Hallo Anna!
Vorab: Ich bin kein Mediziner, sondern Psychotherapeut, hab daher über Psychopharmaka (nur bestenfalls) Halbfachwissen.
Wobei Paroxetin keine eigentliche Schlafmittel-Funktion hat, also nicht sedierend ist, sondern grundsätzlich anregend.
Das ist der entscheidende Punkt bei der Beantwortung deiner Frage.
Dazu ganz unten zur Wirkungsweise mehr.
Zur Verbesserung des Schlafs dient es deshalb, weil es schlafhemmende Grundsymptome verbessert, z.B. depressives Grübeln oder Ängste, und weil es die Wachheit tagsüber verbessert (bessere Wachheit tagsüber -> bessere Müdigkeit nachts).
Es muss also klar sein, dass Paroxetin grundsätzlich eben anregend ist.
Damit kann es erwünschterweise schlafhemmende Faktoren beseitigen, kann aber auch selbst unerwünschterweise (zu Beginn der Therapie als Nebenwirkung, beim zum schnelle Absetzen und eben auch bei zu hoher Dosierung) selbst schlafhemmend wirken.
Da hat er wohl etwas stark vereinfacht (u.a. weil diese mg-Grenze individuell ist, aber auch m.W. zum Beispiel im Alter niedriger wird usw.), aber grob kann man das so sagen.
Die Wirkungsweise der SSRI ist nicht besonders klar.
Es gibt aber Modellannahmen.
Sehr vereinfacht nun:
Paroxtin ist ein Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, d.h. es verringert die Wiederaufnahme des Serotonins aus dem sog. „synaptischen Spalt“, das ist quasi der Zwischenraum zwischen zwei Nervenzellen, in die sog. „Präsynapse“, d.h. wieder zurück in die Nervenzelle, aus der es in den synaptischen Spalt ausgeschüttet wird.
Damit ist im synaptischen Spalt mehr Serotonin (Serotonin ist im Grunde ein Wachsamkeits-anregender Neurotransmitter, also kein schlafanregender!) zur Verfügung.
Das ist der gewünschte Effekt der SSRI, der dadurch stabilisiert ist, dass das Paroxetin auch relativ gering an die Rezeptoren der „Postsynapse“ andocken kann, d.h. nicht zu schnell von der Nervenzelle verarbeitet wird, in die die Substanz aus dem synaptischen Spalt aufgenommen werden soll.
Aus diesem Modell wird ersichtlich, warum die Dosierung entscheidend ist.
Es muss genug Serotonin zur Verfügung stehen, damit genug Wachsamkeit und Antriebssteigerung gegeben ist, so dass der Patient tagsüber richtig wach ist, genug Antrieb besitzt, damit die schlafhemmenden Sorgen und Ängste überwunden werden usw.
Deshalb wirst du auch sehr wahrscheinlich dein Paroxetin morgens einnehmen und nicht abends.
Wenn aber zu viel Serotonin zur Verfügung steht, dann funktionieren zwar diese schlaffördernden Mechanismen weiterhin, zugleich tritt aber auch die grundsätzlich schlafhemmende Funktion des Paroxetins in den Vordergrund.
Und so kommt es dann zur paradoxen Wirkung des Paroxetins (die auch am Beginn einer Therapie oft zu beobachten ist), d.h. zu Schlafhemmung statt Schlafförderung.
Ums abschließend nochmal auf den Punkt zu bringen: Wäre Paroxetin grundsätzlich sedierend, dann würde sich in der Tat die Frage stellen, warum eine hohe Dosis dann nicht sedierend wäre.
Paroxetin ist aber grundsätzlich anregend (= erhöht die Wachheit tagsüber und beseitigt damit schlafhemmende Symptome), so dass bei zu hoher Dosis die grundsätzliche Anregung zu viel des Guten ist.
Gruß
F.