Pfusch und Ärger

Hallo,

ich hatte heute Abend noch einen speziellen Störungsfall zu beheben.

Das eigentliche Problem, ein nach Auslösung mechanisch defekter FI-Schalter, war schnell behoben.

Dass man aber in einer Anlage, die 2013 renoviert wurde, einen so eklatanten Pfusch vorfindet, der auf Fachkenntnisse eines Vorschülers schließen lassen, hätte ich nicht gedacht.

Zunächst mal:
Zuleitung 4x10, alte Farbnorm (wo auch immer der die Leitung 2013 bekommen hat…), also sw-bn-bl-gg.
Braun war unbenutzt lieblos weggedrückt. schwarz L, blau N, gg der Schutzleiter.
OK, also Wechselstromversorgung. Bei einer 2013 renovierten Anlage. Trotzt 4adriger Wohnungszuleitung mit PEN-Option (TN System in dem Gebiet).
Aber what the fuck machen da diese DREI 16A Automaten für den Herd?
Warum sichert man jede Ader der schmächtigen 5x1,5mm² mit 16A der selben, einzig verfügbaren Phase ab? Warum reichte es beim Ausführenden nicht zur Grundschulmathematik 3 x 16A = 48A, was die Belastung des Neutralleiters ergeben würde?

Zum Glück war an der Herdanschlussdose nur ein (2phasiges) Kochfeld. Somit war der 1,5-quadratige Neutralleiter „nur“ mit maximal 32A belastet.
Ich habe alle drei Adern auf einen LSS zusammen gelegt.
Dann mal spaßeshalber alle Kochfelder voll aufgedreht und 31A auf dem 1,5mm² N gemessen, dem Treiben setzte dann aber der LSS nach knapp einer Minute ein Ende. Die Ader war da schon merklich warm.

Tja, DIESE Wohnung ist nun sicher.
Aber alle sieben anderen Wohnungen des Hauses haben ebenfall Wechselstromzähler und wurden ebenfalls 2013 von diesem Elektriker „renoviert“.
Ich kann ja jetzt schlecht alle Mieter anbimmeln und denen ihre Herde auf einphasig 16A kastrieren…

Neben der obligatorischen schriftlichen (mündlich schon erfolgten) Benachrichtigung des Eigentümers sehe ich eigentlich keinen Grund, den „Kollegen“ irgendwie zu verschonen.

Denn im Sicherungskasten der Nachbarwohnung, wo der selbe brandgefährlche Pfusch vorlag, war ein Aufkleber des Elektrikers, datiert auf März 2013:
„Wegen technischer Probleme des Küchenmonteurs bei Herdanschluss heute klargestellt: Bitte beachten, dass diese Verteilung eine reine 230V Verteilung ist und nicht - wie auf dem Aufkleber steht - eine 230V/400V Verteilung“
Offenbar hat da schon mal jemand gemeckert und der Mensch meinte nun, mit so einem Aufkleber wären die Probleme weg. Unterschrieben war das mit dem Namen des Inhabers der Firma. Der Fisch stinkt also vom Kopf.

Wo meldet man das? Netzbetreiber, Staatsanwaltschaft?

Und: Was soll man eigentlich nun machen?
Klar, man kann das alles auf Drehstrom umbauen. Dann halt PEN-L1-L2-L3 als Etagenzuleitung.
Dann sind 3 x 16A für 5x1,5mm² zwar grenzwertig viel, aber es gibt ja auch 13A Automaten.
Zusätzlich zu den Umbaukosten kannst du dann aber jedem Mieter erklären, dass er nun einen Zählerantrag unterschreiben soll, der 3€ im Monat teurer ist, ohne ersichtlichen Mehrwert für ihn.
Oder jeden E-Herd auf 1phasig 16A umklemmen. Auch Mist.
Adern aufdoppeln, 2xN und 2xL? Dann mit z.B. 20A absichern? Ach nee, das ist doch nur wieder neuer Pfusch.

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Hallo X,

Es ist ja schon ein Mehrwert, wenn die Bude nicht durch einen überlasteten N-Leiter abgefackelt wird.

Wie wäre es mit einer kleinen Demo?
Ein Elektrikerrohr nehmen und da 2x L und einen N einziehen, ein PE darf auch noch hinzu.
Ins Rohr noch ein kleines Fenster schneiden und ein Thermometer ins Rohr stecken.
Die Ängstlichen können dann die Temperatur ablesen und die Mutigen durch das Fenster die Drähte anfassen.
dann entsprechend mit Elektroöfen belasten, da sollten 2x 2kW schon reichen.

