Plagiarismus

Hallo,

ich frage mich gerade ab wann Plagiarismus Plagiarismus ist. Die Bachelor-/Master-/Diplomarbeiten bestehen ja i.d.R. immer aus einem Grundlagenteil (für die Einleitung gilt mehr oder weniger Ähnliches) in dem man eigentlich keine Eigenleistung erbracht hat, sondern, wie der Name schon sagt, alle benötigten Grundlagen sammelt. D.h. man bezieht sich eigentlich zum größten Teil auf schon bestehende Arbeiten. Dennoch gibt es wohl kaum solche Arbeiten, deren gesamter Grundlagenteil ausschließlich aus Zitaten besteht.
Ist es nun also Plagiarismus, wenn ich solche bestehenden Arbeiten in meinen Worten wiedergebe und man u.U. Korrespondenzen findet (wie z.B. herangezogene Beispiele) ohne dass der Wortlaut gleich ist?
Ich bin z.B. sehr geneigt einen Verweis auf eine bestimmte Referenzliteratur zu machen, anschließend selbst wiederzugeben, worum es in der Arbeit geht (wörtliche Zitate werden natürlich korrekt als solche gekennzeichnet, aber im Großteil zitiere ich eben nicht wörtlich, wenngleich aber sinngemäß, z.B. auch durch Übersetzung von Englisch nach Deutsch, d.h. man Erkennt mit Sicherheit die Korrespondenz).
In welchem Rahmen ist diese Vorgehensweise erlaubt, wann wird es Plagiarismus oder sollte ich zumindest vorsichtig sein?

Hallo!

Im Zweifelsfall muss man immer zu allem Quellen angeben. Die einzige Ausnahme wäre etwas, was als Allgemeinbildung unter Wissenschaftlern vorausgesetzt werden. Ein Physiker wird z. B. in aller Regel nicht Newton zitieren, auch wenn irgendwo die Grundgleichung der Mechanik in seiner Arbeit auftaucht.

Wenn es ein längerer Abschnitt ist, der eine größere Quelle zusammenfasst, ohne dass sich im Detail Zitate aus der Quelle im Text der Arbeit wiederfinden, würde ich im Text oder in der Quellenangabe etwa so schreiben: "Ich folge hier der Argumentation von … in … ". In englischsprachigen Texten findet sich oft der Hinweis: „For review see …“ Die Fußnote für die Quellenangabe steht dann u. U. schon hinter der Kapitelüberschrift.

Aber warum sprichst Du so etwas nicht einfach mit Deinem Betreuer ab?

Michael

Von Plagiat spricht man eigentlich nur dann, wenn man eine Leistung als seine eigene ausgibt.

In einer wissenschaftliche Arbeit ist es also tatsächlich üblich, dass die Grundlagenkapitel aus Informationen bestehen, die aus anderen Quellen stammen oder, wie Michael Bauer schon ausführte, Grundlagenwissen darstellen.

Ein wörtliches Zitat ist dabei nur üblich oder angebracht, wenn neben dem eigentlichen Inhalt der Aussage auch seine Form von Bedeutung für die wissenschaftliche Arbeit sind. In naturwissenschaftlichen Arbeiten kommen wörtliche Zitate daher praktisch nicht vor.

Je nach dem, wieviel Informationen aus einer Quelle stammen sind verschiedene Möglichkeiten vorhanden, die entsprechenden Zitate zu kennzeichnen. Üblicherweise werden am Ende eines Satzes all diejenigen aufgezählt in deren Arbeiten der Inhalt des Satzes zu finden war:

bla bla blubb (Meier, 1992; Schulze, et. al, 1990)

Die genaue Formatierung ist abhängig vom Ziel der Arbeit. Jede Zeitschrift, jeder Prüfer, jeder Betreuer hat da andere Vorgaben. Eine einheitliche Regelung gibt es nicht.

Werden wirklich sehr viele Informationen aus einem Werk zitiert kann man die Quelle auch vornean stellen:

Die folgenden Aussagen sind dem Standardwerk von Meier, et. al (2000) entnommen. Bla Bla Bla…

Oftmals sind solche Texte aber ein Hinweis auf eine schlechte Arbeit.

