PERSON und BIOETHIK

Nachdem meine letzten beiden Anfragen zwar vielfach „geklickt“ aber dennoch so gar nichts erbracht haben, starte ich hier einen neuen – und m.E. sehr allgemeinen – Versuch. Es geht um die Diskussion dessen, was unter PERSON zu verstehen ist. Klar wurde dazu schon viel gesagt und noch mehr geschrieben. Erst die Diskussion wird aber zeigen, ob wirklich schon ALLES dazu auf dem Markt der begründeten Meinungen zu finden ist.

Was macht das PERSON-Sein aus? Sind die Begriffe PERSON und MENSCH deckungsgleich oder gibt es Menschen, die keine Personen und Personen, die keine Menschen sind? Ist die Diskussion dieser Frage für Entscheidungen in der BIOETHIK hilfreich oder sinnlos?

Hallo!

Nachdem meine letzten beiden Anfragen zwar vielfach „geklickt“
aber dennoch so gar nichts erbracht haben, starte ich hier
einen neuen – und m.E. sehr allgemeinen – Versuch.

Dann will ich mich mal nicht verweigern :wink:

Was macht das PERSON-Sein aus? Sind die Begriffe PERSON und
MENSCH deckungsgleich oder gibt es Menschen, die keine
Personen und Personen, die keine Menschen sind?

Sehr allgemeine Frage, darum möchte ich nur auf eine Dimension eingehen.

Nein, sie sind nicht deckungsgleich.
Beispielsweise gibt es ja bekanntlich „juristische Personen“, die keine Menschen sind, und umgekehrt (und das ist sicher der weit interessantere Fall) gibt es Menschen, die nicht als „(natürliche) Personen“, sprich Rechtssubjekte, zählen. Die antiken Sklaven etwa oder die entrechteten Insassen von Konzentrationslagern wie Guantanamo.

Ist die
Diskussion dieser Frage für Entscheidungen in der BIOETHIK
hilfreich oder sinnlos?

Zumindest letzteres, also „Menschen“, die nicht als „Personen“ (i.S. von Rechtssubjekten) gelten, das hat sicherlich hohe (bio)ethische Relevanz.
Man kann da, z.B. eben an Guantanamo, schön die staatlich-bürokratischen Ausschließungsmechanismus aus dem vollen Mensch-Sein (zu dem eben auch gehört, eine Person zu sein) rekonstruieren.

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Hallo!

Man kann da, z.B. eben an Guantanamo, schön die
staatlich-bürokratischen Ausschließungsmechanismus aus dem
vollen Mensch-Sein (zu dem eben auch gehört, eine Person zu
sein) rekonstruieren.

Es wäre vielleicht noch an andere Beispiele zu erinnern, die vermutlich dauerhafter
sein werden als „Guantanamo“: etwa den von Peter Singer, Norbert Hoerster u.a.
diskutierten Status von Menschen mit bestimmten „Behinderungen”.

Salü
Nescio

Hallo,

die Diskussion dessen, was unter PERSON zu verstehen ist.

das ist schon mal eine Frage, über die man sich einigen muß.
Person im normalen Alltagsleben ist etwas anderes als Person
in juristischen Sinne und wiederum etwas anders in der Psychologie.

In der Philosophie ist es auch nicht ganz klar, weil unterschiedliche
Strömungen auch z.B. unterschiedliche Meinungen zum Verhältnis Körper
und Geist(Bwußtsein) haben.

Klar wurde dazu schon viel gesagt und noch mehr geschrieben. Erst
die Diskussion wird aber zeigen, ob wirklich schon ALLES dazu
auf dem Markt der begründeten Meinungen zu finden ist.

Das kann schon mal gar nicht sein.

Was macht das PERSON-Sein aus? Sind die Begriffe PERSON und
MENSCH deckungsgleich oder gibt es Menschen, die keine
Personen und Personen, die keine Menschen sind? Ist die
Diskussion dieser Frage für Entscheidungen in der BIOETHIK
hilfreich oder sinnlos?

