Salve!
schwenken einige Kollegen um und reden von 3,45 oder 2,25
etc.
Wie diese Ergebnisse zustande kommen, ist mir klar, jedoch
deren Beurteilung nicht.
Inwiefern heutzutage im Lehramtsstudium „Bewertung und Zensierung“ als Thema überhaupt vorkommt weiß ich nicht, aber meine Tochter ist der Ausbildung nach Grundschullehrerin und sie sagte mir mal das Folgende:
Wir kennen die Zensuren 1, 2, 3, 4, 5, 6 (die 6 gab es bei uns bis 1993 jedoch nicht). Dabei handelt es sich um Abkürzungen für Elemente einer Menge, die „ordinales Meßniveau“ aufweist, d.h. es handelt sich eben nicht um Zahlen, die man arithmetisch vergewaltigen kann. Irgendwelche Kommazahlen auszurechnen, ist demzufolge gar nicht erklärt.
Paradoxerweise ziehen das immer die Mathelehrer mit größter Schärfe durch, d.h. die, die es eigentlich besser wissen müßten.
Als Beispiel nannte sie: Ein Schüler „steht 1,9“ (was immer das sein mag!), der Lehrer erteilt eine 1 auf dem Jahresendzeugnis. Dies ist ohne Probleme möglich, weil der Lehrer eine pädagogische Einschätzung des Schülers vornimmt, weil es die Freiheit des Lehrers ist, zu bestimmen, wie mehrere Zensuren nebeneinander evaluiert werden, und weil eben der Dezimalbruch „1,9“ in diesem Zusammenhang nicht existiert.
Als sie mir das Beispiel erzählte, fühlte ich mich in meine Schulzeit zurückversetzt, z.B. in das Fach Astronomie in der 12. Klasse. Dort wurde mir von der Lehrerin im Frühjahr 1966 bei einem rechnerischen Stand von 1,2 die Jahresendzensur 2 erteilt, wodurch ich mich im Juni 66 in einer 5. mündlichen Prüfung wiederfinden würde, denn es sollte mir Gelegenheit gegeben werden, die Vorzensur mit Hilfe einer Prüfungsleistung auf 1 zu heben. Die Details dieser Sonderregelung spielen hier keine Rolle; ich will nicht abschweifen.
Jedenfalls: Auf meine empörte Nachfrage, wie ich bei 1,2 eine 2 kriegen kann, erwiderte die Lehrerein sinngemäß genau das obige Argument. „Die 1,2 existiert überhaupt nicht. Ich sehe alle Zensuren nebeneinander, gewisse Leistungen fallen stärker ins Gewicht als andere, Ihr mittleres Leistungsniveau in diesem Fach muß berücksichtigt werden, Ihr generelles Leistungsniveau in der Klasse fließt ein, und bei Ihrem sechsmonatigen Sternbeobachtungsprojekt erhielten Sie nur eine 2, wie auch in der Klassenarbeit im Januar. Ihre Leistungen in den schriftlichen und mündlichen Leistungs- und Kurzkontrollen, die stets 1 waren, sind diesbezüglich relativ. Nicht tragisch, Sie haben ja die mündliche Abiturprüfung, um die 1 einzusacken.“
Generell habe ich nie über solche Details nachgedacht, im Rückblick zensierten aber die meisten meiner Lehrer so oder zumindest ähnlich. Mein Chemie-Lehrer in der 7. und 8. Klasse z.B. ließ bei ungefähr 20 schriftlichen und mündlichen Leistungsbewertungen, die ein Schüler über das Schuljahr erhielt, desöfteren einfach ein oder zwei schlechte Zensuren entfallen, wenn er der Meinung war, der Schüler habe eine „waschechte Freilandgurke“ fabriziert, einen monumentalen Aussetzer quasi, der dem generellen mittleren Leistungsniveau widersprach.
„Ein schlechter Tag ist verzeihbar.“
Ich bekam auf diese Weise in der 8. Klasse 2x 5 gestrichen. (Merke: Niemals alte Schulsachen wegschmeißen, vor allem nicht Hausaufgabenhefte, wo die Lehrer epische Einträge hinterlassen, die 30 oder 40 Jahre später beim Klassentreffer tollstes Gelächter verursachen…).
Niemand wäre damals auf die Idee gekommen, solche Bewertungsmethoden zu hinterfragen oder zu kritisieren, erst recht nicht die Eltern, denn obschon unsere Lehrer beinharte Viecher gewesen sind, sind sie auch immer maximal freundlich und fair gewesen – und offensiv-transparent.
Es existierten klare, strenge Regeln, preußische Zuicht und Ordnung, wie sich das eben gehört, und wir alle waren vorher im Bilde und bekamen Gelegenheit, Einwände sowie Fragen rechtzeitig vorzubringen (Elternabende, Dokumente die die Lehrer fleißig verteilten).
Hinterher in die Schule einzurücken wie die Wehrmacht in Polen, bloß weil einem plötzlich einfällt, daß einem diese oder jene Zensurenvergabe nicht paßt, gab es nicht. Die Eltern unterschrieben für die Kenntnisnahme dieser Regelungen jedes Jahr am Schuljahresanfang (im Hausaufgabenheft, beim Elternabend, ggf. in der Lehrersprechstunde).
Man spricht, bspw. von 2,73 und das ist dann noch eine 2 (Bsp.
ausgedacht).
Ab wann ist eine Note eine gute 2, eine mittlere 2 und eine
schlechte 2.
Deine Kollegen sollten sich lieber fragen:
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Wie konnten die das Lehramtsstudium bestehen ohne grundlegende Mathematik- und Statistikkenntnisse? (Ordinalskala unbekannt!?) Daß ich das nicht zu unterscheiden wußte, und mich meine Tochter belehren mußte, ist eine Sache. Ich bin allerdings auch kein Lehrer. Lehrer sollten die Grundlagen ihrer Arbeit beherrschen, wie das von anderen Arbeitnehmern ebenfalls erwartet werden kann, oder nicht?
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Was soll dieser pädagogische Unfug eigentlich überhaupt?
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Wie werden diese pädagogischen Pappnasen reagieren, wenn die ersten Hubschraubereltern mit dem Taschenrechner angeschissen kommen, und dem mit blödsinnigen Dezimalzahlen jonglierenden Lehrer einen Schluck seiner eigenen Medizin verabreichen?
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Ist es nicht im Interesse dieser Lehrer, sich ihre Freiheiten taktisch zu bewahren und demzufolge übergenaue Leistungsbewertungen auf Grund deren verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Angreifbarkeit heuzutage zu vermeiden???
Lehrer zu sein ist eben kein Lottospielen: Reich wird niemand, der Rechtsweg ist eben nicht ausgeschlossen, und alle Angaben sind gefälligst mit Gewähr! (Heutzutage auch mal mit Gewehr.)
Zum Abschluß noch ein Kommentar von Carl Friedrich Gauß über Deine Kollegen:
"Der Mangel an mathematischer Bildung gibt sich durch nichts so auffallend zu erkennen wie durch maßlose Schärfe im Zahlenrechnen."
Tschö
reinerlein