Bis 60°C ist es gerade noch zulässig, aber da verbrennt man sich schon die Pfötchen!
So heisse Drähte will keiner in seiner Wand haben.

Der Netzbetreiber müsste da zuständig sein.
Bei der Staatsanwaltschaft hast du Laien, die verstehen dich nicht, so lange es keine Toten gibt.
Die Gebäudeversicherung dürfte noch höchst interessiert sein, die muss das am Ende bezahlen, wenn was schief geht.

Da die Installation eindeutig von einem Fachmann fahrlässig gemacht wurde, könnte er noch für die Umbaukosten belangt werden. Allerdings kenne ich eure Verjährungsfristen für solche Arbeiten nicht? Wenn diese auch bei 5 Jahren, wie für andere Gewerke, liegen, reicht die Zeit noch.

Bei Personenschäden interessiert sich die Staatsanwaltschaft aber nicht für Gewährleistungsfristen, nur für den Urheber.

Bei euch wäre noch die Innung/Handwerkskammer, aber damit kenne ich mich schon gar nicht aus.

MfG Peter(TOO)

Moin,

das erinnert mich an ein Gespräch mit einem Physiklehrer.

Er hat sehr genau den Neubau seines Hauses über wacht und bei der Elektrik gemault wegen der Aderstärke.

„Warum reichte es beim Ausführenden nicht zur Grundschulmathematik 3 x 16A = 48A, was die Belastung des Neutralleiters ergeben würde?“

Die Erklärung des ausführenden „Fachmannes“:

Der Strom ist doch verbraucht!

Das war ca. 1985.

Gruß Volker

Hallo Volker,

Tja, so lehrt man immer wieder dazu.

Der Drehstrom verbraucht sich schneller, weil dem schon anfangs schwindlig war.

MfG Peter(TOO)

Jo, dieses Wissen, das jeder Praktiker hat, hat leider noch nicht den Weg in die Wissenschaft gefunden.

Gruß Volker, der es mit dem ersten April nicht ganz so genau nimmt

Hallo!

Na, da hast Du ja wieder was aufgedeckt !

Brief an Hauseigentümer ist wichtig und richtig !
Sicher mit Deinem Angebot gekoppelt, auf Wunsch sich der Sache anzunehmen und den Sicherheitsmangel überall zu prüfen und abzustellen.

Was sonst noch ?

Ich würde auch dem Kollegen einen Brief schreiben. Sachlich und kollegial, nicht vorwurfsvoll. Appelliere an seine Berufsehre und Ruf der Firma.
nenne sachlich die gefundenen Fehler, die Abhilfe, die du in einer Wohnung schon vorgenommen hast usw.
Sage auch, Du hast den Hauseigentümer informiert, nicht um ihn schlecht zu machen, sondern weil Dir ein schwere Sicherheitsmangel aufgefallen war, der unbedingt beseitigt werden muss.

ich würde vielleicht doch noch allen Mietern im Haus eine Info zukommen lassen( Briefkasten) Verständlich erklärt, was an den Sicherungskästen nicht OK ist , das Eigentümer Bescheid weiß und deine Firma auf Wunsch auch gerne weiter hilft.

Warnhinweise zur Herdnutzung in der Übergangszeit bis Reparatur ?
Halte ich schon für angebracht, aber schwierig generell anzugeben.
Nicht mehr als 2 Platten zusammen oder 1 Platte und Backofen gleichzeitig ?

MfG
duck313

So sah die Verteilung aus:

Und dieser Klebezettel soll dann den Pfusch richten:

Die 4x10mm² im Keller ist übrigens mit einer 35A Sicherung abgesichert.
Somit ist zumindest der FI vor Überlast geschützt.

