persönlichkeitserweiterndes Training wird vom GF vorgeschrieben

Hallo an alle,

Der Geschäftsführer und Inhaber ist seit einiger Zeit in ständigem Kontakt mit einem „persönlichkeitserweiterndem“, amerikanischen Guru, welchen ihn bereits persönlich trainiert hat. Es handelt sich um einen Amerikaner, mit Sitz in Califonien.

Der GF findet ihn Klasse und es sind bereits Summen in 6- 7 stelliger Höhe geflossen - in Richtung des Gurus. (nein, ich übertreibe nicht, siebenstellig ist korrekt)
Wie auch immer, was der GF mit seinem Geld macht entscheidet er und interessiert mich nicht wirklich.

Nun hatte er aber eine Veranstaltung für alle (über 100) Mitarbeiter von seinem „Trainer“ durchführen lassen, welche ich persönlich als äußerst fragwürdig hielt. Der Guru stand auf einer Tribüne und sprach uns an, wir mussten Sätze nachsprechen die er vorsprach, die Arme in die Luft reißen wenn er es tat, hüpfen und lachen wenn er es sagte … die Veranstaltung war vom Geschäftsführer an alle Mitarbeiter als Pflichtveranstaltung kommuniziert worden und fand ausserdem noch an einem Samstag statt. Es ging bei der 8 stündigen Veranstaltung um „Leadership and Quality of Life“. Er sprach, wir hörten zu, zwischendurch wurde das Mikro gereicht, damit vereinzelte Personen von ihrer persönlichen Geschichte erzählen konnten (Mutter verstorben, umgezogen in fremde Stadt ohne Freunde, Zunahme an Gewicht trotz wenig Essen, zu wenig Freizeit usw. ).

Ich persönlich, und mehrere meiner Kollegen empfanden es fast wie eine Scientology Veranstaltung, so wie man manche religiösen Gurus auf Bühnen in den USA kennt, so ähnlich war es.

Nun aber der Hammer. Der GF möchte nun Einzel-coachings (Einzeltrainings mit jedem einzelnen Mitarbeiter).
Ich möchte mich dagegen wehren, aber möchte auch wasserfeste Argumente liefern.

Sind Firmen, die Mitarbeiter coachen oder weiterbilden nicht verpflichtet irgendwelche Qualifikationen vorzuweisen? Gibt es Richtlinien in Deutschland, welche Weiterbildungsmaßnahmen, die ein Mitarbeiter zu verrichten hat, irgendwie definiert?
Muss man irgend ein Zertifikat nachweisen, dass man qualifiziert ist die Mitarbeitern zu schulen bzw. äußerts private Fragen zu stellen (es ging um Partnerschaften, Familienangehörige usw.).

Wie kann ich wasserfest argumentieren, dass dieses Training nicht gerechtfertigt ist bzw. dass ich (und bestimmt auch viele andere Kollegen) nicht verpflichtet sind an solch einer Maßnahme teilzunehmen? Selbst wenn es während der Arbeitszeit ist, sind die Fragen viel zu persönlich und psychologisch ausgerichtet.

Liebe Wissenden, ich möchte bitte keine Diskussion starten warum uns wieso, ob Samstag oder nicht, welche Summen oder die mentale Stärke der Betroffenen ….

Ich möchte bitte nur Argumente gegen das Training, die ich gegenüber dem GF vorbringen kann. Vielleicht Paragraphen aus dem Arbeitsrecht, Vorschriften bzgl. Qualifikationen der Trainer oder Maßnahmen usw. bezüglich Pflichtveranstaltungen (freiwillige sind mir egal).
Ich möchte eine sachliche Gegenargumentation vorbringen.

Könnt ihr mir helfen?

