Ein paar Ergänzungen und Zitate
Hallo, Huggy und Gargas!
Vielleicht kommt noch jemand, der mehr damit anfangen kann.
Der Titel des Bildes stimmt, denn es ist keine Pfeife, sondern das gemalte Bild einer Pfeife.
Damit macht Magritte auf ein gleich gelagertes Problem wie Bichsel aufmerksam.
Namen, Benennungen, Wörter, Meinungen, ja Wahrheiten sind arbiträr.
Hesse sagt das so:
_ Chinesische Legende
Von Meng Hsiä wird berichtet:
Als ihm zu Ohren kam, daß neuerdings die
jungen Künstler sich darin übten, auf dem
Kopf zu stehen, um eine neue Weise des Sehens
zu erproben, unterzog Meng Hsiä sich
sofort ebenfalls dieser Übung, und nachdem
er es eine Weile damit probiert hatte, sagte
er zu seinen Schülern: „Neu und schöner
blickt die Welt mir ins Auge, wenn ich mich
auf den Kopf stelle.“
Dies sprach sich herum, und die Neuerer
unter den jungen Künstler rühmten sich
dieser Bestätigung ihrer Versuche durch den
alten Meister nicht wenig.
Da dieser als recht wortkarg bekannt war und
seine Jünger mehr durch sein bloßes Dasein
und Beispiel erzog als durch Lehren, wurde
jeder seiner Aussprüche beachtet und weiter
verbreitet.
Und nun wurde, bald nachdem jene Worte die
Neuerer entzückt, viele Alte aber befremdet,
ja erzürnt hatten, schon wieder ein Ausspruch
von ihm bekannt. Er habe, so erzählte man,
sich neuestens so geäußert:
„Wie gut, daß der Mensch zwei Beine hat!
Das Stehen auf dem Kopf ist der Gesundheit
nicht zuträglich, und wenn der auf dem Kopf
stehende sich wieder aufrichtet, dann blickt
ihm, dem auf den Füßen Stehenden, die Welt
doppelt so schön ins Auge.“
An diesen Worten des Meisters nahmen so-
wohl die jungen Kopfsteher, die sich von ihm
verraten oder verspottet fühlten, wie auch
die Mandarine großen Anstoß.
„Heute“, so sagten die Mandarine, „behauptet
Meng Hsiä dies, und morgen das Gegenteil.
Es kann doch unmöglich zwei Wahrheiten
geben. Wer mag den unklug gewordenen
Alten da noch ernst nehmen?“
Dem Meister wurde hinterbracht, wie die
Neuerer und wie die Mandarine über ihn
redeten. Er lachte nur. Und da die Seinen ihn
um eine Erklärung baten, sagte er:
"Es gibt die Wirklichkeit, ihr Knaben, und an
der ist nicht zu rütteln. Wahrheiten aber,
nämlich in Worten ausgedrückte Meinungen
über das Wirkliche, gibt es unzählige, und jede
ist ebenso richtig wie sie falsch ist."
Zu weiteren Erklärungen konnten ihn die
Schüler, so sehr sie sich bemühten, nicht bewegen._
Der Mann in Bichsels Erzählung hat die Macht des Wortes über die Dinge erkannt, er nutzt sie, um sich eine eigene Welt zu schaffen; gerät aber dadurch in die Isolation, wie jeder, der die „normale“ Sprachgemeinschaft verlässt.
Wer die Wörter, die Sprache verrückt, der wird verrückt.
Das geht auch Dichtern bisweilen so; Hölderlin z. B., dessen späte Texte sich dem Zugang einfach verschließen oder so klar und hell sind, dass sie trivial wirken.
Dass es gute Gründe gibt, einen Tisch einen Tisch zu nennen, besagt diese kleine Anektode von den Jeschiwebochern (Talmusschüler):
A: Sag einmal, wieso heißt ein Tisch Tisch?
B: Nun schau ihn dir doch mal an! Er sieht aus wie ein Tisch, er fühlt sich an wie ein Tisch, man kann ihn benutzen wie einen Tisch, warum - ich bitt dich - soll man ihn dann nicht einfach Tisch nennen.
Hat sich etwas in die Länge gezogen.
Gruß Fritz