Ein Aspekt, der vielleicht nicht deutlich genug herauskam:

Jede, absolut jede, Aussage, die nicht auf deinen eigenen Gedanken und Schlussfolgerungen beruht und die nicht Allgemeinwissen darstellt, muss zwingend mit einer Quellenangabe versehen sein.

Was Allgemeinwissen angeht, so ist der Begriff etwas schwammig. Ich denke, eine gute Näherung ist „Dinge die in den einleitenden Kapiteln der meisten einschlägigen Fachbücher zu finden sind“ :smile:

Genau das meine ich. Ich sehe da ein gewisses Dilemma, wenn solche Arbeiten, die großflächig zitieren einerseits schlecht bewertet werden, man andererseits aber jede Fremdinformation als solche kenntlich machen muss.
In meiner (Master)arbeit werde ich wohl kaum bis zu den absoluten Grundlagen bzw. dem Allgemeinwissen meiner Branche zurückgreifen, also alle Informationen in irgendeiner Form aus wissenschaftlichen Arbeiten anderer ziehen.
Wenn ich die Quellen also korrekt und wasserdicht angeben will, wird mein Grundlagenkapitel ein einziges Zitat.
Natürlich werde ich das noch mit meinem Betreuer abklären, meine Arbeit läuft auch noch gar nicht. Ich wollte mich nur schon mal vorab informieren. Mehrere Quellen schaden ja nicht :wink:

Hallo!

Wenn ich die Quellen also korrekt und wasserdicht angeben
will, wird mein Grundlagenkapitel ein einziges Zitat.

Naja, das Grundlagenkapitel wird sich natürlich nicht nur auf eine Quelle stützen. Falls doch, wird man Dir zurecht vorwerfen, dass Du die Literatur zu diesem Thema nicht umfassend studiert hast. Ich habe gerade nochmal aus purem Interesse in meiner Staatsexamensarbeit nachgeschaut: Meine Einleitung ist 8 Seiten lang und enthält 33 Literaturangaben. Beides - sowohl Länge als auch Anzahl der Quellen - dürfte eher am unteren Rand liegen. Das soll jetzt auch kein Anhaltspunkt für Deine Arbeit sein, denn ich kenne weder die Fachrichtung, noch das Thema Deiner Arbeit noch die Anforderungen durch Deinen Betreuer.

Michael

Jede, absolut jede, Aussage, die nicht auf deinen eigenen
Gedanken und Schlussfolgerungen beruht und die nicht
Allgemeinwissen darstellt, muss zwingend mit einer
Quellenangabe versehen sein.

Zunaechst einmal sind alle Aussagen nichts weiter als unbewiesene Behauptungen, die irgendwie belegt werden muessen und da gibt es grundsaetzlich zwei Moeglichkeiten: Entweder werden sie durch geeignete Literaturquellen oder durch eigene Daten bestaetigt. Bleibt man beides schuldig und sind die Quellen nicht allgemein bekannt, dann wird aus der Aussage nicht notwendigerweise ein Plagiat, aber sie hat den Status von Seemansgarn. Das ist in einer wissenschaftlichen Arbeit nicht unbedingt von Vorteil.

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Was Allgemeinwissen angeht, so ist der Begriff etwas
schwammig. Ich denke, eine gute Näherung ist „Dinge die in den
einleitenden Kapiteln der meisten einschlägigen Fachbücher zu
finden sind“

Es wäre schön, wenn das so einfach wäre, aber im Fall Guttenberg (dessen Arbeit ich keineswegs verteidigen möchte), wurde in einer grossen deutschen Zeitung das (lateinische) Motto „E pluribus unum" der amerikanischen Verfassung als Plagiat erster Ordnung angeprangert, weil nicht wissenschaftlich korrekt als Zitat ausgewiesen. Es handelt sich doch wohl um einen der bekanntesten Ausdrücke der Weltgeschichte überhaupt, die Beanstandung ist nur durch absolute Böswilligkeit zu erklären. Im gleichen Satz (ich habe extra nachgelesen) steht auch ausdrücklich, dass es sich um das Motto der Vereinigung der amerikanischen Staaten handelt, Guttenberg hat also keineswegs vorgetäuscht, „E pluribus unum" wäre auf seinem Mist gewachsen, im Gegenteil.

Solche bösartigen und substanzlosen Vorwürfe bringen die Plagiatsdebatte leider in den Verruf, doch nur eine politische Waffe zu sein, und zwar eine von den schmutzigen. Was eigentlich, wenn man die Zielpersonen betrachtet, sowieso klar ist.

