Philosophie als Provokation?

Bei Kursivsetzung solltest du jede Zeile einzeln kursivieren, sonst klappt das nicht.

Ich habe Verständnis für die feministische Kritik am Schönheitsfetischismus des patriarchalischen Systems, was im Zuge der Medialisierung im 20. Jahrhundert noch verschärft wurde. Dennoch ist das Empfinden der Schönheit eines Menschen sicher ein zeitloses Phänomen, das es schon in steinzeitlichen Kulturen gab, und zwar noch vor der Einführung des patriarchalen Prinzips vor ca. 6-7000 Jahren. Die Frage ist nicht, ob dieses Ideal ein künstliches ist (es ist ein natürliches), sondern ob es kommerziell oder ideologisch missbraucht werden kann. Diese Frage ist selbstredend zu bejahen. Dabei ist aber zu beachten, dass alle kulturellen Phänomene kommerziell oder ideologisch missbraucht werden können, nicht nur das Schönheitsempfinden.

Die Unterdrückung der Frau war in den Jahrtausenden vor dem mittleren Neolithikum (also vor 5000 BCE), soweit archäologische Befunde das ermessen lassen, überhaupt kein Thema in den menschlichen Gesellschaften. Z.B. zeigen Funde in Catal Hüyük, dass Frauen den Männer sozial dort mindestens glelchgestellt waren. Im kultischen Bereich waren sie wahrscheinlich sogar dominierend. Man kann dennoch davon ausgehen, dass auch in solchen ´egalitären´ Gesellschaften körperliche Schönheit (bei Frau und Mann) ein wichtiger Aspekt war, der vor allem bei der Partnerwahl ins Gewicht fiel. Die ´Ehe´ gab es damals übrigens noch nicht, sondern nur temporäre Beziehungen, in denen der Mann dann im Haus seiner Partnerin wohnte, d.h. bei ihrer Sippe (Matrifokalilität).

Wie gesagt: Ich stimme der zitierten Aussage zwar zu, halte sie aber für zu einseitig. Schönheit ist ein natürliches Ideal, das aber auch missbraucht werden kann. Damit müssen wir aber leben, das gehört zur Conditio humana.

Der Spruch stammt übrigens von Naomi Wolf (siehe angehängtes Foto). Keiner wird behaupten können, dass sie selbst keinen Wert auf die eigene Schönheit legt. Ich denke eher, dass ihre Attraktivität stark zu ihrer Karriere beigetragen hat, was sie auch selbst gut weiß.

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Chan

Philosophie sollte provozieren? Oder lieber konservieren, liberalisieren, sozialisieren? Was taten z. B.: Sokrates, Platon, Aristoteles, Augustinus, Thomas, Plotin, Pascal, Descartes, Kant, Hegel, Fichte, Schelling, Feuerbach, Marx, Kierkegaard, Schopenhauer, Nietzsche, Peirce, James, Dewey, Schlick, Russel, Husserl, Heidegger, Sartre usw.?

Nach welcher Methode (provozieren, konservieren, liberalisieren, sozialisieren, analysieren, relativieren etc.) kann man wenigsten einen der oben aufgezählten Philosophen klar kategorisieren?

Oder einen oben nicht genannten, z. B.: Bergson, Derrida, Deleuze, Lyotard, Foucault, Popper, Rorty, Tugendhat, Frank, Apel, Albert, Habermas, Schmitz, Schmidt, Chomsky, Precht usw., provozieren WIE???

Bezüglich vorigen Threads, wo es um Schönheit ging, habe ich von einer Psychologin einen Satz zitiert (siehe meinen Kommentar auf die Antwort von Chan), den ich wegen seiner unglaublichen Provokation an dieser Stelle gerne nochmal zitiere:

"Schönheit ist ein Währungssystem wie der Goldstandard. Wie jedes ökonomische System wird sie von der Politik determiniert, und sie ist das letzte und beste Glaubenssystem in der modernen westlichen Welt…" (Heraushebung durch mich).

Jetzt stelle man sich vor, welche Sprengkraft dieser Satz enthält und wie konservativ dagegen viele Philosophen wirken, die in abstrakten Elfenbeintürmen ihre geistigen Produkte so formulieren, dass man sich fragt, was hat dieser Philosoph eigentlich PROVOKANTES (!) zu sagen, was vor ihm nicht schon andere gesagt haben, beispielsweise die im Suhrkamp Verlag erschienen zwei Bänden des Hauptwerkes von Habermas „Theorie des kommunikativen Handelns“, was schon zuvor McLuhan viel provozierender verkündet hatte, mit seinem "The Global Village - Der Weg der Mediengesellschaft im 21. Jahrhundert).

Die Konsequenz, wie zum Beispiel durch den obigen zitierten Satz einer Psychologin, die sich in Bezug auf gesellschaftliche Veränderungen ergibt, wäre, dass so eine Provokation Ängste auslöst.

Oder was???
existo

Die zentrale Frage war doch, ob Philosophie provoziert oder provozieren soll oder was sie tun/tun soll wenn sie nicht nicht provoziert.

Ich meine: sie versucht einfach zu erklären.

Wenn Menschen die Erklärungsmodelle als Provokation auffassen, dann ist das in erster Linie eine Sache der Rezipienten, nicht der Philosophen. Es ist ja auch das Gegenteil denkbar: der Philosoph schreibt etwas seiner Ansicht nach „total provozierendes“, und nachher sind sich alle einig: Da hat er ja mal den Nagel auf den Kopf getroffen …

Die Philosophie ist das Eine, die Reaktion darauf das andere. Beides kann sich bedingen, muss aber nicht …

Das ist ja gerade die PROVOKATION, alles wertneutral zu relativieren bringt nichts, weil es kein praktisches Urteilsvermögen ist. Das Leben verlangt aber nach Urteilen. Das ist gut, jenes schlecht. Sonst könnte man ja gar nicht überleben.

