Hallo,
Die Preise sind deutlich gestiegen, aber die von dir
beschriebenen Folgen sind weitgehend ausgeblieben. Der
Benzinpreis hat sich in den letzten 10 Jahren jedenfalls nicht
verdreifacht (er hat sich nichtmal verdoppelt)
Natürlich haben sich die Benzinpreise nicht verdreifacht, weil sich diese nicht nur aus dem Rohölpreis zusammensetzen, sondern bei uns auch zu einem großen Teil aus einem fixen Steuerbetrag, der mit steigenden Ölpreisen eben nicht mitsteigt. In anderen Ländern, wie z.B. den USA, in denen kaum Steuern auf Benzin sind, haben sich die Benzinpreise dagegen verdreifacht, da hier der Rohölpreis voll durchschlägt.
Außerdem ging es hier nicht um Benzin im Speziellen, sondern um Öl. Und wenn du z.B. bei uns Heizöl nimmst, auf dem ebenfalls nur eine sehr geringe Besteuerung erfolgt, dann haben sich diese ebenfalls fast verdreifacht. Von rund 35 Ct/Liter im Jahr 2002 auf inzwischen knapp 90 Ct/Liter.
und die Industrie kam damit bestens zurecht - die deutschen Autofahrer
komischerweise auch.
Ich habe keine Ahnung wieviel du verdienst, jedenfalls kenne ich eine ganze Menge an Leuten, die damit sehr wohl zu kämpfen haben. Frag doch mal einen Hausbesitzer mit Ölheizung, wie er sich fühlt, wenn er derzeit die Tanks auffüllen lässt. Das macht pro Jahr Mehrkosten von über 1000 EUR aus. Wenn du glaubst, dass die Leute damit „bestens zurecht“ kommen, dann lebst du offenbar in einer anderen Welt. Das Geld dass sie hier mehr ausgeben, müssen sie schließlich woanders einsparen (Urlaub, Anschaffungen, etc).
Und die Preisspitze in 2008 hatte ihren Anteil an der
Weltwirtschaftskrise.
Das stimmt schlicht nicht, bzw ist reine Spekulation.
Das würde bedeuten, dass die Energiepreise keinen Einfluss auf die Wirtschaft haben. Das halte ich für eine abenteuerliche These. Man kann sich über die Höhe des Anteils der gestiegenen Energiepreise an der Krise sicher streiten, aber einen Zusammenhang als nicht existent oder als reine Spekulation darzustellen, geht wohl an der Wirklichkeit vorbei.
Allerdings hat die Krise die Ölkonzerne schwer getroffen, weil
sie auf ihren Produkten sitzen blieben.
Deshalb haben die Ölkonzerne auch 2008 teils Rekordgewinne eingefahren? Und nein, Raffinerien stellen nicht die gesamte Ölbranche dar.
Kann mich erinnern, wie man in einer Raffinerie am Kotzen war, weil die
Schmierstofftanks voll waren und man die Gesamtproduktions
einstellen musste, weil man das Endprodukt nirgendwo lagern
konnte.
Du sprachst vorhin von „Ölkonzernen“. Die wenigsten Ölkonzerne sind aber reine Raffineriebetreiber und im Upstream-Bereich wurde dafür umso besser Geld verdient. Irgendwo müssen die Rekordgewinne ja zustandegekommen sein. Du pickst dir immer genau die Teile des Puzzles heraus, die dir gerade ins Bild passen. Allen der großen Ölkonzernen ging es jedenfalls in der Krise nicht schlecht, wie man an ihren Unternehmensbilanzen sehen kann.
Das sehe ich völlig anders als du. Ich denke, dein Ansatz hat
2 Fehler. Erstens wird es keine plötzlichen Entwicklungen
geben. Jede dieser Entwicklungen geht allmählich vonstatten.
Aber auch der Aufbau von alternativer Ölproduktion geht doch nicht „plötzlich“ sondern allmählich vonstatten. Das Problem entsteht dann, wenn der Aufbau dieser Produktion mit der steigenden Nachfrage nicht Schritt halten kann. Und hier ist es für mich absolut nicht einleuchtend, wieso dieser Aufbau per se immer gleich schnell oder schneller sein sollte, als die Summe aus Nachfrageanstieg und dem Wegbrechen der konventionellen Ölförderung.
