Hallo Simsy,
Katie und der Vater des Kindes sind, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, seit mehr als vier Jahren getrennt und haben beide neue Partner.
Bei mir war es so gewesen, dass für mich nach einer Trennung, wenn ein „Neuer“ in mein Leben trat, der „Alte“ zum Neutrum wurde. Ich war nicht mehr für und nicht mehr gegen ihn, er war mir schlicht und einfach egal. Er war eine mehr oder wenige lange Episode in meinem Leben gewesen. Ich - als ehemalige Partnerin - habe mit ihm meine Erfahrungen gemacht, aber die meines Kindes waren (auch mit dem Stiefvater) eben anders, und ich hatte und habe nie ein Problem damit, diese Empfindung meines Kindes zu akzeptieren.
Klar empfindet jeder anders. Aber vier Jahre sind so eine lange Zeit, dass man sich Wege überlegen sollte, wie man die innerliche Ablehnung überwinden kann (wenn sie noch vorhanden ist). Dies um so mehr, wenn ein gemeinsames Kind davon betroffen ist.
Katie liebt ihr Töchterchen. Und wer liebt kann viel überwinden, wenn er will. Wobei ich, um Falschauslegungen von einigen hier im Forum zuvorzukommen, nicht behaupte, dass Katie ihren Exmann ablehnt und dass sie etwas überwinden muss.
Beispiel: Wenn ich eine Heidenangst, Aversion, Ablehnung usw. gegen Pferde und ein autistisches Kind hätte, dem der Arzt eine Reittherapie empfielt, würde ich alles daran setzen um meine Ablehnung und Ängste zu überwinden, damit meinem Kind geholfen wird.
Eine Verkäuferin muss auch freundlich Lächeln, wenn ein Ekelpaket von Kunden ihre Beratung braucht, sonst wird ihr der Chef wohl was ins Zeugnis schreiben.
Beispiele dieser Art, wo man etwas tut, was einem eigentlich gegen den Strich geht, gibt es viele.
Katie ist dafür, dass Papa und Kind Kontakt haben. Wenn sie aber, ohne es sich bewusst zu sein, die Ablehnung die sie noch hat, auf das Kind überträgt, zeigt das Kind nicht unbedingt seine Gefühle - die es für den Papa hat - der Mama. Es will vielleicht nicht, dass Mama traurig ist wenn es ihm beim Papa auch gefällt oder es hat Angst die Liebe der Mama zu verlieren (es hat ja im Geschwisterchen auch noch einen „Konkurrenten“).
Theoretisch kann es sein, dass an den Umgangswochenenden der Papa gar nicht nur vor dem Computer sitzt, die Kleine kann das durchaus auch aufbauschen oder falsch darstellen, weil sie meint, dass die Mama sowas hören will.
Um Missverständnissen vorzubeugen: ich habe nicht geschrieben und behaupte auch nicht, dass das so ist, es könnte so sein.
Es kann genausogut noch viele verschiedene andere Gründe geben.
Kann es nicht sein, dass der Papa jedes Gespräch ablehnt, weil Gespräche in der Vergangenheit im Laufe der Trennung eskalierten? Auch hier habe ich nicht geschrieben, wer die Eskalation verursachte. Eskalationen sind ja bei einer Trennung eher wohl die Regel als die Ausnahme.
Nur wie oben geschrieben, ist die Trennung jetzt nicht mehr frisch und die Wogen sollten sich etwas geglättet haben.
Ob er einen Vorstoß von der Mama, dass sie dem Papa moderierte mediative Gespräche in einer neutralen Beratungsstelle anbietet um das Beste für das gemeinsame Kind zu erreichen, ablehnt muss wohl erst durch eine Nachfrage beim Papa geklärt werden. Mediation ist eine andere Art von Kommunikation als wenn sich ein Trennungspaar „direkt unterhält“.
Sollten die Umgänge tatsächlich nur stattfinden, weil es zwar die Mama aber nicht der Papa will, zeigt das eigentlich nur, dass Katie in der Lage ist doch einen großen Teil ihrer eigentlichen Befindlichkeiten hinten anzustellen. Es geht aber beim Umgang nicht alleine darum, dass der Vater das Kind sehen will, sondern auch, dass das Kind den Vater braucht.
Auch schickt sie nicht IHR Kind zu einem Fremden, sondern das GEMEINSAME Kind zum wichtigen anderen Elternteil. Elternteil ist auch Katie und wie das Wort schon sagt sie ist nur ein Teil. Nur zusammen werden sie ein Ganzes und das Kind braucht keine Bruchstücke von Elternteilen, es braucht ganze Eltern.
