Nord-Süd-Konflikte

Hallochen,

ich möchte den geliebten Dauerbrenner mal wieder aufwärmen, nachdem ich den heutigen Duden-Newsletter konsumiert habe (ich hoffe, den kennt nicht schon jeder):

"Essen Sie im Winter für gewöhnlich lieber Apfelsinen oder
Orangen? Gibt es bei Ihnen zu Hause eher Krautwickel oder
Kohlrouladen? Zu Hause? Daheim? Und wann, samstags oder
sonnabends? Vom Schlachter, vom Metzger oder etwa vom
Fleischer? - Der Standardsprache gehören eine ganze Reihe
von Wörtern an, die eigentlich an bestimmte Mundartgebiete
gebunden sind und deshalb auch nur regional gebraucht werden.
Besonders prägnant ist dabei der Unterschied zwischen dem
nördlichen und dem südlichen Sprachraum. Die Grenze zwischen
diesen beiden Gebieten ist allerdings fließend, und es gibt
Regionen, in denen sich beide Formen im Sprachgebrauch mischen.
Wenn Sie „Apfelsinen“ essen und „Kohlrouladen“ kennen, wenn
Sie beim „Schlachter“ oder „Fleischer“ einkaufen und der
sechste Tag der Woche bei Ihnen „Sonnabend“ heißt, dann
sind Sie - zumindest in sprachlicher Hinsicht - im Norden
„zu Hause“. Im umgekehrten Fall sind Sie im Süden „daheim“.
Viele verschiedene Formen gibt es bei einer in den letzten
Wochen sehr gefragten Tätigkeit: dem Beseitigen von Schnee.
Im Norden wird Schnee „geschoben“ oder „gefegt“, im Westen
wie im Osten wird er eher „geschippt“. Im Südosten wird er
vorwiegend „gefegt“ und im Süden, der Schweiz und Österreich
„schaufelt“ man ihn meistenteils.
Haben Sie sich nicht dem Norden oder Süden zurechnen können?
In diesem Fall gehören Sie zu der immer größer werdenden
Gruppe derjenigen, bei denen sich im Zuge des verstärkten
Sprachausgleichs die Formen mischen oder jeweils beide Formen
nebeneinander zum persönlichen Wortschatz gehören.

Schon Martin Luther hat sich im 16. Jahrhundert bemüht, seine
Bibelübersetzungen in einer Sprache zu schreiben, die im
ganzen deutschen Sprachraum verstanden wurde. Dieses Streben
nach einem Sprachausgleich ist in den letzten Jahrzehnten auch in
unserer Gegenwartssprache stärker geworden. Rundfunk,
Fernsehen und Presse wirken mit ihrem überregionalen
Wortgebrauch stark auf die regionalen Umgangssprachen ein.
Besonders die Werbesprache, die ja möglichst viele Menschen
ansprechen und zum Kauf bewegen will, muss allgemein
verständlich sein. So bietet ein großes Versandhaus in
Hamburg einen „Teppichkehrer“ an, der im nördlichen
Sprachraum eigentlich „Teppichfeger“ heißen müsste. Wer
an der Nordsee Urlaub macht und sich dort eine Tageszeitung
kauft, liest in einem Artikel auch schon einmal die
Tagesbezeichnung „Samstag“ statt des im Norden üblichen
„Sonnabend“. Der im Süd- und Mitteldeutschen übliche
Wochentagsname rückt langsam nordwärts vor. Die nord-
und mitteldeutschen Ausdrücke „ab- und aufwaschen“ für
„Geschirr spülen“ werden aufgrund der Benennungen für
moderne Spülvorrichtungen („Geschirrspüler“, „Spülbecken“,
„Spüle“, „Spülautomat“) allmählich von „spülen“ verdrängt
und bekommen dadurch umgangssprachlichen Charakter. Zu
diesem Ausgleich innerhalb der Regionalsprachen hat nicht
zuletzt die große Bevölkerungsumschichtung innerhalb des
deutschen Sprachraumes nach 1945 beigetragen."

Mitgekriegt? Die Dudenredaktion spricht von „Standardsprache“, der sie all die oben genannten Ausdrücke zuordnet, nicht von „Dialekt“.

Viele Grüße
Susi

Hallo Susi!

Nicht zu vergessen, welch „edlen“ Beitrag zur Sprachnivellierung das Fernsehen leistet.
„Der Alte“ spielt in München, spricht aber wesentlich nördlicher.
Der „Bulle von Tölz“ kriegt eine Berlinerin zur Seite gestellt. (Za woos???)
Kommissar Rex hat dafür gesorgt, daß jetzt auch die „Piefke“ wissen, was eine „Wuaschtsemml“ ist.

