Philosophie/Anthropologie: Problem des Rassismus

Liebe/-r Experte/-in,

ich mache nächste Woche meine mündliche Abiturprüfung in Ethik über das Thema „Problem des Rassismus“, das in das Themengebiet „Anthropologie“ fällt.

Obwohl ich mich seit über einer Woche damit beschäftige, tu ich mich immer noch sehr schwer.

Meine erste Überlegung für eine mögliche Gliederung sah so aus:

  1. Defintion des Begriffes „Rassismus“

  2. mögliche Ursachen von Rassimus

  3. Widerlegung des Rassismus anhand des Kategorischen
    Imperativs von Kant

  4. Einschätzung aus der Sicht eines aktuellen Philosophen

  5. mögliche Vorschläge, wie sich Rassismus verhindern/vorbeugen lässt

Leider hab ich dann ziemlich schnell festgestellt,dass Kant und die meisten anderen Philosophen der Aufklärung sehr rassistische Ansichten hatten.
Trotzdem lässt sich mit dem kateg. Imp. theortisch der Rassismus widerlegen. Jetzt weiß ich nur nicht, ob ich mit hilfe eines rassistischen Philosphen gegen Rassismus argumentieren kann!
Ist das nicht ein Widerspruch in sich?

Oder kann ich das tun und danach erklären,dass Kant zumindest aus heutiger Sicht als Rassist gelten würde?
Zu seiner Zeit war seine Meinung ja weit verbreitet (was sie nicht besser macht).

Und macht das überhaupt Sinn, wenn ich einen „älteren“ und einen „jüngeren“ Philosoph mit gegensätzlichen Positionen einander gegenüber stelle?

Wie ihr seht bin ich wirklich sehr verunsichert und außerdem mittlerweile auch unter Zeitdruck!

Ich bin für jeden Tip mehr als dankbar!!!

Abiturpruefung.

Ich habe etwas Anthropologie studiert, aber hauptsaechlich meine eignen Erfahrungen und Diskussionen erlebt;

also etwa: Der Mensch wird als „racist“(english) geboren , violent und auch als Luegner.
Unsere Kultur erzieht uns zur Toleranz , Wahrheits liebe und :Liebe Deinen Naechsten wie dich selbst. Meistens wird das von den Eltern gelernt. Aber meine Eltern,bin 1937 geboren, ,waren noch Rassisten in der geistes Haltung. Jazz war Negermusik vom Urwald, etc. Also jeder muss diese animalistischen trends ueberwinden. Wir haben auch einen GRUPPEN sinn, Eine Gruppe findet ein Ideal und verteidigt das gegenueber anderes gesinnten.Siehe Religionen und Kirchen und Sekten und Sport.

Ich wuensche ihnen allen Erfolg,und vergessen sie nicht selber zu denken. H (c:

Hallo Politesse.
Sehr informativ ist „Rassismus-Wikipedia“.
Kants Haltung ist aus dem Zeitgeist zu verstehen, den Kateg. Imperativ kannst Du benutzen. Selbst der Mitbegründer der Menschenrechte, Jefferson, hielt sich zahlreiche Sklaven.
Moderne Theorien wie die von Memmi solltest Du Kant gegenüberstellen. Auch Sarrazin als Negativbeispiel.
Ich würde den Focus auch auf Einzelpersonen richten:
die gelbe Rasse hat immerhin Konfuzius hervorgebracht, die schwarze Rasse Nelson Mandela und Obama, die jüdische Rasse Albert Einstein. Oder zählt der zur weißen Rasse? Schwierigkeit der Definition!
Katholiken meiner Generation (*1932) sind wegen des sogenannten Gottesmordes empfänglich für Antisemitismus, besonders in Österreich (Quelle: Thomas Bernhard).
Vielleicht helfen Dir diese Gedankensplitter, zumindest im Hinterkopf für die Diskussion mit deinen Prüfern.
Gruß
Helmut

Hallo!

Trotzdem lässt sich mit dem kateg. Imp. theortisch der
Rassismus widerlegen. Jetzt weiß ich nur nicht, ob ich mit
hilfe eines rassistischen Philosphen gegen Rassismus
argumentieren kann!
Ist das nicht ein Widerspruch in sich?

In der Philosophiegeschichte kommt es immer wieder vor, daß solche Widersprüche auftauchen – oder jedenfalls Widersprüche aus unserer heutigen Sicht. Die Aufklärung ist in der Tat voll von Rassismus, ebenso wie Sexismus.

Die Gleichheit der Menschen wird immer hochgehalten – und dann stellt sich heraus, daß nicht alle Menschen gemeint sind, sondern höchstens weiße Männer. (Neben Kant ist hier auch die amerikanische Geschichte sehr eindrücklich: Die USA hat in ihrer Unabhängigkeitserklärung postuliert, daß die Gleichheit aller Menschen – »men« – selbstverständlich und offensichtlich sei – und dann gibt es Sklaverei und noch lange kein Wahlrecht für Frauen.)

Trotzdem lassen sich diese Denkrichtungen produktiv machen für eine Beschäftigung mit Rassismus, wenn das Problem herausgearbeitet wird – dieses Problem ist, daß Menschen nicht als gleich angesehen werden, sondern anhand von bestimmten Kriterien (bei Kant die Kultur, in der amerikanischen Geschichte die Rasse) aufgeteilt werden.

