Pflegeheim und Inkontinenz?

Liebe/-r Experte/-in,
meine Mutter, 88 J., lebt im Pflegeheim (Einzelzimmer)und ist inkontinent. Anstatt in die Windelpants zu urinieren, zieht sie die aus und will auf die Toilette, schafft es aber nicht rechtzeitig. Ergebnis: Ein See vor der Toilette, Strümpfe, Rock, Hausschuhe, Rollstuhlsitz und Rollstuhlfußstützen, alles zugepuscht.
Sie ist 100 % behindert, gehbeindert, udn hat bereits zwei Stürze hinter sich.
Sie wischt den Urin vom Boden mit Toilettenpapier weg, und dann versucht sie, allein die Wäsche zu wechseln, udn steht dabei freihändig, was sie nicht kann.
Dies sind m.E. hochgefährliche Situationen, in denen sie stürzen kann.
Sie klingelt niemals nach den Pflegern, um sich zur Toilette helfen zu lassen. Sie weiß garantiert nicht mal, wo die Klingel ist.
Es stinkt bestialisch im Zimmer, den Pflegern ist das egal, sie haben ständig neue Argumente, warum es nicht anders geht.
Meine Mutter ist beginnend dement, das heißt, das Kurzzeitgedächtnis ist praktisch völlig weg. Sprache ist noch da, auch Einsichtsfähigkeit in Grenzen, wenn man richtig mit ihr redet.
Kann vom Heimpersonal erwartet werden, dass sie sich darum bemühen, dass meine Mutter in die Windelpants uriniert?
Danke für Ihre Aufmerksamkeit
Luisa Umlauf

Hallo Luisa,
ich denke, dass sich die PflegerInnen durchaus bemühen, dass Diene Mutter die Windel auch benutzt, denn sie sparen sich dadurch je viel Zeit, weil sie sie nicht umkleiden müssen.
Das Problem des Sturzrisikos bleibt so lange bestehen.
Wie sollten die Mitarbeiter damit umgehen?
Ich sehe hier nur die Möglichkeit einer Fixierung. Die lehne ich für mich ab, denn es ist Freiheitsentzug.
Für mich würde ich das Sturzrisiko auf mich nehmen. Wenn das (Stürzen) jedoch öfter passiert, dann könnte man nachts die Bettgitter hoch ziehen und das Verlassen des Bettes damit verhindern. Vielleicht benutzt sie dann die Klingel für die Nachtwache für den Toilettengang. Allerdings ist auch dies ein Freiheitsenzug. Das muss dann gerichtlich gestgestellt werden. Bist Du Betreuerin?
Wenn Du noch Fragen hast … gerne.
Gruß Fritz

Liebe Luisa Umlauf,

das klingt ja nicht so gut, was Du da über die Unterbringung/Versorgung deiner Mutter schreibst.
Mein erster Gedanke war : klingt so, als sollte die Einrichtung gewechselt werden…aber das ist ja nicht immer soo ein leichtes Unternehmen und auch nicht immer so einfach für sich demenziell verändernde Menschen.
Aber natürlich (!!!) ist vom Pflegepersonal zu erwarten, dass sie mit den Eigenheiten deiner Mutter umgehen.
Positiv zu bemerken ist, bei aller Nachlässigkeit…, dass deine Mutter offenbar nicht medikamentös „abgeschossen“ wird, sprich: nicht beewegungslos sediert wird (was -leider- eher ungewöhnlich ist).
Aber eigentlich könnte man dem Drang nach "Selbständigkeit"von deiner Mutter ganz einfach damit begegnen, ihr regelmäßig Hilfe bei Toilettengängen anzubieten bzw. diese schlicht regelmäßig durchführen („normalerweise“ passiert das ~ alle 1,5 - 2 Std.). Natürlich braucht es dazu den Willen, das Personal und die Zeit im Heim…
Es ist in der Regel schwer für einen Menschen sich damit abzufinden oder auch nur „anzufreunden“, dass einem „Alltagsfähigkeiten“ abhanden kommen, vor allem im Intimsphärebereich.
(dazu hilft es mitunter, „einfach“ selber mal so ein Inkontinenzteil anzuziehen und da 'rein zu pinkeln…von Stuhlgang mal ganz abgesehen…und sich zu vergegenwärtigen, wie man sich dabei fühlt… Und bei aller demeziellen Veränderung, DIESES Empfinden bleibt noch lange da.)
Und die „Aufwischversuche“ deiner Mutter zeigen ja deutlich, dass sie ihr „Dilemma“ wahrnimmt und zu verbergen sucht. Und…JA!!!..es ist die Aufgabe von ausgebildetem Personal, damit adäquat umzugehen!
Vielleicht steht ja mal ein Gespräch mit der Leitung an oder dann doch die Suche nach einem anderen Haus. Es gibt in den meisten größeren Städten Beratungsstellen (auch Träger-unabhängige) für Angehörige von Menschen mit Demenz o.ä.
Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen.
Mirjam

