Notwegerecht

Liebe/-r Experte/-in,

mich interessiert eine frage zum notwegerecht. wir haben vor 2 jahren ein haus in einer zwangsversteigerung gekauft inklusive grundstück. hinter dem grundstück befindet sich ein weiteres grundstück welches als ackerland ausgeschrieben ist, auch den vorbesitzern unseres hauses gehört aber eben nicht teil der zwangsversteigerung war. nun gibt es keinen anderen zugangsweg zu diesem grundstück,als über unser eigentum oder das der beiden angrenzenden nachbarn.es ist im grundbuch kein wegerecht eingetragen .
ein kaufangebot unsererseits wurde abgelehnt und nun bahnt sich an das die besitzer des grundstücks dieses einzäunen und nutzen wollen. nach meinen recherchen steht ihnen ein notwegerecht zu was sie aber mit einer geldrente zu entschädigen haben. meine frage ist nun ob dieses notwegerecht gerichtlich eingeklagt werden muss von den altbesitzern und in welcher höhe diese geldrenten existieren. habe ich das recht die polizei zu rufen wenn die altbesitzer über mein grundstück laufen oder haben diese automatisch notwegerecht. muss ein notweg mit dem auto befahrbar sein.
wir haben kein interesse an einem großen rechtsstreit möchten aber gern die fakten kennen um richtig handeln zu können.
entschuldigen sie bitte die konstante kleinschreibung, die meiner defekten shift-taste geschuldet ist.

ich bedanke mich für ihre hilfe im voraus.

mfg franziska meyer

Sehr geehrte Frau Meyer,

ich bedanke mich zunächst für Ihre Anfrage. Ein Notwegerecht kann grundsätzlich vertraglich vereinbart und sodann im Grundbuch eingetragen werden.

In bestimmten Fällen kann ein Notwegerecht auch eingeklagt werden.

Die Höhe der Geldrente richtet sich nach dem Bodenwert und wird im Einzelfall vereinbart / gerichtlich festgesetzt.

Ohne ein Wegerecht besteht für Fremde kein Anspruch, ein Grundstück zu betreten. Das Betreten wäre Landfriedensbruch. In bestimmten Fällen kann das Betreten aufgrund von Notstandssituationen jedoch gerechtfertigt sein.

Ich empfehle, dass Sie sich vor Ort von einem kompetenten Kollegen in den Einzelheiten beraten lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Ratzka
Rechtsanwalt

Überblick Notwegerecht
Liebe Fragenstellerin,

ich bedanke mich für Ihre Anfragen und möchte diese auf der Grundlage des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes wie folgt beantworten:

I. Voraussetzungen des Notwegesrechts

Wie Sie richtig recherchiert haben, steht dem Eigentümer des Grundstücks ohne Verbindung zu einem öffentlichen Weg auf Verlangen ein Notwegerecht aus § 917 BGB zu. Dieser regelt:

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen (…).

II. Entstehung des Notwegerechts

Dabei entsteht das Notwegerecht mit dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 917 BGB (fehlende Verbindung, ordungsgemäße Nutzung des verbindungslosen Grundstücks, Notwendigkeit der Benutzung des Verbindungsgrundstückes), zu denen zusätzlich auch das Duldungsverlangen gehört, das heißt es muss von den Notwegeberechtigten die Nutzung des Verbindungsgrundstückes als Notweg eingefordert werden.

III. gerichtliche Geltendmachung des Notwegerechts

Eine gerichtliche Geltendmachung durch Klage auf Duldung der Benutzung ist nur dann notwendig, wenn sie auf Verlangen der Notwegeberechtigten eine notwendige Benutzung nicht dulden wollen oder Streit darüber besteht, ob die Voraussetzungen eines Notwegerechts gegeben sind.

IV. Anspruch auf Zahlung einer Notwegrente

Mit dem Vorliegen der Voraussetzungen des Notwegerechts entsteht auch der Anspruch auf Zahlung einer Notwegrente, wenn nicht die Unentgeltlichkeit der Nutzung auf Grund gewohnheitsrechtlicher Übung besteht.

Die Höhe der zu zahlenden Notwegrente richtet sich nach dem Nachteil für den Verkehrswert des als Notweg genutzten Verbindungsgrundstückes, inwieweit sich dessen Verkehrswert im Entstehungszeitpunkt des Notwegerechts verringert.

Die Höhe lässt sich vertraglich zwischen dem Duldungspflichtigen und Notwegberechtigten festlegen, notfalls ist diese durch Urteil festzustellen.

Schuldner der Notwegrente ist der Eigentümer des verbindungslosen Grundstückes, Gläubiger der Eigentümer des Verbindungsgrundstückes. Bis zur Zahlung der fälligen Notwegrente kommt den Duldungspflichtigen ein Zurückbehaltungsrecht (in der Form der Versagung der Nutzung) zu.

V. verbotene Eigenmacht

Das Notwegerecht entsteht grundsätzlich mit dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, wozu auch ein Verlangen der Duldung an den Duldungspflichtigen gehört; die Ausübung des Notwegerechts kann aber nicht „automatisch“ erfolgen.

Ohne die Gestattung des Eigentümers des als Notweg genutzen Verbindungsgrunstückes stellt die Nutzung verbotene Eigenmacht dar, denn § 917 BGB gestattet nicht von Gesetzes wegen die Benutzung eines Notweges (es ersetzt nicht die Gestattung durch den Duldungsverpflichteten), sondern regelt die Voraussetzungen für die Entstehung eines Notwegerechts. Entsprechend können sie sich, wenn sie auf das Duldungsverlangen eine Nutzung verweigern, weil sie z.B. meinen, die Voraussetzungen für ein Notwegerecht lägen nicht vor, gegen die unberechtigte Nutzung erwehren.

