Nichtermittlung von Zwischenfalls-Ursachen bei Verkehrsflugzeugen

Moin,
am 19. Dezember 2010 kam es an Bord eines deutschen Verkehsflugzeuges zu einem erheblichen Zwischenfall, der Wohl nur durch „Glück“ kein katastrophales Ende nam. Wenige Minuten vor der Landung in Köln/Bonn vergiftete plötzlich ein Gas die Cockpitbesatzung bis fast zur völligen Denk- und Handlungsunfähigkeit (Copilot) bzw. knapp darunter (Pilot). Für eine automatische Landung war es zu spät und es stand dafür auch zu wenig „Denkleistung“ zur Verfügung.
Der Pilot war danach einige Tage arbeitsunfähig, der Copilot einige Monate.

Es gab eine Untersuchung der BFU
http://www.bfu-web.de/DE/Publikationen/Untersuchungs…
bei der keine Ursache festgestellt werden konnte.

Dieselbe Maschine hatte einen ähnlichen Zwischenfall bereits 2 Jahre zuvor in Dublin, dort war aber in erster Linie der Pasagierraum betroffen. Auch hier gab es durch die Behörden eine Untersuchung, bei der ebenfalls keine Ursache festgestellt werden konnte.

Jeweils danach ging die Maschine wieder in den Flugbetrieb.

Ich frage mich (und euch) nun, ob das ein akzeptables Vorgehen ist. Zweimal ist es nun gutgegangen, vielleicht beim dritten mal nicht mehr? Da andere Flugzeuge dieses Typs offenbar nicht betroffen sind, wird es wohl eher kein systematischer Fehler dieses Modells sein. Auch wurde vom BFU ein Einfluß von außen quasi ausgeschlossen.

Wäre es nicht angebracht den Fehler weiter zu suchen, ggf. die Cockpitelektronik, die eine Ursache sein könnte (geplatzter Tantal-Elko) auszutauschen und ggf das Flugzeug solange stillzulegen?
Muss man eurer Meinung nach so einen gravierenden Fehler finden, koste es was es wolle? Wo ist die Grenze?
Fliegen ist sehr sicher. Aber doch auch, weil derselbe Fehler eigentlich nicht noch mal vorkommen kann.

VG
J~

Hallo Tildchen,

Muss man eurer Meinung nach so einen gravierenden Fehler
finden, koste es was es wolle? Wo ist die Grenze?

Das ganze ist eine Güterabwägung.

In obigem Falle müsste man eine Zwangsverschrottung anordnen um 100% auf der sicheren Seite zu sein.

Da stellt sich dann die Frage, wer die Kosten zu tragen hätte.

Grundsätzlich unterlieg das alles immer auch einer Kosten/Nutzen-Rechnung.
Auch mit astronomischen Kosten bekäme man das Risiko nicht auf 0 herunter.

Wenn man das Ganze zu rigoros angeht, als nach dem Moto: „Egal was es kostet“, bekommt man das Problem, dass Vorfälle nur noch gemeldet werden, wenn diese nicht mehr vertuschbar sind. Dies würde aber die Flugsicherheit wieder verschlechtern.

Wie Erich Kästner schon sagte: „Das Leben ist lebensgefährlich“.

Vieles ist reines Risokomanagement, wie z.B. auch die ganze Medizin. Da kann man im Prinzip auch nur das kleinere Über wählen. Alleine eine Vollnarkose hat ein etwa 0.1% Wahrscheinlichkeit, dass der Patient diese nicht überlebt …

MfG Peter(TOO)

Moin,

Das ganze ist eine Güterabwägung.

ja, klar… Aber es gab immerhin zwei massive Vorfälle, da ist ja nicht nur die Kabinenbeleuchtung ausgefallen. Haste den Bericht gelesen? Der Kapitän allein hat die Maschine trotz Sauerstoffmaske nur gerade mal so „mit letzter Kraft“ runter gebracht. Er wird zitiert mit "im wahrsten Sinne des Wortes [schwanden ihm] die Sinne …“.

Ich finde, da kann man mal etwas länger überlegen, welche Güter man wie abwägt.

In obigem Falle müsste man eine Zwangsverschrottung anordnen
um 100% auf der sicheren Seite zu sein.

Naja oder intensiver nach der Ursache forschen? Es wird in dem Bericht ja auch von den Elkos gesprochen. Man hätte also die Cockpitelektronik auswechseln können; auch, um sie näher zu untersuchen. Das wäre doch IMHO weit von einem Totalschaden entfernt gewesen.

Da stellt sich dann die Frage, wer die Kosten zu tragen hätte.

Na der Hersteller. Schließlich hat er die gefährliche Maschine verkauft :smile:

Vieles ist reines Risokomanagement, wie z.B. auch die ganze
Medizin. Da kann man im Prinzip auch nur das kleinere Über
wählen. Alleine eine Vollnarkose hat ein etwa 0.1%
Wahrscheinlichkeit, dass der Patient diese nicht überlebt …

Hmm, ein bisschen besser als 1:1000 ist die Wahrscheinlichkeit offenbar schon zu überleben:
„Die primär durch die Anästhesieverfahren bedingte Sterblichkeit (…) liegt in großen, retro- oder prospektiven Untersuchungen heutzutage bei 0,001 bis 0,014 %“
Wikipedia->vollnarkose

VG,
J~

Hallo Tilde

Naja oder intensiver nach der Ursache forschen? Es wird in dem
Bericht ja auch von den Elkos gesprochen. Man hätte also die
Cockpitelektronik auswechseln können; auch, um sie näher zu
untersuchen. Das wäre doch IMHO weit von einem Totalschaden
entfernt gewesen.

