Österreichisches Lied erklären: Goiserer Jaga

Hallo Forum,

mein Österreichisch ist normalerweise recht gut, aber bei Hubert von Goisern stoße ich doch hin und wieder auf Wörter, die ich noch nie gehört habe. Zum Glück gibt es ja ostarrichi.org, und von der TRAD-Platte gibt es sogar eine englische Übersetzung im Netz.

Leider hilft mir beides nicht weiter, um den Text von „A Goiserer Jaga“ zu verstehen.
Ich versuch’s mal:

ja in de stoanagrabn, da wernd de fleck scho apper
da wachst des schenste gras, da beste wildbratfraß
ja, dass dort gamserln gibt, des woaß a jeder gwiß
traut si koa jaga auffi, grad a schütz

Ja im Steingraben (?), da werden die Flecken (?) schon schneefrei,
da wächst das schönste Gras, das beste Wildbrät-Futter,
ja dass es dort Gämsen gibt, weiß jeder mit Sicherheit,
traut sich kein Jäger hoch, nur ein Schütze.

Was ist denn nun der Unterschied zwischen einem Jäger und einem Schützen? Warum wagt dieser mehr als jener?

und a goiserer jaga der „9 woacha“ hoaßt
der is auf’s schütznfanga gar so sakrisch hoaß
er muaß oft selber lauffn, dass da stecka kracht
dass eahm da wochasack an buckl schlagt

Und ein Goiserer Jäger, der „9 Wochen“ heißt,
der fängt so unglaublich gern Schützen.
Er muss oft selbst rennen, dass die Stöcke (?) krachen,
dass ihm der Rucksack auf den Rücken schlägt.

Warum heißt jemand „9 Wochen“? Warum fängt jemand Schützen? Und muss dann selber flitzen? Diese Strophe ist mir vollends unverständlich.

und da gipfler-jaga is a fescha man
er hat an grau’n rock an, mit greane aufschläg dran
da rock is längst scho zrissn, aber zahlt no nia
wann i’s da gipfler wa, des wa ma z’schia

Und der Gipfler-Jäger (Ist Gipfler ein Familienname?) ist ein schöner Mann,
er trägt einen grauen Rock mit grünen Aufschlägen,
der Rock ist längst schon zerrissen, aber noch nicht bezahlt,
wenn ich der Gipfler wär – das wär mir zu schäbig.

Diese Strophe ist noch die verständlichste von allen.
Aber ich habe noch eine Zusatzfrage an alle, die das Lied kennen: Zwischen den Strophen kommt ein Spott-Jodler. Da werden wohl auch Worte gesungen, oder woran erkennt man sonst, dass es sich um Spott handelt? Ich kann mich grad leider nicht erinnern, welche Wörter ich verstanden habe, aber einen Sinn hat das nicht ergeben. Vielleicht könnt Ihr mir da weiterhelfen?

Und schließlich noch eine Frage zu einem anderen Titel von TRAD, dem Landler:

scheint da hel-mon so schen
übers dachö
bald sist koana kimmt
kimmt da nachbarn-klachö

Scheint der helle Mond so schön
übers Dach,
wenn sonst keiner kommt,
kommt der Nachbarn-(…?)

Bitte wer kommt da? ostarrichi.org kennt Klachö als „großes männliches Geschlechtsteil“, aber ist das hier wirklich gemeint? Die englische Übersetzung sagt hier „clapper“, aber das ist mir in diesem Zusammenhang genauso befremdlich, und dann kann hat clapper auch noch mehrere Bedeutungen.

Liebe Grüße
Immo

Hi, Immo!

ja in de stoanagrabn, da wernd de fleck scho apper
da wachst des schenste gras, da beste wildbratfraß
ja, dass dort gamserln gibt, des woaß a jeder gwiß
traut si koa jaga auffi, grad a schütz

Ja im Steingraben (?)

in den Steingräben

da werden die Flecken (?) schon schneefrei,

da wächst das schönste Gras, das beste Wildbrät-Futter,

Wildbret!

ja dass es dort Gämsen gibt, weiß jeder mit Sicherheit,
traut sich kein Jäger hoch, nur ein Schütze.

