Öl als Kriegsgrund

Hallo,
die Behauptung wurde schon oft aufgestellt, hier wurde sie genauso oft widerlegt und als hirnrissig dargestellt.

Jetzt ist bei SPIEGEL Online ein Artikel, der in diese Richtung geht:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,239559,…

Wie ist eure Meinung dazu? Ist das auch hirnrissig? Ist da was dahinter?

Gruß

J.

Waffen als Kriegshintergrund
Hi Jose,

dazu noch ein Artikel von heute:

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.p…

Die Schlusspointe ist beeindruckend: „„Seymour Hersh is the closest thing America has to a terrorist.“ Woran man sehen kann, dass Drachentöter dieser Tage sehr vorsichtig vorgehen müssen, damit sie nicht versehentlich in Guantanamo landen.“

Öl-Lobby und Waffen-Lobby sind schon da, wo ist nur Frieden-Lobby?

Viele Grüße

Wieder mal Nachgerechnet…

Hallo,
die Behauptung wurde schon oft aufgestellt, hier wurde sie
genauso oft widerlegt und als hirnrissig dargestellt.

hi Sancho
Rechnen wir doch mal nach:
Derzeitige Reserven der Kategorie „gesichert“ und „ziemlich sicher vermutet“ 112 Mia Barrel. Wert bei Ölpreis 24 US$ ca 2500 Mia US$.

Davon sind abzuziehen: Förderkosten von geschätzt 10 US$ Barrel bleiben 1400 US $ Gewinn vor Steuern und Abgaben. Maximale sinnvolle Förderung des Irak wären 10 Mio Barrel/day = 3,6 Mia Barrel p.a. = 50 Mia US$ Gewinn vor Steuern p.A.
davon müssen nun die Besatzungskosten und der Wiederaufbau und Unterstützung des Iraks bezahlt werden. Besatzungskosten für den Irak p.a. sicher im 10-20 Mia US$ Bereich, wahrscheinlich höher… 20 Mia pa Minimumabgabe an den Irak… da bleibt nicht viel Volkswirtschaftlicher Gewinn über. und der Krieg muss davon ja auch noch bezahlt werden. unter der Annahme, dass 10 % dieser Gewinne zur Bezahlung der Kriegskosten herangezogen wird, Ist der Krieg ohne Inflationsausgleich in 16 bis 40 jahren abbezahlt… *schluck*

Fakt ist. Für die Gesamtwirtschaft der USA ist der Irakkrieg mit nachfolgender Besetzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Verlustgeschäft.

Ein weiteres Problem sind die bereits existierenden Verträge des Iraks mit Russland und Frankreich, bzw den dort ansässigen Gesellschaften. Im falle einer Kündigung wären hohe Regressansprüche der ausgebooteten Firmen zu erwarten.

Die these, dass die US-Regierung nur der Verlängerte Arm der US-Öl- und Waffenlobby ist, wurde bereits öfter geäussert.
Ob sie stimmt… wer weiss. Dass zumindest der US-Vizepräsident engste Verbindungen zur Ölindustre hat, ist bekannt und stimmt sehr nachdenklich.
Das würde allerdings bedeuten, dass die US-Regierung bewusst (sic!) gegen die Interessen ihres eigenen Landes arbeitet. Ich will nicht sagen, dass das hirnrissig ist, es erscheint mir nur ein wenig unwahrscheinlich, dass z.B. Colin Powell da mitspielen würde.

Grüssle
Mike

Hi,

Rechnen wir doch mal nach:

So, wie du rechnest, berücksichtigst du doch nicht die Auswirkungen des Krieges auf den Ölpreis. Außerdem sind da die geostrategischen Überlegungen mit einzubeziehen, die ja auch eine Rolle spielen:

  • habe ich das Öl, diktiere ich den Preis (oder kann ihn zumindest stark beeinflussen).
  • habe ich KEIN Öl, dann stehen mir in den nächsten Jahrzehnten große Schwierigkeiten bevor.
  • Außer den Ölpreis gibt es noch andere Vorteile, denn ich kann, wenn ich auf der Quelle sitze, mißliebige Konkurrenten wie Japan in Schach halten.

Das würde allerdings bedeuten, dass die US-Regierung bewusst
(sic!) gegen die Interessen ihres eigenen Landes arbeitet.

So gesehen vielleicht weniger.

Gruß

J.

hallo Sancho,
2 Tatsachen sprechen dafür, dass dieses Öl eines der Hauptgründe ist:

  1. Bush, C. Rice und noch andere waren früher bei Ölfirmen beschäftigt und werden von denen gefördert,
  2. von diesem Öl ist nicht nur fast genauso viel vorhanden, wie in SA, sondern es ist auch noch dazu von wesentlich besserer Qualität.
    Die Rechnungen über Ölpreis und Menge stimmen alle nicht. Denn das Öl kann zu einem wesentlich günstigeren Preis verarbeitet werden.
    Dazu kommt, dass sich die Ami mit SA nicht mehr so sicher sind. Das Königshaus nimmt immer mehr Abstand zu den USA. Es wird nicht mehr lange dauern und die gehören auch zur Achse des Bösen. Die Emirate sind fast am Ende der (Öl)Fahnenstange angelangt.
    Wer den Orient beherrscht, beherrscht die Welt.
    Grüße
    Raimund

findest Du?

Hi,

Rechnen wir doch mal nach:

So, wie du rechnest, berücksichtigst du doch nicht die
Auswirkungen des Krieges auf den Ölpreis.

