Noch eine Körpersprache-Frage

Hallo,

wenn ein Mensch eher unsicher ist, fasst er sich - so beschrieben- häufig ins Gesicht.
Warum?

Ist das eine Art Selbstberuhigung? bei Nägelkauen oder auf-die-Lippen-beißen leuchtet mir das ein-- aber sich zb oft die Haare aus dem Gesicht streichen oder mal kurz ins Gesicht fassen, würde ich andes einordnen.

Und damit meine Frage- warum fasst man sich ins Gesicht, wenn man eher unsicher ist?
lg kitty

Hallo,

„So beschrieben“ ist das meiner Meinung nach Küchenpsychologie (bzw. das, was Journalisten, sogenannte Wissenschaftsjournalisten, aus Studien rausziehen und in ihren Artikeln verbraten).

Grüße
Siboniwe

Hi,

Ist nicht unbedingt küchenpsychologie das sind übersprungshandlungen. Sich unsicher sein ist mit Nervosität verbunden, man überlegt. Google mal den Begriff übersprungshandlung, da findest du das warum.

Die Franzi

Hallo Franzi,

mir ging es um diese vereinfachende Form der Behauptung. Ganz sicher gibt es Anhaltspunkte, die eine solche Interpretation rechtfertigen. Aber auch hier schreit alles nach Kontext.

Grüße
Siboniwe

1 Like

Hi,

die Schwierigkeit ist, glaube ich, dass man so eine Behauptung liest, sie als schlüssig empfindet und das dann glaubt.
Aber hast du das jemals wirklich beobachtet?
Also ich habe nur selten eine entsprechende Beobachtung gemacht, bei einem Menschen den ich als nervös oder als unter Stress erkannt hätte, oder das von demjenigen wusste.
Dass sich jemand auffallend häufig ins Gesicht fasst, kenne ich nur aus der Beobachtung von Prüfungssituationen, und da auch nur wenn der Stress extrem hoch ist.
Das kräftige Wischen übers Gesicht bringt eine Entspannung der Gesichtsmuskulatur, das erleichtert vermutlich den Spannungszustand.
Vielleicht gibt es das sonst noch bei speziellen Störungen oder dass jemand die Finger an den Mund legt, wenn er nachdenkt oder die Hände vors Gesicht legt, wenn er ratlos ist, das kann ich noch nachvollziehen.
Vorstellen kann ich mir auch noch, wenn jemand sich in großer Verzweiflung mit den Händen im Gesicht herumwischt, das habe ich schon gesehen.
Vielleicht dann eine Geste des Wegwischens oder ein Reinigungsversuch.
Ich vermute, bei Nervosität versuchen Menschen den Spannungszustand oft über die Hände abfließen zu lassen, aber nicht unbedingt im Gesicht.
Ich merke z.B. gerade, dass ich mir über die Stirn gewischt habe, vielleicht um mein Hirn auf Trab zu bringen :smile:

Die Übersprungshandlung als unsinnige Ersatzhandlung ohne Symbolisierungswert ist - soweit ich jetzt weiß(?) - in der menschlichen Verhaltensforschung, nicht bestätigt.

Grüße
Heidi

wird übrigens auch im Shaolin-Qi Gong gemacht.
Eine der Grundübungen besteht darin, sich mehrmals kräftig mit den Händen von oben nach unten über das Gesicht zu wischen.
Davon kriegt man irgendwie einen klareren Kopf.

hello kitty,

das Kapitel „Gestik“ - neben Körperhaltung und Mimik - ist überaus komplex, komplexer jedenfalls, als daß man es pauschalisierend mit einem Kleinen Einmaleins einer Bedeutungsliste erschöpfend abhandeln könnte. Und Gestiken zu „lesen“ bedarf zusätzlich eines erheblichen Maßes an Übung. Das Vokabular und die Grammatik dieser „Sprache“ ist unerschöpflich. Daher ist zum Beispiel mit „sich ins Gesicht fassen“ allein noch so gut wie gar nicht „gesagt“: Es kommt drauf an, wie und wo und wie lange. Außerdem sind Gesichtsgestiken natürlich vom kulturellen und gesellschaftlichen Kontext abhängig.

Es ist dabei daran zu denken, daß die Gesichtsberührung eine der intimsten Selbstberührungen ist, nach den Lippen und der Zunge im Mund. Und dabei ist in erster Linie zu unterscheiden, ob die Geste eine unwillkürliche Reaktion ist, die ausschließlich person-immanent von Bedeutung ist. oder ob sie zugleich eine interaktive Valenz besitzt, eine Signalwirkung nach außen, speziell an das unmittelbare Gegenüber.

