Personal am Leichenfundort

Liebe/-r Experte/-in,
im Zuge der Recherchen für meinen nächsten Krimi hab ich zwei zunächst vielleicht lächerlich klingende Frage, deren Beantwortung mir jedoch im Sinne einer realistischen Beschreibung wichtig ist: Die Männer, die ein Mordopfer abtransportieren, sind ja keine Laien, sondern haben eine Ausbildung. Sind das Sanitäter? Oder wie nennt man diese Herren (gibt es auch Damen in diesem Beruf!)? Und die Bahre für den Leichnam bzw. Leichensack: Ist die in „leerem“ Zustand zusammenklappbar und ggf. von einer einzelnen Person zu tragen bzw. einen steilen Hang hinauf zu transportieren? - So albern die Fragen klingen mögen: ich richte mich nicht gern nach dem, was ich in Fernsehkrimis sehe, sondern frage lieber bei Fachleuten wie Ihnen nach. Besten Dank für Ihre Hilfe! Ulrike Bliefert

Guten Tag, Frau Bliefert.

Die Männer, die die Leichen abtransportieren sind ganz normale Angestellte eines ortsansässigen Bestatters. Gerade in großen Städten hat die Polizei einen ausgewählten Bestatter, der die Logistik und die Diskretion, welche der Umgang mit polizeilich relevanten Leichnamen erfordert, stellen kann.

Sollte die Bahre zusammenklapbar sein, so habe ich sie noch nie in diesem Zustand gesehen. Sie ist sehr robust und ich kann mir nicht vorstellen, dass eine einzelne Person die mal eben schultern kann. Auf der Bahre selbst liegt bereits eine ausgebreitete verschließbare Plastikplane, sodass man auch verweste, zerfallende oder zerstückelte Leichname ohne weiteres einfach drauflegen/draufschmeißen und abtransportieren kann. Dies geschieht, zumindest bei Leichen die nicht Spurenträger sind, meist recht achtlos. Die Plane wird dann gleich als Mülleimer für Plastikhandschuhe ect. genutzt.

Die Angestellten brauchen einen robusten Magen, auch weil z.T. sie es sind, die nach einem Unfall/Suizid Bahngleise und Auobahnen abgehen, um weitere Leichenteile zu finden. Die Statur dieser Leute ist fast immer sehr kräftig, es ist ja auch mehr eine körperlich grobe, handwerkliche Arbeit. Viele Frauen zieht das nicht an. Das Wesen dieser Leute ist einfach, aber freundlich. Mit der Polizei duzt man sich, gerade den Kollegen von der Kriminalpolizei laufen sie immer wieder über den Weg.

Zu der genauen Ausrüstung und der Ausbildung dieser Leute kann ich die Trauerhilfe Denk in München empfehlen. Das ist die Firma, die von der dortigen Polizei immer herangezogen wird. Ich bin mir sicher, dort wird man alle Spezialfragen beantworten können.

Sollten Sie noch weitere Fragen haben, bzw. ich eine Ihrer Fragen unterschlagen haben, so lassen Sie es mich einfach wissen.

Hallo und herzlichen Dank für Ihre wunderbar prompte und präzise Antwort!
Ich war hier in Berlin einmal mit einem Kriminalhauptkommissar am Tatort und ich hab die beiden Männer, die den Toten abtransportiert haben, ebenfalls als nett und ein wenig flapsig in Erinnerung.

Trotz allem hab ich noch eine Zusatzfrage: In meinem Fall befinden wir uns weit weg von jeder Großtadt im Ahrtal. Der nächste Ort ist Mayschoss mit knapp 1000 Einwohnern, der nächstgrößere Ort ist Ahrweiler, zuständig dürfte die Kripo Koblenz sein, knapp 56 km entfernt. Dort gibt es zwar eine „normale“ Pathologie, aber das nächste Rechtsmedizinische Institut befindet sich in Köln. Würde man unter diesen Umständen ebenfalls einen örtlichen Bestatter mit dem Abtransport beauftragen? Der dürfte in dieser Hinsicht ja eher keine Erfahrung und ggf. auch nicht das nötige Equipment haben, oder? - Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir auch hier nochmal auf die Sprünge helfen könnten! Herzlich. Ulrike Bliefert

Guten Tag Frau Bliefert.

Die Arbeit an sich benötigt keine besondere Expertise, außer vielleicht, sich möglichst minimalinvasiv am Tatort zu bewegen. Besonders wichtige Spuren auf der Leiche werden ohnehin bereits am Tatort gesichert um eine Kontamination während des Transports zu verhindern. Der Rest ist wenig mehr als das Wuchten des Leichnahms auf die Bahre. Wenn es sich um einen besonders sensiblen Leichnahm handelt, macht das u.U. auch die Spurensicherung, aber das sind absolute Ausnahmefälle.

Zwar kann ich Ihnen nicht sagen, wie genau in Koblenz verfahren wird, aber ich denke auch dort wird man einen lokalen, zuverlässigen Bestatter haben, auf den man im Zweifelsfall zurückgreift. Der transportiert das auch gerne nach Köln; allein schon wegen dem Kilometergeld. Wobei es gut möglich ist, dass gerade in einer so großen Stadt wie Köln ein mittlerweile auch überregional operierender Bestatter fester Vertragspartner der Polizei ist. 56km sind ja nun nicht die Welt.

