Oder nur bei der AfD nicht?

Gruß
F.

Der Punkt ist, daß es bei der AfD nicht um die übliche Analyse der (potentiellen) Wähler geht, sondern darum, den Zulauf der Partei damit zu erklären, daß es sich hier um eine kleine Gruppe verwirrter, radikaler und/oder ängstlicher Menschen handelt. Genau damit verstärkt man den Zulauf nur, weil man damit die Motive der Menschen marginalisiert und vor allem nicht ernst nimmt.

Bei der Studie, die VDM im UP verlinkt hat geht es, soweit man das aus der kurzen Zusammenfassung sagen kann, um eine ganz übliche Analyse wie es sie für alle anderen Parteien auch gibt.

Gruß
F.

Die dann zusammengefaßt wird mit „Partei der sich ausgeliefert fühlenden Durchschnittsverdiener“.

Zum Thema Ängste empfiehlt sich übrigens die jährliche Studie der R+V Versicherung. Wenn man danach geht, ist über alles betrachtet das ganze deutsche Volk eine Gruppe von ängstlichen Durchschnittsverdienern. Dort wird das Thema Zuwanderer von einer etwas größeren Gruppe als besorgniserregend wahrgenommen - allerdings aufgeteilt in mehrere Ängste. Die wichtigste Angst haben immerhin 67% der Bevölkerung.

Gruß
C.

Passt doch vollkommen, wenn die Daten diesen zugespitzten „Idealtypus“ hergeben.

Gruß
F.

1 Like

Interessanterweise ist das ein Zitat, das innerhalb des Berichts erwähnt wird, aber aus einer ganz anderen Publikation stammt, nämlich dieser:

Bergmann, Knut / Diermeier, Matthias / Niehues, Judith, 2017, Die AfD: Eine Partei der sich ausgeliefert fühlenden Durchschnittsverdiener, Zeitschrift für Parlamentsfragen, 58. Jg., Heft 1, S. 113-131

Mal unabhängig davon, daß sich da mal wieder die Medien von FA(S)Z über Junges Deutschland bis hin zur Zeit ganz und gar nicht mit Ruhm bekleckert haben; das ist ein wertendes Etikett und zwar ein abwertendes. Ein solches Etikett für SPD könnte dann lauten „Partei des Prekariats“ - entsprechend der Potentialwähleranalyse, die seinerzeit von der Friedrich-Ebert-Stiftung für die SPD erstellt wurde und für den Eingang des Begriffes Prekariat in das allgemeine Vokabular sorgte (Unterschichtenthema). Angesichts des Wählerkreises würde der Begriff allerdings der Wählerschaft der SPD nicht gerecht und die SPD würde sich wohl auch vielmals dafür bedanken.

Wie dem auch sei: vielleicht kommt nicht ganz rüber, was ich vermitteln will. Ein letzter Versuch: wenn man ein Problem mit der AfD, ihrem Erfolg oder ihrer Wählerschaft hat, dann ist es nicht hilfreich, die potentiellen Wähler mit mitleidigen, abwertenden oder kategorisierenden Begriffen zu bedenken. Wichtiger wäre es, daß sich die etablierten Parteien ernsthaft damit beschäftigen, warum die Leute diese Partei wählen und selbstkritisch hinterfragen, ob sie selbst oder die Politik nicht ihren Beitrag dazu geleistet hat.

Man fragt sich im übrigen schon, wie die FAZ zu ihrem Artikel kommt. Ich bezweifle ernsthaft, daß sich da irgendein Redakteur mit der Studie auseinandergesetzt hat, denn darin geht es vor allem darum, wie es zu den erstaunlichen Abweichungen zwischen Prognosen und Wahlergebnis kommen konnte. Von einer Wähleranalyse kann jedenfalls keine Rede sein und die zusammenfassende Beurteilung, die die FAZ in den Raum stellt, stammt überhaupt nicht aus der Studie, sondern nur aus einem in der Studie zitierten Artikel einer anderen Publikation.

Eine Sternstunde des deutschen Journalismus.

Das kam schon rüber und ich stimme auch zu.
Was aber ist an „sich ausgelieferte Durchschnittsverdiener“ oder „abstiegsbedrohte Mittelschicht“ sonderlich beleidigend?

Abgsehen davon gibt es idealtypisierende Zuspitzungen wie PDS/Linkspartei=Ostpartei, Grüne=Partei der Lehrer und Beamten, FDP=Partei der Zahnärzte usw. ja ganz genauso.
SPD und CDU sind ischlichterdings zu heterogen dafür (-> „Volksparteien“).

Gruß
F.

Das ist wichtiger für die konkurrierenden Parteien bei der Fragestellung, wie sie der AfD entgegentreten können, welche Motive ihre Wähler umtreiben. Aber für die Parteienforschung ist es ebenfalls wichtig, die Partei und ihre Wähler zu beschreiben. Diese Forscher neigen dann gerne dazu, eine eingängige Beschreibungsformel zu verwenden.

„Die AfD: Eine Partei der sich ausgeliefert fühlenden Durchschnittsverdiener“

ist so eine eingängige Formel. Die von Dir genannten Forscher sind höchstselbst die drei, die die Studie für den IW erstellten. Es ist üblich, dass man dann noch einmal ein paar Seiten in einer Zeitschrift für den akademischen Bedarf veröffentlicht. Allein schon aus Prestigegründen. Ausserdem haben sie bereits 2015 und 2016 entsprechende Studien vorgelegt.

Was nun das Gefühl des Ausgeliefertseins anbelangt, so werden sie es mit Sicherheit wie folgt beschreiben: Die Wähler haben den Eindruck, dass ihre Stimme und ihre Meinung von den etablierten Parteien nicht gehört, sondern ignoriert wird. Von daher wird nicht mehr dem Gesetz von Angebot und Nachfrage gefolgt, was unweigerlich dazu führt, das der Käufer auf die Suche nach einem anderen Anbieter geht. Es kommt ja auch nicht von ungefähr, dass die AfD-Wähler der real existierenden Ausformung unserer Parteiendemokratie sehr schlechte Noten geben (bzw. das Vertrauen in sie verloren haben). Weil der Eindruck vorhanden ist, dass eine „(Funktionärs)Elite“ sich vom Grundgedanken der Vertretung des Souveräns entfernt hat und nur alle vier Jahre mal zwecks Einsammlung von Stimmzetteln vorstellig wird. Übrigens ein Kritikpunkt, den nicht die AfD erfunden hat, sondern ein bereits seit langem bestehender. Auch als eine Ursache für immer weiter fallende Wahlbeteiligungen genannt.

Gruß
vdmaster

Das ist auch eine sehr interessante Abhandlung. Aber leider nicht die Studie über Bildung/Einkommen. Dieser Punkt wird lediglich auch gestreift.

Gruß
vdmaster

Dafür gibt es die schöne Einrichtung der Pressestellen, von denen einige Medienhäuser ohne vorherige Bestellung bereits vorab versorgt werden.

Die erhalten dann entweder eine Zusammenfassung (der Studie) oder die noch nicht endgültige Version einer Pressemitteilung. Da filtert dann der Journalist etwas raus oder feilt vielleicht nur noch ein wenig am Werk herum, bevor es als eigene Arbeit ausgegeben wird.

Die Studie scheint noch gar nicht in endgültiger Version vorzuliegen. Im letzten Jahr kam die Veröffentlichung auch erst im Sommer mit untersuchter Zahlenbasis 2014 und 2015.

Gruß
vdmaster