Liebe Mirjam,
natürlich habe ich Inkontinenzmaterial selbst ausprobiert, es blieb mir gar nichts anderes übrig. Meine Mutter hat Jahrzehntelang in Bayern gelebt, ich in Berlin, und auf dem Weg dorthin musste ich immer mit dem Auto durch Thüringen und Bayern durch, das ist Entwicklungsland was zumutbare Toiletten an der Autobahn angeht. Und wenn dann noch ein Unfall kommt oder eine Baustelle … Also habe ich zu Tena gegriffen, was sonst.
Wie in der Antwort an Fritz schon gesagt, habe ich mich inzwischen auch beim Gesundheitsamt schlau gemacht, und ich werde diese Zustände bestimmt nicht einfach hinnehmen.
Danke für die freundliche Hilfe!
Luisa Umlauf

Liebe Luisa Umlauf,
das freut mich, ehrlich gesagt, dass da mal eine den Mumm hat, nicht einfach alles hin zu nehmen!
Neben dem Gesundheitsamt ist auch der Medizinische Dienst eine gute Anlaufstelle/Adresse für Nachfragen oder Beschwerden/Rückmeldungen.Man kann es dort auch anonym machen. Aber in BaWü sind die Mitarebiter/innen vom Mediz.Dienst in der Regel sehr dankbar für Rückmeldungen, denn bei den -ja meist dann doch „irgendwie“ schon vorher bekannten - Überprüfungen wird so unglaublich viel geschönt…
Also, dann wünsche ich dir viel Erfolg und starke Nerven!

Sehr geehrte Frau Umlauf,

leider habe ich Ihre Mail erst heute gesehen, da ich in Urlaub war.

Mein Thema „Pflegeheim“ bezieht sich auf meine Erfahrungen als Mitglied eines Heimbeirates über einen Zeitraum von 2 Jahren. Leider kann ich nur bestätigen, dass letztendlich für schwere Demenzfälle die Betreuung niemals ausreicht. In letzter Konsequenz könnte man das Problem ja nur durch ein Fixierung lösen, was aber sicherlich keine menschenwürdige Lösung ist. Vielleicht suchen Sie einmal das Gespräch mit dem behandelnden Arzt und fragen, inwiefern Ihre Mutter noch „lernfähig“ ist. Leider habe ich da auch keinen beseren Tip. Eventuell muss man auch lernen, mit diesen Unannehmlichkeiten der Demenz zu leben.

Wen Sie allerdings den Eindruck haben, dass das Heimpersonal schlecht arbeitet, dann sollten Sie dirket das Gespräch mit der Heimleitung oder den Sozialarbeitern des Heims suchen. Aus meiner Erfahrung hilft nur das und das auch manchmal nur zeitweise.

Freundliche Grüße

Uli Backes

Sehr geehrter Herr Backes,
vielen Dank für Ihre freundliche Antwort.
Meine Mutter ist durchaus noch fähig, ihr Verhalten zu ändern, vorausgesetzt, es wird ihr immer wieder erklärt und man hilft ihr dabei. Wichtig ist auch, dass das Personal insgesamt eine Linie hat, und nicht mal so entscheidet und mal so, also mal Windelpants anzieht (was sehr gut geht, wenn das Personal dazu entschlossen ist) und mal Einmalslips. Und das ist keine Zeit- sondern eine Kommunikationsfrage.
Nach meiner Beobachtung ist das Inkontinenzthema auch ein Ausdruck von Langeweile, also mangelnder Beschäftigung. Wenn meine Mutter richtig mit etwas zu tun hat, was sie interessiert, dann trägt sie nämlich auch die Windelpants, und wenn man ihr dann sagt, jetzt gibt es keine Toilette (z.B. bei Einkaufstouren), dann geht es plötzlich auch ohne und sie kann die Windelpants nutzen und ist fröhlich dabei. Klappt also.
Tja, nicht nur für den Bewohner ist es mitunter furchtbar, von einem Heim abhängig zu sein, sondern vielleicht noch mehr für den Angehörigen. Denn in unserem Fall gibt es keine Alternative.
Im übrigen finde ich das Heim gar nicht schlecht und stelle mir bei jedem Besuch vor, dass ich selbst dort hingehen werde, wenn es bei mir soweit ist. Hoffentlich lerne ich genug aus den Erfahrungen mit meiner Mutter, damit ich mich später nicht so anstelle.
Viele Grüße, Luisa Umlauf

Hallo Luisa,

hört sich ja alles andere als gut an, was Du und Deine Mutter mitmachen. Ich selbst war nicht in der Pflege, sonderen nur mut der Betreuung alter Leute beschäftigt, kann Dir also keine eindeutige Antwort auf Deine Frage geben. Ich glaube allerdings nicht, dass die Pflegekräfte dazu verpflichtet sind, Deine Mutter dazu zu bringen, in die Windeln zu pinkeln, wahrscheinlich würde ihnen das sowieso nicht gelingen. Deine Mutter will ihre Selbständigkeit nicht aufgeben und wird (beginnende Demenz) kaum davon abzubringen sein.

