NS-Vergleich bei Spontan-Demo in Sachsen

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#1

Hallo,

worauf spielt der baden-würrtembergische Ministerpräsident Kretschmann an, wenn er sagt:
"Das sind Methoden, die hat die SA erfunden“.?

Einschüchterungen von Politikern durch Aufmärsche vor deren Privathaus sind ja nun nicht selten:

Gegen halb elf Uhr hätten die Demonstranten vor ihrer Türe Halt gemacht, sagt Grothus. Sie hätten „Grothus raus“ und „Hambi weg“ skandiert und Lärm mit Trommeln und Trillerpfeifen gemacht. „Ich habe mich bedroht gefühlt“, sagt Grothus, „die Leute haben Fotos von meinem Haus gemacht, von dem Kennzeichen unseres Autos, das ist übergriffig, diese Aggressivität ist unglaublich.“
Teilnehmer der Demonstration sollen gegen ein Fenster geklopft haben, nach rund 15 Minuten habe sich der Protestzug wieder in Bewegung gesetzt. „Ich kann die Ängste der Beschäftigten verstehen“, sagt Grothus, „aber es darf nicht sein, dass wir gegeneinander ausgespielt werden, dass ich zur Zielscheibe, zur Arbeitsplatzfeindin Nummer eins gemacht werde.“

Vermummte Personen, Pyrotechnik, Parolen: In der Nähe des Privathauses von Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul hat es am Sonntagnachmittag eine „Spontanversammlung“ gegeben.

Bei den beiden o.a. Anlässen gab es offenbar keine NS-Vergleiche.
Natürlich ist der Aufmarsch der Coronamaßnahmengegner in Sachsen eine Sauerei und ein Einschüchterungsversuch. Das waren aber die Demos bei Grothus und Reul auch.
Oder geht es Kretschmann um die Fackeln? Gab es entsprechende Demonstrationen der SA vor Privathäusern gegnerischer Politiker und sonstigen Gegnern?

Gruß
rakete

#2

Ich kann mir vorstellen, dass sich Herr Kretschmann auf die Einschüchterung sozialdemokratischer Politiker durch die SA im Allgemeinen bezog. Siehe zum Beispiel hier. Die Fackeln, Trillerpfeifen und der Aufmarsch vor der privaten Wohnung sind dann nur Details, an den man das allgemeine Gebaren dieser Gruppe mit der SA vergleicht.

Übrigens haben sich Walter-Borjahns („fashistoid“) und Seehofer („erinnert […] an dunkelste Kapitel“) ähnlich geäußert.

Grüße
Pierre

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#3

Vielleicht sind sie bei den anderen Vorfällen niemandem eingefallen. Vielleicht lag das daran, daß die Coronazis eher dem rechten Spektrum zuzuordnen sind, als die Teilnehmer der anderen beiden Veranstaltungen. Vielleicht lag es auch daran, daß die beiden anderen Veranstaltungen tagsüber stattfanden und deswegen etwas weniger bedrohlich wirkten. Vielleicht lag es auch an den fehlenden Fackeln.

Vielleicht ist auch die Dimension des Problems eine andere. Vielleicht wettern Kohlegegner oder -befürworter nicht seit über einem Jahr gegen die Diktatur in Deutschland. Vielleicht fordern die Kohlegegner oder -befürworter nicht seit einem Jahr einen gewaltsamen Umsturz. Vielleicht fordern die Kohlegegner oder -befürworter nicht seit einem Jahr, Merkel, Lauterbach, Drosten, Spahn, Söder und andere Politiker und Wissenschaftler bei nächster Gelegenheit an die Wand zu stellen, in Säure aufzulösen oder wilden Tieren zum Fraß vorzuwerfen. Vielleicht haben die Kohlegegner oder -befürworter in den letzten Monaten nicht unzählige Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit und das Leben von Ärzten, Ordnern, Tankstellenmitarbeitern oder Passanten begangen.

Wer weiß das alles schon so genau.

Ach übrigens: unter Coronaleugnern, Impfgegnern und Kinderschützern kursiert seit einigen Tagen der Aufruf, Privatadressen von Politikern, Ärzten und anderen Personen, die bei den Impfungen und Coronamaßnahmen eine Rolle spielen, zu veröffentlichen und zu sammeln, damit „man auch mal deren Ruhe stören“ kann.

Vermutlich ist das auch ein Vorgang, der zum üblichen Umgang miteinander in einer Demokratie gehört und den man allenfalls interessiert zur Kenntnis nehmen sollte. Wahrscheinlich ist auch das kein Grund, sich besonders besorgt zu zeigen und deswegen einige besondere Formulierungen zu verwenden.

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#4

ist bei vielen ja schon legitimiert, da ja keine meinung mehr geäußert werden darf.
da muß man schon mal selbst die fackel & heugabel in die hand nehmen gegen das, was man nicht verstehen will:

e.c.

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#5

Wobei mir noch ein Framing auffällt:

Wenn ich durch die Stadt laufe und mich spontan zu einer Demo entschließe, habe ich nur selten eine Fackel dabei. Und schon gar nicht so viele, dass ich vielen eine abgeben könnte.

Mit anderen Worten: so spontan war die Demo wohl nicht, wie Du hier suggerieren möchtest.

