Folgende Interpretation des Originaltextes erscheint mir ohne Kenntnis des weiteren Zusammenhangs am wahrscheinlichsten: Die Frau spürt, dass der Mann seine erste Antwort nicht ernst meint, und stellt sein Verständnis auf die Probe. Seine Antwort bestätigt ihren Verdacht, dass sein Wissen nur oberflächlich ist. Die „andere Bedeutung“, über die sie ihn dann belehrt, soll ihm den wahren Sinn der Pilgerschaft erschließen. Sie entspricht genau dem, was ich oben etwas umständlicher als die Frau so formulierte:
Mit „heilig“ ist im Kontext buddhistischer Pilgerschaft, sofern ein Sanskritausdruck dafür verwendet wird (es gibt mehrere), entweder „Vollkommenheit“ gemeint oder, nicht ganz so anspruchsvoll, ein Leben nach den Prinzipien des Achtfachen Pfades zu führen, also ein „heilsames“ Leben.
In der englischen Übersetzung von Dhammapada 20 ist an einer Stelle von einem „Heiligen Leben“ die Rede. Diese Stelle wird in der deutschen Version mit „in unserem Orden“ übersetzt. Beides kombiniert weist auf die Heilsamkeit des Lebens in der buddhistischen Gemeinschaft hin (auf der Grundlage des Achtfachen Pfades). Welche Übersetzungsversion näher am Original ist, kann ich aufgrund mangelnder Sanskritkenntnisse nicht beurteilen, ich vermute aber, es ist die englische. Die Sanskritversion habe ich auch zitiert.
Chan
20
Even if he does not quote appropriate texts much, if he follows the
principles of the Teaching by getting rid of greed, hatred and delusion,
deep of insight and with a mind free from attachment, not clinging to
anything in this world or the next–that man is a partner in the Holy Life.
19
Wer, ohne fromm zu sein, viel fromme Verse spricht,
Ist einem Hirten gleich, der fremdes Vieh verhandelt;
Er ist kein rechter Mönch, zu uns gehört er nicht.
20
Wer wenig Verse weiß, doch nach der Lehre wandelt,
Von Gier und Haß und Wahn in Weisheit frei geworden,
Nicht hier, nicht dort mehr hangt, gehört in unsern Orden.
Sanskritfassung (ohne Gewähr):
Yamakaappam pi ce sahitaṁ bhāsamāno,
dhammassa hoti anudhammacārī,
rāgañ ca dosañ ca pahāya mohaṁ,
sammappajāno suvimuttacitto,
anupādiyāno idha vā huraṁ vā,sa bhāgavā sāmaññassa hoti.