Dazu wurde zu viel versäumt, es wurden z.B. keine Daten vom Flugschreiber und Voicerecorder gesichert.
Ohne Daten kann man nur raten.
Und wenn es denn nun die Enteisungssuppe war, wie willst du das nachstellen?

Zudem müsste man auch die Piloten mit verschiedenem begasen um deren Reaktion auch zu erfassen. Dann musst der Copilot aber auch jedes mal vorher für einen Muskelkater sorgen …

Vieles ist reines Risokomanagement, wie z.B. auch die ganze
Medizin. Da kann man im Prinzip auch nur das kleinere Über
wählen. Alleine eine Vollnarkose hat ein etwa 0.1%
Wahrscheinlichkeit, dass der Patient diese nicht überlebt …

Hmm, ein bisschen besser als 1:1000 ist die Wahrscheinlichkeit
offenbar schon zu überleben:
„Die primär durch die Anästhesieverfahren bedingte
Sterblichkeit (…) liegt in großen, retro- oder prospektiven
Untersuchungen heutzutage bei 0,001 bis 0,014 %“
Wikipedia->vollnarkose

Es kommt auch darauf an, woher die Daten stammen, hier gibt’s auch noch etwas andere Zahlen:
http://www.aerzteblatt.de/archiv/96293/Ist-Anaesthes…

Zudem kommt es immer auch darauf an, wo die Zahlen erhoben wurden. Meist werden solche Studien an grossen (Uni-)Kliniken erhoben, wo ein hoher Standard herrscht. In einem kleinen Kreisspital sieht es wieder ganz anders aus…
Dann stellt sich noch die Frage wie die Todesursache abgeklärt wurde. Meist werden nur offensichtliche Fehler der Narkose zugeschrieben.

MfG Peter(TOO)

Alleine eine Vollnarkose hat ein etwa 0.1%
Wahrscheinlichkeit, dass der Patient diese nicht überlebt …

Jeder tausendste Patient stirbt allein an der Narkose??

Start thinking!

Hallo

Hmm, ein bisschen besser als 1:1000 ist die Wahrscheinlichkeit
offenbar schon zu überleben:
„Die primär durch die Anästhesieverfahren bedingte
Sterblichkeit (…) liegt in großen, retro- oder prospektiven
Untersuchungen heutzutage bei 0,001 bis 0,014 %“
Wikipedia->vollnarkose

Es kommt auch darauf an, woher die Daten stammen, hier gibt’s
auch noch etwas andere Zahlen:
http://www.aerzteblatt.de/archiv/96293/Ist-Anaesthes…

Hm, die diversen Studien dort sagen:
8,2/1 000 000 Mortalität (bis 2005, USA, Krankenhaus unspezifisch)
0,69/100 000 bis 4,7/100 000 (zweiter Wert Teilschuld, bis 1999, USA, Krankenhaus unspezifisch)
5,5/100 000 (bis 1999, USA, nur ein Institut)
0,4/100 000 (bis 1997, Holland, allgemein, reduziert auf Patienten ohne extra Risiko)

Also irgendwo unter 0,005% ohne das man dazu in der Charité liegen muß. Aber natürlich immer noch ein ernstzunehmender Faktor.

Grüße,
.L

Einerseits OT an diesem Brett, aber
andererseits auch wieder nicht. Denn wir vergleichen die Narkose gerne mit einem Flug. Die Einleitung entspricht dem Start, die Aufrechterhaltung dem Flug und die Ausleitung der Landung. Das Gefährdungspotential ist analog den Flugphasen, ähnlich.

Hm, die diversen Studien dort sagen:
8,2/1 000 000 Mortalität (bis 2005, USA, Krankenhaus
unspezifisch)
0,69/100 000 bis 4,7/100 000 (zweiter Wert Teilschuld, bis
1999, USA, Krankenhaus unspezifisch)
5,5/100 000 (bis 1999, USA, nur ein Institut)
0,4/100 000 (bis 1997, Holland, allgemein, reduziert auf
Patienten ohne extra Risiko)

Mit der Statistik ist es so eine Sache. Im Grunde gibt es keine Zahlen die auf den Individualisierungsbedarf Rücksicht nehmen, sondern nur eine rein rechnerische.
Mit beiden kann man also keine Rückschlüsse auf sein persönliches Narkoserisiko herleiten.

Wunderbar erklärt es hier Schüttler aus Erlangen (ab ca. 20:20)
http://www.br.de/fernsehen/br-alpha/programmkalender…

Also irgendwo unter 0,005% ohne das man dazu in der Charité
liegen muß. Aber natürlich immer noch ein ernstzunehmender
Faktor.

Aus diesem Grund kann man Kliniken statistisch auch nur schlecht vergleichen. Alleine schon die Tatsache das eine Klinik Schwerpunktkrankenhaus (Unfall) ist mit entsprechenden Fachabteilungen und eine Andere nicht, verzerrt einen realen Vergleich.

Grüße,
.L

Grüße
rolli