Wie gesagt, ich rede nicht vom Rest der Arbeit, aber mit „E pluribus unum" wurde die Diskussion in der Öffentlichkeit gross aufgemacht, und das finde ich nach wie vor absurd. Wenn heute jemand „alea iacta est“ sagt, gilt das nicht mehr als Bildung, sondern als Plagiat, weil es eine Textsuchmaschine in allen möglichen Quellen findet.

Gruss Reinhard

Hi.

Im Zweifelsfall muss man immer zu allem Quellen angeben. Die
einzige Ausnahme wäre etwas, was als Allgemeinbildung unter
Wissenschaftlern vorausgesetzt werden.

Warum verfährt man nicht umgekehrt.

Irgendwie so: man erklärt am Anfang dass, in der Arbeit auf andere Arbeiten naturgemäß Bezug genommen wird bzw. werden muss (ist ja sowieso selbstverständlich:smile: und sagt, dass immer nur seine eigene Ideen bzw. Ergebnisse, Hypothesen usw. extra gekennzeichnet werden.

Gruß

Balázs

Irgendwie so: man erklärt am Anfang dass, in der Arbeit auf
andere Arbeiten naturgemäß Bezug genommen wird bzw. werden
muss (ist ja sowieso selbstverständlich:smile: und sagt, dass
immer nur seine eigene Ideen bzw. Ergebnisse, Hypothesen usw.
extra gekennzeichnet werden.

Die Quellenangaben sind ja nicht als Kontrolle des Autors gedacht, sondern als Hilfsmittel für den Leser, damit dieser nachlesen kann, was da so drinstand und wie der Autor auf bestimme Ideen kam.

Wenn ich schreibe, dass ich Wert X aus dem Artikel Y genommen habe, muss der Leser ja in die Lage versetzt werden in Y nachzulesen, wie die Autoren dort zu ihren Werten gelangt sind.

Wenn ich schreibe, dass ich Wert X aus dem Artikel Y genommen
habe, muss der Leser ja in die Lage versetzt werden in Y
nachzulesen, wie die Autoren dort zu ihren Werten gelangt
sind.

Ist und war mir ja klar.
Nun dem Leser sollte das das egal sein. Er kann sich dann erkundigen wenn ihm da was nicht klar sein sollte. Schließlich weiss er genau was da neu sein sollte.
Und wer liest die Arbeit? Der Gipser?:smile:

Gruß

Balázs

Hallo!

Quellenangaben haben mehrere Zwecke:

  1. Sie untermauern die eigenen Argumente. („Ich sauge mir das nicht aus den Fingern, sondern XY hat das auch schon so geschrieben.“)

  2. Sie schieben die Verantwortung an die Quelle ab. („Ich verwende diesen Zahlenwert. Ob er stimmt oder nicht, kann ich nicht überprüfen, aber XY behauptet, dass er stimmt.“)

  3. Sie stellen die Urheberschaft klar und verhindern Plagiate. („Ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken. Das war ursprünglich die Idee von XY.“)

  4. Sie helfen dem Leser bei der Recherche. („Wenn Du mehr darüber erfahren willst, dann lies den Artikel von XY, den Du so und so findest.“)

  5. Sie ordnen die wissenschaftliche Arbeit in einen Kontext ein. („Bei meiner Recherchearbeit standen mir folgende Quellen zur Verfügung und auf sie stützen sich meine Überlegungen.“)

Dafür sind Quellenangaben eigentlich da. Nebenbei (aber das ist wirklich nicht der Hauptzweck) hat der Korrektor den Vorteil, dass er durch die Quellenangaben die Eigenleistung seines Prüflings von der Leistung anderer trennen kann. Wobei natürlich eine saubere Recherche und eine tiefgreifende Analyse der Fachliteratur schon eine Leistung für sich darstellt. Bei vielen geisteswissenschaftlichen Arbeiten geht es sogar ausschließlich darum.

Michael

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Hallo.

Dafür sind Quellenangaben eigentlich da. Nebenbei (aber das
ist wirklich nicht der Hauptzweck) hat der Korrektor den
Vorteil, dass er durch die Quellenangaben die Eigenleistung
seines Prüflings von der Leistung anderer trennen kann.

