Palästinenser-Tuch: Mode - Entwicklungshilfe - politisches Statement ?

Hallo!

Ich überlege mir als modisches Accessoir ein Palästinenser-Tuch zu kaufen. Bei der Internetrecherche bin ich nun auf verschiedene Forendiskussionen, Beiträge und Vertriebsseiten gestoßen, die mich nun etwas verunsichert haben.
Zum einen finden sich Vertriebsseiten, die handgemacht Tücher direkt aus Palästina vertreiben und mit FairTrade werben. Das ist doch eigentlich ein guter Zweck? Oder unterstütze ich damit auch eine politische Sache?

Desweiteren finden sich in Foren aus verschiedenen Jahren Beiträge, in denen zum einen das Tuch als nunmehr rein modischer Artikel diskutiert wird, aber auch Diskussionen, über die politische Bedeutung des Tuches.

Ich wüsste gerne, wie es heute - insb. - um die politische Dimension steht.
Welche Message trage ich mit dem Tuch? (Ist es gar verwerflich Palästina zu unterstützen, wie man in manchen Foren liest?)

Servus,

ich habe mir vor Jahre während einer Israelreise zwei Kufiyas (eines rot/weiß und das andere schwarz/weiß) und trage sie gelegentlich als Schal. Ich bin noch nie auf eine politische Bedeutung angesprochen worden, obwohl ich mit vielen Personen aus dem Nahen Osten verkehre.

Lg,
Penegrin

Hallo Peregrin,

ich habe nur Erfahrungen mit Araber, aber ich ich glaub dir das mit Afghanen und Persern, das Tuch und das Muster ist einfach zu weitverbreitet.

Mit den „Berufsbetroffenen“ in letzter Zeit weniger, aber ich trage das Tuch eigentlich auch nicht, nicht aus politischen Gründen, rein aus modischen. Allerdings habe ich früher, als ich noch in Südafrika lebte, einiges mitmachen dürfen: meine Hautfarbe war und ist weiß, weshalb ich sofort als Rassist und Apartheid-Befürworter klassifiziert wurde, das war wie ein Reflex - ungeachtet vieler weißer Südafrikaner, die sich im Kampf gegen die Apartheid engagierten und dafür zum Teil auch einen hohen Preis bezahlten - jedenfalls wurde mir doch einige Male Gastfreundschaft verweigert und ich erinnere mich auch, Ende der 80er aus einem „alternativen Laden“ hinausgeworfen worden zu sein. Aus dem Gespräch mit meiner Freundin, das die Kuh (sorry) hinterm Tresen belauschte, wurde halt klar, dass ich in Südafrika wohnte. Als sie mich bat (Euphemismus!) zu gehen, bewies ich ihr noch, dass sie südafrikanische Ware in ihrem Regal hatte (Rooibostee, damals noch nicht so verbreitet, kommt immer aus Südafrika - es gab (gibt?) ein Ausfuhrverbot für die Pflanze), was bei ihr gar nicht gut ankam. Aber jetzt bin ich doch etwas vom Thema abgekommen.

Grüße
Siboniwe

1 Like

Hi,

schönen Dank hierfür:

Ich bin immer wieder aufs Neue überrascht davon, wie Leute, die behaupten, in der Tradition Voltaires und Wielands zu stehen, unumstößlich daran glauben können, Standpunkte und Gedanken ließen sich über die Farbe der Schnürsenkel sinnvoll formulieren.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

kleine Anmerkung: Ghutra wird in Saudi-Arabien jedes Tuch genannt, dass mit so getragen wird:
https://www.google.de/#q=ghutra - und vornehmlich das rot-weiß „karierte“ ist damit gemeint. Rein weiße Tücher werden in Saudi eher selten getragen, und wenn dann hauptsächlich von Prinzen der Saud-Familie (von denen es 6000+ gibt), bei relativ offiziellen Anlässen. Weiße Tücher werden eher von VAE-Männern, Omanis etc. getragen.

Noch ein Nebenbei: das rot-weiß-„karierte“ Tuch gibt es erst seit etwa den 30er Jahren in Arabien (man schaue sich Photographien aus der Zeit davor an). Angeblich kam dieses Muster als Geschirrtuch aus Indien (Geschirrtuch halte ich für ein Gerücht, aber so wurde es mir immer, von Expats und Saudi Arabern erzählt, Indien scheint zu stimmen) und das Muster für die Kopfbedecktung hat dann den Siegeszug in Arabien angetreten, wo man es heute sicher als Nationaltracht verstehen kann. Bei billigen Versionen ist das Muster nicht mit rotem Faden aufgestickt, sondern es ist gedruckt, aber das sieht man als Kopfbedeckung eher selten (auch weil die gedruckten nicht aus Baumwolle, sondern aus Kunstfasern sind, was sicher nicht angenehm zu tragen ist).

Grüße
Siboniwe

Hallo Peregrin,

Von Arabern eher nicht, bei Deutschen oder anderen West-europäern und Amerikanern kann einem das aber schon passieren.

Grüße
Siboniwe

Waren nicht nur Araber sondern auch auch Afghanen oder Perser (aber ich verstehe was du meinst).
Und wenn so ein Tuch bei westlichen Berufsbetroffenen Schnappatmung auslöst, tangiert mich das eher wenig :wink:

Hast du schon einmal schlechte Erfahrungen machen müssen?

