Brauchts eine Art supranationales Scheidungsgericht für solche und künftige Fälle?
eine Freundin sagte mir heute vormittag: „ist halt Nationalismus!“. Bevor ich sie fragen konnte, welche Seite sie damit meine, wurde anderes wichtiger. Spanischer Nationalismus? Katalanischer Nationalismus? Katalanischer Antinationalismus? Spanischer Antinationalismus? Beider Nationalismus?
Quo vadis, Bavaria sancta?
Warum haben die Katalanen kein ¿ und geben dem ? auch kein Espace?
warum erhalten die Katalanen in diesen Tagen (oder übersehe ich diese?) so wenig Unterstützung anderer anti-spanischer Regionen?
Nein. Das wäre eine Aufgabe für die „moralische“ Intervention (Schlichtung) durch die UN. Hier geht es ja darum, dass weder die Zentralregierung noch das Verfassungsgericht die Rechtmäßigkeit (und damit auch die Vorbereitung) eines separatistischen Referendums anerkennen, geschweigen den die Separation selbst.
Die UN selbst darf sich einerseits nur unter sehr engen Regeln und nach Resolution durch den Sicherheitsrat einmischen. Man kann davon ausgehen, dass die VRC aus prinzipiellen Erwägungen immer ein Veto einlegen werden. Denn die haben ihre eig. Probleme mit fremden Landesteilen, die in den Schutz des Reichs (der Mitte) heimgeholt wurden oder werden sollen.
Andererseits ist die UN gehalten, Bedrohungen für den Weltfrieden, abzuwenden. Als solche können auch innerstaatliche Konflikte, die extrem eskalieren, gewertet werden. Wir sind noch sehr weit von den Eskalationsstufen entfernt, bei der der Weltfrieden bedroht wäre.
Befürchtest Du eine Machtergreifung durch die Bayernpartei?
Wieviel sollte es die geben? Im Baskenländle hat man sich mittlerweile arrangiert.
Ich halte die Reaktion der Madrider Zentralregierung für sehr überzogen. Eine kürzlich von der katalanischen Regionalregierung durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass 48,5% gegen eine Abspaltung sind und nur 44,3% dafür. Wobei die Separatisten eine deutlich höhere Organisationsdichte erreicht haben als die Gegner der Abspaltung.
Wäre das Referendum mehr als nur von symbolischer Natur, so würden IMHO die Gegner nachziehen und die Ablehnungsquote noch deutlicher ausfallen.
Die Anhänger einer Separation müssen auf jeden Fall den Weg der Verhandlungen gehen und u.U. zuerst die Verfassung Spaniens in Absprache mit den anderen Akteuren abändern.
Ich hoffe, dass heute grösstenteils Ruhe bewahrt wird und es nicht soweit eskaliert, dass es zu echten Unruhen (ggf. mit Schußwaffeneinsatz) kommt.
Gerade weil es in den meisten Fällen eine einseitige Geschichte ist, bräuchte es permanente übergeordnete Institutionen und nicht ad-hoc-Schlichtungsstellen.
Wenn ich mich gegen ihren Willen von meiner Frau scheiden lassen will, dann brauch ich auch einen Richter und keinen Schlichter.
Ich geh mal stark nicht von der Sudanisierung Spaniens aus.
Jedenfalls lächerlich, wenn die UN dann erst eingreifen, wenn ein paar zehntausend Menschen tot sind, und nicht dann, um den Tod von ein paar zehntausend Menschen zu verhindern.
[quote] [quote=„FBH, post:1, topic:9419417“]
Quo vadis, Bavaria sancta?
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Befürchtest Du eine Machtergreifung durch die Bayernpartei?
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Nicht befürchten, erhoffen
Ich könnte mir, die Chancen sind natürlich gering einzuschätzen, vorstellen, dass Katalonien eine Initialzündung werden könnte, das weitere Separationen ermuntert und irgendwann als 37. Glied ist dann mein Bayernland an der Reihe.
Katalonien und Schottland sind jedenfalls meine beiden wichtigsten Hoffnungsträger.