Aber natürlich ist „Schneeschaufln“ nicht Mundart. Ich verwende auch hartnäckig „Tunell“, und der Duden kennt das auch.

Ein HOCH auf die Vielfalt - nieder mit der Einfalt!
Barney

Hallo!

„Der Alte“ spielt in München, spricht aber wesentlich
nördlicher.

… und so’n berlinernden Dortmunder wie Schimmi wird’s wohl auch nicht so schnell wieder geben…

Dann haben wir ja alle Himmelsrichtungen dabei. :smile:

Gruß aus dem Norden,
Stefan

Hallo Stefan,
Hallo Stefan,

„Der Alte“ spielt in München, spricht aber wesentlich
nördlicher.

… und so’n berlinernden Dortmunder wie Schimmi wird’s wohl
auch nicht so schnell wieder geben…

Dann haben wir ja alle Himmelsrichtungen dabei. :smile:

Wie geht dir das eigentlich mit O-Ton Süd im Fernsehen? Ich wundere mich schon manchmal, wenn so Sendungen wie „Der Bulle von Tölz“ kommen, dass es davon so viele gibt, wo den doch bestimmt nicht allzu viele Leute jenseits der Donau verstehen können? Mal abgesehen von Ohnsorgtheater selig gab es doch von anderen Dialekten immer nur wesentlich gemäßigtere Fassungen im gesamtdeutschen Programm, oder irre ich mich da? Ich weiß nicht, ob ich mit besonderem Interesse einen Krimi verfolgen könnte, in dem so ein ausgeprägtes Kölsch gepflegt wird wie z.B. in den Liedern von BAP.

Grüße
Susi

Hallo Susi!

Wie geht dir das eigentlich mit O-Ton Süd im Fernsehen?

Sagen wir mal, ich akzeptier’s :wink: Ist ja nicht so, als wäre es eine unverständliche Fremdsprache, oder so. Aber mensch muss wohl schon irgendwie darin aufgewachsen sein, um es schön zu finden, gerade bei Dingen wie „i biin gstohndn“ oder einigen anderen Lokalattacken auf das gute Gehör pack ich mir immer noch regelmäßig an den Kopp - Toleranz in allen Ehren :wink:. Für mich geht jedenfalls nix üba ne schöine staiffe Briese (nicht nur sprachlich gesehen…)

Ich
wundere mich schon manchmal, wenn so Sendungen wie „Der Bulle
von Tölz“ kommen, dass es davon so viele gibt, wo den doch
bestimmt nicht allzu viele Leute jenseits der Donau verstehen
können?

Warum denn nicht? Ich sage immer: es gibt nichts, was mich mehr zu einem Deutschen werden lässt, als sprachliche und kulturelle Vielfalt. Und das lässt sich dann auch vorzüglich auf Europa übertragen…

Zugegebenermaßen bin ich aber vielleicht auch nicht repräsentativ, da meine Eltern aus West- und Mitteldeutschland kommen und ich nördlich von Hannover aufgewachsen bin, da bin ich einfach vieles schon von Haus aus gewöhnt. Bei uns gab’s dann z.B. immer die in besagtem Raum sehr untypische Omma, die mit Vatti über das Ullige sprach…

Gibt es überhaupt Menschen in Deutschland, die ihre gegenseitigen Dialekte überhaupt nicht verstehen? (ernstgemeinte Frage!) Manchmal komm ich ja schon noch ins Schlingern, aber wenn ich mich ein bisschen konzentriere, dann versteh ich bis auf einige echte Regionalismen eigentlich trotzdem alles…

Mal abgesehen von Ohnsorgtheater selig gab es doch von
anderen Dialekten immer nur wesentlich gemäßigtere Fassungen
im gesamtdeutschen Programm, oder irre ich mich da?

Ich denke nicht. Zwar gibt es in den dritten Programmen (N3) von Zeit zu Zeit mal mehr oder weniger platte Sendungen („We talk op Platt“ oder auch plattdeutsches Theater), aber die meisten dieser Lokalkulturaktivitäten sind in meiner Generation nicht wirklich gern gesehen (wie die ganze süddeutsche Sauf- und Schunkel-Sch… ja auch, das Mutantenstadl lässt grüßen!)

Glaubt eigentlich in M noch ernsthaft irgend jemand an einen kulturellen Sinn des Oktoberfestes?

Ach ja, und letztens hat mir wer erzählt, dass Großstoiberchen zu Aschermittwoch eine 3-stündige Rede gehalten hat. Dafür an dieser Stelle nochmal mein herzliches Beileid.

Ich weiß
nicht, ob ich mit besonderem Interesse einen Krimi verfolgen
könnte, in dem so ein ausgeprägtes Kölsch gepflegt wird wie
z.B. in den Liedern von BAP.