LG Jasmin

Hallo,

vorab: das stimmt nicht. Das ist nicht das Geld des Geschäftsführers, sondern das Geld des Unternehmens und damit letztlich der Gesellschafter. Auch wenn es Dich als Arbeitnehmer nichts angeht, kann der Geschäftsführer irgendwann böse einen auf die Mütze bekommen, wenn er Geld in der Größenordnung für sein Privatvergnügen raushaut. Sofern Geschäftsführer und Gesellschafter die gleiche Person sind, ist das Risiko natürlich ausgesprochen gering.

Eine Pflicht zur beruflichen Weiterbildung gibt es nur, wenn diese aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergibt bzw. es anderweitige rechtliche Gründe gibt. Des weiteren kann es natürlich notwendig sein, fachliche Fortbildungen wahrzunehmen, um die Arbeitsleistung erbringen zu können, d.h. wenn sich das technische, rechtliche oder wissenschaftliche Umfeld geändert hat und der Mitarbeiter auf dem aktuellen Stand sein muß.

Bei Persönlichkeitstrainings ist das eher nicht so und allenfalls auf bestimmte Berufe und bestimmte Teilbereiche beschränkt (z.B. Verkaufstrainings für Vertriebsmitarbeiter). Das, was Du da schilderst, scheint mir in keine der Kategorien zu fallen. Insofern spricht nichts gegen eine Ablehnung des „Angebots“. Das Problem ist natürlich, daß man als Arbeitgeber durchaus Möglichkeiten hat, den Verweigerern das Leben aufgrund ihrer Verweigerung schwerer zu machen. Das ganze ist insofern eine Frage der Abwägung. Man kann natürlich auch an so einem Training teilnehmen, ohne sich daran ernsthaft zu beteiligen.

Gruß
C.

„Ich finde schneller einen neuen Job als Sie einen neuen Mitarbeiter!“

„Der Käse hält mich davon ab, sinnvolle Arbeit zu tun, für die ich bezahlt werde“

wie gesagt, es folgen EINZEL-trainings … Da ist man mehr oder weniger gezwungen mitzumachen.

Aufgrund des psychschen Stress, den dies bei dir auslöst, bist du zu den Terminen AU. Das bekommst du von deinem Hausarzt sicher bescheinigt. Der arme Guru sitzt dann halt und wartet und der arme Chef zahlt eine Ausfallstunde.

Den Tag zuhause nutzt du brav, um Stellenangebote zu sichten.

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ja ist schon klar.
Aber gibt es gesetzliche Vorschriften zu Weiterbildungsmaßnahmen aller Mitarbeiter (nicht fachbezogen) oder nicht ?

Hallo,

ich möchte dir dieses Buch empfehlen:

und hier zum anschauen:

Es ist nicht die konkrete Antwort auf deine Frage, könnte dich aber ein Stück weiter bringen.

Alles Gute
Schrella

wow. Erinnernt mich sehr an den Fall.

Hallo,

der Arbeitgeber darf im Rahmen seines Direktionsrechts so einsetzen, wie es im Arbeitsvertrag geregelt ist.
Eine grundsätzliche Pflicht, an "Bildungs"veranstaltungen teilzunehmen, existiert nicht.
Sie kann sich aus den Umständen und den Vertrgen ergeben. Wenn sich zum Beispiel der GF dazu entschließt, die Firmensoftware umzustellen, dann ist eine Schulung an dieser Software selbstverständlich Pflicht.

Sobald eine Einladung zur Einzelsitzung kommt, sagt man, dass man daran nicht teilnehmen möchte.
Wenn dann die Teilnahme zur Pflicht erklärt wird, fragt man: „Wird mir dort Wissen vermittelt, ohne das ich zukünftig meine Arbeit hier nicht mehr erledigen kann?“

Der GF kann dann lügen und „Ja“ sagen. Dann hat man die Möglichkeit, sich über eine AU der Gehirnwäsche zu entziehen. Oder man geht dahin und blockt. Persönliche Fragen werden mit „Darüber werde ich mich mit Ihnen nicht unterhalten.“ beantwortet. Begründung: „Ich trenne Privates vom Beruflichen.“ Ich empfehle dann auch, Abwehr von Verhörtechniken zu studieren. Man könnte auch direkt fragen, ob der „Berater“ einen der im 1. Absatz des §203 StGB genannten Beruf ausübt - wenn ja, welchen - und somit bei Weitergabe von Inhalten aus dem Gespräch eine Straftat begehen würde. Vermutlich gehört er keinem der dort genannten Berufsgruppen an. Dann erklärt man das Gespräch für beendet.