[quote][quote=„FBH, post:1, topic:9419417“]
warum erhalten die Katalanen in diesen Tagen (oder übersehe ich diese?) so wenig Unterstützung anderer anti-spanischer Regionen?
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Wieviel sollte es die geben? Im Baskenländle hat man sich mittlerweile arrangiert.
Es ist sicher anzunehmen, dass es der Autonomiebewegung der Basken einen sauberen Schub geben würde, wenn in Katalonien konkret was vorwärts geht.
Das ist richtig.
Ich nehme an, dass die zentralspanische Reaktion den katalanischen Separatisten sehr in die Hände gespielt hat.
Wer dafür kämpfen muss, einen Wahl abhalten zu dürfen, der wählt kaum den, der einem das untersagen wollte.
Jedenfalls, egal was sich nun genau abspielt, wird der 1.10.17 ein entscheidendes Datum für die nächsten Jahre werden.
Massen Exodus der Firmen ( = Arbeitslosigkeit )
Eigene Armee ( Kosten)
Eigen Sportliegen ( z.B.s ATh. Bilbao, Real Sociedad, Alaves, Eibar würden nicht mehr in der spanischen Liga Spielen …
Eigene Münze ( Kosten )
Beamten Gehälter, Pensionen etc. müssten Sie selbst Zahlen ( werden von der spanischen Zentralregierung bezahlt ) ( Kosten ) etc………
da kommt auf die zu.
Kommt doch ganz darauf an, auf welche Lösungen es rausläuft.
Eine Unabhängige Sozialistische Volksrepublik Katalonien, könnte in der Tat von Firmenwegzügen betroffen sein
Selbst Seat / VW, das die letzten Jahre immer mit dem Wegzug im Fall der Unabhängigkeit gedroht hat (m.E. ein Frechheit angesichts der Tatsache, dass da ein deutsches Bundesland direkt mit im Boot sitzt), verhält sich derzeit, soweit ich das sehe, ziemlich ‚neutral‘.
Ja, all das, was auf Länder vergleichbarer Größe (das sind wohl knapp 2/3 aller EU-Mitgliedsstaaten, um einen Maßstab zu nennen) auch jedes Jahr zukommt. Das klingt jetzt nicht sonderlich abschreckend
Der Punkt ist doch, dass man eine richtende Stelle nur durch Übereinkunft schaffen kann. Im demokratischen Staat dadurch, dass man einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag fertigt (GG) und zwischen den Staaten dadurch, dass man multinationale Verträge eingeht. Erst durch die schiere Übermacht vieler Staaten und lange Zeit kann dann (auch ohne Einwilligung der Uneinsichtigen) so etwas wie das Völkergewohnheitsrecht entstehen.
Aber das VGR hat den Nachteil, dass es keine automatische und wirklich durchgreifende Sanktion vorsieht. Man kann nur sagen „der da ist ein Böser“. Wir erleben es doch derzeit mit Nordkorea, das sich mit einer UN-Resolution nach der anderen den Allerwertesten abwischt. Weil der Sicherheitsrat mit seinem Vetorecht eben eine halbe Totgeburt ist.
Tritt aus der Bundesrepublik aus, verliert damit den Status als Euroland und Schengenstaat. Zugang zum gemeinsamen Binnenmarkt gibt es auch nicht mehr. Ach, was für eine Idylle in der Einöde.
Es versteht sich von selbst, dass der Luftraum gesperrt wird und wir auch unsere Bundesautobahnen einrollen und abholen.
Ausserdem wäre die einzig zulässige Partei zukünftig die CSU.
Die Demo in Bilbao konnte gerade mal rund 1% der Bevölkerung mobilisieren. Ist jetzt nicht unbedingt eine besondere Hausnummer.
Das könnte sein. IMHO haben sie das Referendum jetzt ohnehin nur durchgezogen, um sich als Opfer darstellen zu können.
Darum gehts ja, sich darum zu bemühen.
Ist natürlich ein ganz dickes Brett, schon klar.