Auch kein Philosophieprofessor könnte ohne Urteile überleben, auch wenn sich die wenigsten dieser Tatsache selbst reflektierend bewusst sind, in ihren Abstraktions-Konstrukten. Die Motivation solche Konstrukte ist ja ohnehin vorrangig auf das eigene Selbstwertgefühl gerichtet, auch wenn man einen sozialen Wert für alle Menschen damit beansprucht.

Schönheit ist zunächst eine Selbstorganisation der Natur, die auch deswegen von anderen Menschen anerkannt wird, weil diese Anerkennung einem universellen Bedürfnis des Menschen entspricht, über die bloße technische Funktionalität hinaus.

Der von mir zitierte Satz der Psychologin, die sich ja auch explizit auf Naomi Wolf bezieht (im vorigen Thread habe ich das extra erwähnt, in diesem Thread habe ich den Hinweis weggelassen), ist meines Erachtens deshalb eine so große PROVOKATION, weil er sämtliche Werte der Gesellschaft erschüttert.

Man stelle sich vor, eine Studentin bricht ihr begonnenes Philosophiestudium ab, mit der Begründung gegenüber ihren empörten Eltern, dass sie aufgrund ihrer Schönheit lieber Model werden möchte und sie auch schon von einer Agentur einen Vertrag mit mehreren lukrativen Aufträgen bekommen hätte.

Wenn sie jetzt noch ihren verdutzten Eltern das Argument unterbreitet, dass sie als gefragtes Fotomodell ohnehin viel mehr verdienen wird als ihr Vater, der als Philosophieprofessor an einer deutschen Universität unterrichtet, ist das gewiss eine „Umwertung aller Werte“. Diese Art von Urteilsvermögen wertet die traditionellen Leistungsstandards der Gesellschaft radikal um. Darin liegt die eigentliche Sprengkraft dieser PROVOKATION.
existo

Ich war skeptisch, weil der Satzteil „von der Politik determiniert“ ein kritisches Bewusstsein offenbart und nicht so zum „besten Glaubenssystem“ im absoluten Sinne passt. So habe einfach nach dem Zitat gekugelt und siehe da, es war ganz anders gemeint.

Okay, aber ich bleibe bei meiner Interpretation, auch wenn der O-Text es anders meint. Für mich war wichtig der Bezug auf das „Glaubenssystem“, und zwar generalisiert auf alle Werte der Gesellschaft.

Auch wenn ich das Zitat manipulativ gebraucht habe, ich stehe dazu.

Habe nochmal nachgelesen, stimmt! Ich wundere mich aber, wie du das weißt, woher kennst du den O-Text? Du hast jedenfalls recht!

Bei dem Zitat hast du das Wichtigste weggelassen: "…und sie ist das letzte und beste Glaubenssystem in der modernen westlichen Welt, das die männliche Dominanz aufrechterhält.”

Dadurch wird der Sinn ein ganz anderer, nämlich nur am besten für die männliche Dominanz. Ob das jetzt provokant ist, oder nur eine simple, aber dennoch weise Erkenntnis, hängt ab von den möglicherweise Provozierten.

Mit soviel Voreingenommenheit sich zu üben schmälert ein im Geist. Du solltest erstma den Sinn suchen. Philosophie ist eine Metaphysische Praxis. Das heißt man handelt nach seinen Erkenntnissen für seine eigene Gesinnung. Was andere denken, kategorisieren über jemanden ist egal, solange es nicht was herzliches ist. Wer will nicht lieber was herzliches hören? Man kann Herzenswesen nicht kategorisieren. Wie man ein freies Pferd auch nicht einsperren kann. Provokation weil man nach dem Herzen handelt, wird imm die anpissen die dies nicht tun. Du fühlst dich provoziert? Deine innere Mauer ist zu groß das du dich vom entfernten Land angezogen fühlst, aber dort nicht hinkommst, du musst die Mauer erst einreisen. Oder du guckst aus einen dunklen Raum zu der Familie die in Wonne und Geborgenheit Weihnachten feiert du fühlst dich angepisst, wie der Skywalker. Kein echter Philosoph wollte je provozieren ohne dabei ein Netzt zu haben um auf zufangen. Es geht dabei um Hirnis aus der Stagnation zu befreien. Kann jeden passieren, unerfüllte Wünsche, es kann nicht immer alles perfekt sein. Diogenes ließ mit Beleidigungen sein unmut freienlauf. Jesus brüllte die Leute an und beleidigte sie. Aurel ignorierte alle was nicht ins Weltbild passt. Macchiavelli nannte alles ungebildete Pöbel und Gesocks. Dali sagte wer interessieren will muss provozieren. Provokation ist immer ein rebellisches Herz was nach aussen will, alles andere ist der Hass.

Woher weißt du?? Kinski beansprucht sein „Wissen“ auf seine provozierende Art („Die Spießer sollen zur Hölle fahren“), es lohnt sich, das Video ganz bis zum Ende anzusehen (Link unten):

hehe, yo das kenn ich natürlich :slight_smile: ! Das Gesindel vorm neuen Jesus Kinski. Ich hab mir die alle angeschaut, auch das Interview mit der jungen Frau und Klaas Lieblingsszene im Jungel von Peru.
Woher ich weiß…genau daher :slight_smile: ne das ist bekannt. Die Zorn predigten und die Bußbeter kommen aus der Zeit.