Es dauert eben nicht! Die Alternativen sind alle schon da. Die
sind auch großteils marktreif.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, das du XtL-Fabriken bauen musst, die Infrastuktur dafür schaffen musst, die Gasförderung entsprechend ausweiten muss, Tiefseebohrungen durchführen musst usw usf. Das *dauert* sehr wohl. Ich habe jedenfalls noch nicht mitgekriegt, dass man sowas mal schnell in einem großen Umfang innerhalb eines Jahres machen kann.
Und schon jetzt gibt es in Deutschland einen Boom in den
regenerativen Energien. Etliche Hausbesitzer steigen auf
Pellets, Solarthermie oder Geothemie um, um ihre Heizkosten
umzulagern. Elektrofahrzeuge bzw. Hybridtechnologien stehen
hoch im Kurs.
Letztes Jahr wurden gerade mal 719 Elektroautos und 8394 Hybridfahrzeuge (v.a. Toyota Prius) in Deutschland zugelassen. Das ist ein Anteil von sage und schreibe 0,3% an den gesamten Neuzulassungen. „Hoch im Kurs“ ist für mich was anderes. Der Anteil der Elektroautos für das Jahr 2020 wird auf etwa 1 Mio Fahrzeuge geschätzt, das bedeutet, dass selbst in 10 Jahren noch 95% der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor fahren. Allein hier siehst du doch schon, dass es eben sehr wohl *dauert* bis man auf andere Technologien umsteigt.
Ich hab übrigens im WEO gar keine Aussagen zum zukünftigem
Ölverbrauch gefunden, hast du da mal nen link parat?
Dann wirf mal einen Blick in das Reference Scenario der IEA. Zu finden z.B. im World Energy Outlook 2009, Seite 81:
http://www.iea.org/weo/2009.asp
Bisheriger und prognostizierter Ölverbrauch weltweit laut IEA:
2007: 85,2 mb/d
2008: 84,7 mb/d
2015: 88,4 mb/d
2030: 105,2 mb/d
Und diese Zahlen wurden bereits kritisiert, weil sie aufgrund der Krise zu drastisch nach unten korrigiert wurden, denn der Ölverbrauch stieg seit 2008/2009 viel schneller als erwartet, und lag bereits 2010 wieder bei 87,4 mb/d und in diesem Jahr wohl sogar schon bei knapp 89 mb/d. Die prognostizierten 88,4 mb/d für 2015 dürften daher illusorisch sein.
Jo. Wie wäre es, wenn wir aufhören würden Upstream und
Downstream durcheinander zu hauen? Die Probleme gibts im
Downstreambereich.
Das ist mir schon klar, das ist aber nichts neues, dass das große Geld im Upstream, sprich der Förderung von Öl, verdient wird und nicht im Absatz von Benzin über Tankstellen oder in den Raffinerien. Da die großen Ölkonzerne aber alle auch im Upstream-Bereich beteiligt sind, macht es ja keinen Sinn, hier ausschließlich den Downstream-Bereich zu betrachten. Am Schluss zählt das, was in der Bilanz steht.
Und auch der Downstream-Bereich hat ja nicht überall Probleme. Da in Deutschland der Ölverbrauch stagniert oder gar rückläufig ist, ist der Druck hierzulande auf die Raffinerien natürlich sehr groß. Die Welt ist aber ein bisschen größer als Deutschland, und da weltweit der Ölverbrauch steigt, ist die Situation weltweit natürlich auch eine etwas andere.
Tja, alle meine Freunde arbeiten im Downstream. Und der wird
zunehmend zugemacht, verkauft und verkleinert.
Ja und? Wenn es zu viele Raffinerien gibt, dann werden eben manche zugemacht. Es wird aber immer entsprechend viele Raffinerien geben, weil du im Upstream-Bereich ja nur das Geld mit dem Öl verdienen kannst, dass im Downstream-Bereich auch zum Verbraucher geliefert wird.
Bei den Benzinpreisen lohnt sich die
Benzinproduktion eben kaum.
Dafür lohnt sich der Upstream um so mehr und der Downstream *kann* gar nicht zugemacht werden, weil sonst der Upstream keinen Sinn hat. Öl zu fördern ohne es verkaufen zu können, wäre ja auch irgendwie hirnrissig. Wenn die Raffinerie-Kapazität zu weit absinken würde, dann steigen auch die Raffinieriepreise und damit die Margen im Downstream. Der Downstream-Bereich wird daher immer die Margen haben, die es braucht, um ihn zumindest am Leben zu halten. Das gebietet ja die pure Logik und das Marktverhalten.
vg,
d.