Paradoxon bei der Zeitdilatation (bewegte Uhren gehen langsamer)

Hallo Gemeinde,

ich bitte euch meinen Fehler in folgendem Gedankenenxperiment zu finden:
Zwei Raumschiffe fliegen auf parallelen Bahnen aufeinander zu. Raumschiff 1 misst eine Eigenzeit von t1=15 s. Raumschiff 1 sieht, dass in Raumschiff 2 eine Zeit t2=14 s vergangen ist. Die Uhren wurden zuvor im ruhenden Zustand auf t1=t2=0 s Sekunden synchronisiert.
Auf Grund der Zeitdilatation beträgt die Zeit t2 eine Sekunde weniger als t1.
Da Raumschiff 2 gleichberechtigt zu Raumschiff 1 die Zeit misst, misst auch Raumschiff 2 eine Eigenzeit von t2’=15s und sieht seinerseits bei Raumschiff 1 eine vergangene Zeit von t1’=14s.
Sobald die Raumschiffe auf ihren parallelen Bahnen dicht aneinander vorbeifliegen synchronisieren sie ihre Uhren und sollten wieder die gleiche Zeit messen. Wo bleibt dann aber die eine Sekunde Zeitdifferenz?

Mit freundlichen Grüßen, Dukath

Hallo,
braucht man da Zeitdilatation? Es gibt doch gar keinen Konflikt:
Raumschiff 1 dreht seine Uhr bei der Synchronisation um eine Sekunde zurück, Raumschiff 2 dreht seine Uhr ebenfalls um eine Sekunde zurück, aus der Eigenzeit wird dann t1=t1’=14s.

Wenn beide Raumschiffe wieder ruhen, sind beide Uhren noch synchron, der Flug hat natürlich 1 Sekunde länger gedauert als auf den Uhren angezeigt.

Hallo Hroptatyr,

vielen Dank für deine Antwort.
Ich bin nicht sicher, ob ich dich
richtig verstanden habe. Die Zeitdilatiation ist ja auf jeden Fall da.
Wenn ich aus Raumschiff 1 sehe, dass Raumschiff 2 seine Uhr um eine
Sekunde zurückdreht, dann sind wir ja schon bei t2=13s.

Viele Grüße, Dukath

Ähm, also so wird doch nicht synchronisiert.

Ich habe mal alle Synchronisierungsprotokolle durchgespielt, die Dilatation kann da sein oder nicht:

  1. A > B aus Sicht von A: A stellt seine Uhr auf B und nimmt an, daß B nichts macht.
  2. A > B aus Sicht von A: A nimmt an, daß B < A auch sieht und stellt seinen Wert auf den Mittelwert von A und B, es wird angenommen, daß auch B den Mittelwert einstellt.
  3. A > B aus Sicht von A: A nimmt an, daß B < A auch sieht und macht nichts, stattdessen vermutet A, daß B seine Uhr vorstellt.
    4.-6. Analog für A < B.

So, jetzt kannst Du Raumschiff 1 und 2 mal für A und B einsetzen (und andersherum), dann siehst Du, daß die Synchronisation immer funktioniert. Z.B. im Protokoll 2: t1=15, t2=14, t1<-14.5 aus Sicht von A, B: t1’=15, t2’=14, B stellt seine Uhr auf 14.5.
Beide haben sich die „verlorene“ Sekunde nun geteilt.

Protokoll 3 auch nochmal durchgespielt: t1=15, t2=14, A nimmt an B wird seine Uhr stellen. B: t1’=15, t2’=14 B nimmt an, A wird seine Uhr stellen, beide machen nichts und die Zeit stimmt wieder.

Wichtig ist lediglich, daß Du die Aussagen über die Synchronisation im gleichen Bezugssystem machst, also daß nicht A noch fliegt und B ruht.

Ich sehe gerade, ich habe einen Fehler in meiner eingehenden Frage gemacht. Am Ende synchronisieren beide nicht ihre Uhren, sie vergleichen sie nur. Synchronisiert wird sie nur am Anfang.
Später sollen die Uhren ja nicht mehr manuell verstellt werden.
Ich verstehe folgendes nicht: Die Dilatation „kann“ da sein? Ich gehe davon aus, dass sie bei bewegten Systemen immer da ist.
Ich gehe davon aus, dass beide Beobachter jeweils eine Zeitdilatation beim gegenüber feststellen. Ich kann dann per Funk bei einem nahen Vorbeiflug die Uhren vergleichen. Die Beobachter senden und empfangen dann jeweils eine Zeit von 15s obwohl sie jeweils eine Zeit von 14s bei ihrem gegenüber festgestellt haben müssen.