Viele neuen Forschungen und Erhebungen zeigen, dass für das Kind der Vater - auch wenn er mehr oder weniger negativ besetzt ist - wichtig ist. Das Kind muss eine eigenen ungefilterten (also keine von anderen Personen „gedolmetschten“) Erfahrungen machen.
Der Vater hat dabei das Recht die gemeinsamen Umgangszeiten so zu gestalten, wie er es für richtig hält. Alles gilt auch umgekehrt, wenn das Kind beim Vater lebt.
Was macht z. B. ein Familienvater (nicht getrenntlebend) wenn er von längeren beruflichen Einsätzen (als Auslandsmonteur, Diplomat, Fernfahrer, Seemann usw.) wieder nach Hause zur Familie kommt? Er weiß auch, dass er in einigen Tagen wieder auf „Tour“ muss. Meist wird es so abgehen, dass er sich kurze Zeit der Familie und sich dann seinen häuslichen Pflichten widmet. Die Post bearbeitet, die Steuererklärung ausfüllt, den tropfenden Wasserhahn repariert, seine Eltern anruft/besucht usw.
Die Frau und die Kinder leben derweil ihr „normales“ Leben weiter. Die Kinder gehen zum Trainung und in die Musikschule, treffen sich mit Freunden usw.
Wie ich schon mal in einem Beitrag geschrieben habe, halte ich es für möglich, dass der Papa von Katies gemeinsamen Kind diese „Normalität“ in seinem Alltag dem Kind auch vermitteln will. Zu seinem Alltag gehören seine Freundin, sein Computer seine Eltern und Freunde. Umgänge im Auto können vielleicht auch deswegen sein, weil er stolz überall sein Töchterchen rumzeigen will.
Möglich wäre, dass er nicht das - was viele Umgangseltern machen - machen will, nämlich er will nicht zum Eventmanager werden. Vielleicht wollen der Neffe und die Tochter gerne zusammensein. Vielleicht ist für die Kinder das gemeinsame Übernachten viel schöner als ein Besuch im Zoo. Vielleicht will die Oma auch mal eine Zeit mit ihrer Enkelin alleine verbringen.
Es gibt auch hier viele Vielleicht und viele Möglichkeiten.
Eine Möglichkeit wäre auch, dass er auf manche Umgänge lieber verzichtet, statt sich vorschreiben zu lassen, dass er in dieser Zeit dieses oder jenes nicht machen darf oder etwas anderes machen muss. Dass es ihm vielleicht auch nicht gefällt, dass er und seine Aktivitäten quasi „kontrolliert“ wird, wenn die Kleine bei ihm ist.
Es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass es bei den Eltern viele Missverständnisse, berechtigte und unberechtigte Vorbehalte, UnterstellungenFalschinterpretationen, Ängste usw. gibt.
Diese kann man nicht ausräumen in dem man sich anschweigt oder bestimmt: Du gestaltest den Umgang nicht so wie ich es will, also gibt es weniger oder keinen Umgang mehr.
Das hat dann unter Umständen die Reaktion, dass als „Retourkutsche“ (hinter fadenscheinigen Ausreden versteckt) kommt, dann nehme ich eben nächste Woche die Kleine nicht. Leiden tut dabei das Kind, auch wenn es das unter Umständen nicht offen äussert.
Mißverständnisse und Ängste ausräumen, geht nur wenn man, im Interesse des Kindes, kommuniziert. Beiden Eltern muss klar werden, dass sie von ihrer „zerstrittenen“ Paarebene weg kommen und sich auf die Elternebene besinnen müssen.
Es gab bestimmt mal im Leben des jetzt getrennten Paares Zeiten, da gab es körperliche und emotionale Nähe, war Liebe und Vertrauen im Spiel. Sonst wäre das GEMEINSAME Kind wohl nicht entstanden. Selbst wenn die „Produktion ein Unfall war“, hat es früher mal Gemeinsamkeiten gegeben.
Irgendwann ist das, aus welchen Gründen auch immer kaputt gegangen. Was geblieben ist, ist ein gemeinsames Kind, für die Eltern gemeinsam Verantwortung tragen (egal ob es ein gesetzliches gemeinsames Sorgerecht gibt).
Sollte Katie keine direkte Möglichkeit haben, den Mediationsvorschlag zu unterbreiten, kann sie ja das Jugendamt bitten, dem Vater den Vorschlag weiterzureichen und ihm in dieser Richtung ins Gewissen zu reden.
Gruß
Ingrid
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