[quote][quote=„FBH, post:3, topic:9419417“]
ist dann mein Bayernland an der Reihe
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Tritt aus der Bundesrepublik aus, verliert damit den Status als Euroland und Schengenstaat. Zugang zum gemeinsamen Binnenmarkt gibt es auch nicht mehr. Ach, was für eine Idylle in der Einöde.
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Ach, lass doch diese Drohkulissen stecken, die glaubt dir ja eh keiner
Jede Region hat aus meiner Sicht über „ihren“ Nationalstaat die unterschiedlichen EU-Verträge abgeschlossen und kündigt diese durch Austritt aus „ihrem“ Nationalstaat keineswegs automatisch auf.
Das mag natürlich juristisch alles sehr umstritten sein, politisch dagegen ist es m.E. gar keine Frage, dass unabhängig werdende Regionen in die EU eingebunden bleiben.
In Katalonien etwa gibts ganz sicher keine Mehrheit für ein unabhängiges Katalonien außerhalb der EU und die EU hätte null politisches Interesse, Katalonien außen vor zu lassen, wenn man mal von „Exempel statuieren“-Drohkulissen absieht.
Richtig, darum ja die Frage, worum bisher die Unterstützung nicht größer war.
Diese Baskenfrage ist aber definitiv noch nicht vorbei, und würde durch Teilerfolge Kataloniens mit Sicherheit eine Renaissance erleben (und zwar diesmal friedlich und weniger an bestimmte politische Richtung gekoppelt).
Ja, die ganze „wie bei Franco“-Rhetorik ist eine Darstellung als Opfer, aber solche Zuspitzung zieht halt. Strategisch jedenfalls eine große Dummheit Madrids.
Aber Du wirst praktisch keinen einzigen Nationalstaat finden, der sich dem anschliesst.
Ähhh … doch! Alleiniges völkerrechtl. Subjekt ist der Staat, nicht irgendwelche Anteile desselben. Man mag den neu entstehenden Staat schnell eintreten lassen. Aber dafür bedarf es eines einstimmingen Beschlusses des EU-Rates. Das wird schwer bis unmöglich.
In Belgien gibt es ja auch schon lange Teilungsbestrebungen. Die musst Du noch in Deine Liste der Hoffnungsträger aufnehmen.
Mehr Staaten in der EU würden noch mehr Uneinigkeit und mehr Kungelei bedeuten, wenn man eine einheitliche Linie finden will. Ausserdem würde die Ungerechtigkeit (Demokratiedefizit) im Europäischen Parlament zunehmen, weil kleine Staaten überproportional mehr Stimmen erhalten.
Wir könnten auch die freien Reichsstädte wieder einführen. Mit allerlei autonomen Stadtbezirken … und dann natürlich freie Reichsdörfer und Straßenzüge. Der feuchte (Pseudo)Traum der Anarchisten wird real bis einer vorbeikommt, dessen Argumente viel schlagkräftiger sind. Jede einzelne Entscheidung wird dann in einem Basiskonvent mit ca. 10.000 Abgeordneten beschlossen. Allein für die Einigung auf den Sitzungsplan des ersten Tages veranschlage ich 30 Tote und vier bis fünf Jahre. 10% spalten sich daraufhin sofort wieder ab, weil sie Konsens nicht buchstabieren können oder sich in ihrer Ehre beleidigt fühlen.
Müssen wir jetzt hier nicht ausdiskutieren, aber diese reductio ad absurdum leuchtet mir nicht ein. Es ist kein Zeichen der Unvernunft, starke Regionen (ja auch bestimmte Großstädte) unter dem Dach der EU bei gleichzeitiger Schwächung der Nationalstaaaten zu fordern, wie ich es immer wieder tue. Aus einer anderen politischen Haltung heraus kann man das natürlich schlecht finden, aber etwas Absurdes hat es sicher nicht, zumal es um alles andere als Isolationismus geht.
Noch gibts nur ein paar hundert (Leicht)Verletzte in Katalonien.
Hoffentlich bleibts dabei, sollte ein Ja als Mehrheitsergebnis rauskommen.