Was ist denn nun der Unterschied zwischen einem Jäger und
einem Schützen? Warum wagt dieser mehr als jener?

Mit „Schütz“ ist der Wildschütz gemeint. Es gehört zu den Topoi der Wildschützromantik, dass der „Jaga“ der Feige und Hinterhältige ist.

Und ein Goiserer Jäger, der „9 Wochen“ heißt,
der fängt so unglaublich gern Schützen.
Er muss oft selbst rennen, dass die Stöcke (?) krachen,

der Stock. Man verwendet einen Stock, um sich bei Sprüngen und beim Abwärtsgehen abzustützen.

Warum heißt jemand „9 Wochen“?

Ist es wirklich so geschrieben?

Warum fängt jemand Schützen?

Siehe oben! Es handelt sich um eine Art Krieg, weißt es eh.

_Und der Gipfler-Jäger

da rock st Gipfler ein Familienname?)_

Familienname oder Herkunft aus „Gipfl“.

scheint da hel-mon so schen
übers dachö
bald sist koana kimmt
kimmt da nachbarn-klachö

Scheint der helle Mond so schön
übers Dach,

Dachl (südbairisch, = kleines Dach)

wenn sonst keiner kommt,
kommt der Nachbarn-(…?)

Bitte wer kommt da? ostarrichi.org kennt Klachö als „großes
männliches Geschlechtsteil“, aber ist das hier wirklich
gemeint?

Mit Glachl kann allerhand unförmig Großes und Klobiges gemeint sein; z. B. auch ein großes Holzscheit.

Schönen Gruß!
Hannes

Hallo!

Zumindest eine Frage kann ich beantworten:

Was ist denn nun der Unterschied zwischen einem Jäger und
einem Schützen? Warum wagt dieser mehr als jener?

Warum heißt jemand „9 Wochen“? Warum fängt jemand Schützen?
Und muss dann selber flitzen? Diese Strophe ist mir vollends
unverständlich.

„Schütz“ ist eine Kurzform für „Wildschütz“, also ein Wilderer. Das Verhältnis zwischen ehrbaren Jägersleuten und Wilderern war ja immer schon „etwas angespannt“. Also jag(t)en Wilderer dort, wo Jäger normalerweise nicht hingehen, in diesem Fall ziemlich weit oben. Eine Begegnung war wohl eine ziemlich ernste und zuweilen tödliche Angelegenheit.

Was die „Fleck“ betrifft: Ich denke, Kutteln oder schlechte Noten in der Schule können wir bestimmt ausschließen, oder? :wink:

Gruß
Steve

Hallo,

Das Wort „Glachl“ kommt im Steirischen in der „Klachlsuppn“ vor, dabei ist Eisbein (auch als österreichisch „Stelze“ bekannt) ein Hauptbestandteil. Könnte dort auch passen, obwohl HvG Oberösterreicher ist, allerdings hat die Region Bad Goisern eine (geografische) Nähe zur Steiermark.

Es grüßt

Der Daimio

Hallo Hannes,

vielen Dank für Deine Antwort.

da wächst das schönste Gras, das beste Wildbrät-Futter,

Wildbret!

:smile: Da hab ich doch das Wildbret gleich braten wollen!

Warum heißt jemand „9 Wochen“?

Ist es wirklich so geschrieben?

Im Textheft, welches in der CD liegt, steht „9 Wocha“.

bald sist koana kimmt
kimmt da nachbarn-klachö

wenn sonst keiner kommt,
kommt der Nachbarn-(…?)

Mit Glachl kann allerhand unförmig Großes und Klobiges gemeint
sein; z. B. auch ein großes Holzscheit.

