Tach,
Angenommen, sie hätten es doch alles gewusst, wären sie sicher
nicht noch über eine Stadt geflogen sondern vermutlich übers
naheliegende Meer.
Ist natürlich Spekulation… Wenn man sicher WEISS, dass es zum Absturz kommt und trotz der vermutlichen Schockstarre/Panik/Todesangst noch eine heldenhafte Handlung abliefern kann, wird man wohl dahin zu steuern versuchen, wo man keine Dritten gefährdet.
Aber dazu muss man zum einen die Erkenntnis haben, dass es anders keine Rettung mehr gibt, muss zu einer Entscheidungsfindung fähig sein und obendrein noch die Flugrichtung bestimmen können.
Die normale Reaktion, solange einen die Panik nicht völlig lähmt, dürfte der verzweifelte Versuch sein, sein Leben zu retten - und das bedeutet in einem Flugzeug, „land on next suitable airport ASAP“.
Wahrscheinlich wägt ein MEnsch in einer solchen Extremsituation nicht so ab, wie wir hier am grünen Tisch, sondern fokussiert sich reflexhaft auf das Naheliegende, also „Flughafen erreichen“ oder „tödliche Kollision mit „was auch immer“ vermeiden“. Die Idee, wenigstens andere zu retten, dürfte wohl selten bewusst getroffen werden.
Was hätten sie dann tun können? Kann man ohne Landeklappen mit
„Reisefluggeschwindigkeit“ dicht übers Wasser fliegen? Kann
man auf Grund des Bodeneffekts sogar langsamer werden?
Theoretisch kann man auch in geringer Höhe über das Wasser fliegen. Praktisch wird das in einer solchen Situation kaum machbar sein.
Es fehlen Referenzen/Werte für die notwendige Geschwindigkeit - schließlich weiß niemand welchen Auftrieb die beschädigte Tragfläche hat und wie die verlorenen Triebwerke sich aerodynamisch auswirken. Man verliert hier einerseits Schubkraft, hat zugleich aber geringeren Drag…
Angesichts der hydraulischen Ausfälle (schwer eingeschränkte Steuerbarkeit des Flugzeugs) und aerodynamischer Veränderungen hat die Crew keine realistische Chance. Das alles noch in einer solchen Stresssituation…
Eine Notwasserung ist ja eh immer sehr schwer, aber hätten in
dieser Frachtmaschine nicht alle Personen bis auf einen
Piloten (das wären drei gewesen) sich an einen „etwas“
sicheren Ort „zurückziehen“ können um ihre Überlebenschance
wenigstes etwas zu erhöhen? Kann man in einer Frachtmaschine
überhaupt „rumlaufen“?
Kann man. Aber wohin soll man gehen? Wenn das Flugzeug mit einigen hundert Stundenkilometern aufprallt wird es sehr wahrscheinlich in Millionen Teile zerbersten. Die Beschleunigungskräfte sind so enorm, dass der menschliche Körper rein biodynamisch zerfetzt wird. Ob man dabei hinten zwischen den Frachtpaletten kauert oder vorne sitzt ist am Ende egal.
Offenbar war der Crew ja nicht bekannt, dass sie die Geschwindigkeit nicht reduzieren kann. Sie hätten mit einer hydraulisch beschädigten Maschine eh kein lehrbuchmäßiges Ditching hinbekommen, wären vermutlich irgendwann wie ein Stein herabgefallen.
Bei Swissair 111 war das größte unbeschädigte Körperteil, das später gefunden wurde, eine Kniescheibe. Bei 229 Menschen an Bord gibt dir das einen ungefähren Anhaltspunkt, welche Kräfte dort gewirkt haben müssen…
Gruß,
MecFleih