Eine erste (sicher sehr schwierige) Hochrechnung: 87% Ja-Stimmen.
So hoch wirds wohl nicht ausfallen, aber eine Ja-Mehrheit ist zu erwarten.
Bin gespannt, ob sie dann tatsächlich morgen, wie angekündigt. die Independencia ausrufen und mit wie vielen Gummigeschossen die Zentralmachthaber darauf reagieren.
Gemeint war: „Hoffentlich bleibts dabei, auch wenn ein Ja herauskommt“, wovon ich ausging und was offenbar ja auch so eingetreten ist. Bei einem Nein,wäre mit weiterer Gewalt nicht zu rechnen gewesen.
Sag ich doch, dass hier gewaltiger Zündstoff liegt.
Die EU ist in der Frage urdeppert. Statt sich mit einem „Europa der Regionen“ an die Spitze der Bewegung(en) zu setzen, hockt sie sich mit den Nationalstaaten auf den absterbenden Ast.
Nein, nein, im Gegenteil.
Da ich ja vom Kontext her klar erkennbar auf ein Ja gehofft habe, wäre es, wie wenn Gauland sagen würde: „Tote sind hinnehmbar, Hauptsache die Grenzen werden wieder geöffnet.“ Selbst die böseste Abteilung der Lügenpresse würde Gauland das nicht unterstellen
Gewalt gegen Menschen ist eh keinesfalls hinnehmbar, von keiner Seite und für kein Ergebnis.
(Groß)Spanien hat deshalb gestern mit seinen schwarzen Horden seine Totenglocke geläutet, sage ich jetzt mal kühn.
Die EU besteht in allererster Linie aus Nationalstaaten. Das Thema „Regionen“ ist bereits über bspw. den Haushalt (strukturschache Regionen) verankert. Aber warum sollte sie jetzt den kleinteiligen Befindlichkeiten von Regionalisten nachkommen, solange ihre eigene Verfasstheit noch viel zu viele undemokratische Elemente beinhaltet.
Eine weitere Diversifizierung ist derzeit kontraproduktiv.
Sie kann aber beiden Konfliktparteien eine Vermittlungshilfe anbieten. Der oberste Separatist, der den Konflikt ebenso künstlich anheizt wir Roja, muss einsehen, dass es nur über eine Verfassungsänderung möglich sein wird. Roja hingegen, dass er das Selbstbestimmungsrecht nicht vollständig ignorieren kann.
Die Verfassungsänderung müsste auch keine Separation möglich machen, sondern erst einmal die Autonomierechte auf den Weg bringen, gegen die Roja erfolgreich geklagt hatte.
Die Kurden in der Türkei, genau wie im Irak, Iran, Syrien dürfen sich nicht unabhängig erklären, die Katalonen in Spanien nicht… wieso?
Verständlich wäre ein Verbot der Abspaltung wenn es in einem Gebiet Bodenschätze gäbe welche dem ganzen Volk gehören - aber was hat Katalonien was es im restlichen Spanien nicht gibt?
Es ist ein anderes Volk mit einer anderen Mentalität, weshalb es Katalonien wirtschaftlich auch besser geht als Spanien.
Wieso muss man unterschiedliche Völker mit unterschiedlichen Sprachen und Kulturen zwangsweise vermischen?
Dass das nicht funktioniert weiß jeder der durch die multikulturellen Stadtteile Frankreichs, Deutschland… läuft - oder jemand der sich die jüngste Geschichte der EU ansieht.
Die sinnigste Lösung wäre natürlich, dass eine verfassungsgebende, gesamtspanische Versammlung den Artikel 2 durchdefiniert und Katalonien sich mit deutlich mehr föderaler Autonomie zufrieden gibt, Diese Lösung würde m.E. auch die tatsächliche Mehrheit der Wohnbevölkerung Kataloniens (mit span. Staatsbürgerschaft) unterstützen.
Dafür müssten aber dem Kasper von der Regionalregierung und dem derzeitigen Ministerpräsidenten Spaniens gehörig die Löffel langgezogen werden. Beide legen es aktuell auf eine Eskalation an.