Wie ich bereits sagte ich weiss das alles auswendig, und im Patentverfahren ist dieses Problem ausgeschaltet durch vorgegebenen Gliederung (aber such nicht zwingend, wenn aus irgendeinem Grund nicht einhaltbar).

Und da soll der Antragsteller seine eigene Leistung klar benennen.
Recherche sowieso (Stand der Technik) was aber eine (eventuelle) Prüfung die erst so lange bis nicht beantragt gar nicht stattfindet, dann aber sie überhaupt nicht beeinflusst.

Es geht hier um der vergifteten Klima.
Wie man sich da schützen kann bzw. soll.

Zum Schluss kann er ja eine Liste von Autoren noch anhängen, aber das halte ich für unnötig da jeder der mit der Angelegenheit was zu tun hat muss das selbst in Handumdrehen holen können wie der Prüfer im Patentamt der das ja auch dann selbstverständlich und gründlich macht.
Wo sollte man die untere Grenze setzen? Bei Archimedes?

Und wenn er seine Leistung klipp und klar benennt, dann gibt es hinterher keinen Raum für ausreden.
Und darum geht es hier und jetzt. Leider sind wir so weit:smile:

Gruß

Balázs

Hallo!

Wer sprach denn von einem Patentantrag? Es ging um eine Diplom- oder Masterarbeit. Das ist was völlig anderes.

(Vielleicht hat Dich der Titel drauf gebracht. Mit „Plagiat“ meinte man jedoch in diesem Zusammenhang wohl nicht die Produktfälschung oder Patentrechtsverletzung, sondern das, was Herr zu Guttenberg gemacht hat.)

Michael

Hi.

Wer sprach denn von einem Patentantrag?

Ich als Parallele wohlgemerkt:smile:

Es ging um eine Diplom- oder Masterarbeit. Das ist was völlig :anderes.

Soso, was du nicht neues mir sagst, interessant:smile:

(Vielleicht hat Dich der Titel drauf gebracht. Mit „Plagiat“
meinte man jedoch in diesem Zusammenhang wohl nicht die
Produktfälschung oder Patentrechtsverletzung, sondern das, was
Herr zu Guttenberg gemacht hat.)

Hmm, ich muss da erst wörklisch tiefst nachdenken, klar, auch worüber:smile:

Michael

Balázs

Hallo Reinhard,

auch ich kenne die Details bei Guttenberg nicht. Aber…

im Fall Guttenberg […]
wurde in einer grossen deutschen Zeitung das (lateinische)
Motto „E pluribus unum" der amerikanischen Verfassung als
Plagiat erster Ordnung angeprangert,
[…] Im gleichen Satz (ich habe
extra nachgelesen) steht auch ausdrücklich, dass es sich um
das Motto der Vereinigung der amerikanischen Staaten handelt,
Guttenberg hat also keineswegs vorgetäuscht, „E pluribus unum"
wäre auf seinem Mist gewachsen, im Gegenteil.

So wie Du es darstellst kann es als Plagiat / Fehler aufgefasst werden, wenn zum „e pluridingens…“ nicht der Verweis auf die Constitution mit Zeilennummer etc. dabeistünde.
Wenn G. dann sagt, dies sei das Motto, dann weiss man / (der dümmstmögliche Leser) nicht ob Gutti, nach dem Lesen der Verfassung, auf den tollen Einfall kam, dass man die Verfassung auch unter diesem Motto sehen kann, oder ob andere das vorhin schon so angegeben hatten oder ob es so sogar schon i.d. Verfassung selbst drin steht.

Ich rede hier nicht von der Herangehensweise bei nat.-wiss. Arbeiten sondern bei den geisteswiss… Da die Beschreibung des Ergebnisses dort ja sozusagen das einzige Ergebnis ist, ist offensichtlich der Anspruch sehr groß ALLES eindeutig als meins oder fremd zu kennzeichnen.
Bevor man zB in der Kunsgeschichte bei einer Bildbeschreibung die Farbe der Sonne in einm Bild als „gelb“ bezeichnet sollte man vorher nachschauen ob das nicht schon, in Bezug auf das gleiche Bild, jemand vor einem getan hat und dann ggf. verweisen. Deswegen bestehen derlei Arbeiten ja oft aus mehr Fussnoten als „Inhalt“.

Stefan