Österreich: Bedenkzeit

Hallo Austria,

was bedeutet der im juristischen Umfeld genutzte Begriff „Bedenkzeit“ in Österreich?

Handelt es sich dabei in diesem Zusammenhang um einen Fachbegriff wie z.B. „bedingt“ (=„auf Bewährung“)? Falls ja, wie lautet der korrekte Begriff in deutscher Jurisprudenz?

Danke + Grüße
Diana

Hallo, Diana,

was bedeutet der im juristischen Umfeld genutzte Begriff
„Bedenkzeit“ in Österreich?

gibt es einen konkreten Kontext?
Falls es um Erbrecht geht, könnte die „Deliberationsfrist“ („Spatium deliberandi“) gemeint sein, siehe http://susi.e-technik.uni-ulm.de:8080/Meyers2/seite/…

und http://www.dr-hoek.de/beitrag.asp?t=erbschaft-nach-o… :

III. Erbserklärung
…Dem Erben kann aus erheblichen Gründen eine Bedenkzeit und daher eine Verlängerung der ihm zur Erbserklärung bestimmten Frist oder eine Erstreckung der hierzu angeordneten Tagsatzung bewilligt werden, doch darf dieselbe nicht länger, als auf die Dauer eines Jahres erteilt werden…

Gruß
Kreszenz

Hallo Austria,

was bedeutet der im juristischen Umfeld genutzte Begriff
„Bedenkzeit“ in Österreich?

Der Begriff der „Bedenkzeit“ wird in Österreich vor allem im Zusammenhang mit dem Strafprozess benutzt (zB im Sinne von „Der Angeklagte erbat sich eine Bedenkzeit nach Verkündung des Urteils“).
Hintergrund ist der, dass Staatsanwalt und Angeklagter/Beschuldigter nach Verkündung des Urteils innerhalb von 3 Tagen die Berufung (bzw allenfalls Nichtigkeitsbeschwerde) anzumelden haben, ansonst wird das Urteil rechtskräftig. (Wird ein Rechtsmittel angemeldet, so hat man nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung 4 Wochen Zeit zur Ausführung der Berufung.)

So gesehen, hat also der Angeklagte (wie auch der Staatsanwalt etc) schon aufgrund des Gesetzes eine „Bedenkzeit“ von 3 Tagen, in der er sich entscheiden kann, ob er das Urteil „annimmt“ (= auf ein Rechtsmittel verzichtet oder einfach die Frist ungenützt ablaufen lässt) oder ob er das Rechtsmittel anmeldet. Er kann das Urteil natürlich auch sofort nach Verkündung annehmen oder sofort in der Verhandlung die Berufung anmelden.

Das „Erbeten“ einer „Bedenkzeit“ ist also von der StPO gar nicht vorgesehen, weshalb es eigentlich auch nicht richtig ist, vom „Erbeten“ einer „Bedenkzeit“ zu sprechen (wenngleich sich dies so eingebürgert hat). Richtiger wäre eine Formulierung, nach der der Angeklagte zB „keine Erklärung abgibt“ (= weder sofort anmeldet noch sofort auf ein RM verzichtet).

P.

Hallo Patrick & Kreszenz,

herzlichen Dank für Eure Antworten!

Ihr habt beide Recht: Ich meinte mit meiner Frage zunächst den (allgemeiner gefassten) prozessualen Begriff. Im speziellen findet der Begriff „Bedenkzeit“ Verwendung im Erbschaftsrecht (§118 AußStrG).

Viele Grüße
Diana

Grüß Dich Diana,
wahrscheinlich hat sich Deine Frage jetzt schon
erübrigt. Bedenkzeit wird auch im normalen Hochdeutsch
verwendet. Da meint man die Zeit etwas zu bedenken,
also die Zeit genauer über etwas nachzudenken um z.B. eine
Entscheidung zu fällen.
Wenn Du z.B. 4 Wochen für etwas Bedenkzeit hast, dann hast du
4 Wochen Zeit etwas zu entscheiden (Kündigung, Einspruch,
Geständnis…).
Eine besondere juristische Bedeutung von „Bedenkzeit“ in
Österreich ist mir nicht bekannt.
Servus
Roland

Ihr habt beide Recht: Ich meinte mit meiner Frage zunächst den
(allgemeiner gefassten) prozessualen Begriff. Im speziellen
findet der Begriff „Bedenkzeit“ Verwendung im Erbschaftsrecht
(§118 AußStrG).

Hallo Diana,
§ 118 AußStrG idgF (BGBl. I Nr. 111/2003) regelt die Erstanhörung im Verfahren über die Sachwalterschaft für behinderte Personen und hat weder mit Bedenkzeit noch mit Erbschaftsrecht etwas zu tun. Ich schließe mich Patricks exzellenten Ausführungen an.
Grüße, Peter

Hallo Peter,

interssant. Die Information stammte von einem promovierten, in Österreich tätigen Rechtsanwalt. Ich werde dort nochmal nachhaken.

Vorerst vielen Dank für die Info!

Viele Grüße
Diana

interssant. Die Information stammte von einem promovierten, in
Österreich tätigen Rechtsanwalt. Ich werde dort nochmal
nachhaken.

Hallo Diana,
offensichtlich beziehst Du Dich auf den „alten“ § 118 AußStrG idF RGBl.Nr. 208/1854, der tatsächlich unter der Überschrift „Bedenkzeit“ erbrechtliche Regelungen enthielt. Diese Bestimmung ist aber im Zuge der umfassenden Reform des österreichischen Außerstreitrechtes durch BGBl. I Nr. 111/2003 mit 31.12.2004 außer Kraft getreten. Der seit 1.1.2005 in Geltung befindliche „neue“ § 118 AußStrG regelt – wie schon erwähnt – die Erstanhörung im Sachwalterschaftsverfahren.
Grüße, Peter

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