Wenn es dabei um ethische Fragen geht, die juristische Konsequenzen
haben sollen (also Gesetze), dann kommt man nicht umhin, eine
verbindliche Definition für „Mensch“ und „Person“ voran zu stellen.

Gerade dies ist aber derzeit auch das Problem.
Einige stellen sich auf den Standpunkt, das Mensch sein schon mit der
Zeugung beginnt, andere wollen eine Anzahl Zellen dafür defnieren,
wieder andere setzen einen beliebigen Zeitpunkt nach der Zeugung
als Kriterium usw.
Eigentlich geht es dabei aber immer um Interessen und Abwägung
von Nutzen und Gefahren.
Gruß Uwi

Das stümmt …

Es wäre vielleicht noch an andere Beispiele zu erinnern, die
vermutlich dauerhafter
sein werden als „Guantanamo“: etwa den von Peter Singer,
Norbert Hoerster u.a.
diskutierten Status von Menschen mit bestimmten
„Behinderungen”.

… lieber Nescio, wobei es bei denen nicht so offensichtlich und leicht rekonstruierbar ist.

Außerdem glaub ich, wenn nicht Guantanamo, so doch wird ‚das Lager‘ als ein vom Rechtsstaat geschaffener rechtsfreier Raum, uns noch eine ganze Weile begleiten.

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SINGER, HOERSTER und was noch?
Mit Singer und Hoerster kommen wir der Sache m.E. schon ein gutes Stück näher. Es geht mir ja nicht um Personen im juristischen Sinne, sondern um das „Personsein“ als Kategorie in der Philosophie (philosophischen Ethik). Dass Strafgefangene nicht als Personen betrachtet werden, ist mir gänzlich neu. Da geht es doch eher darum, dass sie nicht als Bürger oder Kriegsgefangene betrachtet werden.
Was macht nun einen Menschen zur Person? Bei Singer sind es konkrete Eigenschaften, die empirisch nachweisbar vorliegen müssen; bei Hoerster geht es um das Haben von Interessen. Die Konsequenzen sind prima facie dann kontra-intuitiv. Das Recht, aber das wäre eine andere Diskussion, sollte den Erkenntnissen der Ethik folgen. Wenn aus ethischer Sicht klar ist, das es um das Personsein geht und wenn ebenso klar ist, was das Personsein ausmacht, sollte sich die Gesetzgebung daran anlehnen und eine entsprechende Praxisnorm schaffen.
Es bleibt die Frage: Geht es tatsächlich um die Kategorie „Person“ oder reicht der Terminus „Mensch“ für die Debatte aus. Schließlich sprechen wir auch von „Menschenrechten“, „Menschenwürde“ etc.

Hallo,

Es geht um
die Diskussion dessen, was unter PERSON zu verstehen ist.

ich denke Du lehnst Dich da etwas an an die Diskussion , was Person
und Persönlichkeit ausmacht bei der Zuweisung dieser „Eigenheit“
zu einem Gott bzw.einer höheren Macht.
Auch möchtest Du hier nicht das wiederholt haben, was hier
http://de.wikipedia.org/wiki/Person#Philosophie
oder sonst wo nachzulesen ist.
Offensichtlich ist der Begriff noch nicht abschließend ausgereift.
Ich denke, daß „Person“ eine bestimmte Qualität von Bewußtsein
haben muß um als solche benannt zu werden.
Der Streitpunkt könnte sein, die kritischen Qualitätsmerkmale
dafür zu bestimmen.
Unabdingbar scheint mir daß diese Merkmale über den Möglichkeiten
angesiedelt sein müssen, welche die Schnittmengen mit den Tieren,
auch den höchstentwickelten, ausmachen.
Ich denke, daß mindestens eine Kommunikationsmöglichkeit in „Person“
angelegt sein muß wie sie dem Menschen gegeben ist.
Um hier nicht viel Text zu präsentieren nochmals einen Anhalt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Personalismus#Philosophie
So ganz befriedigen kann dies alles nicht, weshalb auch Deine
Fragestellung und Einlassung hier:

Klar
wurde dazu schon viel gesagt und noch mehr geschrieben. Erst
die Diskussion wird aber zeigen, ob wirklich schon ALLES dazu
auf dem Markt der begründeten Meinungen zu finden ist.