Ok, also ohne Synchronisieren wäre das Protokoll 3, man sieht zwar (beim Vorbeiflug), daß es eine Diskrepanz gibt, man macht aber nichts.

Mit Zeitdilatation kann da sein, meine ich, daß das Synchronisierungsprotokoll und die Mathematik dahinter in jedem Raum funktioniert, von Lichtgeschwindigkeit 0 (da gibt’s keine Messung) bis Lichtgeschwindigkeit unendlich (da gibt’s keine Dilatation).

Ja, wie gesagt, die Diskrepanz beim Vorbeiflug werden beide sehen, gleichermaßen. Aber Du hast nach der „verlorenen“ Sekunde gefragt, die gibt es nur für ruhende Außenstehende. In Deinem Szenario ist Raumschiff 1 für Raumschiff 2 aus Sicht von Raumschiff 1 ein ruhender Außenstehender (und andersherum). Deswegen sehen sie jeweils die verlorene Sekunde auf ihren eigenen Uhren.

Aber es heißt doch „bewegte Uhren gehen langsamer“. Das heißt doch die verlorene Sekunde muss beim bewegten Raumschiff sein. Das heißt bei dem jeweiligen anderem Raumschiff. Für mich als Astronaut in einem der Raumschiffe bin ich ja immer unbewegt und daher geht meine eigene Uhr immer gleich schnell.

Ja, habe ich doch exakt so geschrieben. Relativ zur eigenen Uhr geht die Uhr des jeweils anderen Raumschiffs langsamer, relativ zu mir bewegt es (das andere Raumschiff) sich ja auch.

Mit „sie sehen die verlorene Sekunde“ meinte ich, sie sehen, daß ihre eigene Uhr eine Sekunde vorgeht, also die verlorene Sekunde beim anderen Raumschiff. Aber das war ja bereits durch Deine Meßergebnisse vorgegeben.

Ich sehe jetzt immer noch nicht, wo Du das Problem eigentlich siehst. Es gibt gar kein Paradoxon in meinen Augen. Oder sag mir, wo der Widerspruch ist.

Ach so. Das habe ich dann nicht richtig verstanden. Das paradoxe ist: Ich befinde mich in Raumschiff 1 und lese auf meiner Uhr 15 s ab. Ich ermittle eine Zeit von 14 s auf Raumschiff 2. Das Raumschiff 2 sendet mir jedoch eine Zeit von 15 s, die die Raumfahrer in Raumschiff 2 von deren Uhr abgelesen haben. Und das kann nicht sein.

Doch das kann sein, wenn sich zwischendurch die Lichtgeschwindigkeit nicht wesentlich ändert, denn für die Übertragung brauchst Du ja auch Zeit, d.h. Raumschiff 1 weiß, daß der Wert aus der Vergangenheit ist, bei denen wird die Uhr eventuell 16s anzeigen, bevor der Funkspruch reinkommt, daß es 15s waren.

Müßte man alles mal sauber durchrechnen, ist aber keineswegs paradox.

Stimmt auch wieder. Aber die Übertragungsstrecke des Funks kann ja bei einem Vorbeiflug auch beliebig klein sein.

Ja, kann sie. Sonst hätte man ja auch nichts zeitnah ablesen können. Die Funksprüche lauten dann also: Als es bei mir 15 war, hab ich bei Dir 14 gesehen, d.h. du bewegst Dich. Und vice versa. Also das einzig paradoxe sind die Meldungen, die scheinbar aus der Zukunft kommen (denn als es im Raumschiff jeweils 14 war, waren beide noch weit vom Vorbeifliegen entfernt), aber die Schlußfolgerungen, die beide aus dieser Tatsache ziehen, stimmen auch wieder. Also ist eigentlich alles konsistent.

Also muss man sich womöglich von der rationalen, imaginären und menschlichen Vorstellung verabschieden und der mathematischen Formeln vertrauen, die ja offenbar nicht zu beanstanden sind?

Hehe, ja, oder man sagt, die eigene Vorstellung ist fehlerhaft und die Realität (sowie die Mathematik dahinter) haben recht. Ich sehe das vielleicht ein bißchen so wie beim Übergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild. Ohne schöne Pappmodelle und Bilder fällt es einem schwer zu sehen, daß die Erde um die Sonne kreist, wenn alles, was wir sehen doch die Sonne ist, die auf- und untergeht.