Wunderbar! Ganz, ganz herzlichen Dank für Ihre Hilfe! Schade, dass ich mich nicht auf direktem Wege revanchieren kann, aber meine Fachgebiete „Kostümgeschichte“ und „Berlin um 1900“ dürften Sie wohl kaum interessieren… ;o)

Nochmals beste Grüße! Ihre Ulrike Bliefert

Sehr gerne. Sollten Sie weitere Fragen haben, haben Sie ja meinen Kontakt. Einfach anschreiben!

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Vielen Dank! Das werde ich gerne tun! Ulrike B.

So gern ich helfen möchte, kann ich dazu nichts sagen.

Trotzdem herzlichen Dank und alles Gute! Ulrike B.

So gern ich helfen möchte, kann ich dazu nichts sagen.

Hallo Frau Bliefert, ich komme gerade aus einem 2 wöchigen Urlaub und konnte die Frage deshalb nicht eher beantworten. Ich hoffe, die Antwort wird trotzdem nützlich sein.
Zunächst bleibt die Leiche so lange vor Ort, bis alle notwendigen Tatbestände aufgenommen sind. D.h., eine Leichenschau durch den Arzt, Lichtbilder, Vermessungen, eventuell auch der Staatsanwalt oder der Gerichtsmediziner. Danach kommt das Bestattungsinstitut und die räumen den Leichnam weg. Dazu haben sie den üblichen Zinksarg (Bahre) mit Griffen aus ihrem Leichenwagen. Die Leichenträger werden den Leichnam immer in die Gerichtsmedizin bringen. Denn dieser wird bei einem Tötungsdelikt immer beschlagnahmt und in der Gerichtsmedizin untersucht. Wenn das Gelände so ist, dass es mit der Bergung schwierig ist, dann hilft grundsätzlich die Feuerwehr aus. Die haben immer Winden, Seile und genügend Männer, die dabei helfen können.
Es ist richtig, dass Leichen nur auf Bahren (mit Deckel zum Zuklappen)transportiert werden. Tragen werden ausschließlich beim DRK zum Transport von Verletzten verwendet. Die lassen Leichen auch immer liegen. Bahren haben nur Bestattungsunternehmen. Ich habe aber bei Bestattungsunternehmen bei der Bergung noch nie Frauen gesehen. Machen wohl immer Männer. Es gibt aber keinen formalen Grund, warum es nicht auch Frauen machen könnten.
Mit freundlichen Grüßen
KL

Hallo und ganz, ganz herzlichen Dank! Ihre Antwort hilft mir wirklich sehr! Toll! Beste Grüße! Ulrike B.

Im Regelfall (jedenfalls im Land Brandenburg)werden normale Bestattungsunternehmen im Auftrag der Staatsanwaltschaft tätig. Diese verbringen die Leichen in die Rechtsmedizin zur weiteren Untersuchung.
Diese Bestattungsunternehmen haben richtige Verträge.

Der Transport erfolgt i.d.R. in einem Transportsarg mit Deckel, welcher von 2 Personen getragen wird.

Hallo und sehr herzlichen Dank! Beste Grüße! Ulrike B.

Hallo,
zunächst ein Sorry für die späte Antwort.
Wie schon von anderen gesagt, sind die Personen, die die Leichen am Tatort abholen „ganz normale Bestatter“. Es gibt da keine Ausbildung. Sanitäter machen das auf keinen Fall! Den Beruf des „Coroner“ wie in den USA gibt es in Deutschland nicht. Die Leichen werden aber erst nach Freigabe durch die Polizei abtransportiert. Die Toten an einem Tatort sind nämlich zunächst einmal sichergestellt bzw. beschlagnahmt. Die Polizei sagt auch, was mit der Leiche geschieht. Ob sie zur Bestattung freigegeben wird, oder ob sie in ein rechtsmedizinisches Institut zur Obduktion kommt. Da können auch die Angehörigen keinen Einfluss nehmen.
Welches Bestattungsunternehmen die Transporte durchführt, ist in Deutschland haarklein geregelt im Bestattungsgesetz. Da geht es vor allem um örtliche Zuständigkeiten. Daher kommt der Tote im Regelfall zunächst zum „örtlich passenden“ Friedhof, wo die Leiche besichtigt wird durch die Kripo. Falls dann ein natürlicher Tod nicht ausgeschlossen wird, geht’s zur Obduktion.
Soweit ich weiß, gibt es hier auch keine Bahre, sondern einen Zinnsarg.
Frauen gibt es in diesem Beruf eher selten, aber ausgeschlossen ist das natürlich nicht.
Beste Grüße

Hallo, Gerald, auch Dir herzlichen Dank für Deine Ausführungen! Ich kann mir jetzt insgesamt ein gutes Bild vom gesamten Procedere machen und mir das „realistisch gesehen Denkbare und Mögliche“ für meinen Roman aussuchen. Beste Grüße und alles Gute! Ulrike