Nürnberger Massenverhaftung

Heute vor 20 Jahren gingen die Nürnberger Massenverhaftungen in die deutsche Justizgeschichte ein. Im Kommunikationszentrum (KOMM) wurde ein Film über die sog. Kraker (Amsterdamer Hausbesetzer) gezeigt. Danach fand eine kleine Hausbesetzerdemonstration statt, bei der 3! Schaufensterscheiben zu Bruch gingen.
Dies nahm das damalige Innenministerium (Hr. Hillermeier) zum Anlass, das KOMM polizeilich zu umstellen und alle dort anwesenden (ca. 170 Menschen im Alter von 15 – 60 Jahren) unter dem Vorwurf des schweren Landfriedensbruches (6 Monate bis 10 Jahre Gefängnis) zu verhaften. Die meisten, die sich während der Demo in irgendwelchen KOMM-Gruppen (Fotowerkstatt, Töpferei, Musikbands, Disko etc.) befanden, wussten gar nicht, wie ihnen geschieht. Sie wurden auf versch. bayerische Gefängnisse verteilt, die Angehörigen der meist Jugendlichen wurden bis zu 5 Tage nach den Verhaftungen nicht über den Verbleib ihrer Kinder informiert. Damals fanden bundesweit von Berlin bis Freiburg, von Hamburg bis München, Solidaritätskundgebungen statt.
Der damalige Ministarpräsident Franz-Josef Strauss („…bei uns in Bayern wird kein Haus länger als 24 Stunden besetzt sein…“), welcher sich gerne mit Duzfreunddiktatoren wie Pinochet und Konsorten ablichten lies, brachte es mit seiner Politik soweit, dass bereits der Begriff der Bananenrepublik Bayern durch die Medien geisterte.
Faktisch mussten alle Angeklagten mangels Beweisen, wg. photokopierter Strafbefehle, verschwundener Akten uvam. wieder ohne Strafprozess freigelassen werden. Diesem Willkürakt wird noch heute gerne in der Rechtswissenschaft und im Jurastudium Platz eingeräumt.
Auf jeden Fall wurden die bayerischen Kabinettssitzungen (Holterdipolter) zum Anlass genommen, unter der damaligen Koalition den Landfriedensbruch§§ massiv zu verschärfen. Während man früher direkt zu den Straftätern zählen musste um des schweren landfriedensbruches angeklagt zu werden, genügt nach der Änderung bis zum heutigen Tag die bloße oder zufällige Anwesendheit an einer Demonstration mit gewalttätigem Charakter. Die Hoffnung, mit dem Regierungswechsel würde sich hieran was ändern, hat sich leider nicht bestätigt (vielleicht wg. anstehender Castor-Transporte?). Übrigens, die Personen (Politiker, Staatsanwälte etc.) die heute Entscheidungsträger wären, äußern sich angeblich zu den Massenverhaftungen von damals, sie würden heute genauso handeln, wie ihre Kollegen von damals. Nix gelernt im „Frei statt Bayern“?

Rümi

Anbei ein paar Links zum Thema:

http://www.radio-z.net/raumzeit/122000/18.html
http://www.kommunale-info.de/index00.html?/Themen/Ku…
http://www.squat.net/archiv/hausbesetzer/text5.html
http://www.0911-online.de/ultras-nuernberg/seiten/po…

Frag doch mal den Schily, der hat was gelernt *g*
Der würde sogar den Knastschlüssel wegwerfen.
Gruß
Rainer

Hallo Rümi!

das KOMM polizeilich zu umstellen und alle dort
anwesenden (ca. 170 Menschen im Alter von 15 – 60 Jahren)
unter dem Vorwurf des schweren Landfriedensbruches (6 Monate
bis 10 Jahre Gefängnis) zu verhaften. Die meisten, die sich
während der Demo in irgendwelchen KOMM-Gruppen (Fotowerkstatt,
Töpferei, Musikbands, Disko etc.) befanden, wussten gar nicht,
wie ihnen geschieht.

Das erinnert sehr an die Sippenhaft im Dritten Reich oder die blosse Mutmassung, der RAF angehört zu haben und damit ‚lebenslänglich‘ zu riskieren. Diese Verallgemeinerung scheint jedoch nicht für andere Gruppen, nehmen wir doch nur mal rein zufällig Politiker, zu gelten.

Während man früher direkt zu den Straftätern zählen musste um
des schweren landfriedensbruches angeklagt zu werden, genügt
nach der Änderung bis zum heutigen Tag die bloße oder
zufällige Anwesendheit an einer Demonstration mit
gewalttätigem Charakter. Die Hoffnung, mit dem
Regierungswechsel würde sich hieran was ändern, hat sich
leider nicht bestätigt (vielleicht wg. anstehender
Castor-Transporte?). Übrigens, die Personen (Politiker,
Staatsanwälte etc.) die heute Entscheidungsträger wären,
äußern sich angeblich zu den Massenverhaftungen von damals,
sie würden heute genauso handeln, wie ihre Kollegen von
damals. Nix gelernt im „Frei statt Bayern“?

Ich denke, dies ist nicht nur ein bayerisches Problem; wer erinnert sich z. B. noch an den „Hamburger Kessel“?
   Leider scheinen die Medien die latenten Eingriffe in die Bürgerrechte nur wenig zu interessieren - Schiffer ist eben „interessanter“ als Schily -, aber wen wundert es auch, wenn die Politik direkt in den Medien sitzt. Ich habe am 7. Februar in dieses Brett einen Artikel hineingesetzt, der so nebenbei auch die Thematik der Castor-Transporte berührt: http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl… („Bürgerrechte sollen weiter eingeschränkt werden“)
   Ein Satz daraus: „Der Straftatenkatalog für Individualmaßnahmen wird auch auf erpresserischen Menschenraub, Geiselnahme,Brandstiftung, Sprengstoffexplosionen und gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr ausgeweitet.“

Marco