Ich wünsche Dir weiterhin viel Kraft und alles Gute für die Zukunft!

Heide

Hallo Luisa! Wenn das Kurzzeitgedächtnis bei ihrer Mutter weg ist,sehe ich da wenig Chancen,weil sie die Windelhosen ja trägt,ich denke es ist nicht möglich sie 24 Stunden unter Aufsicht zu halten damit sie sich die Hosen nicht auszieht.Trägt Sie eine Windelhose die man an den Seiten auf und zu klebt? Es gibt die sogenannten „geschlossenen Systeme“-also Windelhosen die man wie einen Slip hoch und runter zieht. Diese werden oftmals eher akzeptiert,da sie sich wie eine Unterhose handhaben lassen und man sich nicht so an Windeln von Säuglingen erinnert fühlt. Das ist denke ich vielleicht eine Möglichkeit. Ansonsten sehe ich da wenig Handlungsspielraum. Gibt es vielleicht die Möglichkeit das ihre Mutter in einem Gruppenraum unter ständiger Beobachtung bleiben könnte damit man ihr hilft,wenn sie zur Toilette muß? Im Grunde möchte ich das Altersheim nicht abwerten,da solche Fälle ja eigentlich gerne"ruhiggestellt"werden,vielleicht wäre das aber auch als letzte Möglichkeit doch in betracht zu ziehen,damit Stürze vermieden werden können? Wenn dem nicht so ist spricht das eher fürs Heim,denn man kommt eher davon ab,Demenzkranke mit Medikamenten Ruhigzustellen nur weil sie dann pflegeleichter sind. Es ist schwierig dieese Situation von außen zu bewerten,ich hoffe ich konnte ihnen weiterhelfen!
MFG B.Blumenecken

meine Mutter, 88 J., lebt im Pflegeheim (Einzelzimmer)und ist
inkontinent. Anstatt in die Windelpants zu urinieren, zieht
sie die aus und will auf die Toilette, schafft es aber nicht
rechtzeitig. Ergebnis: Ein See vor der Toilette, Strümpfe,
Rock, Hausschuhe, Rollstuhlsitz und Rollstuhlfußstützen, alles
zugepuscht.
Sie ist 100 % behindert, gehbeindert, udn hat bereits zwei
Stürze hinter sich.
Sie wischt den Urin vom Boden mit Toilettenpapier weg, und
dann versucht sie, allein die Wäsche zu wechseln, udn steht
dabei freihändig, was sie nicht kann.
Dies sind m.E. hochgefährliche Situationen, in denen sie
stürzen kann.
Sie klingelt niemals nach den Pflegern, um sich zur Toilette
helfen zu lassen. Sie weiß garantiert nicht mal, wo die
Klingel ist.
Es stinkt bestialisch im Zimmer, den Pflegern ist das egal,
sie haben ständig neue Argumente, warum es nicht anders geht.
Meine Mutter ist beginnend dement, das heißt, das
Kurzzeitgedächtnis ist praktisch völlig weg. Sprache ist noch
da, auch Einsichtsfähigkeit in Grenzen, wenn man richtig mit
ihr redet.
Kann vom Heimpersonal erwartet werden, dass sie sich darum
bemühen, dass meine Mutter in die Windelpants uriniert?
Danke für Ihre Aufmerksamkeit
Luisa Umlauf

Hallo Blumenecken,
vielen herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Inzwischen habe ich selbst eingesehen, dass es praktisch keinen Handlungsspielraum mehr gibt für dsa Personal, es sei denn, meine Mutter wird ruhiggestellt, und das kommt natürlich gar nicht infrage.
Nach entsprechenden Interventionen von mir wird jetzt etwas mehr auf Hygiene geachtet. Ich weiß natürlich, wie abgehetzt sie sind, und es ist nicht die persönliche Schuld der Diensthabenden, wenn es um die Hygiene so schlecht bestellt ist. Andererseits muss man auch dem Abgestumpftsein immer wieder etwas entgegensetzen.
Viele grüße, Luisa Umlauf

Hallo Luisa,das ist ja wenigstens ein kleiner Erfolg!
Man weiß nicht wie es in Pflegeheimen aussehen würde,wenn es keine Verwandten gäbe,die sich kümmern würden. Alles Gute weiterhin,Birgit Blumenecken.

Zu diesem Thema kann ich nichts sagen. Dazu kenne ich viel zu wenig Faktoren.Inkontinenz ist ein sehr grosses Thema. Das kann man mit den „paar Infos“ so gar nicht zufriedenstellend beantworten. Meine Rat, Pflegedienstleitung/Heimleitung um ein Gespräch bitten. Alternativ an die Heimaufsicht oder den MdK wenden.

M.f.G.