Zu den Letzteren zählt zum Beispiel, wenn eine Frau seitlich durch ihr Haar streicht (ähnlich wenn sie den Kopf leicht anhebt und ihr Haar schüttelt): Signal für einen emotionalen bzw. erotischen Affekt, also ganz das Gegenteil von Unsicherheit.

Zu den Ersteren gehört etwa, daß 9 von 10 Frauen (insbesondere jüngere) die flache Hand vor den Mund halten, wenn sie

  • laut lachen
  • erstaunt sind
  • verlegen sind
  • überrascht sind, oder
  • erschrocken sind.
    Ferner (nicht gender-spezifisch) mit dem Ringfinger der eingerollten Hand die Unterlippe berühren, wenn man zum Beantworten einer Frage überlegen muß.
    Ferner den Rücken des Zeigefingers unter die Nase halten („Psst, ich habe ein Geheimnis!“) , oder mit Zeigefinger und Daumen die Nasenspitze fassen, wenn man lügt (nach den Untersuchungen von Paul Ekman neben einigen mimischen Signalen eine eindeutige Geste).
    Ferner mit dem Zeigefinger an die seitliche Stirn tippen bei der Exklamation „Ach, das hab ich ja ganz vergessen!

Einigermaßen eindeutige Zeichen von Verunsicherung gibt es nach meiner Erfahrung unter den Gesichtsberührungen nur wenige. Das eindeutigste ist der Griff zum Ohrläppchen mit Daumen und Rücken des Zeigefingers. Möglich sind dafür sind aber auch, wenn überhaupt, Kinnberührungen: Die Finger der flachen Hand seitlich an den Unterkiefer, oder diesen mit Daumen und Zeigefinger fassen. Viel deutlicher sind aber Mimiken und Gestiken:

Für situative Verunsicherung:

  • den Blick seitlich nach unten wenden
  • die Lippen zusammenkneifen
  • den Mund seitlich verziehen

Für generelle Unsicherheit bzw. Verlegenheit, die mehr in der Persönlichkeitskontur verankert ist:

  • beim Sprechen mit Händen und Unterarmen symmetrisch gestikulieren
  • die gespreizten Hände an den Fingerkuppen zusammenlegen
    und natürlich
  • die berühmte Merkel-Raute

Das von dir erwähnte Haar (wenn es lang genug ist) aus dem Gesicht streichen ist nicht eindeutig Zeichen von Unsicherheit. Allerdings, wenn eine Frau verlegen ist, wird es eher passieren. Und wenn, dann jedenfalls nur, wenn es mit einer Hand passiert. Aber umgekehrt dürfte die Schlußfolgerung nicht zulässig sein. Normalerweise hat das nämlich eine andere Valenz („Gesicht zeigen“ und „Hallo, hier bin ich! Schaut mich an!“), die noch deutlicher ist, wenn es parallel mit beiden Händen gemacht wird. Man findet es daher durchgängig bei Frauen, bei denen „Gesicht zeigen“ im Vordergrund ihrer Präsenz steht: Models und Filmschauspielerinnen (und solche, die es gerne wären). Julia Shaw („Das trügerische Gedächtnis - Wie unser Gehirn Erinnerungen fälscht“) macht es auch, aber extrem selten, und die ist nun wahrhaftig alles andere als unsicher. Daher ist es bei ihr gerade sehr auffällig, daß sie es demonstrativ nicht tut. Sie demonstriert, daß sie sich nicht nur ihrer Sache, sondern auch ihrer selbst sehr sicher ist.

Falls es aber manchmal eine Begleiterscheinung von Verlegenheit ist, scheint es mir eine indirekte Signatur zu sein, nämlich gerade die Abwehr von Unsicherheit: Die naheliegendste Signatur wäre ja gerade, das Gesicht unter dem Haar zu verbergen (wie man es in extremer Form bei Nastassja Kinski beobachten kann, die es btw. zugleich (!) auch wieder wegstreicht). Die Signatur wäre demnach: „Nein, ich zeige meine Verlegenheit nicht!“

Gruß
Metapher

Dass das man nicht pauschal beantworten kann, wurde schon mehrfach mitgeteilt.

Ein (von vielen) Zusammenhang ist, dass eine bestimmte Art von unsicheren Menschen den Blick des Gegenübers (bzw. bestimmter Typen von Gegenüber) nicht sehr gern erträgt, zugleich aber auch nicht direkt vermeiden ‚muss‘ (was Gesprächskonventionen zuwider liefe).
Da sind dann Formen von „sich ins Gesicht fassen“ Möglichkeiten, das ein bißchen zu kontrollieren und zwar so, dass es weniger auffallend ist wie das Senken des Kopfs oder dergleichen. Z.B. kann ich mich öfter an der Nasenspitze kratzen und dabei kurzzeitig dem Blick des Anderen ausweichen ohne dass mich das gleich als „Blickverweigerer“ entlarvt.

