Personenzentr. Beratung +Verhaltenstheraphie

Hallo,

vielleicht kann mir jemand hier weiterhelfen. Ich schreibe momentan eine Hausarbeit zum Thema „Vereinbarkeit von personenzentrierter Beratung und Verhaltenstherapie“.

Frage an die Fachleute unter euch: Inwieweit würdet Ihr sagen, sind die beiden Verfahren tatsächlich miteinander vereinbar bzw. können Verhaltenstherapeuten mit dem Ansatz von Rogers arbeiten?

Danke im Voraus!

Hallo,
das Menschenbild und das Vorgehen sind verschieden, aber Verhsltenstherapeuten nutzen die Rogers-Techniken oft auch, da sie zum Aufbau der Therapeut-Klient-Beziehung sehr hilfreich sind. Umgekehrt nutzen inzwischen viele Gesprächspsychotherapeuten VT-Techniken, insbesondere bei Angststörungen, da diese sich als wirksam erwiesen haben. Die meisten Therapeuten sind heute nicht mehr so orthodox und bedienen sich an wirksamen Techniken auch anderer Therapierichtungen.

Grüsse

Walter

Hallo Fairyphoebe, selbstverständlich können Verhaltenstherapeuten, sofern sie eine fundierte Ausbildung in der Arbeitsweise von Rogers haben, therapeutische Hilfe geben. ?Cave! Natürlich ist immer der Einzelfall zu betrachten und ein gewissenhafter Therapeut wird sich nicht scheuen an einen Kollegen weiter zu verweisen, wenn der Hilfesuchende dort besser betreut werden kann.

Hallo,

eine gute Frage. Albert Ellis (Mitbegründer der VT) hat immer betont, dass er die Grundvariablen von Rogers auch umsetzt, sie allein aber manchmal nicht für Veränderung reichen.

Ich denke, die Vereinbarkeit ist möglich. In Abhängigkeit von Klient und Problem. Non-direktiv heißt, wie der Name ja vorgibt, dass man möglichst Einfluss auf den Entwicklungsprozess ausübt. Im Grunde ist man aber natürlich immer Resonanzboden und dabei fließen auch eigene, steuernde Elemente mit ein. Absolutes non-direktives Vorgehen ist also nur in der Theorie möglich.

In gewissen Phasen kann man Ansätze beim Klienten „verstärken“ oder auch Glaubenssätze aktiv hinterfragen. Das entspricht nicht 100%ig dem Rogers-Modell, erscheint mir aber hin und wieder erfolgreich und zeitsparend.

Fazit: Erst Mal non-direktiv beginnen und wenn der Klient in eine Endlosschleife von blockierenden Gedanken gerät, Impulse aus dem VT-Fundus setzen.

Beste Grüße

Thomas

Hallo Fairyphoebe,

die beiden Verfahren schließen sich keineswegs aus.
Durch die personenzentrierte Beratung lässt sich zunächst gut erfassen, worum es dem Ratsuchenden geht. Je nach Anliegen kann dann eine Verhaltenstherapie das therapeutische Mittel der Wahl sein.
Der Rogers-Ansatz zur Gesprächsführung dürfte auch vielen Verhaltenstherapeuten bekannt sein.

Viel Erfolg mit der Hausarbeit und viele Grüße

klarinia

Hallo,
da das Thema der Hausarbeit die Vereinbarkeit beider Verfahren ist, gehe ich mal davon aus, daß schon ausreichend Grundwissen vorhanden ist. Also kann ich direkter einsteigen. Ich versuchs mal einfach zu formulieren. Es gibt mehrere Dinge, die zu beachten sind. 1. Grundannahmen/-bedingungen beider Verfahren. Rogers Ansatz ist nicht direktiv, d.h. der Therapeut sucht nicht die Themen aus, der Patient kommt schon selber zum Punkt. Das ist in der Verhaltenstherapie (VT) nicht unbedingt so. 2. Dann gibt es bei Rogers eine Grundidee, wie z.B. Heilung funktioniert. Davon leiten sich die Handlungsschritte und Ziele ab, um Prozesse im Sinne der Grundidee anzustoßen. Das ist bei der VT auch nicht unbedingt so. Ein Verfahren in der VT muß wirksam sein (wissenschaftl. nachgewiesen), wenn man dann auch noch den Mechanismus dazu kennt, ist das super. Aber nicht bei allen VT-Verfahren weiß man 100%tig wissenschaftl. sicher, wie sie genau funktionieren. Beide Verfahren (VT und Rogers) haben einen Plan, Ziele und bestimmte Schritte, und die sind nicht immer gleich. Deshalb gibts Probleme beides zusammenzutun. 3. VT hat nicht nur ein Verfahren, es ist mehr eine Sammlung verschiedener Verfahren, die wissenschaftl. nachgewiesen funktionieren. Und da gibts einige, die ganz im Sinne von Rogers sind. Findet man z.B. im Bereich des kognitiven Therapieansatzes. 4. VT versucht nicht nur wissenschaftl abgesichert zu sein, sondern will auch, daß die Verfahren bei jedem Therapeuten halbwegs gleich gut funktionieren - deshalb die Manuale. Problem dabei ist, daß das dann manchmal wie eine „Bedienungsanleitung“ für eine Maschine wirkt. Patienten reagieren darauf nicht unbedingt immer positiv. Zudem sollte/muß der Therapeut eine vertrauensvolle Patientenbeziehung aufbauen (der Patient muß selbstverständlich auch daran mitarbeiten) - dafür sind Rogers Strategien sehr brauchbar (Wertschätzung, Empathie, Kongruenz) - ohne daß die VT komplett Rogers Theorie übernimmt.
= meine Meinung ist: VT ohne Elemente der Gesprächstherapie geht nicht. Wichtig ist Indikation/Kontraindikation, z.B. GT bei Psychose nicht so gut. Beide VT und GT haben Überschneidungsbereiche, allerdings sind sie in ihrem Verständnis von sich selbst verschieden.
Achso, und dann gibts da noch den Mensch-Faktor. Aus irgendeinem Grund wird Abgrenzung zwischen den verschiedenen Theorien von einigen fast kriegsähnlich betrieben. Ich glaube ein Prof von mir sagte mal sinngemäß: eine Theorie stirbt erst mit ihrem letzten Anhänger aus. Ein anderer Prof von mir ärgerte sich, daß sich einige Therapeuten aus allen Theorien das Beste raussuchen und es dann als best-of wild zusammenwürfeln. Da ist was dran, z.B. in einer Demokratien mit Menschenrechten wäre es auch komisch Strategien aus einer fiesen Diktatur zu übernehmen, nur weil die gut funktionieren. Vermutlich gibt es einfach nur Leute, die eher Gemeinsamkeiten suchen und welche, die eher Unterschiede suchen. Aus beiden läßt sich letztendlich Kapital schlagen
Ich hoffe, das reicht fürs erste. Wenn weitere Fragen sind, einfach mailen.

Beste Grüße