Nirvana

Hallo!
SAgt mal, kann mir jemand was über „Nirvana“ erzählen? Ich mein natürlich nicht die Grunger um Kurt Cobain, sondern die „Art Himmel“. Es hat, glaub ich, was mit Buddismus zu tun, oder?
Ich wüsste gern mehr drüber…

Lisa

Hallo Lisa,
der Begriff ‚nirvana‘ (sanskrit, in pali ‚nibbana‘) leitet sich von nir-va, sanskrit für ‚verwehen, verlöschen‘ ab. Es ist ein zentraler buddhistischer Begriff, das ‚Heilsziel‘ dieser Lehre. Mit einem ‚Himmel‘ oder ‚Paradies‘, den Heilszielen theistischer Religionen, hat es allerdings nichts gemein. Solche Konzepte sind zwar auch im Buddhismus bekannt, sie spielen aber nur in manchen Schulen (z.B. beim Amida-Buddhismus) eine gewisse Rolle als ‚Zwischenziel‘.

Nirvana entzieht sich jeder positiven Beschreibung, es ist allenfalls negativ als das Ende der empirischen Welt und ihrer Bedingungen zu fassen. Diese empirische Welt, ‚samsara‘, ist durch drei Daseinsmerkmale gekennzeichnet. Sie ist unbeständig (in stetigem Wandel begriffen). Alle ihre Elemente, auch das sog. ‚Ich‘, sind ohne Wesensnatur (d.h. nicht für sich, unbedingt, bestehend). Die Erfahrung samsarischer Existenz ist leidhaft. Letzteres Merkmal hängt mit den ersten beiden zusammen - die Leidhaftigkeit ergibt sich aus der Unbeständigkeit; am eigenen Leibe z.B. als Alter, Krankheit und Tod erfahren (um nur die absolut unausweichlichen leidhaften Aspekte der Existenz zu nennen). Außerdem ergibt sie sich aus einer fundamentalen Fehlwahrnehmung, nämlich aus der Illusion eines ‚Ich‘, das von sich getrennte Dinge wahrnimmt und auf sie mit dem Wunsch nach Besitz oder mit Ablehnung reagiert. In klassischer Diktion mit ‚Gier‘ und ‚Hass‘, in tiefenpsychologischer Diktion mit ‚Lust‘ und ‚Unlust‘. Gier und Hass sowie ihre Wurzelursache, Unwissenheit / Verblendung (die o.g. ‚Fehlwahrnehmung‘) sind somit die Gründe für die leidhafte samsarische Existenz und sorgen - da sie als wirkende Ursachen ständig weiterwirkende Folgen erzeugen - für die Aufrechterhaltung des Samsara.

Erlöschen die Ursachen, erlischt auch die Wirkung. Dies ist das ‚Erlöschen‘, das mit ‚nirvana‘ gemeint ist. Die Wurzelursache, Verblendung, erlischt durch ‚Erkenntnis‘, durch Einsicht in die wahre Natur des Seins. Diese Einsicht ist keine Verstandeserkenntnis sondern ein Erwachen zur Wirlichkeit, eine unmittelbare ganzheitliche Erfahrung. Man nennt sie ‚bodhi‘, häufig als ‚Erleuchtung‘ oder treffender mit ‚Erwachen‘ übersetzt.

Der ‚Erwachte‘ (und nichts Anderes bedeutet ‚Buddha‘) hat Gier, Hass und Verblendung überwunden und damit ist sein ‚Daseinsdurst‘ nach fortgesetzter Existenz versiegt, er hat alles Leiden überwunden. Er erfährt nicht nur nirvana, das notdürftig mit Begriffen wie Friede, das Ungewordene, das Ungestaltete, das Unbedingte, Todlosigkeit usw. beschrieben wird, er ist all dies. Die Faktoren, deren Zusammenwirken das ausmacht, was als seine ‚Person‘ wahrgenommen wird, kommen ihm nur noch akzidentiell zu, sie gehören ihm nicht mehr wesenshaft an. Dies wird als klesha-nirvana (etwa: Freiheit von Befleckungen / Trübungen) oder als sopadishesha-nirvana bezeichnet. Mit dem Vergehen der psycho-physischen Komponenten der Person tritt dann das endgültige Verlöschen ein, das parinirvana oder nirupadhishesha-nirvana. Für diese beiden Arten von nirvana, das ‚vortodliche‘ und das ‚nachtodliche‘, gibt es auch die Bezeichnungen apratishthita-nirvana und pratishthita-nirvana, ‚nicht-fixiertes‘ und ‚vollendetes‘ nirvana.

Wie oben (mit Begriffen wie das Ungewordene, das Ungestaltete, das Unbedingte) schon angedeutet, ist ‚nirvana‘ nicht in nihilistischem Sinne, als ‚Nichts‘, zu verstehen. Es entzieht sich lediglich - wie schon erwähnt - jeglicher konventioneller Ausdeutung.

„Es gibt, ihr Mönche, ein Ungeborenes, Ungewordenes, Nichtgemachtes, ein nicht durch schaffende Tätigkeit Hervorgebrachtes. Wenn es dieses nicht gäbe, so wäre hier ein Entrinnen aus dem Geborenen, Gewordenen, Gemachten, durch schaffende Tätigkeit Hervorgebrachten nicht zu erkennen.“
(Itivuttaka 43)
"Es gibt, ihr Mönche, jenes Gebiet, in dem es weder Erde noch Wasser noch Feuer noch Luft gibt, noch das Gebiet des grenzenlosen Raumes, noch das Gebiet des grenzenlosen Bewusstseins, noch das Gebiet der Nirgendetwasheit, noch das Gebiet der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung
[Buddha spricht hier über Erfahrungsbereiche, die durch meditative Versenkung erreichbar sind, die sog. dhyanas, pali jhanas] nicht diese Welt noch eine andere Welt, nicht beides, Mond und Sonne. Dieses nenne ich weder Kommen noch Gehen noch Bestehen noch Verschwinden noch Entstehen, was nicht selber wieder auf einer Grundlage ruht, nicht im Flusse ist, keinen Untergrund hat: eben das, eben dieses ist das Ende des Leidens."
(Udana 8,1)

Freundliche Grüße,
Ralf

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Wenn man mal von der spezifischen Bedeutung die es im Bhuddismus hat absieht, kann man es allgemein für die Befreiung vom EGO nehmen. Diese ist im Prinzip gleich, egal welchen Weg man einschlägt.

mfg
rolf

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Danke, das war wirklich hilfreich! Stern von mir.

Gruß, Lisa