Hallo!
…hast Du es ausprobiert
Seit frühester Kindheit, also seit einem halben Jahrhundert, bin ich damit immer wieder in Berührung gekommen. Früher waren Geld und Brennstoffe furchtbar knapp, wir hungerten, froren und wurden krank - in den 50er Jahren! Niemand wäre auf die Idee gekommen, Zeitungspapier wegzuwerfen. Die einfachste Art der Herstellung von Papierbriketts besteht im Aufschichten feuchten Zeitungspapiers, das stramm zusammengewickelt und mit einem Bindfaden verschnürt zum Trocknen gelagert wird. Die De-luxe-Methode besteht aus einer Holzplatte mit dergestalt hochkant aufgenagelten Brettern, daß Fächer in der gewünschten Brikettgröße entstehen. Bohrungen in den Brettern lassen Wasser austreten. Mit einer simplen Handhebelkonstruktion oder notfalls durch Drauftreten wird eine Holzplatte in jedes mit Papiermumpe gefüllte Fach gedrückt. Zuweilen wurden Konstruktionen zweckentfremdet, die ursprünglich zur manuellen Herstellung von Ziegelsteinen aus Steinbruch mit Zement gedacht waren. Ähnliche Dinge liefen mir seither immer wieder über den Weg und manche Leute halten Papierbriketts heute für den letzten Schrei und allen Ernstes für einen brauchbaren Brennstoff.
Abgesehen von Zeitaufwand und Panscherei bei der Herstellung ist ein handelsüblicher Einzelofen spätestens nach dem zweiten Brikett bis oben hin mit gewaltigen Mengen an Ascherückständen so verstopft, daß nur noch stinkend qualmende Kokelei übrig bleibt. Wenn der Ersatzkaffee auf dem Küchentisch einfriert und man hat in elender Kälte gar nichts anderes zu tun, als den Ofen in Gang zu halten, kann man Papierbriketts verwenden, statt die Möbel zu verheizen. Ansonsten sind Papierbriketts unbrauchbarer Spielkram.
Ich kann mir durchaus einen Ofen vorstellen, mit dem sich Papierbriketts oder Berge von Telefonbüchern verheizen lassen. Ein geeigneter Brennraum müßte eine Rüttel- oder Bewegungseinrichtung mit laufend automatischem Aschenaustrag haben. In einem ruhenden Brennraum erzeugt man nur für kurze Zeit Flammen, die an Verbrennungsrückständen ersticken, in der Folge in einen Schwelbrand übergehen, bis schließlich mangels Sauerstoffzufuhr im Aschenhaufen alles verlöscht.
Eine geringe Papierbeigabe zu anderen Festbrennstoffen funktioniert i. a., ist aber unwirtschaftlich. Jeder Brennstoff braucht spezifische Bedingungen, um optimal zu verbrennen. Bei einer Mischung von Brennstoffen in einem gewöhnlichen Ofen/Kessel hat man deshalb zwangläufig immer einen faulen Kompromiß.
Öl und Gas sind teuer geworden und deshalb suchen inzwischen viele Leute nach einer billigeren Brennstoff-Alternative. Ich halte diese Denk- und Vorgehensweise für grundsätzlich ungeeignet, den Kostensteigerungen dauerhaft zu begegnen. Die erste Maßnahme muß stets sein, den Energiebedarf zu senken. Dort steckt das größte Sparpotential. Das wird deutlich, wenn man den in früheren Jahren bauartbedingt üblichen Energiebedarf von Gebäuden mit heutigem Standard vergleicht. In einem winzigen Haus von 8 x 9 m² Grundfläche, Baujahr 1964, mußten wir pro Winter 120 Zentner Koks in den Keller buckeln lassen, weil Wärmedämmung überhaupt nicht zum Wortschatz gehörte. Dazu winzige knallheiße Heizkörper, irrwitzig dicke Rohre, damit alles ohne Pumpe auf Schwerkraft läuft. Hauptsache oben am Schornstein (draußen!) wars schön warm. Das ist noch gar nicht lange her und Millionen dieser Hütten stehen bis heute weitgehend unverändert. Früher war ein Energiebedarf von oft über 300 kWh pro Quadratmeter und Jahr üblich. Heute liegt der Standard bei 30 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Bei zeitgemäßer Dämmung und Gebäudeausstattung braucht man sich deshalb kaum Sorgen über Brennstoffkosten zu machen.
Wenn man nicht zeitgemäß dämmen will oder kann, sollte man sich wenigstens um eine moderne Heizungsanlage kümmern und wenn man keine Zentralheizung hat, müssen es wenigstens moderne Öfen sein. Gerade auf dem Sektor der Holzöfen hat sich viel getan. Dabei ist das Stichwort Holzvergasung keineswegs neu, aber die damit in Zusammenhang stehenden Konstruktionsmerkmale wurden über viele Jahre zu Gunsten viel zu kleiner Brennräume und vorgeblicher Allesbrenner ignoriert. Die Investition in einen modernen Holzvergaser ist deshalb sinnvoller als die Beschaffung von Papierbrikett-Spielzeugen.
Gruß
Wolfgang