Zusatzfrage
Werden bei Umbau / Entfernen der Probleme dann gleichzeitig FI in allen Zimmern faellig, und nicht nur wie bisher einer? So koennte es doch noch teurer werden - und sicherer.
Gruss Helmut

Moin,

bei Erneuerung einer Verteilung hanelt es sich um keine Erweiterung, wenn keine Erweiterung stattfindet.
Man müsste keine FI nachrüsten.
Es ist hier aber so, dass wohl in jeder Wohnung ein FI für alles installiert wurde.

moin moin,

Ruhig schlafen könnte ich nicht mehr…
grauenvolles Bild…rechts oben sehen einige blaue Adern am N-Block auch schon etwas „strapaziert“ aus.
Die blanke schwarze Ader am FI schaut auch recht „professionell“ aus. Interessant sind auch die beiden Brücken am FI…einmal oben die Brücke zwischen 1 und 3 und dann Unten die Brücke von N nach 6…was hat sich der „Praktikant“ dabei wohl gedacht?

Das Bild würde ich auch mal dem „Meister“ schicken und auch mal nach dem Prüfprotokoll fragen.
Der Aufkleber im unteren Bild ist auch lustig…ich denke mal der ist auch von einem Techniker einer anderen Firma der dem Küchenbauer zu Hilfe kam.

Ich möchte auch nicht wissen wie es erst in der Hauptverteilung/Zählerschrank aussieht.

Wie die anderen schon schrieben, würde ich:

  • Hauseigentümer informieren (mit Bildern) und ihn darauf hinweisen mal nach dem
    Prüfprotokoll des „Meisterbetriebs“ zu fragen
  • Nutzer informieren mit Hinweis auf die Gefahren und um Druck auf den Eigentümer
    auszuüben
  • „Meisterbetrieb“ anschreiben und ihm auch die Bilder schicken
  • zuständiges EVU informieren

Gruß und schönen Abend

Der Testschalter des FIs erzeugt den Fehlerstrom zwischen 3 und 6, ohne die beiden Brücken funktioniert der Test nicht.

Sehe ich genau so. Der Herr Schmidt hat wohl den Herd wie gewohnt (3x230/400V) angeschlossen und das hat dann irgendwie nicht so richtig funktioniert und er hat noch einen Elektriker beiziehen müssen.

MfG Peter(TOO)

Was für ein Stromkreis ist an dem FI angeschlossen?
Dieser Stromkreis scheint nur mit den 35A abgesichert zu sein. !!??

MfG Peter(TOO)

Äh, nö, sehe ich nicht.
Der hat halt rechts vom FI noch einen zusätzlichen LSS gesetzt.
Die Brücken am FI sind nur dafür da, dass die Prüftaste funktioniert.
Also GANZ ahnungslos war der nicht!

Moin,

der Herr Schmidt (DEN Namen musste ich ja wohl nicht schwärzen…) hatte wohl festgestelt, dass da keine drei Phasen sind und er keine 400V messen kann.
Der hat dann den Herrn W. von der Firma H. gerufen - übrigens nicht der Praktikant, sondern der Eigentümer der Firma H.! - welcher dann wohl „nee, alles gut so“ gesagt hat.
Und damit nie wieder jemand fragt, warum da keine 400V sind, hat er den Zettel eingeklebt.
Glanzleistung.

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Hallo X,

Man erkennt da nicht alles auf dem Bild, unten links sind noch zwei abgesägte LSS zusehen.

Wo ist die Einspeisung des L von der HV?
Oben auf Klemme 1 des FI oder unten beim LSS ganz links?

MfG Peter(TOO)

Das Foto hab ich mit dem Arbeitshandy gemacht - ich bin zufrieden, dass man überhaupt was sieht.
Einspeisung des FI von oben auf 1 und N.
(Diese hübsch abisolierte schwarze Ader…)
Der braune 10mm², der hinter den LSS verschwindet, ist ungenutzt und stammt von der 4x10 Zuleitung.

Schönes Schlangennest :open_mouth:

Wenn ich sowas meinem Lehrmeister gezeigt hätte… habe schon Anschiß bekommen, wenn nicht alle Abgänge in genau demselben Biegeradius von den Sicherungen weg gegangen sind.

…jetzt wo du es sagst

N’Abend,

genau eine solche Konstellation habe ich auch schon gesehen in einem Wohnblock mit 4 x 8 Wohn-Parteien, wo ursprünglich alle Herde mit Erdgas funktioniert hatten. Eine Aufrüstung auf Drehstrom wurde da auch nicht vorgenommen, als sich einige Mieter E-Herdanschlüsse nachrüsten ließen.
Erstaunlicherweise gab’s da in den gut 20 Jahren, die es schon so besteht nie ein Brandereignis trotz normaler Herdnutzung. Mag vielleicht immerhin 2,5 mm² gewesen sein…

MfG
Marius