VI. Art und Ausmaß des Notwegerechts

Art und Ausmaß des Notwegerechts müssen nach einem strengen Maßstab erforderlich sein, eine Zufahrt für Kraftfahrzeuge ist nicht notwendig, wenn in der Nähe auf der Straße Parkmöglichkeiten bestehen, anders bei fehlender Parkmöglichkeit.

Bei einem gewerblich genutzten Grundstück (z.B. Anbau auf dem Ackerland zum Verkauf)ist eine Zufahrt für Kraftfahrzeuge in der Regel erforderlich, wenn ein Be- und Entladen notwendig erscheint.

VI. Notwendigkeit bei alternativen Notwegen

Zur Notwendigkeit der Benutzung des Verbindungsgrundstückes als Notweg erscheint noch anzumerken, dass siche diese bei mehreren möglichen Verbindungen (sie schrieben insofern, dass die Erreichbarkeit des verbindungslosen Grundstücks entweder „über ihr eigentum oder das der beiden angrenzenden nachbarn“ möglich sei)an der geringsten Belastung orientiert, das heißt die größte Effizient des Notweges, was nicht der kürzeste Weg sein muss, ist maßgebend für die Beurteilung.

Ich hoffe Ihre Fragen mit diesem Kurzüberblick zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
R.Bischoff

Hallo Herr Bischoff, vielen vielen Dank für diese mühevolle professionelle Antwort.
Ich habe jetzt deutlich mehr Überblick gewonnen.

Mit freundlichen Grüssen
F. Meyer

Sehr geehrte Frau Meyer,

die von Ihnen gestellten Fragen, kann ich leider nur sehr allgemein beantworten, da insbesondere der Wert eines Notwegerechts sehr einzelfallabhängig ist.

Auf der Internet-Seite „Nachbarrecht-ratgeber“ gibt es gute Infos zum Notwegerecht_

"Es kann vorkommen, dass ein Grundstück aufgrund seiner besonderen Lage keine Anbindung an eine öffentliche Straße oder einen öffentlichen Weg hat.

Unter engen Voraussetzungen sieht für diese Fälle das Gesetz für Eigentümer benachbarter Grundstücke eine Duldungspflicht des Inhalts vor, dass die Eigentümer der Nachbargrundstücke im Rahmen eines so genannten Notwegerechts die Nutzung ihrer Grundstücke zu Zwecken der Überfahrt hinnehmen müssen.

Nachdem mit dem Notwegerecht aufgrund Gesetz in Eigentumspositionen von Bürgern eingegriffen wird, sind strenge Anforderungen an das Vorliegen der Voraussetzungen eines Notwegerechts zu stellen. Das Notwegerecht darf den oder die betroffenen Nachbarn auch nicht mehr als notwendig in der Nutzung des eigenen Grundstücks einschränken.

Das Notwegerecht besteht jedenfalls nur solange, wie für das eigene Grundstück eine Anbindung an eine öffentliche Straße geschaffen ist. Jede andere, auch umständlichere, Möglichkeit des Zugangs zum eigenen Grundstück ist zu nutzen. Ein Notwegerecht kommt immer nur als ultima ratio in Frage.

Es ist in der Rechtsprechung streitig, ob zum Notwegerecht auch gehört, dass man mit dem eigenen PKW via Notweg über Nachbars Grundstück auf das eigene zufahren kann, um den PKW dort zu parken. Das wird man insbesondere für gewerblich genutzte Grundstücke wohl bejahen müssen.

Umfang und Inhalt des Notwegerechts (Breite und Richtung des Notweges, Maß der Nutzung) sind im Streitfall vom Gericht unter Berücksichtigung der Interessen sämtlicher beteiligter Grundstückseigentümer festzusetzen.

Der Notweg ist nach herrschender Meinung von dem Berechtigten auf seine Kosten herzustellen und zu unterhalten.

Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine jährlich im Voraus zu entrichtende Geldrente zu entschädigen. Entsteht über die Höhe der zu zahlenden Entschädigung Streit, so ist vom Gericht ein Verkehrswertgutachten einzuholen.

Zahlt der Berechtigte die Geldrente nicht, kann der Nachbar ihm die Nutzung des Notweges untersagen. Dem Nachbarn steht insoweit ein Zurückbehaltungsrecht zu.

Ist die Anbindung eines Grundstücks an einen öffentlichen Weg durch eine willkürliche Handlung des Grundstückeigentümers aufgehoben worden, dann ist ein Notwegerecht ausgeschlossen."

Sollte also dem vorherigen Eigenümer kein Notwegerecht zustehen oder nutzt er dieses mehr als erlaubt, so können Sie durchaus die Polizei rufen bwz. Anzeige wegen Hausfriedensbruch stellen.

Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen gerne unverbindlich zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Nicolai Kutz
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

www.kapitalanwalt.de

sehr geehrter herr ratzka, vielen dank für ihre mühe für die beantwortung meiner frage.
mfg f. meyer

hallo herr kutz, vielen dank für ihre antwort und für ihre zeit meine frage so ausführlich beantwortet zu haben.mfg f. meyer

sorry, aber mit Grundstücksrecht habe ich nicht so viel am Hut. Ich würde in jedem Falle einen Anwalt oder Notar vor Ort kontaktieren.

Gruß

Thomas