Ich meine das nicht als bewusste überlegte Strategie, sondern als im Leben erlernte Kompromisslösungen, die automatisch ablaufen und kaum bewusst sind. M.E. ist das weder als Übersprungshandlung zu verstehen noch ist partout ein symbolischer, körpersprachen-zeichenhafter Gehalt dahinter zu erkennen.

Gruß
F.

Und wenn?
Was hat das jetzt für eine Auswirkung? Welche Aussage möchtest du damit machen?

Offenbar KANN man diese Frage beantworten, wie wir bei Metapher lesen können :wink:

Hallo,

ich verstehe die Aggression deines Posts nicht (auch das zwinkernde Smiley reißt es nicht raus).

Metapher hatte Zeit und Lust auf die Behauptung einzugehen. Dass er das sehr eloquent und vor allem fachlich fundiert hat, überrascht mich nicht- es ist schließlich sein Fachgebiet. Meine Einschätzung der von dir zitierten Behauptungen widersprechen sich allerdings nirgends mit seinen Ausführungen. So plakativ hat die These „wer sich ins Gesicht langt, ist unsicher“ keine Aussagekraft. Aber genau solche extrem verkürzten oder auf Details reduzierte Aussagen werden immer wieder in den Medien plattgetreten, die sich dann auch noch den Anstrich von Wissenschaftlichkeit geben wollen. Von Informationsgehalt entsprechen sie den Pychotests (sic!) in Frauenzeitschriften.

Warum du aber meinst, mich für diese Einschätzung angreifen zu müssen, verstehe ich nicht. Wahrscheinlich stehen dahinter Tendenzen von Marxismus, das Bedürfnis jedes kritische Wort als Angriff auf die eigene Person zu werten (und du siehst sicher, was ich da gerade gemacht habe).

Siboniwe

Nun- ich habe das keinesfalls aggressiv gemeint- wie immer hat man auf das, was verstanden wird, keinen endgültigen Einfluss.

Es war durchaus ernsthaft gemeint, was ist WENN man eine Frage stellt, die ein anderer als Küchenpsychologie definiert?
Deine Antwort bestand nur aus aus dieser These- es war keine Antwort auf meine Frage und damit kann man sich wiederum fragen, warum du dazu überhaupt schreibst!?

Ich frage deshalb nach, weil meine Frage doch durchaus verstanden wurde- siehe Antwort Metapher. Es brauchte also keine wissenschaftliche belegte Psychlogie- Frage, um eine Erklärung zu bekommen!
Deine Aussage, ich hätte hier was „behauptet“- ist auch so eine nette Definitionssache…ich hab doch lediglich was gefragt! und mich keinesfalls hingestellt und „behauptet“!

Ich stolpere deshalb darüber, weil ich hier im Forum immer wieder über diese Art von Antworten gestolpert bin- Antworten, die keine Antwort darstellen, die aber die Frage in Frage stellen- nur weil sie offensichtlich nicht perfekt fundiert gestellt wurde. Übrigens bei allen möglichen usern.
Und ich will nicht in Abrede stellen, dass so manche Frage, die man stellt- für einen Profi zu ungenau und dadurch zu wenig beantwortbar wird - aber dann kann man genau DAS schreiben.

Ich bin der Meinung, das ist ein Forum für jedermann und so können und dürfen auch die Fragen wenig profihaft sein.

keinesfalls aggressiv- sondern nur hinterfragend
lg kitty

Hallo,

Ich habe nicht deine Frage als Küchenpsychologie definiert.
Ich habe die Verallgemeinerung von anfang an als Küchenpsychologie bezeichnet und darauf hingewiesen, dass dies eben so nicht der Fall ist.
Du hast nicht gefragt: Warum fasst man sich ins Gesicht?", sondern gefragt: „Warum fasst man sich ins Gesicht, wenn man eher unsicher ist?“
Siehst du den Unterschied in der Fragestellung und warum ich deswegen meine Antwort so formuliert habe? Deine Frage war nicht ergebnisoffen, sondern ging von vorneherein davon aus, dass die Gründe für sich ins Gesichtfassen immer auf Unsicherheit basieren.
Im besten Falle - und bei dir offensichtlich absolut gescheitert und auch im nachsetzenden Erklären ohne Erfolg - wird damit eine Behauptung (die du zitiert hast) kritisch beleuchtet.
Das hat mit profihaft oder nicht nichts zu tun.
Tumiart schrieb: „die Schwierigkeit ist, glaube ich, dass man so eine Behauptung liest, sie als schlüssig empfindet und das dann glaubt“ und genau darauf habe ich reagiert.

Grüße
Siboniwe