Die Frage nach „Was sagt der Betriebsrat eigentlich dazu?“ stelle ich mal - aber ich nehme fast an, dass es keinen gibt.

Je nach „Gemüt“ der anderen Angestellten kann es durchaus sein, dass sich eine Gruppendynamik bei denen entwickelt. Wie ist die Stimmung in der Firma? Sind es einige wenige, die den Quark durchschauen, oder wendet sich die Mehrzahl von dieser Gehirnwäsche ab?

Deine Antwort hilft mir sehr.
Die Kollegen untereinander fühlen sich unwohl, möchten nicht teilnehmen. Es gab sogar Krankmeldungen am Samstag (Die Veranstaltung ging über Freitag und Samstag), Personen riefen mich an und fragten, ob man sie kündigen könne, wenn sie am Samstag nicht kommen würden … etc.
Generell aber gab es offiziell dem GF gegenüber ausschließlich positives Feedback. Die Angst vor Konsequenzen herrscht vor.

Ich denke kaum, dass jemand sich traut offen zu kritisieren, da die Firmenpolitik auch besagt wir sollen alle positiv sein und positiv denken … Negative Kommentare werden als „teamunfähig“ bezeichnet.
Die einzige Kritik zum „Seminar“ war, dass man zu lange an der Schlange zum Buffett warten musste, aber die Veranstaltung war SUUUPER (mit einem riesen Lächeln, Arme nach oben und einem Sprung in die Luft …).

Und ja, Du hast Recht, es gibt keinen Betriebsrat.
Der HR Manager wurde vor einigen Monaten neu eingestellt, hat keine EU Staatsbürgerschaft und ist primär eingestllt worden um mehr Mitarbeieter zu gewinnen (der alte HR Manager ist nach weniger als einem Jahr mit den Händen auf dem Kopf weggerannt).
Ich unterstelle mal, dass der neuen HR Chef das Basiswissen des deutschen Arbeitsrechts hat, aber nicht viel darüber hinaus.

Hallo,

ein weiterer Aspekt:

Besteht der AG auf einer Teilnahme an einer „Fortbildungsveranstaltung“, dann muß dies natürlich auch vergütet werden. Das gilt schon für die Startveranstaltung.

Und ansonsten solltest Du den Wink mit dem Zaunpfahl von X_Strom ernst nehmen. Nur ein BR hat im Rahmen seiner Mitbestimmungsrechte Mittel und Möglichkeiten, so einen Unsinn zu unterbinden.

&Tschüß
Wolfgang

:cold_sweat:
Ein Seminar des Grauens also …
Mir kommt direkt eine Vision von der Sekte „Kinder Gottes“, die vor langer Zeit mal die Straßen unsicher machten. Die waren auch pausenlos am lächeln.

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Hallo,

Warum fragen sie Dich?
Welche Funktion hast Du?