Beim kategorischen Imperativ wird das deutlich: Unter der Prämisse, daß Menschen derart unterschiedlich sind, daß ihnen natürlicherweise unterschiedliche Rechte zukommen, könnte es allgemeine Gesetze geben, die legitim Menschen unterschiedlich behandeln (aus unserer Sicht: rassistisch diskriminieren). Mit unserer Prämisse, daß allen Menschen, egal welcher Herkunft, welchen Geschlechts, welcher Bildung (!), welcher Kultur die gleiche Würde zukommt, ist kein allgemeines Gesetz denkbar, das legitim rassistisch diskriminiert.

Schwierig ist es, mit dem kategorischen Imperativ Rassismus zu widerlegen. Dazu sollte erstmal geklärt werden, was in diesem Kontext mit »widerlegen« gemeint ist. Dazu gibt es verschiedene Ansätze. Rassismus ließe sich so formalisieren:

  1. Es gibt unterschiedliche Gruppen von Menschen (z.B. »Rassen«)
  2. Diesen Gruppen kommen unterschiedliche Rechte zu.

»Widerlegen« im engeren Sinn hieße, für 1) zu zeigen, daß die Annahme falsch ist. Das kann etwa biologisch passieren. Allgemein akzeptiert ist, daß es keine »Menschenrassen« gibt; dennoch gibt es das Phänomen »Rassismus«, und es ist sinnvoll, bei gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, die auf die Fremdheit (kulturell, religiös, von der Herkunft her) verweist, von »Rassismus« zu sprechen – damit ist es schwierig, in diesem Sinn Rassismus zu widerlegen: Diese Unterschiede gibt es ja, und die Frage ist, wie damit umzugehen ist.

Für eine Prüfung in Ethik ist daher auch die zweite Prämisse lohnender: Nämlich zu zeigen, daß eine rassistische Ungleichbehandlung unmoralisch ist. Da läßt sich dann auch mit Kant arbeiten; herauszuarbeiten wäre, wie Kant dazu kommt, Menschen ethisch ungleich zu bewerten, und warum stattdessen eine gleiche Bewertung angezeigt ist. Sobald das geleistet ist, ist selbstverständlich der kategorische Imperativ geeignet, um eine rassistische Diskriminierung ethisch zu bewerten.

Und macht das überhaupt Sinn, wenn ich einen „älteren“ und
einen „jüngeren“ Philosoph mit gegensätzlichen Positionen
einander gegenüber stelle?

Die Entwicklung von Positionen zu vergleichen ist immer sinnvoll – die Frage ist, ob das für die spezielle Fragestellung zielführend ist. Ich könnte mir vorstellen, die Begründung von Menschenrechten bei Kant und bei einem zeitgenössischen Autor zu vergleichen.

Als weitere Literatur empfehle ich den Artikel »Race« in der Stanford Encyclopedia of Philosophy«: http://plato.stanford.edu/entries/race/ sowie den zu »Discrimination« (http://plato.stanford.edu/entries/discrimination/). Vertiefend auch den zu »Identity Politics« und »Affirmative Action« – http://plato.stanford.edu/entries/identity-politics/ und http://plato.stanford.edu/entries/affirmative-action/ – die zeigen, daß allein »Gleichbehandlung« und kategorischer Imperativ die Problematik bei weitem nicht ganz erfassen.

Für die weitere Recherche kann es auch lohnend sein, etwas weg vom Schlagwort Rassismus zu gehen und stattdessen nach Philosophie der Menschenrechte zu suchen, mit Schwerpunkt auf »Universalität der Menschenrechte«. Wäre noch mehr Zeit, würde ich den von Stefan Gosepath und Georg Lohmann herausgegebenen Band »Philosophie der Menschenrechte« empfehlen. Schneller dürfte es sein, das Dossier »Menschenrechte« bei der Bundeszentrale für politische Bildung zu lesen (http://www.bpb.de/internationales/weltweit/menschenr…) mit Schwerpunkt auf Lohmanns Artikel zu universellen Menschenrechten (http://www.bpb.de/internationales/weltweit/menschenr…).

Das ist jetzt natürlich viel Text für eine Prüfung, die ziemlich bald stattfindet – ich hoffe, es hilft trotzdem.

Viele Grüße

Felix Neumann

Hallo, Dicke Politesse,

I’m so sorry - tut mir sehr leid - war verhindert. Las letzte Woche deine Anfrage im Internet-Cafe, war bis gestern noch ohne Online-Anschluß - nach Umzug (Im Ort). Da war es schon zu spät und ich kann nur hoffen, die mündliche Prüfung verlief einigermaßen ordentlich.

Nein, ich glaube nicht, daß sich Rassismus verhindern läßt. Es läßt sich noch nicht mal das Naserümpfen eine s Behinderten in der Gruppe über einen Anderen Behinderten verhindern, der ja sooo viel schwerer gehandicapped ist … Dabei sind Behinderte schon die Neger im „normalen“ Leben (nach dem Motto: behindert == Dumm) Das ist meine Erfahrung, der Behinderte in einer großen deutschen Stadt täglich begleitet.

Und : Natürlich könnte man die Widersprüche im Werk EINES Philosophen aufzeigen, am besten richtig tiefe Widersprüche … Denn wie sagte Kierkegaard: Eine Philosophie ohne (mindestens) ein Paradox ist wie eine Beziehung ohne Liebe.

In dem Sinne: alles Gute auf dem weiteren (phil.) Wege,

der stephan.