Der Ölpreis wird kurzzeitig ansteigen und dann wegen der erhöhten Irakischen Produktion wieder fallen.
Selbst wenn der Ölpreis nach dem Krieg signifikant höher liegt, werden die Einkommen nicht ausreichen, den volkswirtschaftlichen Schaden auszugleichen.

Außerdem sind da die
geostrategischen Überlegungen mit einzubeziehen, die ja auch
eine Rolle spielen:

  • habe ich das Öl, diktiere ich den Preis (oder kann ihn
    zumindest stark beeinflussen).

das ist das eigentliche Problem: Um den Weltmarkt eines Rohstoffes tatsächlich zu beherrschen, benötigt man die Herrschaft über ca 75 % der Weltproduktion. (das ist so ein Erfahrungswert). Und wenn dies ein hochstrategischer Rohstoff ist, dann wird bei eienr unvernünftigen Preiserhöhung sehr schnell Ersatz beschafft. So führte der „Ölschock“ in den 70-gern zum beschleunigten Ausbau der Nordsee- und Alaskavorkommen.

Ausserdem ist die Anwendung der Ölwaffe ein sehr zweischneidiges Schwert. Zum einen kann man ein Ölfeld nicht einfach Auf- und wieder zudrehen. Das hat geologische Gründe. Am besten ist eine schöne, konstante Förderrate.
Zum anderen dürfte es naiv sein, dass die US-Ölindustrie den Anweisungen der US-Regierung folgt. Die werden ihre Produkte da absetzen, wo sie den höchsten Preis erzielen kann.
Ausserdem wäre die Abnabelung einzelner Wirtschaftsräume durch die USA ein eklatanter Verstoss gegen den GATT, würde einen ungeheuerlichen Handelskrieg auslösen, der aus und gerade der US-Wirtschaft schwersten Schaden zufügen würde.

Das würde allerdings bedeuten, dass die US-Regierung bewusst
(sic!) gegen die Interessen ihres eigenen Landes arbeitet.

So gesehen vielleicht weniger.

Sehen wir es realistisch, eine Anhebung des Ölpreises auf 50 US$ würde die US-Wirtschaft stärker schädigen als jede andere, denn die US-Wirtschaft hat den stärksten Energieverbrauchen je Produktionseinheit.
(by the way, auf den Liter Benzin würde das so etwa 20 Cent Mehrkosten ausmachen)

Wenn die USA einen Weltwirtschaftskrieg anzetteln wollen, dann werden sie den verlieren.
Die anderen zwar auch, aber…

Grüsse
Mike

Hallo Michael,

ich halte es aufgrund der Erfahrungen auch mit dem hiesigen System (was objektive Fehlinvestitionen, Käuflichkeit… angeht) für absolut nicht unwahrscheinlich, dass von einzelnen in der Bushregierung erfolgreich eine Sozialisierung der Kosten (letztendlich auf die gesamte Welt, also auch auf uns als Aufräumkommando) unter Privatisierung der Gewinne in die Richtung Rüstungs-, Sicherheitstechnik- und Ölindustrie stattfindet.

Gerade was Deinen Einwand angeht, dass die Ölvorkommen bereits verteilt seien, wage ich den Vorschlag des Iraks letzter Woche einzuwerfen, dass bei Verzicht auf den Krieg die amerik. Industrie berücksichtigt würde. Das hat sicher unseren franz. Freunden nicht gefallen. Denn an wen wollen sie sich bei einer Vertragsverletzung wenden? An den ausgepowerten Irak? An Saddam? An die Uno? An die WTO?

Ich glaube auch weiterhin, dass der Ölvorwurf alleine zu kurz gegriffen ist. Aber Teil des Gesamtbildes ist er auf jeden Fall!

Grüße
Jürgen

Hai, Mike,

Deine Rechnung stimmt, wenn…
…ja, wenn die Gewinne in’s selbe Töpfchen fließen, aus dem auch die Kosten des Spektakels getragen werden
wenn alle Menschen volkswirtschaftlich denken
wenn keine der beteiligten Personen eine persönliche Gewinnerwartung hat

Und das „Problem“ der bestehenden Verträge läßt sich auch (auf-)lösen („Ups, da haben wir doch glatt versehentlich das falsche bombardiert - sorry“, „Wir haben so viel Mühe, unsere eigenen Firmen in diesem von Terroristen bevölkertem Gebiet zu schützen, wir können nicht für die Sicherheit Dritter bürgen…“ - *dummdidumm*)

Gruß
Sibylle
(die Öl zwar auch nicht für den einzigen Grund hält - schlieslich ruft da ja noch die „Gechichte“ - aber doch für einen wesentlichen)

Noch einmal dazu
Hallo Mike,

nach der Meinung der russischen Ölexperten, der Cambridge Energy Research Association sowie der Zeitschrift Newsweek können die Ölfirmen der USA die vermutlichen 100 Mlrd. Dollars zurückgewinnen, die für den Krieg ausgegeben werden sollen.

Die Gedankenkette:

Dieselben Mitbenutzer der irakischen Öls, die 1972 infolge der „Nationalisierung“ entmachtet wurden (Royal Dutch/Shell, Anglo-Persian, CFP, Exxon, Mobil, ARCO, Gulf Oil Corp., Standard Oil of Indiana als Teile der Iraq Oil Company),
werden Öl in Irak betreuen und im Falle einer proamerikanischen Regierung in fünf Jahren 100 Mlrd. Dollars gewinnen.

Also nicht durch den Ölpreis, sondern durch die Beteiligung an der Wiederherstellung und Betrieb - im positivsten Fall sogar ganz für sich allein.

Ist es logisch?

Herzliche Grüße