Überblick Notwegerecht
Liebe Fragenstellerin,
ich bedanke mich für Ihre Anfragen und möchte diese auf der Grundlage des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes wie folgt beantworten:
I. Voraussetzungen des Notwegesrechts
Wie Sie richtig recherchiert haben, steht dem Eigentümer des Grundstücks ohne Verbindung zu einem öffentlichen Weg auf Verlangen ein Notwegerecht aus § 917 BGB zu. Dieser regelt:
(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.
(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen (…).
II. Entstehung des Notwegerechts
Dabei entsteht das Notwegerecht mit dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 917 BGB (fehlende Verbindung, ordungsgemäße Nutzung des verbindungslosen Grundstücks, Notwendigkeit der Benutzung des Verbindungsgrundstückes), zu denen zusätzlich auch das Duldungsverlangen gehört, das heißt es muss von den Notwegeberechtigten die Nutzung des Verbindungsgrundstückes als Notweg eingefordert werden.
III. gerichtliche Geltendmachung des Notwegerechts
Eine gerichtliche Geltendmachung durch Klage auf Duldung der Benutzung ist nur dann notwendig, wenn sie auf Verlangen der Notwegeberechtigten eine notwendige Benutzung nicht dulden wollen oder Streit darüber besteht, ob die Voraussetzungen eines Notwegerechts gegeben sind.
IV. Anspruch auf Zahlung einer Notwegrente
Mit dem Vorliegen der Voraussetzungen des Notwegerechts entsteht auch der Anspruch auf Zahlung einer Notwegrente, wenn nicht die Unentgeltlichkeit der Nutzung auf Grund gewohnheitsrechtlicher Übung besteht.
Die Höhe der zu zahlenden Notwegrente richtet sich nach dem Nachteil für den Verkehrswert des als Notweg genutzten Verbindungsgrundstückes, inwieweit sich dessen Verkehrswert im Entstehungszeitpunkt des Notwegerechts verringert.
Die Höhe lässt sich vertraglich zwischen dem Duldungspflichtigen und Notwegberechtigten festlegen, notfalls ist diese durch Urteil festzustellen.
Schuldner der Notwegrente ist der Eigentümer des verbindungslosen Grundstückes, Gläubiger der Eigentümer des Verbindungsgrundstückes. Bis zur Zahlung der fälligen Notwegrente kommt den Duldungspflichtigen ein Zurückbehaltungsrecht (in der Form der Versagung der Nutzung) zu.
V. verbotene Eigenmacht
Das Notwegerecht entsteht grundsätzlich mit dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, wozu auch ein Verlangen der Duldung an den Duldungspflichtigen gehört; die Ausübung des Notwegerechts kann aber nicht „automatisch“ erfolgen.
Ohne die Gestattung des Eigentümers des als Notweg genutzen Verbindungsgrunstückes stellt die Nutzung verbotene Eigenmacht dar, denn § 917 BGB gestattet nicht von Gesetzes wegen die Benutzung eines Notweges (es ersetzt nicht die Gestattung durch den Duldungsverpflichteten), sondern regelt die Voraussetzungen für die Entstehung eines Notwegerechts. Entsprechend können sie sich, wenn sie auf das Duldungsverlangen eine Nutzung verweigern, weil sie z.B. meinen, die Voraussetzungen für ein Notwegerecht lägen nicht vor, gegen die unberechtigte Nutzung erwehren.
VI. Art und Ausmaß des Notwegerechts
Art und Ausmaß des Notwegerechts müssen nach einem strengen Maßstab erforderlich sein, eine Zufahrt für Kraftfahrzeuge ist nicht notwendig, wenn in der Nähe auf der Straße Parkmöglichkeiten bestehen, anders bei fehlender Parkmöglichkeit.
Bei einem gewerblich genutzten Grundstück (z.B. Anbau auf dem Ackerland zum Verkauf)ist eine Zufahrt für Kraftfahrzeuge in der Regel erforderlich, wenn ein Be- und Entladen notwendig erscheint.
VI. Notwendigkeit bei alternativen Notwegen
Zur Notwendigkeit der Benutzung des Verbindungsgrundstückes als Notweg erscheint noch anzumerken, dass siche diese bei mehreren möglichen Verbindungen (sie schrieben insofern, dass die Erreichbarkeit des verbindungslosen Grundstücks entweder „über ihr eigentum oder das der beiden angrenzenden nachbarn“ möglich sei)an der geringsten Belastung orientiert, das heißt die größte Effizient des Notweges, was nicht der kürzeste Weg sein muss, ist maßgebend für die Beurteilung.
Ich hoffe Ihre Fragen mit diesem Kurzüberblick zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
R.Bischoff