Hallo Helena,
der Amerikaner ist der Weihnachtsmann in den Farben von Coca-Cola. Ohne diese Corporate Identity gibts ihn schon seit dem 16. Jahrhundert. Parallel übrigens: Auch Haloween gibts als irisches Allerheiligen-Vorabend-Fest schon einige hundert Jahre länger (eigentlich vorchristlich, wie Weihnachten zur Wintersonnwende auch) - erst die Umformung im Sinn möglichst hohen Konsums von Süßigkeiten ist made in USA.
Der ältere deutsche Weihnachtsmann ist eine Vermischung des - schon vorchristlichen - Beschenkens zu den Saturnalien mit dem Hl. Nikolaus. Knapp aber prägnant dazu der Westdeutsche Rundfunk:
http://www.wdr.de/themen/freizeit/brauchtum/weihnach…
Diese Vermischung ist durch die „Entwertung“ des Nikolaus zusammen mit den anderen Heiligen eine deutsch-protestantische Angelegenheit. Das Beschenken von Kindern ist in der Legende vom St. Nikolaus die Geschichte, wo dieser ein paar arme, aber fromme Mädchen heiratsfähig gemacht hat, indem er ihnen heimlich einiges Gold für die Mitgift zum Fenster hineingeworfen hat. Auf Protestantisch kann man dem Heiligen einen so bedeutenden Job nicht lassen. Nun ist ein neugeborener Säugling trotz aller Wundertätigkeit kaum mit einem großen Sack voller DVD-Player, Digitalkameras, Krawatten, Märklineisenbahnen und Espressomaschinen vorstellbar, da muss schon ein robusteres Mannsbild her. Und so durfte der kurios unreligiös umgebaute Quasi-Nikolaus zu Weihnachten halt überleben.
Aus benachbartem orthodoxen Kulturkreis ist mir bekannt, dass die Bescherung als Erinnerung an die Geschenke der Drei Könige anlässlich ihres Besuches an der Krippe pünktlich zu dem Zeitpunkt, zu dem die Mutter nicht mehr unrein war, noch lange Zeit zu Epiphanias stattgefunden hat und erst in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts mit dem mitteleuropäischen Weihnachtstermin zusammengelegt wurde. Dort (in der Gegend des Eisernen Tors) übrigens noch mehr Brauchtum, welches volkstümliche Parallelen zum Weihnachtsevangelium herstellt: Etwa die, dass in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember niemand im Stall sein darf, weil die Tiere zur Erinnerung an ihre Anwesenheit im Stall zu Bethlehem in dieser Nacht sprechen können und einander von der Geburt Christi erzählen, und dabei nicht belauscht werden dürfen… - Aber das wird endgültig zu weitschweifig.
Persönliche Erinnerung von mir übrigens, dass von meinen ziemlich stur evangelisch erzogenen Eltern der Weihnachtsmann als heidnisches Gräuel abgelehnt wurde, und dass die wundersame Bescherung durch das neugeborene Kind immer hinter geschlossenen Türen stattgefunden hat: Das mit seinem Werk fertig gewordene „Christkind“ hat dann jeweils durch Läuten einer kleinen Glocke angekündigt, dass es jetzt gleich weg ist und man die Tür aufmachen darf.
Schöne Grüße
MM