Das hilft mir leider nicht, den Sinn zu verstehen (und auch das erwähnte Eisbein nicht). Was soll denn das bedeuten, dass das Holzscheit des Nachbarn kommt, wenn sonst keiner kommt, obwohl der helle Mond so schön übers Dächlein scheint?

Liebe Grüße
Immo

Hallo!

Mit Glachl kann allerhand unförmig Großes und Klobiges gemeint
sein; z. B. auch ein großes Holzscheit.

Das hilft mir leider nicht, den Sinn zu verstehen (und auch
das erwähnte Eisbein nicht). Was soll denn das bedeuten, dass
das Holzscheit des Nachbarn kommt, wenn sonst keiner kommt,
obwohl der helle Mond so schön übers Dächlein scheint?

Es könnte im übertragenen Sinn für einen (großen und klobigen) Menschen gebraucht worden sein.

Gruß,
max

1 Like

Grüß dich!

bald sist koana kimmt
kimmt da nachbarn-klachö

wenn sonst keiner kommt,
kommt der Nachbarn-(…?)

Mit Glachl kann allerhand unförmig Großes und Klobiges gemeint
sein; z. B. auch ein großes Holzscheit.

Was soll denn das bedeuten, dass
das Holzscheit des Nachbarn kommt, wenn sonst keiner kommt,
obwohl der helle Mond so schön übers Dächlein scheint?

Von „obwohl“ ich keine Rede; wahrscheinlich ist der Zusammenhang temporal:
WENN der Mond …,
DANN kommt der Nachbarn-Klachl (d. i.: der grobe Typ von nebenan) …
vermutlich zur Sennerin oder ans Kammerfenster oder sonstwohin. Ich kenn ja den Zusammenhang nicht, im Gegensatz zu dir. Also klär du mich auf!
Gruß!
H.

2 Like

Ja, das wird’s sein, der große Kerl von Nebenan.

Mit Zusammenhang ist’s nicht weit her, für mein Empfinden stehen die Strophen des Landlers reichlich zusammenhanglos nebeneinander.
Du kannst den Text hier nachlesen: http://www.hubertvongoisern.com/trad/lyrics.html#lan…. (Auf der Seite sind allerdings einige Texte falsch abgeschrieben, da heißt der Goiserer Jaga z.B. „9 Woacha“, während im Textheft tatsächlich „9 Wocha“ steht. Müsste ich noch mal hören, was er da singt, es kann ja auch ein Fehler im Textheft stillschweigend korrigiert worden sein.)

Liebe Grüße
Immo

Ja, das wird’s sein, der große Kerl von Nebenan.

Das glaub ich auch; Schmeller beschreibt den Klachel* u. a. als plumpe, vierschrötige Mannsperson, bei Grimm ist es ein starker und plumper kerl oder auch ein nichtswürdiger mensch.

*Grundbedeutung: (Glocken-)Schwengel - daher wohl der „clapper“

(Und er kommt nicht, obwohl der Mond so schön scheint, sondern wenn sich in besagter Mondnacht für ihn die Gelegenheit bietet, weil sich kein anderer Interessent einfindet :wink:)

Gruß
Kreszenz

Hallo!

*Grundbedeutung: (Glocken-)Schwengel - daher wohl der
„clapper“

Da gibt’s doch auch den Galgen- und den Ladenschwengel. Den Galgenschwengel kann ich mir vorstellen, aber der andere?

(Und er kommt nicht, obwohl der Mond so schön scheint,
sondern wenn sich in besagter Mondnacht für ihn die
Gelegenheit bietet, weil sich kein anderer Interessent
einfindet :wink:)

Freut mich. Das war auch meine Meinung.
Gruß!
H.

Hallo,

Da gibt’s doch auch den Galgen- und den Ladenschwengel. Den
Galgenschwengel kann ich mir vorstellen, aber der andere?