Gruss
Jörg Zabel

Leider eine Funktion, in der ich meine persönliche Meinung den Mitarbeitern gegenüber nicht äußern kann, auch weil ich die Motivation nicht beeinflussen möchte.
Deshalb möchte ich das Ganze professionell, sachlich und auf Grundlage des deutschen Arbeitsrechts angehen. Ich möchte auch nicht übertrieben reagieren , nur weil ich persönlich die Umstände für untragbar halte. Meine subjektive Meinung sollte eine untergeordnete Rolle spielen. Ich bin momentan überfordert, da ich nach über 25 Jahren Berufserfahrung soetwas noch nicht erlebt habe, und seit der „Veranstaltung“ sich die Stimmung innerhalb der Firma verändert hat. Ich kann es momentan noch nicht greifen (und begreifen) und muss äußert vorsichtig vorgehen. Mitarbeiter vertrauen sich mir an und ich kann es so „ungefiltert“ nicht an die GF weiter geben (weil ich auch weiss, das der GF sofort blockt, denn es geht nichts über den heiligen Guru).

Hallo,

und wenn Du

wirklich was ändern willst, suchst Du Dir zwei zuverlässige Mitstreiter und lädst zu einer Versammlung zur Wahl eines Wahlvorstands für die Wahl eines Betriebsrats ein gem. § 17 Abs. 2 BetrVG:
https://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__17.html

Gewerkschaften - so man oder frau denn auch Mitglied ist oder eintritt - helfen hierbei gerne., Und für diese 3 Wahlinitiatoren genauso wie für den schließlich gewählten Wahlvorstand gelten dann auch die Vorschriften des § 15 Abs. 3 bzw. Abs. 3a KSchG:
https://www.gesetze-im-internet.de/kschg/__15.html

Und wenn Du wissen willst, was dann ein Betriebsrat mit diesen obskuren "Schulungen " zu tun hat, dann wirfst Du einen Blick in § 98 BetrVG:
https://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__98.html
&tschüß
Wolfgang

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Da hast du aber bisher Glück gehabt. Nach meiner persönlichen Berufserfahrung und dem, was ich in meinem näherem Umfeld beobachten durfte, kommen Vorgesetzte mit ausgeprägten, höchst auffälligen Persönlichkeitsstörungen durchaus nicht selten vor. Wenn du so einen Chef hast, dann bist du entweder in der Lage, ihn zu manipulieren oder (meistens besser) du solltest die Veranstaltung verlassen.

So einfach ist das nicht. Ich möchte und kann da jetzt nicht näher drauf eingehen, aber nimm mal an, dass es ein junges Unternehmen ist, mit Schwestergesellschaften , Tochtergesellschaften usw … und alle arbeiten unter einem Dach. Gesamt über 200 aber eben jeweils in 4-6 Firmen unterteilt. Das bedeutet, nie mehr als 50 in einer Firmierung angestellt .

Ja , ich weiss, so darf er das nicht. Option wäre, wem es nicht passt, kann gehen.
Ich kann nicht näher auf Details eingehen, aber es ist leider wirklich kompliziert.
Ich versuche sanft einzulenken, in der Hoffnung, es hilft auch meinen Kollegen.

Generell soll es mir fast egal sein, ich finde schnell wieder etwas Neues. Aber ich würde gerne einlenken, es gibt einige Kollegen bei denen ich weiss, dass ihnen der Boden unter den Füssen gerissen würde, wenn sie den Job verlieren würden. Es gibt alleinerziehende Mütter etc …

Natürlich habe ich nicht die gesamte Geschichte hier geschrieben, es gibt diverse weitere Probleme. Aber generell möchte ich dem Herrn, der den GF um den Finger gewickelt hat, erst einmal in die Schranken weisen. Ich möchte verhindern, dass der Guru weiterhin so einen großen Einfluss auf das Tagesgeschäft in der Firma hat.

Ja sicher hatte ich schon Choleriker, Profilneurotiker, oder auch einfach nur Ar$$löcher. Aber was ich momentan erlebe, was das Tagesgeschäft jedes einzelnen Mitarbeiters beeinflusst, habe ich noch nie erlebt.

Generell möchte ich mich bei Allen bedanken!
Es waren wirklich sehr hilfreiche Antworten und Beiträge dabei, auf welche ich aufbauen kann.
Vielen Dank und ich wünsche ein schönes Wochenende!