Ich fänd das total klasse, glaube ich. Großstadtkölsch passt doch irgendwie zu einem Krimi (wie Pottdeutsch und Berlinerisch ja auch). Kennst du eigentlich das „Großstadtrevier“? Spielt in HH, auch wenn der Dialekt leider sehr zurückgedrängt ist. Ist zwar nicht der große Hammer, aber auch davon gab es gute Folgen.

Und unseren „leicht“ lisspelnden Bundesschröder kennst du ja. Wenn schon nix anderes, so hat er wenigstens das Mittelniedersächsisch ein bisschen hoffähig gemacht - auch was wert…

Auch hab ich z.B. in den letzten zwei Jahren angefangen, meine Asterix-Sammlung um mundartliche Übersetzungen zu ergänzen. Manche davon sind dermaßen gut geschrieben, dass ich sie sogar den Originalen vorziehe - und das will schon was heißen, die französischen sind nämlich i.A. um Längen besser als die teilweise recht dummdeutschen Üen. Der münchner ist dabei aber eher nicht die Krone der Schöpfung - auch, wenn die Römer netterweise (und „naturgemäß“) preißisch sprechen :wink:

Besonders klasse sind die ruhrdeutschen, finde ich, die strotzen nur so von Übersetzungefreude.

Na ja, Dialekt ist, was mensch draus macht!

Du wirst es gemerkt haben: Ich finde Dialekte und Regionalsprachen absolut klasse und super interessant - und manchmal auch echt einen Spaß wert.

Also: schützt die deutschen Sprachen! Die sind die gutesten!

In diesem Sinne…

Lieben Gruß,
Stefan :smile:

PS: Nur meine zwei Zennt…

Gibt es überhaupt Menschen in Deutschland, die ihre
gegenseitigen Dialekte überhaupt nicht verstehen?
(ernstgemeinte Frage!) Manchmal komm ich ja schon noch ins
Schlingern, aber wenn ich mich ein bisschen konzentriere, dann
versteh ich bis auf einige echte Regionalismen eigentlich
trotzdem alles…

Wenn sie wirklich richtigen Dialekt sprechen, dann denke ich schon, daß man da verständnilos daneben stehen kann, ohne wirklich folgen zu können. Ich bin recht weit nördlich aufgewachsen, allerdings mit einer Mutter, die ein einwandfreies Hochdeutsch sprach, echtes Platt habe ich nur mit Mühe und Not verstanden, meine Großeltern sprachen mit uns nur eine ‚abgemilderte‘ Form, aber auch da mußte ich häufiger nachfragen.
Jetzt lebe ich seit über 15 Jahren im sächsischen Sprachraum, habe aber keine sächsische Verwandtschaft, wo ich mich genauer ‚einhören‘ könnte. Wenn zwei ältere Damen im Treppenhaus ihren Klatsch und Tratsch austauschen, kann ich noch so sehr an der Türe lauschen , ich verstehe nix!
Ich denke ebenso geht es einem in Schwaben oder Hessen. Nur daß die meisten Leute heutzutage ja Hochdeutsch reden und der Dialekt nur noch eingefärbt ist, meine Kollegen reden jedenfalls alle kein richtiges Sächsisch, so daß ich keine Dolmetscher benötige.

Gruß Heike

Hallo Susi!
Ja das mit den Apfelsinen, Pampelmusen (was ist das gleich wieder?) macht mich manchmal auch ganz konfus.
Ich bin Österreicherin, wenn ich mir ein Kochbuch kaufe, dann brauche ich meistens gleich das Wörterbuch dazu.
Da sind wirklich die urkomischsten Ausdrücke ( wenn es aus der BRD kommt) drinnen.

Quark
Sahnetorte–da weiß ich nie was ist gemeint, Schlagobers, süße/Saure Sahne
Apfelsinen–also da schaue ich immer nach
Paniermehl

also ich könnte jetzt wirklich ellenlang schreiben.

Ich wollte damit nur sagen, ich habe totale Schwierigkeiten mit deutschen Rezept-Kochbüchern.

ein lieber Gruß
s`zwergerl

Aber weißt du, was mich aber am meisten ärgert? Wir „verenglischen“ (ha, DAS ist ein Wort!!)

Es gibt keine Veranstaltung–es gibt events
keine Höhepunkte ----highlights
keine Lieder—songs

usw usw

Ja, dazu haben wir doch die Liste mit den „regionalen Bezeichnungen“ ganz unten als FAQ.
Gruß Fritz

Ja, dazu haben wir doch die Liste mit den „regionalen
Bezeichnungen“ ganz unten als FAQ.
Gruß Fritz

t´schuldigung
war schon lange nicht mehr bei euch

s´Zwergerl