Lg,
Penegrin

Hallo,

und noch mehr:

http://www.askanemirati.net/2010/08/what-do-different-ghutra-colors-mean.html

Gruß
vdmaster

Über die politische Ausrichtung dieses Tuchs kannst du dich ganz problemlos im Netz informieren.

Es wird heute vor allem von politisch Links motivierten und von unpolitischen als modisches Kleidungsstück getragen.

Durch die Verflechtung von PLO und RAF ist es wohl ein Symbol des linken Rands in Deutschland geworden. Allerdings hab ich auch schon Bundeswehrsoldaten in Afghanistan damit gesehen.

Servus!

Ich meinte eigentlich Erfahrungen mit dem Palästinensertuch.
Ein sehr guter Freund von mir ist Bure und hat damals gegen die Apartheid demonstriert. Er hat auch heute noch gesundheitliche Probleme, die er der Polizei zu verdanken hat. Aber du hast Recht, wir schweifen ab.

Lg,
PeNegrin * hust *

Hallo,

= Kufiya. https://de.wikipedia.org/wiki/Kufiya#Kufiya_in_nichtarabischen_L.C3.A4ndern

Wichtiger aber:

Die Kufiya entwickelte sich im gesamten arabischen Raum zu einem traditionellen Kleidungsstück und ist noch heute weit verbreitet. Das Tuch wird als Kopfbedeckung gegen intensive Sonneneinstrahlung getragen, dient aber auch bei Wüstenstürmen als Schutzbedeckung der Augen und des Mundes vor Staub und Sand. Die traditionelle Kopfbedeckung existiert in unzähligen Variationen und Farben. Die Kufiya ist fast immer aus weißer Baumwolle gefertigt und oft mit kariertem Muster in einer bestimmten Farbe versehen. Die Kufiya in ausschließlich weißer Farbe wird auch Ghutra genannt und wird speziell in den Golfstaaten wie Saudi-Arabien, Oman und Bahrain getragen. Heute werden „Palästinensertücher“ überwiegend in China hergestellt. Die traditionellen Hersteller in Palästina sind vom Wettbewerb weitestgehend verdrängt.[1] Zu einem der letzten palästinensischen Produzenten zählt das Unternehmen Hirbawi Textiles aus Hebron (Westjordanland).[2]

Und nun kannst Du allen sagen, dass es eben kein „Palästinenser-Tuch“ ist. Es hat diesen Namen nur durch den Nahostkonflikt erhalten, weil Arafat es zusammen mit einer Uniform als sein Markenzeichen trug. Falls Du eine kubanische Zigarre rauchen würdest, dann wäre das auch kein Pro-Statement für die kubanische Diktatur unter Castro Nr. 1. Und wer ein schwarzes Barett trägt, kann sich einbilden so „pseudosexy“ wie der Massenmörder Che Guevara zu sein. Letztlich trägt der nur ein schwarzes Barett, dass kaum jemand ernsthaft politisieren würde.

Gruß
vdmaster

Hallo vd-m,

es scheint so (von deinem Link und den anderen Links und meiner Erfahrung), dass in den UAE die Ghutra das weiße Tuch bezeichnet, in Saudi-Arabien aber jedes Tuch, besonders das rot-weiße diese Bezeichnung (Ghutra) trägt. Die erwähnten dunklen sieht man in Saudi-Arabien eigentlich nie - zumindest nicht in den Küstengebieten, sei es am roten Meer oder am persischen/arabischen Golf.

Grüße
Siboniwe

Hallo Penegrin,

jetzt hab ich mir dich immer so vorgestellt:

und jetzt nimmst du mir diese Ilusion.

Das war jetzt total off-topic. Ich werde es mir aber für die Zukunft merken :smile:
Grüße
Siboniwe

Hatten die in/vor den 30er Jahren schon Farbfotografie?

Gruß Oberberger

Hallo Oberberger,

— ich kann auch auf schwarz-weißen Bildern einfarbige (weiße) Tücher von gemusterten unterscheiden, du nicht? (und das spezielle Muster sowieso).

Grüße
Siboniwe

Hallo Siboniwe,

kann man bei einer alten Schwarz-Weiß-Fotografie wirklich „rot“ und „schwarz“ unterscheiden? Schwarz-weiße Tücher sind in Arabien auch sehr verbreitet. Mag sein, dass es nicht hauptsächlich Araber sind, die diese Tücher tragen, es gibt aber Millionen von Gastarbeitern und auch Einwanderer aus anderen arabischen Staaten.

Das mit dem Geschirrtuchmuster ist wohl eher eine Anekdote; habe in Indien kein Muster dieser Art gesehen…

Gruß Oberberger

Hallo,

du verstehst mich immer noch nicht: das Muster selbst ist erst seit den 30er Jahren dort verbreitet. Vorher waren die Tücher meist weiß, oder zumindest uni. In Saudi Arabien ist rote Stickerei auf weißem Tuch zu mind. 95% vorherrschend.

Was die Herkunft aus Indien betrifft - es heißt ja nicht, dass das Muster in Indien weit verbreitet war. Aber die Art der Stickerei (ein maschinell gesticktes, leicht rhombisch-verrutschtes Viereck mit einem Verbindungsstich als Platzhalter für die leere Stelle) ist sicher nicht in Arabien, sondern entwickelt worden, sondern dort, wo Nähmaschinen damals schon ihren Einsatz hatten.

Grüße
Siboniwe

Stimmt, ich hatte Dich falsch verstanden; sorry :confused: !

Gruß Oberberger