Hi,
da gestatte ich mir mal ne Antwort, wenn du schon so fragst:
Wie ist denn nun der Sachstand der Wiedervereinigung
unabhängig von den finanziellen Aspekten. Derzeit beobachten
wir nicht mehr den von den Bunten vor ein paar Jahren
eingeläuteten Kampf arm gegen reich - wo auch immer die
Grenzen gezogen werden - sondern den Kampf Ost gegen West.
Strategisch sehr ansprechend haben einige Gruppen
Unwissenheit, Unsicherheit und gefühlte Ungerechtigkeiten von
Teilen der Ostdeutschen Bevölkerung ausgenutzt und schon ist
die Ossi-Wessi-Diskussion wieder voll entbrannt.
Ich habe beispielsweise oft festgestellt, dass es eher weniger Grenzen gibt und diese lediglich herbeigeredet werden. Die soziale Unsicherheit wächst in Ost UND West gleichmäßig, jedoch hat der Ossi die Erfahrung, dass es auch anders geht. Im Westen fehlt lediglich die Erfahrung. Neid wird geschürt und die Leute gespalten.
Die Ossis hängen faul rum und lassen sich bezahlen und die
Wessis haben den Osten ausgenommen uns sich auf seine Kosten
bereichert, so einige Kernausssagen.
Propaganda. Hier wird absichtlich von Ost-West gesprochen statt von Tatsachen. Zahelen tut Ost und West gleichsam dafür, dass das Kapital nicht verhungert, welches erst den Westen, dann im Osten geplündert hat.
Anscheinend geht es doch
im wesentlichen ums Geld. Vereinzelt liest man inzwischen auch
Stimmen, daß der SED-Staat sooo schlimm ja nun auch nicht
gewesen sei und auch viele positive Seiten hatte.
Bezeichnenderweise kommen diese Aussagen von Personen, die den
1989 zusammengebrochenen Staat bestenfalls als Kinder oder
Jugendliche kannten, also den Menschen, die heute zwischen 15
und 35 Jahre als sind.
Eher 15 bis open end. Je nach Erfahrung mit dem Land.
Aus der o.g. Studie der FU Berlin faßt die Frankfurter
Allgemeine Sonntagszeitung einen Abschnitt wie folgt zusammen
(Schroeder ist zufälligerweise der Name des Leiters des
Forschungsverbundes SED-Staat der FU Berlin):
Schroeder kommt zu dem Ergebnis, daß die ostdeutschen
Haushalte materiell sehr viel besser dastehen, als häufig
angenommen wird. Zu Beginn der Vereinigung hätten sie
kaufkraftbereinigt auf dem Niveau eines durchschnittlichen
westdeutschen Haushalts am Ende der fünfziger Jahre gelegen.
Wie vergleicht der das? Wie ist dieses Niveau definiert?
Wenn wir vom Zustand der Industrie völlig absehen: 1990 hatte noch fast jeder einen Job und der auf einem höherem Niveau bezahlt als zu Ostmarkzeiten. Es war deutlich mehr Geld unter den Leuten als heute. Der Konsum brummte von da ab.
Mitte der neunziger Jahre seien sie dann auf dem westdeutschen
Niveau von 1992 angelangt gewesen.
Da waren hier schon 20% ohne Job. Real. Heute sind es 40%, der Rest ist im Westen oder der Verwaltung.
Ist das Niveau im Westen innerhalb 30 Jahren gesackt?
Das bedeute einen
„Wohlstandssprung” von 30 Jahren innerhalb weniger Jahre.
Welchen Wohlstand nun? Es sind viele Möglichkeiten weggefallen. Was dazu kam, war vergleichsweise wesentlich teurer.
Von tatsächlichem Wohlstand einer Gesellschaft kann man wohl nur reden, wenn man die Entwicklung des Nachwuchses betrachtet. Da war tatsächlich ein Sprung. 1990 lag die Geburtenrate bei 2,1 Kind im Osten, mit 20 das zweite Kind war normal, die Jugend hatte eine recht gute Ausbildung. Hungererscheinungen kenne ich nicht, Luxus gabs auch in Deli-Läden.
Heute liegt die Geburtenrate bei 0,7, es werden lt. Pisa Milliarden ausgegeben, um die Jugend zu verblöden.
Dafür wurde sicherlich vieles neues gebaut und saniert. Auf der anderen Seite konnten nun aber auch Ossis ihre erworbenen Fähigkeiten ausleben und haben auch einiges zur Entwicklung des Wohlstandes beigetragen.
Aber was ist ein saniertes Haus ggü. nichtexistierender Kinder? Diese zu zeugen und zu fähigen Menschen zu erziehen kostet Milliarden, welche im 1990-iger Konsumrausch aufgingen.
Die
ostdeutschen Geldvermögen seien 1990 ein Fünftel so groß wie
die westdeutschen gewesen, heute seien sie bei mehr als der
Hälfte angekommen.
Hier würde mich die Entwicklung der Geldvermögen interessieren. Ich bin mir ganz sicher, dass einige wenige ihr Vermögen verzigfacht hat, die Masse aber einbüßte.
zudem wäre hier auch eine Vermögensbilanz interessant. die Verschuldungsquote war nämlich bei nahe 0 1990. Auch daher kommen Geldvermögen (für andere).
Gruß
Frank