Oper und ital. Sprache / Chorsänger

Hallo,

weshalb wird die Masse aller Opern in italienischer Sprache gesungen, wenn es eigentlich weltweit nur ein geringer Anteil aller Zuhörer vom Text her verstehen kann? Wenn man dadurch die Originalität erhalten möchte, dann dürfte man zurückblickend bedeutende Filme mit wirklich großartigen Schauspielern, die zum großteil alle schon verstorben sind, auch nicht synchronisieren.

Eine weitere Frage ist, ob Chorsänger in der Oper alle eine klassische Gesangsausbildung mitbringen müssen, um die entsprechenden Passagen korrekt singen zu können?

Danke für die Antwort!

fuerte

Grüsse fuerte

Hallo!
Nun, ein Gutteil der Opernproduktion ist schlicht und einfach in italienischer Sprache geschrieben. Da es sich um einen weitgehend internationalen Markt handelt, bei dem Sänger ihre Rollen in vielen Ländern zum besten geben, lohnt es sich für diese nicht, die Partien in allen möglichen Sprachen draufzuhaben, so daß es sich weitgehend durchgesetzt hat, Opern in Originalsprache aufzuführen. Und da heute schon fast jedes Haus über eine Übertitelungsanlage verfügt ist das vom Verständnis her auch kein großes Problem mehr…

Hallo!

Nun, ein Gutteil der Opernproduktion ist schlicht und einfach
in italienischer Sprache geschrieben.

Das heißt vor allem: Die Melodie ist dem Wortlaut (Reihenfolge der Wörter, Akzentuierungen usw.) sozusagen auf den Leib geschrieben. Bei jeder Unterlegung einer anderen Sprache verschieben sich diese Dinge. Auf die Noten werden, sprachbedingt, meist andere Wörter gesungen.
Auch der andere Klang der Vokale verzerrt den originalen Eindruck, und wenn noch so schön gesungen wird. Am Beispiel von Mozarts Don Giovanni:
Der helle, weiche Klang der Vokale im Italienischen
„Dalla sua pace …“
verglichen mit einer deutschen Übertragung, die einige der größten Sänger gesungen haben:
„Nur ihrem Frieden …“.
Zugegeben, das kann auch schön sein, aber es verfälscht das Original.
In einem musikalischen Werk ist die Sprache nicht etwas anderes, sondern Teil der Musik.
Schönen Gruß!
Hannes

Bei Opern ist es tatsächlich so, dass die Sprache eben auch sehr viel zur Musik beiträgt - Italienisch klingt eben (auch schon gesprochen) völlig anders als Deutsch.
Und zudem wird in der Oper sehr ausdrucksstark gesungen und musiziert, so dass man den Inhalt auch ohne Übesetzung versteht, nämlich einfach, indem man ihn (mit-)empfindet.

Ich persönlich finde diese Textlaufbänder, die es jetzt überall in den Theatern gibt, völlig überflüssig und sehr, sehr störend.
Beeinflusst durch’s Fernsehen tendieren die Augen nämlich dazu, auf die Bewegung des Textes zu schauen, anstatt sich auf das Geschehen auf der Bühne zu konzentrieren und sich in die Handlung hineinzubegeben.

Und zu der anderen Frage:
Ja, auch Opernchorsänger haben eine professionelle Gesangsausbildung. Auch sie müssen vor der Einstellung -wie die Solisten- eine Kostprobe ihres Könnens geben, und das bedeutet zumeist ganz alleine vor einem schwarzen, fast leeren Zuschauerraum auf der grossen Opernbühne zu stehen und diesen Riesenraum mit seiner Stimme füllen zu müssen - auch, wenn man später dann ‚nur‘ im Chor singt und nicht solistisch.

Opernchorsänger ist übrigens ein auch heute noch gefragter Beruf, denn: Da die meisten Sänger solistisch tätig sein wollen, hat man weniger Konkurrenz, und zum Anderen werden Opernchorsänger dadurch fast ständig gesucht (Aber Achtung: Auch hier gibt es manchmal strenge Auflagen - gefordertes Vom-Blatt-Singen zum Beispiel, oder aber Altersgrenzen).
Ausserdem hat man als Chorsänger meist weitaus weniger zu tun als die stets in vorderster Front tätigen Solisten und man hat bis zum Rentenalter ausgesorgt, denn gekündigt wird man wegen fehlendem Nachwuchs ohnehin nicht bzw. nur bei sehr groben Fahrlässigkeiten (ständiges Falschsingen).

Ausserdem hat man als Chorsänger meist weitaus weniger zu tun
als die stets in vorderster Front tätigen Solisten

Das kann ich allerdings wirklich nicht unterschreiben, finanziell und tarifrechtlich sind Chorsänger aber tatsächlich deutlich besser gestellt als viele an kleinen Bühnen angestellte Solisten.

Grüße!

Danke für die Grüsse!
Ich habe das in vielen Jahren so miterlebt - meine Eltern waren beide Opernchorsänger und auch ich war lange am Theater tätig.
Es ist einfach so, dass (bis auf die „Chor-Opern“, wo sehr viel Chor drin ist) bei den meisten Opern und Operetten der Chor recht wenig zu tun hat.
Ich erinnere mich z.B. an eine, in der mein Vater nur ca. 5 Minuten zu singen hatte - danach konnte er nach Hause gehen. Als Solist ist sowas eben meist nicht möglich, da muss man die gesamte Vorstellung über anwesend sein und Leistung bringen.

Hallo!

Also, mir ist bewusst, das die Situation noch vor wenigen Jahren ganz anders aussah, selbst in der Zeit, die ich jetzt am Theater bin (Orchestermusiker, verheiratet mit Sängerin) beobachte ich die Veränderung.
Gerade an kleinen Häusern wird die Arbeitskraft- und Zeit der Angestellten immer stärker ausgenutzt, und jede kleine „Annehmlichkeit“ die immer eine Selbstverständlichkeit war in Frage gestellt.
Für Regisseure scheint es normal zu werden, Chor und gerade unbeschäftite Sänger über weite Strecken der Opern als Statisten rumstehen zu lassen, der Chor probt immer komplett, muss oft alle BOs absitzen, …
Die Dienstdichte hat für alle Angestellten zugenommen, und nach den Solisten (mit immer schlechteren Vertragsbedingungen - an kleinen Bühnen) trifft das auch den Chor (dank Organisation und etwas besseren Tarifbedingungen nicht ganz so hart)

Trotzdem hat auch ein kleinerer Solist in der Regel weniger Produktionen als die Chorsänger, und ist oft auch doppelt besetzt, daher kommen am Ende der Spielzeit nicht mehr Dienste raus. Zumindest zw. den Produktionen kann ein Solist immer noch angenehme Pausen haben - ein Chorsänger meiner Beobachtung nach kaum.

So, ich nehme aber gerne an, dass die Lage an anderen Häusern angenehmer ist, dies ist halt meine Erfahrung.

Also nochmals Grüße!

BB