Was macht das PERSON-Sein aus? Sind die Begriffe PERSON und
MENSCH deckungsgleich oder gibt es Menschen, die keine
Personen und Personen, die keine Menschen sind? Ist die
Diskussion dieser Frage für Entscheidungen in der BIOETHIK
hilfreich oder sinnlos?

Ich weiß nicht, auf jeden Fall problematisch.
Vielleicht fällt mir da noch was Sinnvolles ein.
Gruß VIKTOR

Hallo!

Mit Singer und Hoerster kommen wir der Sache m.E. schon ein
gutes Stück näher.

Gut, dann macht da weiter.

Nur, um meinen Gedanken hier noch besser klarzustellen:

Dass
Strafgefangene nicht als Personen betrachtet werden, ist mir
gänzlich neu. Da geht es doch eher darum, dass sie nicht als
Bürger oder Kriegsgefangene betrachtet werden.

Die Guantanamo-Insassen wurden eben gerade nicht als „Strafgefangene“ definiert, weil sie dann als Rechtssubjekte gelten hätten müssen, denen ein ordentlicher Prozess zugestanden hätte.

Als „Kriegsgefangene“ auch nicht, sonst hätte die Genfer Konvention für sie gelten müssen.

Und so weiter.

Ontologisch ist ihre Seinsweise irgendwo zwischen Mensch und Schlachtvieh anzusiedeln.

In Anschluss beispielsweise an G. Agamben oder J. Butler, die dazu publiziert hatten, könnte man das durchaus durch eine philosophische Brille betrachten.

Es bleibt die Frage: Geht es tatsächlich um die Kategorie
„Person“ oder reicht der Terminus „Mensch“ für die Debatte
aus. Schließlich sprechen wir auch von „Menschenrechten“,
„Menschenwürde“ etc.

Mir gings im Obigen darum anzudeuten, dass im praktischen Vollzug immer wieder ontologische Entitäten hergestellt werden, die die Kategorie des „Menschen“ so einschränken, dass bestimmten Individuen (eigentlich der völlig falsche Begriff in diesem Zusammenhang) nicht die Menschenrechte abgesprochen werden, sondern dass sie gar nicht erst als Menschenrechts-würdig gelten. Und das ist im Fall Guantanamos im Wesentlich das Absprechen, „Personen“ (im juristischen Sinn) zu sein.

Spielt der Begriff der „Person“ eigentlich ne große Rolle in der Philosophie? Mir fiele dazu nicht viel ein._ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

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Moin,

Es geht um
die Diskussion dessen, was unter PERSON zu verstehen ist.

Wenn du es seriös angehen willst, kommst du kaum um Metzinger und sein „Selbstmodell“ herum

http://www.zeit.de/2007/34/M-Seele-Interview

Sein Buch „Der Ego-Tunnel“ ISBN: 9783827006301 Buch anschauen ist in diesem Zusammenhang ebenfalls empfehlenswert.

Viel Spaß mit diesem Thema :smile:

Gruß
Marion

Hallo Marion,

Es geht um
die Diskussion dessen, was unter PERSON zu verstehen ist.

Wenn du es seriös angehen willst, kommst du kaum um Metzinger
und sein „Selbstmodell“ herum

und vor allem kommt man nicht um die Kritik an Metzingers „Selbstmodell“
und seiner Philosophie herum.
Ebenfalls dort:
http://www.zeit.de/2007/34/M-Seele-Interview
Gruß VIKTOR