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#6

Interessant, dass Kretschmann denkt, dass die SA das Demonstrationsrecht erfunden hat…

#7

Stellst Du Dich gerade dümmer, als Du eigentlich bist, um mal wieder ganz aufgeregt über andere schreiben zu können und diese zu diskreditieren?

Oder bist Du doch…

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#8

Du solltest bemerkt haben, dass ich mit obigen Satz mein Erstaunen über diese NS-Verharmlosung ausgedrückt habe.

Nochmal zur Erinnerung was die SA getan hat: „Durch dieses akribisch geplante Pogrom verloren Tausende Juden ihre Existenzgrundlage, Synagogen gingen in Flammen auf und Hunderte jüdische Bürger wurden von Schlägerbanden der SA und SS ermordet oder in den Tod getrieben.“ https://www.swr.de/swr2/wissen/reichspogromnacht-1938-108.html

Willst Du mir erzählen, dass der Vergleich des grünen Autolobbyisten gerechtfertigt ist?

Wen hab ich diskreditiert?

#9

Dass die SA nicht nur zur Judenverfolgung diente, sondern gerade zu Beginn der NSDAP die Terrororganisation dieser Partei war, scheint Dir völlig entgangen zu sein. Allein in dem kleinen Artikel, den ich Dir weiter oben nannte, kannst Du schon erste Einblicke in deren Arbeit gewinnen.

Und ja, ich halte den Vergleich nicht für überzogen. Denn, obwohl mich Geschichte nie sonderlich tief interessierte, habe ich anscheinend doch mehr Überblick als Du. Und ja, unangemeldete Protest-Kundgebungen vor den privaten Wohnhäusern von Personen abzuhalten, um diese damit einzuschüchtern halte ich für faschistoide Methoden, wie meine Großeltern sie in ihrer Jugend live erlebten.

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#10

Dir ist aber schon bewusst, dass es die SA seit den frühen 20er gab? Hier direkt bei den Novemberpogromen von 1938 einzusteigen zeugt von einem eklatanten historischen Unwissen.

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#11

Ja, und Hitler war ja auch früher nur Maler - bei einem Hitlervergleich meint man meist aber nicht, dass jemand nur drittklassisch zeichnet.

#12

Du weichst vom Thema ab. Man könnte meinen, dasss es Dir unangenehm ist, Dir aufgezeigt zu haben, dass Deine Argumentation eine Luftnummer ist.

Damit dürfte das Thema hier argumentativ sein Ende gefunden haben…

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#13

Ja, der Vergleich wäre gerechtfertigt - wenn die Protestierenden das Haus angezündet und alle Bewohner umgebracht hätten, weil genau so etwas die SA getan hat.

Wenn ein Vergleich mit der RAF gezogen wird meint man auch nicht die Anfangszeit, in der sie weitgehend friedlich politisch aktiv waren.

#14

Mit der weiteren Unsachlichkeit wird’s nicht besser…

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#15

Stimmt, aber viele ignorieren gerne, dass es Hitler (und die NSDAP) halt auch schon vor 1933 gab. Und wer bei der SA nur an die Novemberpogrome denkt, hat halt offensichtlich von Geschichte keine Ahnung und sollte sich da lieber etwas zurückhalten.

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#16

Natürlich war es keine spontane Demo. Man hat sich ganz klar zum Krawall verabredet, um
einzuschüchtern. Vermutlich über soziale Netzwerke.

Ich teile Penegrins und Pierres Meinung, dass Kretschmann eher die SA vor der Machtergreifung im Sinn hatte. Danach hatte man ja derartige Einschüchterungen von Politikern wohl weniger nötig. Ich bin mir auch nicht einmal sicher, ob es Fackeln bei der Reichspogromnacht gegeben hatte, obwohl natürlich Brände gelegt wurden.
Die Fackeln vom Abend nach der Machtergreifung beim Marsch durchs Brandenburger Tor wird Kretschmann ja nicht im Sinn gehabt haben. Enerseits marschierte man damit m.E. nicht vor den Häusern von Regimegegnern auf, andererseits war ja auch beim Fackellauf beim Großen Zapfenstreich für die Ex-Kanzlerin nichts einzuwenden gewesen.

M.E. ist hier Desperado Recht zu geben. Nicht nur Kretschmann, sondern auch Seehofer und Borjahns argumentieren hier nicht korrekt:

Das heißt: Zum einen überhöht man die eigene Rolle, stellt sich als mutigen Widerstandskämpfer dar und diffamiert politische Gegner als Nazis und Faschisten - zum anderen werden durch solche Vergleiche die tatsächlichen Verbrechen und Schrecken der Nazi-Diktatur relativiert. Salzborn spricht daher von einer „Doppelinstrumentaliserung im Geist der antisemitischen Täter-Opfer-Umkehr“.

Wegen der Einmaligkeit der Verbrechen des Nazi-Regimes verbieten sich „NS-Vergleiche“, auch wenn sie zum Zwecke der Diffamierung des politischen Gegners gern herangezogen werden.

Kretschmann hätte den Vergleich m.E. daher lieber „stecken lassen“ sollen.
Man sollte den Impfgegnern und Leugnern lieber mit einer Impfpflicht beikommen und die aber dann auch wirksam kontrollieren.

Gruß
rakete