Röhrich erklärt den Begriff so:

"Ladenschwengel ist eine Berufsschelte, die auf einen Ladendiener oder Ladenjungen angewandt wird. Sie ist kaum vor 1792 belegt. 1809 wird der Ausdruck in Campes Wb. d. dt. Sprache ›pöbelhaft‹ genannt. Er dürfte vermutlich eine Schöpfung der Studentensprache sein, die analog zu dem bereits um 1300 bekannten ›Galgenschwengel‹ gebildet wurde. Die frühere Annahme, daß es sich um eine sexuelle Pars-pro-toto- Bezeichnung handelt …, wie Stift, Stöpsel u.a., dürfte demnach nicht die primäre Deutung sein.

Schwengel kommt von schwingen, …, also auch:… schwingen, hin und her
Ladenschwengel ist also der junge Mann, der dienstbeflissen hin- und herrennt , um den Kunden durch reiche Angebote zufriedenzustellen. Weitere Bez. der Ladendiener, die meist auf die Sticheleien zwischen Studenten und Ladenpersonal zurückgehen, sind ›Ladenhengst‹ …, dann ›Ladenschwung‹ und ›Ladenschwanz‹.
Auch ›Ladenhupfer‹, ›Ladenhupser‹ und ›Ladengumper‹ (nördlich Freiburgs) sind gelegentlich zu hören."

Gruß
Kreszenz

Klachl
Hallo!

kimmt da nachbarn-klachö

Ich (OÖ mit Wiener Wurzeln) hab Klachl in der Bedeutung von großem, hageren Burschen kennengelernt.
Ich tipp also auf den Nachbarssohn.

Hanna

Danke!
Vielen Dank an alle. Bis auf die eine Frage, warum jemand „9 Wo(a)cha“ heißt, konnte ja alles bestens geklärt werden.

Übrigens war ich nie der Meinung, irgendwer komme, obwohl der Mond so schön scheint. Das schrieb ich lediglich in parodistischer Überspitzung, weil zu jenem Zeitpunkt die Gesamte Strophe für mich noch keinen Sinn ergab und ich damit andeuten wollte, dass ich tatsächlich alle erdenklichen Möglichkeiten, diese Strophe zu verstehen, durchgegangen bin.

Nichts für ungut.

Nochmals ein ganz herzliches Danke!

Immo

Vielen Dank an alle. Bis auf die eine Frage, warum jemand „9
Wo(a)cha“ heißt, konnte ja alles bestens geklärt werden.

Hi mitnand,
„9 Woacha“ das erinnert mich an die Redewendung „9 mal gscheiter“
der Jaga ist also ein „neunmalwoacher“ von „weich“, also einer, der sich nix traut, also nicht so weit rauf wie der Wildschütz.

ich mach mir auch Gedanken über die letzte Zeile dieser Strophe:
„dass eahm da wochasack an buckl schlagt“
Wochasack = Rucksack das wurde ja schon gesagt
Wochasack = großer, schwerer Rucksack, mit der Verpflegung für eine ganze Woche ?

Gruss

M@x

Hallo, M@x,

„dass eahm da wochasack an buckl schlagt“
Wochasack = Rucksack das wurde ja schon gesagt

Wochasack = großer, schwerer Rucksack, mit der Verpflegung für
eine ganze Woche ?

stimmt, vgl. http://www.sagen.at/doku/seenbuch/holzknechte.html :

An diesem Tage kann man dem Holzknecht begegnen, wie er in der Dämmerung den Bergpfad ansteigt, mit seinem ledernen ‚Wochensack‘ beladen, in dem er das mitnimmt, was er die Woche über braucht, Mehl, Brot, Schmalz und wohl auch manchmal ein Stückchen ‚Geselchtes‘.

und http://books.google.de/books?id=K79BAAAAcAAJ&dq=woch…

Gruß
Kreszenz

Hallo, M@x,

Wochasack = großer, schwerer Rucksack, mit der Verpflegung für
eine ganze Woche ?

stimmt, vgl.

http://books.google.de/books?id=K79BAAAAcAAJ&dq=woch…

Gruß
Kreszenz

danke für die Bestätigung
schönes Zitat hast du da gefunden!

Gruss

M@x