Nutzen Paartherapie

Hallo liebe www-ler,

Wir haben derzeit folgende Familiensituation:

Meine Frau (38 J.) und ich (40 J.) sind im 7. Jahr verheiratet, wir haben zwei gemeinsame Kinder im Alter von 3 und 7 Jahren. Ich bin seit 6 Jahren selbständig tätig im medizinischen Bereich, meine Frau hat bis vor 3 Jahren die Praxis gemanaged und sich von da an Stück für Stück zurückgezogen um sich etwas eigenes aufzubauen. Sie fing vor ca. 1 und einem 1/2 Jahr zwei umfangreiche Weiterbildungen an. Ich habe sie in diesen Dingen unterstützt und bestärkt.

Nun hat sie auf einer Weiterbildung jemanden kennengelernt, in den sie sich verliebt hat und für mich fühlt sie derzeit nur eine Verbundenheit aber keine Liebe. Zum Sex ist es bereits einmal gekommen. Sie hat es mir sehr früh gesagt. Der andere Mann wohnt - zum Glück - 400 KM entfernt, bei Wohnortnähe würde mich das Ganze noch mehr fertigmachen.

Wir hatten schon früher Probleme, aber so heftig war es noch nie. Das hat mir total den Boden unter den Füßen wegegezogen. Jeder von uns hat in der Vergangenheit Fehler gemacht und mir ist klar, dass nicht nur einer schuld ist. Ich hatte schon einen Termin bei einer Therapeutin, meine Frau hat bei ihr in dieser Woche auch einen Termin und dann entscheiden wir, ob wir eine gemeinsame Therapie machen. Die Stimmung zu Hause gleicht einem Vakuum, obwohl wir einigermaßen miteiander sprechen können.

Meine Fragen an Euch:

  1. Ich will meine Frau nicht bedrängen und ihr Raum lassen, weil ich weiß, dass ich alles duch Klammern nur noch schlimmer mache. Könnt Ihr mir Tipps geben, wie ich meine Seele ein wenig schütze, bis es - hoffentlich -wieder bergauf geht?

  2. Welche Paare, die diese Zeilen lesen, haben schon einmal eine Paartherapie gemacht und dadurch ihre Ehe gerettet? Wie lange hat es gedauert bis Ihr wieder volles Vertrauen und Innigkeit miteinander hattet?

Ich danke jedem von Herzen, der sich die Zeit für ein paar Zeilen nimmt.

Grüsse,

Marcel

Hallo
also bei mir hat die Paartherapie nichts gebracht. Die ganze Situation war wohl zu sehr im Argen. Jede Seite hätte wohl erwartet, dass sich die andere Seite ändern sollte. Aber man kann nur sich selbst ändern und mal sehen, wie der andere darauf reagiert.
Wunder darf man wohl von einer solchen Therapie nicht erwarten. Mir kam es vor, als ob die Therapeutin nur da war, um uns an einen Tisch zu bringen und sie hörte nur zu, stellte Fragen wie:

  • was könnten Sie ändern.
  • wie fühlen Sie bei bestimmten Situationen etc
    Von der Therapeutin kamen keine nützlichen Inputs. Auch wertete sie Aussagen nie und so blieb jeder auf seinem Standpunkt.
    Nach einigen Sitzungen die immer gleich im Kreis drehten, weil wohl niemand von seinem Standpunkt abweichen wollte, brach ich das Ganze ab. Die Ehe hätte wohl gerettet werden können, wenn ich überall nachgegeben und mich total angepasst hätte. Das konnte und wollte ich aber nicht. Ich wäre wohl daran kaputt gegangen.

Meine Erwartungen an die Therapie waren halt wohl auch falsch. Aber vielleicht hat ja jemand da noch andere, bessere Erfahrungen gemacht.

Wenn du dich und dein Verhalten nicht ändern willst oder kannst, und das bei deiner Frau auch so ist, könnt ihr auf die Therapie getrost verzichten.

Viel Glück! Beni

Genau das was Beni beschrieben hat ist das Problem. Ein/ Paartherapeut/in ist eine neutrale dritte Instanz, die eine konstruktive Kommunikation gewährleisten soll. Sie oder Er versucht eine gegenseitige Empathie der Eheleute füreinander herzustellen und diese für ihre Konflikte zu sensibilisieren. Wenn aber ihr als Paar nicht bereit seit euch zu ändern, Kompromisse einzugehen und für die Beziehung zu kämpfen, können auch Therapiestunden keine Wunder bewirken. Ich wünsche euch von Herzen, dass ihr das mit eurer Beziehung wieder hinbekommt. Die Ehrlichkeit und der Respekt den ihr euch, laut deiner Worte, entgegenbringt ist in jedem Fall ein guter Ausgangspunkt dafür. Alles Gute für die Zukunft!

Ich halte eine Paartherapie zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht. Im Augenblick geht es wohl eher dir um die Erhaltung eurer Beziehung, während deine Frau in jedem Fall ihre neue Liebe leben möchte.

Solange diese Geschichte nicht vorbei ist, wird eine Paartherapie nicht zu dem Ziel führen, das du dir erhoffst, denn du möchtest ja deine Frau wieder für dich. Eine Paartherapie wird aber deine Frau nicht davon überzeugen, fortan wieder nur noch dich zu lieben.

Grundlage für den Erfolg einer solchen Therapie ist die Bereitschaft beider Partner, an ihrer Beziehung festzuhalten. Diese Bereitschaft würde ich bei deiner Frau nicht zwingend voraussetzen, solange sie ihre neue Liebe nicht aufgeben kann und will.

Sehr sinnvoll finde ich hingegen, wenn du etwas für dich tust. Du brauchst Strategien, um mit der Situation zurechtzukommen, und dabei kann eine Therapie dir tatsächlich helfen.

Es ist gut möglich, dass deine Frau die Beziehung zu dir (noch) nicht aufgeben möchte. Zum einen, weil sie sich dir nach all den Jahren wirklich verbunden fühlt, zum anderen, weil es ihr einen sicheren Hafen gewährt, aus dem heraus sie Neues ausprobieren kann.

Du musst nun für dich herausfinden, ob du damit zurechtkommst.

Das klingt sehr tapfer und ist in der Sache sicher auch richtig aber: Es ist durchaus möglich, dass du über eine lange Zeit leidest, um schließlich doch zu erleben, dass deine Frau dich verlässt. Für sie ist es sicher nicht unangenehm, mit deiner Billigung ihr Leben leben zu können, ohne ihre Sicherheit aufgeben zu müssen. Das minimiert ihr schlechtes Gewissen. Für dich kann das eine langes und hartes „Zombie“-Dasein bedeuten.

Unterm Strich wird die Frage bleiben, wie DU mit der Situation klar kommst. Solche Dinge gehen nicht spurlos an einem vorbei. Wenn der akute Schmerz abzuebben beginnt, setzt sich meist nach und nach die Erkenntnis durch, dass man so nicht leben möchte. Und so wird es auch möglich sein, dass sich deine Frau irgendwann zur Rückkehr entschließt, aber deine innere Tür sich geschlossen hat.

Erfahrungsgemäß ist das nicht vorstellbar, wenn der Schmerz gerade akut und die Verlustangst groß ist.

Deshalb: Nutze die Therapie für dich. Wenn es eine gemeinsame Zukunft für euch beide geben kann, kann dann eine Paartherapie helfen, wieder einen Anfang zu finden.

Jule

Ich glaube nicht, dass eine Paartherapie da viel helfen kann. Denn wie schon geschrieben, soll lediglich eine vernünftige Ebene für einen Dialog geschaffen werden. Doch der gegenseitige Respekt und das gegenseitige Verständnis ist ja bei euch vorhanden, so solltet ihr euch ja auch zu Hause zusammen hinsetzen können. Ich denke du kannst nichts weiter tun, als den Dingen vorerst ihren Lauf zu lassen. Im Moment ist für deine Frau mit dem „Neuen“ sicherlich alles aufregend und spannend, die Frage ist, ob das so bleiben wird. Ich denke es besteht durchaus die Chance, dass dieser Funken verglüht und sie wieder zu schätzen weiß, was sie hat. Ich bin der Ansicht, grundlegend ändern müssen, sollte sich niemand in einer Beziehung. Vielleicht könntet ihr versuchen, euch so viel Zeit es geht für euch beide zu nehmen (schwer bei zwei Kindern, ist klar). Da wird deine Frau merken, wie Sie tatsächlich gefühlsmäßig zu dir steht, denn ich glaube, dass kann Sie im Moment nicht wirklich einschätzen.

So wie ich das lese könnt ihr ja miteinander reden. Da hilft ein Paartherapeut wenig. Dessen Aufgabe ist es eine Kommunikation zu ermöglichen, nicht eine Lösung zu finden.

Ich sach jetzt mal was provokatives:

Bitte, bitte, bitte seht das mal mit den Augen eurer Kinder! Die brauchen euch - beide. Ihr habt sie in die Welt gesetzt und ihr seid für sie verantwortlich. Was ist bzw. war die Basis eurer Beziehung? Sex? Das gemeinsame Arbeiten? Ihr habt jetzt eine gemeinsame Basis, nämlich die Familie. Und wenn ihr die auseinanderreißt, dann trifft es die Schwächsten in der Kette: eure Kinder! Da können irgendwelche selbsternannten Experten sagen was sie wollen. Ich habe als Lehrer mit sehr vielen Kindern zu tun, die aus geschiedenen Ehen kommen. Und die haben ALLE irgendwo einen seelischen Schaden davon getragen, der bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger zu Tage tritt. Im Namen eurer Kinder bitte ich euch, denen das zu ersparen!

Einigt euch auf eine offene Beziehung in der jeder seine Freiheiten genießen darf - in welchem Bereich auch immer. Legt die elende Seuche der Eifersucht ab.

Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft!

Aber bleibt zumindest als Wohn- und Lebensgemeinschaft, als Familienprojektpartnerschaft zusammen, bis eure Kinder auf eigenen Füßen stehen. Dann kann jeder seinen eigenen Weg gehen. Verabschiedet euch von dem romantischen Bild der ewigen Liebe und Treue (übrigens eine Erfindung des 19. Jh - davor waren Ehen immer Zweckgemeinschaften - und das hat auch geklappt).